Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter in Unternehmen. Analyse der Ursachen und Auswirkungen


Examensarbeit, 2014

40 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungs- und Anhangsverzeichnis

1 EINLEITUNG
1.1 Problemstellung
1.2. Ziel der Arbeit
1.3. Aufbau der Arbeit

2 Begriffsverständnis und -abgrenzungen
2.1 Erklärung der Begriffe „Daten“, „Information“ und „Wissen“
2.2 Implizites und explizites Wissen

3 Theoretische Konzepte des Wissensmanagements
3.1 Wissensgenerierung nach Nonaka und Takeuchi
3.2 Bausteine des Wissensmanagements nach Probst, Raub und Romhardt

4 Ursachen für den Wissensverlust in Unternehmen
4.1 Wissensverlust durch den Menschen als Wissensspeicher
4.1.1 Fluktuation der Mitarbeiter
4.1.2 Schwierigkeiten beim Wissenstransfer
4.2 Wissensverlust durch die Organisation als Wissensspeicher
4.2.1 Fehlende Rahmenbedingungen und Strukturen zur Anwendung von implizitem Wissen
4.2.2 Fehlendes ganzheitliche Wissensmanagement in Unternehmen
4.3 Wissensverlust durch Technologie als Wissensspeicher

5 Auswirkungen des Wissensverlustes für Unternehmen
5.1 Reduzierung der Innovationsfähigkeit
5.2 Verlust von Kernkompetenzen
5.3 Einschränkungen des Wachstumspotenzials
5.4 Verlust von Effizienz
5.5 Verlust von Wettbewerbsvorteilen
5.6 Betrachtung der Auswirkungen bei unterschiedlicher Unternehmensgröße

6. Schlussbetrachtung
6.1 Fazit
6.2 Limitationen der Arbeit
6.3 Handlungsempfehlungen für die Praxis und weiterführender Forschungsbedarf

7. Literaturverzeichnis

8. Anhang

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Die Informationspyramide

Abbildung 2: Vier Formen der Wissensumwandlung

Abbildung 3: Bausteine des Wissensmanagements

Abbildung 4: Austrittsgründe von Arbeitsnehmern

Abbildung 5: Schwierigkeiten beim Wissenstransfer

Abbildung 6: Auswirkungen von Wissensverlust

Abbildung 7: Indirekte und direkte Kosten des Wissensverlusts durch Mitarbeiteraustritt

Anhangsverzeichnis

Abbildung 1: Wissenstreppe nach North

Abbildung 2: Gründe für die organisierte Durchführung von Wissensmanagement in Unternehmen

Abbildung 3: Wissensspirale

Abbildung 4: Vergleich der Wissensschaffung nach japanischem und nach westlichem Muster

Abbildung 5: Der Wissensprozesstransfer nach Szulanski

1. Einleitung

Durch die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen der globalen Märkte in den letzten Jahrzehnten wurden die Unternehmen gezwungen, sich immer schneller den sich verändernden Rahmenbedingungen der Unternehmensumwelt anzupassen und ihre Flexibilität zu steigern. Diese dynamischen Entwicklungen spiegeln sich in immer kürzeren Produktlebenszyklen, unsicherer Kundennachfrage, steigenden Entwicklungskosten, rasantem technologischen Fortschritt und einem immer stärker werdenden Wettbewerb wider. Mit dem Wandel zum Informationszeitalter1 in der Wirtschaftswelt und dem Paradigmenwechsel von der Industriegesellschaft zur Informations- und Wissensgesellschaft hat Wissen einen enormen Stellenwert in der Gesellschaft erreicht2: „Nicht Arbeit, nicht Kapital, nicht Land und Rohstoffe sind die Produktionsfaktoren, die heute in unserer Gesellschaft zählen, sondern das Wissen der Mitarbeiter in den Unternehmen“.3

