Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Die Ausgangsfrage
2. Teleologische Theorien
2.1. „Wessen Wohl soll man fördern?“
3. Deontologische Theorien
4. Ethischer Egoismus
5. Literaturverzeichnis
Mein Referat basiert auf dem Text von William K. Frankena: Analytische Ethik (S. 30-43).
1. Die Ausgangsfrage
Ich beginne mein Referat mit der Frage, wann Menschen beginnen, über Moral zu philosophieren. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn sie unzufrieden mit dem herrschenden Verhaltenskodex sind oder wenn sie an eben diesem zweifeln. In solchen Situationen beginnen sie, ihn zu hinterfragen. Hieraus ergibt sich direkt die Problemstellung, die ich als Ausgangsfrage für mein Referat ansetzen möchte: Dienen herrschende Normen als Verhaltensmaßstab? Und können sie als Maßstab für „moralisch richtig“ und „moralisch falsch“ fungieren?
Moralphilosophien betrachten diese Thematik sehr kritisch. Für sie gibt es eine Vielzahl von Einwänden, die schließlich dafür sorgen, dass – zumindest aus ihrer Sicht - die Antwort klar „nein“ heißen muss. Einige dieser Einwände will ich kurz nennen und erläutern.
Die tatsächlichen Normen einer Gesellschaft sind nie sehr präzise und lassen Ausnahmen zu – sie können demnach nicht allgemeingültig sein. Eine gute Beispielsituation hierfür ist vielleicht, dass es Konsens ist, das Töten von Menschen als moralisch schlecht anzusehen. Wie passt das aber zu der Situation eines Soldaten im Krieg, der angewiesen wird, auch den Tod vieler Gegner in Kauf zu nehmen? Oder: Wie passt unsere Norm, nicht zu töten, zu Staaten, in denen die Todesstrafe praktiziert wird? Diese Ausnahmen werden zwar zugelassen, sind aber nicht ausreichend in das Normensystem integriert.
Ein anderer Einwand der Moralphilosophen ist, dass Normen in einer konkreten Situation in Konflikt miteinander geraten können. Hierzu wird im Text Sokrates’ Beispiel aus dem 1. Buch von Platons „Staat“[1] angeführt. Dort findet sich folgende Situation: Person A hat Person B versprochen, ihr die Waffen zurückzugeben, die diese ihr geliehen hat. Nun ist Person A aber in dem Wissen, dass Person B mit den Waffen Schaden anrichten will – und befindet sich demnach in einem Konflikt: Welche Norm ist nun höher zu achten – die Norm, welche besagt, dass Versprechen gehalten werden müssen, oder aber die, dass man, soweit es in der eigenen Macht steht, andere vor möglichem Schaden schützen soll? Das Problem, das ersichtlich wird, ist das der fehlenden Rangfolge, der fehlenden Hierarchie im Normensystem.
Des weiteren führen die Moralphilosophen an, Normen seien im Allgemeinen konservativ und negativ, „nicht bejahend und konstruktiv, nicht schöpferisch und anpassungsfähig an neue Situationen“[2].
Hinzuzufügen wäre auch noch, dass Normen in verschiedenen Kulturen verschiedene Inhalte haben. Etwas, das bei uns in Deutschland anerkannt und allgemein akzeptiert ist, kann in anderen Kulturen als sittenwidrig und moralisch höchst verwerflich angesehen werden.
Doch das vermutlich wichtigste und am schwersten gewichtete Argument gegen herrschende Normen als Verhaltensmaßstab ist die Tatsache, dass Normen schlichtweg falsch oder ungerecht sein können. Nur, weil etwas allgemeiner Konsens ist, heißt das noch lange nicht, dass diese Norm moralisch gut oder gerecht sein muss.
Aus unter anderem diesen Gründen, vor allem aufgrund des letzten Einwandes, sind Moralphilosophen der Ansicht, dass man den Maßstab von richtig und falsch nicht einfach im momentan vorherrschenden allgemeinen Verhaltenskodex finden kann. Daher suchen sie nach Alternativlösungen. Zwei dieser alternativen Konzepte, die teleologischen und die deontologischen Theorien, möchte ich im Folgenden vorstellen.
2. Teleologische Theorien
Beginnen möchte ich zunächst mit den Grundzügen der teleologischen Theorien. „to telos“ ist griechisch und bedeutet „Ziel, Zweck“. Eine teleologische Ethik ist also eine Ethik der Ziele; sie ist zielorientiert. Das Ziel, nach dem sie sich ausrichtet, ist ein außermoralischer Wert. Um es mit Aristoteles zu sagen: Das angestrebte Ziel ist das Glück (eudaimonia) oder das gelingende Leben.
Dieser außermoralische Wert ist als Vorraussetzung der Theorie gesetzt. Ein Teleologe zweifelt diesen außermoralischen Wert nicht an, denn er ist nicht Teil der Theorie, sondern das Begründende, das als solches auch nicht in Frage gestellt wird.
Das einzige Kriterium dafür, was moralisch richtig oder moralisch falsch ist, ist der außermoralische Wert, den ein Handelnder durch die Ausführung seiner Handlung schafft. Der moralische Wert der Handlung hängt demnach von dem vergleichsweise außermoralischen Wert ab.
Teleologen berufen sich auf die Summe guter Konsequenzen, die eine Tat hervorbringt. Eine Handlung ist also dann – und zwar ausschließlich dann – moralisch gut und richtig, wenn sie ein mindestens ebenso großes Übergewicht von guten gegenüber schlechten Folgen hervorbringt (tatsächlich, wahrscheinlich oder nach Absicht des Handelnden) wie jede Handlungsalternative, die dem Handelnden in dem Moment seiner Handlung offen steht. Sie ist folglich sittlich richtig, wenn sie das außermoralisch Gute maximiert.
Eine Handlung an sich ist infolgedessen nicht aus sich selbst heraus gut oder schlecht; sie wird nur dadurch moralisch richtig, dass das Ergebnis der Handlung, ergo der geschaffene außermoralische Wert, ein positiver ist. Oder anders ausgedrückt:
„Der teleologischen Auffassung zufolge kann eine Handlung genau dann und insoweit als im moralischen Sinne richtig (bezogen auf eine gegebene Handlungssituation) charakterisiert werden, wenn und sofern sie zur Verwirklichung eines Zustands beiträgt, den man aufgrund von Kriterien, die nicht selbst moralischer Art sind, als gut bezeichnen kann: Im Rahmen teleologischer Ethiken ist das moralisch Rechte bzw. Richtige (richtig) kriteriologisch bestimmt durch seinen funktionalen Beitrag zur Verwirklichung eines bestimmten nichtmoralisch-evaluativ Guten (das Gute).“[3]
[...]
[1] Vgl. Platon: Politeia, Frankfurt 1991.
[2] William K. Frankena: Analytische Ethik. S. 32
[3] http://micha.h.werner.bei.t-online.de/deontologie.htm, abgerufen am 12.11.2004