Heute scheint es unvorstellbar, in einem Zoo wie der Stuttgarter Wilhelma, neben Tieren auch Menschen zur Schau gestellt zu sehen. Noch vor hundert Jahren waren Völkerschauen in Tiergärten ein alle Bevölkerungsgruppen anziehender Besuchermagnet, über den es in der heutigen Geschichtswissenschaft eine überschaubare Forschung gibt.
Die vorliegende Studie beschränkt sich auf die Völkerschauen im Nillschen Tiergarten, wo in der Zeit zwischen 1881 und 1906 auf der sogenannten ‚Völkerwiese‘ vielzählige Schauen stattfanden. Das Ziel dieser Arbeit ist es, das methodische Instrumentarium der Post-colonial Studies auf die Präsentationen des ‚Exotischen‘ auf der ‚Völkerwiese‘ anzuwenden, um somit eine kritische Aufarbeitung der Völkerschauen in Stuttgart zu begründen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Orientalismus als Wegbereiter des erfolgreichen Geschäftsmodells „,,Völkerwiese““
- Wie waren die Wechselwirkungen der Schaustellungen mit der Gesellschaft?
- Tortur der Darsteller als „,nette Begebenheit“?
- Seelenverwandte oder „,fremde\" Feuerländerin?
- Stereotypenkreislauf am Beispiel der „Tunesenschau“
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Studie setzt sich zum Ziel, die Völkerschauen im Tiergarten Nill in Stuttgart aus der Perspektive der Postcolonial Studies zu analysieren. Durch die Anwendung des methodischen Instrumentariums der Postcolonial Studies sollen die Präsentationen des „Exotischen“ auf der „Völkerwiese“ kritisch aufgearbeitet und in ihren historischen Kontext eingebettet werden.
- Orientalismus als Dispositiv der Macht und seine Rolle in der Darstellung und Wahrnehmung „exotischer“ Kulturen
- Die Konstruktion von „Fremdheit“ und die Bedeutung der „Völkerwiese“ für die Identitätsbildung des europäischen Publikums
- Die Wechselwirkungen zwischen den Schaustellungen und der Gesellschaft im Kontext des 19. und frühen 20. Jahrhunderts
- Die Auswirkungen der Völkerschauen auf die Darsteller und ihre soziale und kulturelle Situation
- Die Rolle von Stereotypen und Vorurteilen in der Inszenierung der „Völkerwiese“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den Forschungsstand zum Thema Völkerschauen im deutschsprachigen Raum und stellt die Forschungslücke dar, die diese Studie schließen möchte. Sie verdeutlicht die Bedeutung der „Völkerwiese“ als „Menschenzoo“ im Kontext des frühen 20. Jahrhunderts und stellt die methodische Grundlage der Postcolonial Studies vor.
Kapitel 1 analysiert die Rolle des Orientalismus als Wegbereiter für das Geschäftsmodell der „Völkerwiese“. Unter Zuhilfenahme des Dokuments „Geschichte des Tiergarten Nill“ werden die historischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen untersucht, die die Zurschaustellung von Menschen aus „exotischen“ Kulturen überhaupt erst möglich machten. Es wird auf den Hauptunterschied zwischen Völkerschauen und Kolonialausstellungen eingegangen.
Kapitel 2 befasst sich mit den Wechselwirkungen zwischen den Schaustellungen und der Gesellschaft. Anhand von Auszügen aus Nills „Geschichte des Tiergarten Nill“ werden mögliche Szenarien über das Verhältnis zwischen jugendlichen Zoobesuchern und den Ausgestellten in Betracht gezogen. Des Weiteren werden die zeitgenössische Rezeption der Liebe zwischen einem Zoobesucher und einer Vertreterin der „Feuerländerschau“ aus Julius Bazlens „Beim Nill. Erinnerungen aus dem Tiergarten“ analysiert.
Schlüsselwörter
Völkerschauen, Tiergarten Nill, Stuttgart, Orientalismus, Postcolonial Studies, „Völkerwiese“, Exotismus, Fremdheit, Identitätsbildung, Stereotype, Kolonialismus, Schaustellungen, Gesellschaft, Wechselwirkungen, Darsteller.
- Arbeit zitieren
- David Schneider (Autor:in), 2016, Die ‚Völkerwiese‘ des Stuttgarter Tiergarten Nill. Eine ‚Oase‘ des Orientalismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358195