Die immaterielle Ressource Wissen ist heute eines der zentralen Elemente für Unternehmen und gilt als Quelle von Wettbewerbsvorteilen sowie als Überlebensindikator, Erfolgsfaktor und der wichtigste Produktionsfaktor für den Erfolg der Unternehmen.4 Um die Marktbedürfnisse erfolgreich nutzen zu können, kann Wissen von Unternehmen als Instrument gebraucht werden, um in Zukunft weiter wett- bewerbsfähig zu sein.5 Dass deutsche Unternehmen auf diese Entwicklung reagieren, zeigt ihr Investi- tionsvolumen im Bereich Forschung und Entwicklung, das im Jahr 2010 auf 47 Milliarden Euro stieg.6 Diese Größe belegt die Wichtigkeit und Relevanz von Innovationen bzw. neuem Wissen für Unter- nehmen.

1.1. Problemstellung

Wissen ist heutzutage überwiegend an Institutionen und Mitarbeiter7 gebunden und hat in Form der Mitarbeitererfahrung eine wichtige Bedeutung für Unternehmen. Die Verbindung von Mitarbeiter und Wissen ist für viele Unternehmen zentral, um unternehmerischen Erfolg zu erreichen. Es kann jedoch immer öfter festgestellt werden, dass Wissen verloren geht. Diesem versuchen Unternehmen durch die Einführung von Wissensmanagement entgegenzuwirken. Unternehmen verwenden bereits heute im Schnitt 3,5 bis 10% ihres Ertrags für den Bereich des Wissensmanagements auf.8 Neben der Wissens- generierung im Wissensmanagement als wichtige Funktion des Wissensaufbaus gilt es, den Verlust bzw. den Wissensabfluss von Unternehmen so stark wie möglich einzuschränken. Durch die Interde- pendenz von Individuum, Organisation, Technik und Wissen ergeben sich unterschiedliche Herausfor- derungen und Probleme in Bezug auf die Handhabung des Austritts von Mitarbeitern. Die zentrale Problematik in den Unternehmen besteht nicht in der Erfolgsabschätzung und Einführung eines wirk- samen Wissensmanagements, sondern vielmehr gilt es, den Wissensverlust bei ausscheidenden Mitar- beitern hinsichtlich seiner unterschiedlichen Ursachen zu betrachten und dem entgegenzuwirken. Denn der Austritt eines Mitarbeiters hinterlässt relevante Wissenslücken für das Unternehmen. Folglich müssen die konkreten Ursachen für den Verlust von Wissen in Unternehmen und deren Auswirkungen analysiert werden. Die Unternehmen werden durch den Erfahrungswissensverlust herausgefordert, ihre Kompetenzen und die Wirksamkeit von Prozessen bei der Wissensversorgung zu beweisen. Die zent- ralen Fragen, die es in dieser Arbeit zu untersuchen gilt, können folgendermaßen präzisiert werden:

- Welche Ursachen können für den Verlust von Wissen in Unternehmen ausgemacht werden?
- Inwieweit beeinflusst Wissensverlust den Erfolg eines Unternehmens und welche Auswir- kungen kann er haben?
- Welche Unterschiede bezüglich der Hemmnisse und Schwierigkeiten treten bei kleinen, mittle- ren und großen Unternehmen durch den Wissensverlusts auf?

1.2. Ziel der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, anhand einer breit angelegten Literaturrecherche eine Analyse dahingehend durchzuführen, aufzuzeigen, welche Ursachen und Auswirkungen der Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter in Unternehmen hat. Die Ursachen bezüglich der Faktoren Mensch, Organisation und Technik sollen genauer betrachtet werden, um herauszufinden, welche möglichen Auswirkungen für die Unternehmen zu erwarten sind.

