Die "Patria Potestas" in der antiken römischen Familie. Analyse des Wesens der väterlichen Gewalt und der Umsetzung des "Pater Familias"


Hausarbeit, 2017

16 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Wesen der Patria Potestas
2.1 Die Rolle des Staates
2.2 Einteilung der Familie
2.3 Beginn und Ende der Patria Potestas
2.4 Bestimmungen im Zwölftafelgesetz
2.5 Die Rechtsfähigkeit und das Peculium

3 Reale Umsetzung der Patria Potestas
3.1 Strenge und Härte des Hausvaters
3.2 Entscheidung des Pater Familias über Leben und Tod

4 Fazit

5 Quellenverzeichnis

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

In Deutschland unterliegt der Mensch bis zu seinem 18. Lebensjahr der elterlichen Sorge. Doch schon vorher können Eltern keine Rechtsgeschäfte für das Kind allein abschließen. Wichtige Entscheidungen werden in Einvernehmen geklärt und im Berufsleben kann man erst mit vorgerücktem Alter eine verantwortliche Stelle annehmen.[1]

Beides war im antiken Rom anders. Männer hatten die Möglichkeit bereits in jungem Alter an hohe Ämter zu gelangen. Dafür mussten sie auch nicht unbedingt Thronfolger etc. sein. Ganz anders sah es jedoch im häuslichen Bereich aus. Solange der Hausvater noch lebte, hatte er das Sagen über all seine Abkömmlinge. Außerdem gehörte das Hausvermögen nur ihm. Alle anderen Familienmitglieder waren vermögenslos bis der Familienvater starb.[2]

Das Thema der patria potestas, also der väterlichen Gewalt im antiken Rom, soll in dieser Hausarbeit behandelt werden.

Um mich meiner Fragestellung, ob der pater familias seine uneingeschränkte Macht über die Gewaltunterworfenen ausnutzte genauer widmen zu können, habe ich meine Hausarbeit in zwei große Themenbereiche untergliedert. Hierbei soll vor allem die Diskrepanz zwischen juristischen Fakten und der realen Umsetzung zum Ausdruck kommen. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Wesen der patria potestas. Darin möchte ich zu Beginn den mehr oder weniger starken Einfluss des Staates darstellen. Danach komme ich zur Einteilung der Familie. Nachdem ich auf die hiermit dominante Position des Hausvaters eingegangen bin, folgt eine Darlegung, wie die patria potestas begann und wie sie ihr Ende in der Familie gefunden hat. Anschließend folgt die gesetzliche Grundlage, welche im Zwölftafelgesetz hinterlegt ist. Beenden möchte ich den theoretischen Teil mit dem Thema der Rechtsfähigkeit und des peculium. Wenn diese Punkte abgearbeitet sind, komme ich zum zweiten Teil und damit zur realen Umsetzung der patria potestas. In diesem Teilbereich soll es zu Beginn um die Strenge und Härte des Hausvaters gehen, welche oftmals hinter der gegenseitigen Sorge und Verpflichtung zurücktrat. Anschließend folgt ein einschlägiges Beispiel zu dem Entscheidungsrecht des Hausvaters über Leben und Tod seiner Söhne.

2 Wesen der Patria Potestas

Die Gewalt, die ein pater familias innehatte, kann man in einem doppelten Sinn verstehen. Sie schloss die unterworfenen Familienmitglieder sowie alle Sachgüter ein.[3]

Außerdem unterlag die nahezu unbeschränkte Herrschaft des Hausvaters zu Beginn nur dem Sakralrecht und der Sitte und wird erst später durch privat- und strafrechtliche Normen in ihre Schranken gewiesen.[4]

