"Eine liebliche Erzählung von vier Kaufleuten". Eine mediävistische Analyse der Inkunabel


Hausarbeit, 2017

13 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Schreibung

2. Transkription

3. Übersetzung

4. Phonologie
4.1 Konsonantismus
4.2 Vokalismus

5. Flexionsmorphologie
5.1 Verben
5.2 Substantive

6. Wortschatz

7. Syntax

8. Geographische Einordnung

9. Literaturverzeichnis

10. Anhang

Einleitung

Die vorliegende Inkunabel Eyn libliche hi A tori von vier Kaufleuten wurde im Jahr 1495 von Gregor Boettiger gedruckt. Die Erzählung handelt von vier reichen Kaufleuten, die gemeinsam um die Fastnachtzeit in Paris reiten und anschließend eine Wette abschließen. Dabei geht es um die Treue und Tugend einer Kaufmannsfrau und einen großen Betrug, der tödliche Folgen hat. Der Autor des Textes und das genaue Datum der Entstehung ist unbekannt, jedoch zeigt sich in der Forschungsliteratur, dass von dem Text der Historie von den vier Kaufleuten aus dem 15. Und 16. Jahrhundert sechs Drucke bekannt sind.1 Die von Boettiger gedruckte Inkunabel umfasst 11 Blatt, die recto und verso bedruckt, das 12. Blatt ist leer. Die Inkunabel enthält 20 Holzschnitte. Der Text wurde von Max Schiendorfer übertragen und 1991 gemeinsam mit Alice Gertrud und Hans-Rudolf Bosch-Gwalter in Zürich herausgegeben. Der erste Druck mit dem Titel „Ein liepliche histori vnd warheit von vir kaufmendern“ stamm von 1490 und wurde von Hans Hoffmann in Nürnberg gedruckt. Im Folgenden wird ein Auszug aus dem Buch „ Eyn libliche hi A tori von vier Kaufleuten “ transkribiert, übersetzt und sprachlich analysiert. Bei dem analysierten Text handelt es sich um Blatt 2 verso. Auf Grundlage dieser Erarbeitung folgt anschließend eine geographische Einordnung des Textes.

1. Schreibung

Im Folgenden wird die Schreibung des Originaltextes näher erläutert, um das Verständnis der Transkription für den Leser zu vereinfachen.

Zu Beginn ist eine Illustration vorhanden, die etwa 12 Zeilen hoch ist. Auf dieser sind vier Kaufmänner zu sehen um die es in der Erzählung handelt. Drei von ihnen sitzen auf ihren Pferden, während ein Kaufmann sein Pferd in eine Hütte oder in einen Stall führt. Der Text weist Nasalstriche auf, die den unter dem Nasal stehenden Vokal als folgend auftretendes darstellen. Diese wurden von mir in Klammern aufgelöst wie zum Beispiel „vn(d)“ (Z.14). Des Weiteren wird im Text häufig das sogenannte „Schaft-A“ verwendet, das ich als <A> unverändert beibehalten habe. Dieses steht hauptsächlich am Anfang eines Wortes oder im Wortinneren, während am Wortende meistens ein „Scharfes-S“ als <ß> verwendet wurde, das wiederum oftmals für die Geminaten /ss/ oder /zz/ steht. Allerdings ist festzuhalten, dass keine Gesetzmäßigkeit in Bezug auf die Verwendung von <A>, <ß> und <s> gibt. Auffällig sind auch die beiden Variationen des Buchstaben <r>, das zum einen als „rundes <r>“ auftritt und zum anderen als ein „aufrechtes <r>“. Es zeigt sich, dass im Text überwiegend das „aufrechte <r>“ angewendet wird, jedoch nicht, dass es nach einer bestimmten Regel erfolgt. Weitere Besonderheiten des Textes sind die Buchstaben <u> und <v>, die eine konsonantische und vokalische Bedeutung aufweisen. Das <v> wird initial bevorzugt, währenddessen <u> medial häufiger auftritt. Man muss zwischen vokalischer und konsonantischer Bedeutung unterscheiden: Beispielsweise tritt das <v> bei „vn(d)“ (Z.3) vokalisch auf, während es bei „vaßnacht“ (Z.4-5) konsonantisch auftritt. Das <v> ist zudem hauptsächlich am Anfang des Wortes zu finden, das <u> hingegen nur im Wortinneren. Weiterhin ist das „tiefe z“ im Text auffällig, das ich als <C> beibehalten habe. Es zeigen sich Unregelmäßigkeiten in der Verwendung von <y> und <i> auf, die vor allem bei den Personalpronomen vorkommen, habe ich unverändert übernommen (vgl. „rytten“ Z. 3, „ritten“ Z.5). Verwendete Satzzeichen sind Punkte, Doppelbindestriche und Schrägstriche, die zur Silbentrennung dienten. Es sind zahlreiche Majuskeln im gesamten Text vorhanden. Diese kommen vor allem nach einer Zeichensetzung (vgl. „Der“ Z.7), bei Namen von Personen wie „Chonradt“ (Z.6) oder bei Herkunftsnennungen wie zum Beispiel „Genay“ (Z.8) vor. Für den vorliegenden Text ist besonders auffällig, dass kaum Umlaute zu erkennen sind. Auch Ligaturen sind nicht besonders häufig vorhanden. Der Text enthält zudem mehrmals das diakritische Zeichen < > (vgl. „fr lich“ Z.16), das in allen im Text auftretenden Fällen ein Umlaut bedeutet.