1.3. Aufbau der Arbeit

Nach der Einleitung werden in Kapitel 2 für die Arbeit relevante Begriffe erläutert. Im dritten Kapitel erfolgt eine theoretische Untermauerung der Untersuchung durch die Theorien von Nonaka und Ta- keuchi sowie von Probst, Raub und Romhardt. In Kapitel 4 wird den Ursachen für den Wissensverlust anhand der Faktoren Mensch, Organisation und Technik nachgegangen. Dabei wird der Fokus auf eine praxisorientere Darstellung gelegt. Anschließend werden in Kapitel 5 die Auswirkungen des Wissens- verlusts für Unternehmen genauer betrachtet, insbesondere für kleine, mittlere und große Unterneh- men. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse und der Darstellung von in der Ar- beit aufgetretenen Limitationen. Anschließen sollen mögliche Handlungsempfehlungen und weiterer Forschungsbedarf angesprochen werden.

2. Begriffsverständnis und -abgrenzungen

Die Begriffe „Daten“, „Information“ und „Wissen“ spielen in der Literatur zum Wissensmanagement und im täglichen Sprachgebrauch eine zentrale Rolle und stehen in einem engen Zusammengang.9 In diesem Kapitel werden diese elementaren Begriffe, die im Rahmen der Untersuchung relevant sind, ausführlich betrachtet. Ziel ist, die Begriffe anhand von Definitionen und signifikanten Merkmalen zu bestimmen, um Missverständnisse ihres Gebrauchs in der Fortführung der Arbeit zu vermeiden und ein Grundverständnis für die in den nachfolgenden Kapiteln folgende Untersuchung aufzubauen.

2.1. Erklärung der Begriffe „Daten“, „Information“ und „Wissen“

Die Überflutung durch Daten und Informationen prägt das heutige Informationszeitalter, weswegen einer klare begriffliche Abgrenzung der beiden Begriffe nötig ist. Daten und Information werden im Prozess der Wissensgenerierung häufig hinsichtlich ihres Gebrauches gleichgesetzt, trotz ihrer unter- schiedlichen Positionen im Prozess des Wissensaufbaus (siehe Abb. 1: Die Informationspyramide).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Die Informationspyramide

Quelle: Königer, P. (1998), S. 11

Daten stellen im Gegensatz zu Informationen das Rohmaterial und den Grundbaustein für die Informationsgesellschaft und die wissensbasierten Systeme von Unternehmen dar. Sie bestehen aus Zeichnen, Sprachen, Texten oder Bildern und haben, betrachtet man sie einzeln, nicht zweckgebunden und nicht interpretierbar, keine Bedeutung.10

Informationen wiederum sind als Rohstoff zweckgebunden und eine notwendige Voraussetzung für den Wissenserwerb und die Vorbereitung von betriebswirtschaftlichen Entscheidungen. Informationen haben einen persönlich-sinnhaften Problemzusammenhang und bestehen aus einer Aneinanderreihung von Daten, denen in der Wahrnehmung des Menschen eine Bedeutung zukommt.11 Im Gegensatz zu Daten werden Informationen subjektiv wahrgenommen, sie sind logisch aufgebaut und werden im Wissensaufbau in einer höheren Rangordnung verwendet.12

Der Wissensbegriff wird bereits seit der Antike kontrovers diskutiert und gilt als Grundlage des ratio- nalen Handelns und der Entstehung intelligenten Handelns.13 Redewendungen wie „Wissen ist Macht“ oder „Wer über etwas informiert ist, weiß Bescheid“ werden im Alltag häufig verwendet.14 Eine all- gemeingültige Begriffsdefinition von Wissen zu finden, scheint ebenso unmöglich wie die Betrachtung des Begriffs in Bezug auf unterschiedliche Disziplinen.15 Um Wissen generieren zu können, müssen Individuen während des Lernprozesses Daten und Informationen auswählen, vergleichen, verarbeiten, verknüpfen und bewerten. Wissen entsteht durch Wahrnehmung und rationale Manipulation von In- formation und bildet sich aus der persönlichen Vorstellung von Sinn und Verständnis, es orientiert sich am kontextspezifischen Handeln bzw. dem bestehenden Wissen von Individuen.16 Insofern ist es nicht möglich, Wissen ohne Weiteres zu handeln oder zu veräußern, während dies bei Informationen mög- lich ist.17 Königer und Reithmayer betrachten Informationen als Träger, Voraussetzung und Funda- ment von Wissen.18 North sieht Wissen als einen pragmatischen Zusammenhang der Vernetzung von kontextabhängigen Informationen. Dabei sind Informationen für Personen sinnlos, wenn diese nicht mit anderem gesicherten Wissen vernetzt werden können. Vor diesem Hintergrund sieht North Wissen als die nächste Stufe der zweckdienlichen Vernetzung von Information und als Bestandteil eines Pro- zesses zur Erreichung eines Wettbewerbsvorteils (siehe im Anhang Abb. 1: Wissenstreppe).19 Eine weitere Begriffsdeutung stammt von Probst, Raub und Romhardt. Sie verstehen unter Wissen „die Gesamtheit der Kenntnisse und Fähigkeiten, die Individuen zur Lösung von Problemen einsetzen“.20 Wissen kann somit verschiedene Ausprägungen aufweisen, die im nachfolgenden Kapitel betrachtet werden.

