Ziel dieser Hausarbeit ist es, Rousseaus "Discours sur l’origine et les fondements de l‘inégalité parmi les hommes" und seinen Briefroman "Julie ou la Nouvelle Héloïse" gemeinsam zu betrachten und unter politisch-philosophischen Gesichtspunkten aufeinander zu beziehen. Diese Arbeit wird analysieren, inwiefern die scheinbar ideale Gesellschaft Clarens als eine positive Antwort auf die im Discours sur l’inégalité diskutierten Problemfelder gelesen werden kann.
Meine These ist, dass das Gemeinwesen in Clarens nur oberflächlich, also im Schein, eine ideale, utopische Gesellschaft ist. Bei genauerer Betrachtung der Rhetorik und der in diesem Gemeinwesen angewandten Strategien, zeigt sich hingegen, dass Clarens im Sein eher dystopische Züge einer Zwangsgesellschaft trägt. Auf Starobinskis Oppositionspaar, den „Riss zwischen Schein und Sein“ (Starobinski, Rousseau. Eine Welt von Widerständen, 18) wird hier zurückgegriffen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Der Discours und der Briefroman: eine Fragestellung, zwei Medien
- III. Herausforderungen der Fragestellung dieser Arbeit
- IV. Die Thematik des Eigentums
- V. Die Thematik der inégalité
- V.1 Formen der inégalité im Discours
- V.2 Formen der inégalité in Clarens
- V.3 Der Zugang zu alltäglichen Privilegien: Manifestation der inégalité
- V.4 Inégalité psychologique
- V.5 La fête - Feier des Scheins
- VI. Die Thematik der liberté
- VI.1 Strategien des Freiheitsentzugs
- VI.2 Folgen des Freiheitsentzugs
- VI.3 Die volière - Mise en abyme der Freiheitsthematik in Clarens
- VII. Utopische Elemente in Clarens und scheinbare Lehren aus dem Discours
- VIII. Clarens als Dystopie
- IX. Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht Rousseaus „Discours sur l'origine et les fondements de l'inégalité parmi les hommes“ und seinen Briefroman „Julie ou la Nouvelle Héloïse“ gemeinsam und setzt sie in einen politisch-philosophischen Kontext. Ziel ist es, zu analysieren, inwiefern die scheinbar ideale Gesellschaft Clarens als eine positive Antwort auf die im „Discours sur l'inégalité“ diskutierten Problemfelder gelesen werden kann. Es wird untersucht, ob die in Clarens dargestellten Lösungen für die Themen Eigentum, Gleichheit und Freiheit wirklich funktionierende Modelle sind oder lediglich oberflächliche Ideale.
- Das Verhältnis von Schein und Sein in der Darstellung der Gesellschaft Clarens
- Die Rolle von Eigentum, Gleichheit und Freiheit in der Kritik von Rousseau
- Die Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen dem „Discours“ und der „Nouvelle Héloïse“
- Die literarischen Strategien von Rousseau zur Vermittlung seiner Ideen
- Die Frage nach der Utopie und Dystopie in Clarens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die zentrale These der Arbeit vor: Clarens ist im Schein eine utopische Gesellschaft, im Sein aber eine dystopische Zwangsgesellschaft. Sie beleuchtet auch die Gründe, warum Rousseau ein und dieselbe Thematik in zwei so unterschiedlichen Textsorten wie dem philosophischen Diskurs und dem literarischen Briefroman bearbeitet.
Kapitel II diskutiert die Frage, warum Rousseau in beiden Werken dieselbe Thematik behandelt und vergleicht den „Discours sur l'inégalité“ mit der „Nouvelle Héloïse“ hinsichtlich ihrer Form und ihres Inhalts. Dabei wird die Rolle der Rhetorik und des „exoterisch-esoterischen Doppelgesicht[s]“ in Rousseaus Schriften beleuchtet.
Kapitel III widmet sich den Herausforderungen der Fragestellung, insbesondere der Problematik der Monophonie in den Schilderungen von Clarens und der Tatsache, dass der „Discours sur l'inégalité“ nur eine Diagnose der Gesellschaft bietet, aber keine Alternative diskutiert.
Kapitel IV behandelt die Thematik des Eigentums und zeigt, dass dieses sowohl im „Discours“ als auch in Clarens als Auslöser für Gesellschafts- und Herrschaftsstrukturen gilt.
Kapitel V beleuchtet die Thematik der „inégalité“ in beiden Werken und analysiert die Formen der Ungleichheit, die in Clarens auftreten. Es werden auch die Strategien und Strukturen untersucht, die diese Ungleichheit verstärken, wie z.B. der Zugang zu Privilegien und die „féte“, die nur den Schein der Gleichheit vorgibt.
Kapitel VI analysiert die Freiheitsthematik in Clarens und zeigt, dass die beschriebenen Strategien des Freiheitsentzugs zu einer Dystopie führen. Die „volière“-Szene dient dabei als Beispiel für die Mise en abyme der Freiheitsthematik.
Kapitel VII beschäftigt sich mit den utopischen Elementen in Clarens, die aus dem „Discours“ entnommen wurden, wie z.B. der „l'âge d'or“ oder „la simplicité“. Es wird diskutiert, wie Clarens durch die Übernahme dieser Schlüsselbegriffe den Schein einer Utopie gewinnt.
Kapitel VIII klassifiziert Clarens als Anti-Utopie und zeigt, dass der Schein der Utopie nur ein „extérieur trompeur“ ist.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den zentralen Themen des „Discours sur l'inégalité“ und der „Nouvelle Héloïse“, insbesondere mit den Konzepten von Eigentum, Gleichheit, Freiheit, Schein und Sein. Der Fokus liegt auf der Analyse der Gesellschaft Clarens und der Frage, inwiefern diese als Antwort auf die Kritik des „Discours“ zu verstehen ist.
- Arbeit zitieren
- Anonym (Autor:in), 2017, Clarens und der "Discours sur l’inégalité". Utopische Gesellschaft im Schein, Dystopie im Sein, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/359365