2.1 Die Rolle des Staates

Beziehungen innerhalb der Familie, die persönlicher und vermögensrechtlicher Natur sind, fallen unter die patria potestas (väterliche Gewalt). Der Staat mischte sich kaum in diese bestehende Ordnung ein, denn dem Hausvater war es weitest gehend überlassen für Ordnung und Frieden innerhalb seines Kreises zu sorgen.[5] Er besaß hierbei auch alle Machtbefugnisse bis hin zum Recht über Leben und Tod zu entscheiden.[6] Nach außen aber auch die volle Verantwortung für sein Handeln. Ein schwerer Missbrauch väterlicher Gewalt konnte zu Strafen führen, so z.B. wenn die Tötung keinen gerechtfertigten Grund väterlicher Gewalt besaß, sondern Mord war. Trotz allem hielt sich der Staat weitestgehend aus jenen Angelegenheiten zurück. Für die Beziehungen innerhalb der Familie gab es außerdem kein staatliches Klagegericht. Ein gutes Familienleben, gekennzeichnet durch Liebe, Eintracht und Frieden sei nur möglich, wenn sich der Staat diesen Angelegenheiten entziehe. Starre Rechtsnormen und Ansprüche des Staates würden das Wohl jener Familie gefährden oder sogar zerstören. An dieser Trennung vom sozialen und staatlichen Leben hielt man bis in späte Zeiten fest und es ergaben sich nur wenige Einschränkungen der patria potestas.[7]

2.2 Einteilung der Familie

Wenn man sich mit Wesen und Inhalt der Patria Potestas beschäftigt, ist es unabdingbar auf die Einteilung der Familie einzugehen. Jeder Mensch ist in spezielle Rechtsverbände integriert und ein besonders wichtiger Rechtsverband ist die Familie.[8]

Was wir heute unter Familie verstehen, hatte in der römischen Zeit einen komplett anderen Charakter. Die familia umfasste alle Personen, welche rechtlich selbstständig waren (pater familias) und jene, die dem fremden Recht unterworfen waren.[9] Zur familia zählten alle Mitglieder des Haushalts (Kinder, Enkelkinder, Sklaven, Hörige, das Dienstpersonal und die Ehefrau, wenn diese unter der manus des Ehemannes stand). Das römische Recht unterteilte außerdem in Freie (homines liberi) wozu auch die Kinder zählten und in den Bereich der Sklaven (servi). Der Sklave wurde in noch dominanterer Form als rechtsunfähig erklärt, indem er als bloße Sache dem Eigentum des Herrn unterstand.[10] In diesem Zusammenhang verstehe ich nicht aus welchem Grund man vor allem die Kinder als homines liberi definierte, da sie in jeglicher Form stets und ständig der Gewalt des pater familias untergeordnet waren, keine Rechtssubjekte waren und damit auch kein eigenes Vermögen besitzen durften. Natürlich waren sie in dem Sinne frei, dass sie nicht wie Sklaven einen Herrn besaßen aber die patria potestas war in dem Sinne eine genauso große Einschränkung.

Ein weiteres besonders charakteristisches Merkmal der römischen Familie war das Agnationsprinzip, nachdem eine Verwandtschaft durch die gleiche Hausgewalt, sprich durch den gleichen pater familias geteilt wurde. Voraussetzung war, dass der pater familias noch am Leben ist. Diese agnatische Verwandtschaft wurde nur durch den Mannesstamm vermittelt und die Gesamtheit jener agnatischer Verwandtschaft nannte man gens.[11] Das lässt sich dadurch erklären, dass nicht nur die eigenen Kinder unter der Hausgewalt des Vaters standen, sondern auch die Kinder des Sohnes. Die Kinder der Töchter wiederum waren der Gewalt des Ehemannes unterworfen: „Qui igitur ex te et uxore tua nascitur, in tua potestate est: item qui ex filio tuo et uxore eius nascitur, id est nepos tuus et neptis, aeque in tua sunt potestate, et pronepos et proneptis et deinceps ceteri. Qui tamen ex filia tua nascitur, in tua potestate non est, sed in patris eius.“ [12] Später wird das agnatische Prinzip durch die Kognation ersetzt. Hierbei findet die Zugehörigkeit zu einer Personengruppe durch Blutsverwandtschaft statt.[13] Damit änderte sich der Familienbegriff in gewisser Form. Schloss man vorher z.B. adoptierte Kinder in die familia ein, zählten diese beim Kognationsprinzip nicht mehr dazu.