2.2 Implizites und explizites Wissen

Die Unterscheidung in implizites und explizites Wissen stammt von Michael Polanyi (1985). Implizi- tes Wissen stellt Wissen als persönliche Eigenschaft unter Werten, Idealen und Gefühlen dar, Men- schen besitzen es, ohne dies explizit zu kommunizieren. Dieses Wissen muss nicht immer erklärbar bzw. artikulierbar sein, sondern kann auch als Begabung und Talent bezeichnet werden.21 Implizites Wissen ist kontextabhängig und persönlich, es ist analoges Erfahrungswissen und schwer formalisier- und vermittelbar.22 Explizites Wissen hingegen ist verbalisierbar, artikulierbar, reproduzierbar, formalisierbar und kann festgehalten und weitergeben werden.23 Beim expliziten Wissen geht es um bewusst gewusstes und externalisiertes Wissen24, das durch Wörter, Zahlen sowie logische Nachvoll- ziehbarkeit einfach zu transferieren und zu kommunizieren ist.25 Inhalte von Dokumentbanken und Büchern oder entwickelte Maschinen bilden Beispiele für explizit transferiertes Wissen.26 Eine weitere Differenzierung der Wissensformen erfolgt zwischen individuellem und kollektivem Wissen. Individuelles Wissen wird von einer einzelnen Person verkörpert als menschliche Erkenntnis- se, die durch Oberflächen oder tiefes Wissen eine bestimmte Wissensbasis beim Menschen hervor- bringen und mit der menschlichen Psyche (Motivation, Bedürfnisse, Emotion) verbunden sind. In Un- ternehmen haben Mitarbeiter individuelle Fähigkeiten, die bei Unternehmensprozessen als Grundlage für einen erfolgreichen Ablauf dienen.27 Kollektives Wissen wird im Gegensatz zu individuellem Wis- sen nicht nur durch eine Person repräsentiert, sondern stellt sich als erfolgreiche Koordination der In- teraktionen von mehreren Personen dar. Dieses Wissen zeigt sich bei Problemlösungen von Gruppen oder Organisationen und ist als Standardverfahren, Tradition oder Routine in der Unternehmenskultur einer Organisation festgeschrieben.28

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Herausforderung für Organisationen steigt, Wissen optimal zu verwenden, einzusetzen und zu verwalten. Im Folgenden gilt es zu klären, wie Wissen in Organisationen behandelt wird.

3. Theoretische Konzepte des Wissensmanagements

Das Wissensmanagement in Unternehmen beschäftigt sich mit dem Erwerb, der Entwicklung, dem Transfer sowie der Nutzung und Speicherung von Wissen und bildet die Grundlage für wissensbasier- tes Handeln.29 Aufgrund der zahlreichen theoretischen Strömungen im Wissensmanagement soll im Folgenden anhand ausgewählter Literatur eine theoretische Untermauerung der vorliegenden Arbeit durchgeführt werden und damit eine begriffliche Klärung des Wissensmanagementbegriffs hinsicht- lich seiner Eigenschaften.