Als Nächstes folgt die oben näher erläuterte Transkription des Textes.

2. Transkription

Gregor Boettiger (Bötticher): Eyn libliche hiAtori von vier Kaufleuten

Illustration: Drei Kaufleute auf ihren Pferden sitzend und ein Kaufmann, der sein Pferd in eine Hütte oder in einen Stall führt.

1 E2 S begab Aich zu seiner Ceit daß von vnge=
2 Achicht vier vberrtreffenlivh reych kauflewth
3 Cu Aamme kamen vnd rytten miteinander
4 gen pariß Nun waß eß eben auff die vaß=
5 nacht alßo ritten Ay Cu einem wirth. Und
6 der eyn kaufman hieß Chonradt von hiApa
7 nia. Der ander Purckhart auß franckreich. Der dritte Jo=
8 han von florenC3. Und der vierde AmbroAius4 von Genay
9 Do hub purckhart an vnd Aprach5 Her wirth eß iAt yCunde
10 die Ceyt daß man Aol fr lich Aein. dorumb6 bite ich euch daß
11 yr vns fromme perAon Junekfrawen Man vnd frawen
12 Cu geAte bitte/ vnd alles/ daß eß koAt wollen wir euch beCale(n).
13 auff daß wir yn fr likeit/ der tCeit yre recht thun/ wan wir
14 haben geldes genug. Der wirt thet nach yrem begeren vn(d)
15 bate Aein nachbawrn vnd auch Aein aller beAte freunde vnd
16 waren miteinander fr lich yn zŭchte(n) / biß der tag ein ende
17 nam/ vn(d) yderman an Aein rwe gingek/ do beCalte(n) die vier
18 kaufman alle koAt/ vnd der wirth weyAt Ay Achlaffen.

3. Übersetzung

Anmerkung: Die folgende Übersetzung richtet sich nach der spätneuhochdeutschen standardisierten Zeichensetzung.

Gregor Boettiger (Bötticher): Eine liebliche Erz ä hlung von vier Kaufleuten, Leipzig, 1495

Es begab sich zu seiner Zeit, dass von Zufall vier überaus reiche Kaufleute zusammenkamen und miteinander durch Paris ritten. Nun war es schon Fastnacht, deshalb ritten sie zu einem Wirt. Und der eine Kaufmann hieß Konrad von Spanien, der andere Burckhart aus Frankreich, der dritte Johan von Florenz und der vierte Ambrosius von Genay. Da stand Purckhart auf und sagte: „Herr Wirt, es ist jetzt die Zeit fröhlich zu sein. Darum bitte ich Euch, dass Ihr uns fremde junge Mädchen, Männer und Frauen als Gäste aufnehmt und wir wollen alles bezahlen, was es kostet. Auf, dass wir in Fröhlichkeit es Ihnen in dieser Zeit Recht machen, wenn wir genug Geld haben“. Der Wirt ging ihrer Bitte nach und lud seinen Nachbarn und auch seine allerbesten Freunde ein und waren miteinander gesittet fröhlich, bis der Tag ein Ende nahm und jedermann sich zur Ruhe begab. Als die vier Kaufleute alle

Kosten bezahlten, wies der Wirt sie in ihre Schlafgemächer.