In einer weiter gefassten Bedeutung der familia integrierte man auch das Vermögen und die Sklavenschaft.[14]

2.3 Beginn und Ende der Patria Potestas

Die patria potestas fand ihren Beginn auf Seiten des Vaters, indem dieser eigene Rechtsfähigkeit erwarb. Das geschah in der Regel mit dem Tod des Vaters. Auf Seiten des Kindes begann der Eintritt in die patria potestas mit der ehelichen Geburt. Jedoch gab es auch Ausnahmen. Als Kind konnte man auch durch Adoption der patria potestas unterworfen werden. Da jedoch die p.p. zum Rechtsinstitut des ius civile zählt, muss der Adoptierende ein römischer Bürger sein. Genauso wie bei der ehelichen Geburt die Mutter das Bürgerrecht besitzen musste.[15] Jedoch war es auch möglich, dass der pater familias nicht der leibliche Vater eines Kindes sein musste, um das Kind in die patria potestas einzuschließen. Wenn der Ehemann das Kind nicht verstieß, war er trotzdem der Vater.[16]Pater est quem nuptiae demonstrant - Wer Vater ist, wird durch die Eheschließung bestimmt.“[17] Wenn die Mutter jedoch nicht verheiratet war, besaß das nichteheliche Kind auch keinen pater familias und war von Geburt an sui iuris.[18]

Die Gewaltunterworfenheit endete mit dem Tod des Vaters bzw. des Gewalthabers.[19] Eva Cantarella beschreibt den Tod des Vaters als ein Ende einer fast zu bezeichnenden Sklavenherrschaft, denn die Situation für Jungen unter dem Vater wäre nicht tolerierbar gewesen.[20] So werden also die männlichen Abkömmlinge über 14 Jahre gewaltfrei, männliche Kinder unter 14 Jahren bekamen einen Vormund (tutor). Der freigewordene Haussohn hatte dann die Möglichkeit neuer Hausvater zu werden, wenn er das wollte.[21]

In der altrömischen Periode zeichnete sich die Frau hingegen durch lebenslange Gewaltunterworfenheit aus. Denn nicht wie der Haussohn wurde sie sui iuris, sondern fiel unter die Gewalt des Ehemannes (mit der Heirat) oder unter die Vormundschaft eines nächsten männlichen Verwandten. Ein Vormund besaß dann nur noch begrenzte Gewalt über die Frau. Die Rechtsfähigkeit wurde damit nicht mehr berührt aber die Handlungsfähigkeit trotz allem eingeschränkt. Unter einem Ehemann veränderte sich in dieser Hinsicht nichts, da die Frau nur unter eine neue potestas kam.[22]

Jedoch gab es auch Ausnahmen auf die ich jetzt nur kurz eingehen möchte. Die Hausgewalt konnte auch eher beendet werden, indem der pater familias das Kind zur Adoption freigab. Eine weitere Möglichkeit war das Entlassen aus der patria potestas oder wenn der Ehemann sich von seiner Frau scheiden ließ. Grundsätzlich hielt man jedoch bis zum Ende der Antike an der traditionellen patria potestas fest.[23]

2.4 Bestimmungen im Zwölftafelgesetz

Nach Überlieferungen entstand im Jahr 451 v. Chr. die einzige Rechtskodifikation, die es in Rom je gegeben hat. Das Zwölftafelgesetz. Neben urtümlichen Regeln enthielt es außerdem Rechtsregelungen zum Privatrecht, Strafrecht und zum öffentlichen Recht.[24]

Ein genauer Bezug auf die patria potestas und damit die Hausgewalt des Familienvaters wird in der Tabula IV vorgenommen.