Der Begriff des Wissensmanagements entstammt ursprünglich dem Lateinischen30 und bedeutet „Lei- tung“ oder „Führung“.31 Literaturrecherchen ergeben häufig synonym mit „Wissensmanagement“ verwendete Wörter wie „Unternehmensführung“ und „Verwaltung“.32 Zahlreiche Autoren definieren den Begriff des Wissensmanagements nach unterschiedlichen Kriterien, Zielsetzungen und Schwer- punkten.33 Eine anerkannte Definition des Wissensmanagementbegriffes liefert Schüppel. Dieser versteht unter Wissensmanagement einen Entwurf, „[…] der alle möglichen human- und technikorientierten Interventionen und Maßnahmenpakete umfasst, die dazu geeignet sind, die Wissensproduktion, - reproduktion, -distribution, -verwertung und -logistik in einer Organisation zu optimieren“.34 Eine weitere Definition aus der Literatur lautet wie folgt: „Wissensmanagement beschäftigt sich mit dem Erwerb, der Entwicklung, dem Transfer, der Speicherung sowie der Nutzung von Wissen“.35 Die Definition von Schüppel wird für die Untersuchung in dieser Arbeit als Grundlage herangezogen, die alle wesentlichen Merkmale und Eigenschaften aufführt und zusammenfasst.

Es stellt sich jetzt die Frage nach der Ursache der unterschiedlichen Begriffserklärungen für das Wis- sensmanagement. Hier können drei theoretische Strömungen ausgemacht werden können.36 Der erste Ansatz bezieht sich auf den technischen Aspekt des Wissensmanagements, der durch Informations-, Daten-, Hardware- und Softwaresysteme versucht, eine schnelle und genauere Verteilung der Informa- tionen im Unternehmen zu erreichen.37 Der zweite Ansatz bezieht sich auf die Humanorientierung im Unternehmen. Dabei agiert der Mensch als Wissensträger und ist für die Entwicklung und die effizien- te Umsetzung von Wissen verantwortlich. Wissen in Verbindung mit Mitarbeitern und Unternehmen gilt dabei als Schlüssel des Erfolgs.38 Die dritte Strömung bildet der ganzeinheitliche Ansatz des Wis- sensmanagements. Außerdem werden der technikorientierte und der humanorientierte Ansatz des Wis- sensmanagements miteinander kombiniert. Dabei werden die kognitiven Fähigkeiten des Menschen und die technische Durchführung der Systeme miteinander verknüpft, um ein optimales Ergebnis des Wissensmanagement im Unternehmen zu erzielen.39

Als Hauptziele des Wissensmanagements werden die effektive und effiziente Förderung der Wissens- akkumulation und dessen Verarbeitung bis zur Generierung von unternehmenswirksamen Wettbe- werbsvorteilen bezeichnet.40 Vorrangig gilt es im Wissensmanagement, implizites Wissen in explizites Wissen umzuwandeln und nicht explizites Wissen bewusst darzustellen.41 Weitere Ziele sind nach Lehner:

- bestmögliche Nutzung wichtiger Ressourcen
- Reduzierung der Time-to-Market
- kürzere Produktzykluszeiten
- Verbesserung der Kundenbeziehung und des Kundennutzens
- verbesserte Effizienz bei F&E-Projekten
- erfolgreiches Reengineering von Unternehmensprozessen
- Verbesserung des internen Informationsflusses in der Organisation42

Neben der Wissensgenerierung und der Sicherstellung von Wissen verstehen Brodersen und Pfüller das Verwalten bzw. Managen der Ressource Wissen als Aufgabe des Individuums im Unternehmen.43 Die Aufgaben richten sich auf die Optimierung des Ressourceneinsatzes hinsichtlich der Unternehmenszielerreichung und der Steigerung der Produktqualität. Die dabei aufgestellten Unternehmensziele dienen als Richtlinien für die Operationalisierung.44

Nach der Darstellung der unterschiedlichen Betrachtungsweisen des Wissensmanagementbegriffes in der Literatur sollen im Folgenden zwei weit verbreitete und anerkannte Modelle des Wissensmanage- ments betrachtet werden, die für die Untersuchung in dieser Arbeit von Bedeutung sind. Vorstellungen von weiteren Modellen erfolgen aufgrund des beschränkten Raumes nur in begrenztem Ausmaß.