4. Phonologie

4.1 Konsonantismus

In Bezug auf die Phonologie weist der Text zahlreiche Merkmale auf. Auffällig ist hierbei die Konsonantenhäufung die bei „rytten“ (Z.3) / „ritten“ (Z.5) auftreten, sowie bei „bitte“ (Z.12) und „Achlaffen“ (Z.18). „Von Konsonantenhäufung spricht man nur, wenn einem gehäuften Auftreten von Konsonantenzeichen kein Lautwert zukommt“7. Diese dienen zur Markierung der Vokalkürzung. Des Weiteren verdeutlicht der Text, dass sich die Palatalisierung von der man ausgeht, dass sie sich lautlich bereits im Mittelhochdeutschen8 vollzogen hat, im Frühneuhochdeutschen9 vollständig durchgesetzt hat.10 Dabei hat sich das /s/ zu einem /sch/ bzw. /Ach/ verändert und zeigt sich im Text am Beispiel von „Achlaffen“ (Z.18) und „vngeAchicht“ (Z.1-2). Die Geminaten /ss/ und /zz/ werden zu stimmlosen Reibelauten.11 Ein anderes Merkmal ist, dass die Assimilation von Nasalen nicht vollständig eingetreten ist und bei dem Wort „dorumb“ (Z.10) erhalten wurde. Diese „historische Schreibweist [ist] teils bis ins 17. Jahrhundert erhalten [worden]“12. Der sogenannte Hochlaut /h/ ist sichtbar in „thun“ (Z. 13) und „thet“ (Z.14) sowie in „wirth“ (Z.5) und dient in Lexemen als Dehnungszeichen, denen aufgrund ihrer Etymologie kein /h/ zukommt. Beträchtlich ist auch das Ausbleiben der Vokalisierung des Halbvokals /w/, die sich einem Wandel von /w/ zu einem Vokal nach /â/ oder Diphthong unterzieht. Ein Beispiel hierfür ist in Zeile 11 zu finden, das sich vom mhd. „vrâwe“/ „vrouwe“ zu „frawen“ verändert hat.

[...]


1 Vgl. U. Kocher 2005, S. 332

2 In Originalschrift: eine mit Pflanzenranken verzierte, sechszeilige Initiale.

3 In Originalschrift: rundes <r>.

4 In Originalschrift: rundes <r>.

5 In Originalschrift: rundes <r>.

6 In Originalschrift: rundes <r>.

7 C.Roth 2007, S.26.

8 Im Folgenden: Mhd.

9 Im Folgenden: Fnhd.

10 Vgl. C. Roth 2007, S. 32.

11 Vgl. ebd.

12 Ebd., S.33.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
"Eine liebliche Erzählung von vier Kaufleuten". Eine mediävistische Analyse der Inkunabel
Hochschule
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg  (Germanistisches Seminar)
Veranstaltung
Frühneuhochdeutsches Proseminar
Autor
Jahr
2017
Seiten
13
Katalognummer
V358405
ISBN (eBook)
9783668434226
ISBN (Buch)
9783668434233
Dateigröße
653 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eine liebliche Erzählung von vier Kaufleuten, Eyn libliche histori von vier Kaufleuten, Ein liepliche histori vnd warheit von vir kaufmendern, Buchdruck, Gregor Boettiger, Max Schiendorfer, Alice Gertrud, Hans-Rudolf Bosch-Gwalter, Transkription
Arbeit zitieren
Melis Koc (Autor:in), 2017, "Eine liebliche Erzählung von vier Kaufleuten". Eine mediävistische Analyse der Inkunabel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358405

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