[...]


[1] Liebs, Detlef: Römisches Recht, Göttingen 2004, S. 119. (Liebs, Römisches Recht)

[2] Ebd., 119.

[3] Kaser, Max: IV, Der Inhalt der patria potestas, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Romanistische Abteilung 58 (1938) S. 62. (Kaser, Inhalt)

[4] Kaser, Max/ Knütel, Rolf: Römisches Privatrecht, München 2003, S.375. (Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht)

[5] Meyer, Ernst: Römischer Staat und Staatsgedanke, Zürich und München 1975, S. 258. (Meyer, Römischer Staat)

[6] Kaser/ Knütel, Römisches Privatrecht, 376.

[7] Meyer, Römischer Staat, 258.

[8] Meder, Stefan: Rechtsgeschichte, Köln, Weimar, Wien 2014, S. 41. (Meder, Rechtsgeschichte)

[9] Gai. Inst. I, 48. Sequitur de iure personarum alia divisio. Nam quaedam personae sui iuris sunt, quaedam alieno iuri subiectae sunt.

[10] Honsell, Heinrich: Römisches Recht, Berlin 2015, S. 23. (Honsell, Römisches Recht)

[11] Ebd., 23.

[12] Inst. I.10. Wer also dir und deiner Ehefrau geboren wird, steht in deiner Gewalt, ebenso wer deinem Sohn und dessen Ehefrau geboren wird, das heißt, daß dein Enkel und deine Enkelin gleichfalls in deiner Gewalt stehen sowie der Urenkel und die Urenkelin und dann folgend die übrigen. Wer jedoch von deiner Tochter geboren wird, steht nicht in deiner Gewalt, sondern in der seines Vaters.

[13] Meder, Rechtsgeschichte, 41. Die manus ist die Ehegewalt des Mannes über seine Frau. Sie trägt ihren Namen wegen der symbolisch schützenden und herrschenden Hand. In einem Libralakt gab der Hausvater vor fünf Zeugen seine Tochter an den zukünftigen Ehemann ab. Die Übergabe der Gewalt fand durch einen symbolischen Kaufpreis (nummo uno) statt. Neben der manus-Ehe Bestand jedoch auch noch die manus-freie Ehe ohne Gewaltunterworfenheit. Sie war jedoch eher die Ausnahme.

[14] Honsell, Römisches Recht, 24.

[15] Schiemann, Gottfried: Patria Potestas, in: Der Neue Pauly, S. 1. (Schiemann, Patria Potestas)

[16] Manthe, Ulrich: Geschichte des römischen Rechts, München 2000, S. 29. (Manthe, Recht)

[17] Ebd.

[18] Ebd., 30

[19] Ebd., 30.

[20] Cantarella, Eva: Fathers and Sons in Rome, in: The Classical World, Vol.93, No.3 (2003), S. 283. (Cantarella, Fathers and Sons)

[21] Liebs, Römisches Recht, 120.

[22] Meder, Rechtsgeschichte, 42.

[23] Manthe, Recht, 30.

[24] Honsell, Römisches Recht, 4.

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Die "Patria Potestas" in der antiken römischen Familie. Analyse des Wesens der väterlichen Gewalt und der Umsetzung des "Pater Familias"
Hochschule
Universität Leipzig
Note
2,3
Autor
Jahr
2017
Seiten
16
Katalognummer
V359219
ISBN (eBook)
9783668441385
ISBN (Buch)
9783668441392
Dateigröße
750 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Patria potestas, väterliche Gewalt, Rom, Pater Familias, Antike
Arbeit zitieren
Stephanie Mütterlein (Autor:in), 2017, Die "Patria Potestas" in der antiken römischen Familie. Analyse des Wesens der väterlichen Gewalt und der Umsetzung des "Pater Familias", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359219

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