3.1. Wissensgenerierung nach Nonaka und Takeuchi

Nonaka und Takeuchi betrachten in ihrer Studie die Generierung und die Nutzung von Wissen in west- lichen und japanischen Unternehmen. Um Wissen erfolgreich speichern und verteilen zu können, muss im Vorfeld neues Wissen generiert werden. Diese in den westlichen Unternehmen vorherrschende Be- trachtungsweise kann auf die Tatsache zurückgeführt werden, dass in den westlichen Managementthe- orien der Fokus überwiegend auf dem Erwerb, der Sammlung und der Verwendung von Wissen gelegt wurde.45 Nonaka und Takeuchi stellen in ihrer Untersuchung am Beispiel von japanischen Unterneh- men fest, dass neues Wissen nicht nur durch Generierung, Speicherung oder Verarbeitung von neuen Informationen erzielt werden kann, sondern dass die Allokation von bestehenden Informationen bzw. von Wissen durch Mitarbeiter einen sehr starken Einfluss auf die Entwicklung auf neu entstehendes Wissen haben kann46: „[D]en Schlüssel zum Erwerb von implizitem Wissen bildet die Erfahrung“.47 Nonaka und Takeuchi beschreiben die Wichtigkeit von über die Dauer gewachsenen psychischen Sys- temen der Individuen, die durch eine individuelle Wissensbasis gekennzeichnet sind. Diese bestehen aus oberflächlichem Wissen wie z.B. Routinehandlungen, qualifiziertem Wissen sowie intensiven sub- jektiven Verarbeitung- und Handlungsstrategien.48 Die Diskrepanz in den Ansichten von japanischen und westlichen Unternehmen kann darauf zurückgeführt werden, dass japanische Unternehmen ihren Schwerpunkt bei der Wissensgenerierung auf implizites Wissen ausrichten, während westliche Unter- nehmen das implizite Wissen der Mitarbeiter als selbstverständlich ansehen, es daher nicht als förde- rungsfähig betrachten und deshalb den Fokus auf explizites Wissen legen49 (siehe zu weiteren Unter- schieden im Anhang Abb. 5: Vergleich der Wissensbeschaffung nach japanischem und westlichem Muster). Infolgedessen besteht für westliche Unternehmen ein verstärktes Risiko des Wissensverlusts, z.B. durch den Abgang von Mitarbeitern (siehe zu weiteren Ursachen für Wissensverlust Kap. 4). An diesem Punkt stellt sich die Frage, inwieweit implizites Wissen im Prozess der Wissensumwandlung ohne Verlust übertragen werden kann. Nonaka und Takeuchi sehen dieses Risiko als nicht bedeutend an und erwarten durch den Transfer eine erhöhte Interaktion zwischen den Austauschpartnern, durch die diese Wissenslücke geschlossen werden kann.50

Im Wege der Verbreitung und Entstehung von Wissen werden vier Umwandlungsprozesse unterschie- den.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Vier Formen der Wissensumwandlung

Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Nonaka und Takeuchi (1997) S. 75

Nonaka und Takeuchi beschreiben die vier Formen der Wissensumwandlung anhand einer dynami- schen Wissensspirale (siehe im Anhang Abb. 4: Wissensspirale). Die Wissensspirale soll anhand von vier Formen den fortlaufenden Prozess der Wissensgenerierung im Wege der Wissensumwandlung in den wechselnden Phasen verdeutlichen. Die Sozialisation bildet die erste Stufe der Wissensumwand- lung, sie ist die bewusste Übernahme von implizitem Wissen durch einen Dialog, Beobachtung oder Nachahmung von Handlungen anderer. Hier spielt der Erfahrungsaustausch der Mitarbeiter, um eine neue Tätigkeit zu erlernen und anwendbar zu machen, eine entscheidende Rolle.51 Die Durchführung dieser Aktionen bedarf einer gewissen räumlichen Nähe und ist zeitaufwendig.52 Die zweite Form der Externalisierung beschreibt die Transformation von implizitem Wissens in explizites Wissen durch ausgewählte Methoden wie Analogien, Metaphern und Modelle. Implizites Wissen wird dadurch artikulierbar und kann in Form von explizitem Wissen festgeschrieben werden.53 Die Externalisierung zählt zu den wichtigsten Aufgaben der Wissensumwandlung, -bewahrung und -beschaffung.54 Die dritte Form der Kombination beschreibt die Entstehung von explizitem Wissen durch eine bereits vor- handene Wissensbasis. Wissensbestände bzw. Informationen werden aus verschiedenen Quellen (z.B. Datenbanken, Telefon, Internet, Literatur) zusammengefügt, um neues Wissen zu generieren.55 Die Kombinationsform gilt als die am häufigsten zu beobachtende Form der Wissensweitergabe.56 Die Internalisierung resultiert aus dem „learning by doing“ und beschreibt die Integration von explizitem Wissen in implizites Wissen. Dieser Prozess wird durch die Handlungsabläufe des Individuums mög- lich.

3.2. Bausteine des Wissensmanagements nach Probst, Raub und Romhardt

Als Ergebnis der Systematisierung praktischer Problembereiche bezüglich der Ressource Wissen in Unternehmen identifizierten Probst, Raub und Romhardt in ihrem Konzept anhand von relevanten Bausteinen in einem Phasenmodell acht Aktivitäten im Wissensmanagement, die unterschiedliche Interdependenzen aufweisen57 (siehe Abb. 4: Bausteine des Wissensmanagements). Das Modell umfasst alle relevanten wissensbezogenen Aktivitäten im Wissensmanagement auf der Managementebene eines Unternehmens.58 Güldenberg präzisiert das Modell von Probst, Raub und Romhardt als organisationale Wissensbasis, die sich aus individuellen und kollektiven Wissensbeständen zusammensetzt und zur Bewältigung von Problemstellungen im Wissensmanagement verwendet wird.59 Probst et. al. beschreiben das Modell als „ein integriertes Interventionskonzept, das sich mit den Möglichkeiten zur Gestaltung der organisationelen Wissensbasis befasst“.60 Die acht Bausteine werden im Wege der Differenzierung in zwei Kreisläufe aufgeteilt. Der erste Kreislauf wird als innerer Regelkreislauf des operativen Sekors bezeichnet.

[...]


1 Z.B. in Form des Einzugs von Basistechnologien wie Computer oder Glasfaserkabel.

2 Vgl. Gronau, N. (2009), S. 3.

3 Drucker, P. F (1993), S. 165ff.

4 Vgl. Hertling, S. ( 2013) S. 6; Hensel/Wirsam (2008), S. 1ff.; Mandl, H./Reinmann-Rothmeier, G. (2000a), S. 4.

5 Vgl. Wiesenbauer, L. (2001) S. 67.

6 Vgl. http://www.bmbf.de/de/12210.php, 12.04.2014.

7 Die Bezeichnung „Mitarbeiter“ wird im Folgenden synonym mit „Arbeitnehmer“ verwendet.

8 Vgl.Krogh, G./Venzin, M. (1995), S. 418.

9 Vgl. Krcmar, H. (2005) S. 24.

10 Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 158.

11 Vgl. Müller, B. (2009) S. 26; Königer, P./Reithmayer, W. ( 1998), S. 11; North, K. (1999) S. 40.

12 Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 158.

13 Vgl. Königer, P./Reithmayer, W. ( 1998) S. 11.

14 Mandl, H./Reinmann-Rothmeier, G. (2000a), S. 5.

15 In den Disziplinen Philosophie, Psychologie oder Soziologie.

16 Vgl. Mandl, H./Reinmann-Rothmeier, G. (2000a), S. 5f..

17 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/55427/wissensmanagement-v8.html, 27.04.2014.

18 Vgl. Königer, P./Reithmayer, W. (1998), S. 11.

19 Vgl. North, K. (1999), S. 40.

20 Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (1998), S. 44.

21 Vgl. Polanyi, M. (1985), S. 19.

22 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/55427/wissensmanagement-v8.html, 27.04.2014.

23 Vgl. Gleich, R./Sauter, R. (2008), S. 268.

24 „Explizites Wissen (oder kodifiziertes Wissen) begreifen wir auch als externalisiertes Wissen.“ http://www.hrm-auer.ch/ downloads/KM-ABC_5.pdf, 09.05.2014.

25 Vgl. Mescheder, B./Sallach, C. ( 2012), S. 9.

26 Vgl. Willke, H. (2001), S. 13.

27 Vgl. Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (1998), S. 41.

28 Vgl. Willke, H. (1996), S. 281.

29 Vgl. http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/55427/wissensmanagement-v8.html, 27.04.2014.

30 Lat. „manum agere“ = an der Hand führen.

31 Krcmar, H. (2005), S. 23.

32 Vgl. Hopfenbeck, W. (1998), S. 327.

33 Vgl. Schüppel (1996), S. 189; Felbert (1998), S.45; Willke (1998); Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (1998), S. 48.

34 Schüppel, J. (1996), S. 191f.

35 http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Definition/wissensmanagement.html, 08.04.2014.

36 Vgl. Al-Laham (2003), S. 49f.; Schüppel (1996), S. 189; Zaunmüller, H. (2005), S. 15f.; Zboralski, K. (2007), S. 23.

37 Vgl. Zaunmüller, H. (2005), S. 15 f.

38 Vgl. Meyer, M. (2002), S. 1.

39 Vgl. Schmiedel-Blumenthal, P. (2001), S. 92.

40 Vgl. Krogh, G./Venzin, M. (1995), S. 420.

41 Vgl. Brodersen, J./Pfüller, K. (2013), S. 33.

42 Vgl. Lehner (2006), S. 34.

43 Vgl. Brodersen, J./Pfüller, K. (2013), S. 32ff.

44 Vgl. Brodersen, J/Pfüller, K. (2013), S. 32f.

45 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 63f.

46 Vgl. Bodrow, W./Bergmann, P. (2003), S. 44.

47 Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 75.

48 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 75.

49 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 64.

50 Vgl. Nonaka, I./Takeuchi, H. (1997), S. 74ff.

51 Vgl. Falk, S. (2007), S. 28.

52 Vgl. Bodrow, W./Bergmann, P. (2003), S. 44.

53 Vgl. Wilkesmann, U./Rascher, I. (2005), S. 15.

54 Vgl. Bodrow, W./Bergmann, P. (2003), S. 44.

55 Vgl. Zaunmüller, H. (2005), S. 17.

56 Vgl. Wilkesmann, U./Rascher, I. (2005), S. 15.

57 Vgl. Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (2003), S. 27f.

58 Vgl. Borner, R. (2005) S. 57.

59 Vgl. Güldenberg, S. (2003), S. 245.

60 Probst, G./Raub, S./Romhardt, K. (1998), S. 45.

Ende der Leseprobe aus 40 Seiten

Details

Titel
Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter in Unternehmen. Analyse der Ursachen und Auswirkungen
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,0
Autor
Jahr
2014
Seiten
40
Katalognummer
V358724
ISBN (eBook)
9783668433168
ISBN (Buch)
9783668433175
Dateigröße
1109 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
wissensverlust, mitarbeiter, unternehmen, analyse, ursachen, auswirkungen
Arbeit zitieren
Angelica Maria Cruz (Autor:in), 2014, Wissensverlust durch ausscheidende Mitarbeiter in Unternehmen. Analyse der Ursachen und Auswirkungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/358724

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