Die ältere Epoche simultaner Existenz von mündlichem und schriftlichem Deutsch (beginnend im 8. Jh. mit der ersten dokumentierten Verschriftlichung deutscher Sprache, über das Mittelalter bis ins 19. Jh. hinein) ist "noch ganz unter dem Aspekt des Schreibens nach dem Sprechen..." zu sehen, "... während sich ja dann in der neuzeitlichen Periode immer mehr die andere Tendenz, die des Sprechens nach dem Geschriebenen..." durchsetzt. So charakterisiert Werner Besch (1983, 978) treffend die Entwicklung der deutschen Standardsprache, dieser, in der Relation zur gesamten deutschen Sprachgeschichte betrachtet, sehr jungen Variante mit erstmals fester Genormtheit, als Resultat des veränderten Verhältnisses von Gesprochenem und Geschriebenem zueinander. Die deutsche Spracheinigung vollzog sich zunächst auf Basis der Schrift und erreichte erst im 19. Jh. ihre volle Genormtheit (symbolisiert durch den 1880 erschienenen Orthographie - Duden), die von nun an zunehmend auch auf die gesprochene Sprache übergriff. Immer weiter drang die Schriftsprache daraufhin in den Alltag des Sprechers ein, wurde schließlich zur allgemeinen Standardsprache. Die Veröffentlichung der ersten deutschen Ausspracheregelung (Siebs, 1898) signalisiert, daß die Orientierung an der Schrift für den Sprecher verstärkt Bedeutung gewann. Diese Tendenz hat sich im Laufe des 20. Jahrhunderts immer deutlicher ausgeprägt.
Das Hauptmotiv bei der Entwicklung einer Standardsprache liegt auf der Hand: Sie soll als Instrument zur gesamtgesellschaftlichen Kommunikation dienen, indem sie sich durch überregionale Verwendbarkeit auszeichnet. Folglich findet Standardisierung verstärkt dort statt, wo sprachliche Vielfalt etwa auf Dauer die zwischenmenschliche Verständigung beeinträchtigt, unwirtschaftlich bzw. politisch nachteilig erscheint oder auf andere Weise zu Behinderungen führt. Gleichzeitig gilt die Standardsprache als einziges adäquates Medium zur Korrespondenz auf offizieller bzw. kultureller Ebene einer Nation.
Inhaltsverzeichnis
- I. Funktion und Entwicklung der deutschen Standardsprache
- 1.1 Warum Standarddeutsch? - Merkmale einer vereinheitlichenden Sprachvariante
- 1.2 Die Entstehung einer überregionalen Sprache auf dialektalem Substrat
- II. Der sprachliche Substandard und seine Auswirkung auf den Sprachwandel
- 2.1 Der Dialektsprecher und sein Sprachverhalten
- 2.2 Der,, neue\" Substandard
- III. Beobachtungen zum Normverhalten bei „Standardsprechern“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Funktion und Entwicklung der deutschen Standardsprache unter Berücksichtigung des aktuellen Sprachwandels. Sie untersucht die Entstehung und Verbreitung einer überregionalen Sprache aus dialektalem Substrat sowie die Auswirkungen des sprachlichen Substandards auf den Sprachwandel.
- Die Entstehung und Entwicklung der deutschen Standardsprache
- Die Rolle des Schriftsprachengebrauchs in der Standardisierung
- Die Auswirkung von Dialekten auf die Standardsprache
- Das Normverhalten von "Standardsprechern" im heutigen Sprachgebrauch
- Der Einfluss des Sprachwandels auf die deutsche Standardsprache
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel I behandelt die Funktion und Entwicklung der deutschen Standardsprache, wobei insbesondere auf die Rolle der Schriftlichkeit in der Standardisierung und die Merkmale einer überregionalen Sprache eingegangen wird. Kapitel II untersucht den sprachlichen Substandard und seine Auswirkungen auf den Sprachwandel, indem es das Sprachverhalten von Dialektsprechern und den Einfluss des "neuen" Substandards beleuchtet. Kapitel III analysiert das Normverhalten von "Standardsprechern" und beleuchtet die Herausforderungen, denen die Standardsprache im aktuellen Sprachwandel begegnet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den zentralen Themen der deutschen Standardsprache, ihrer Entstehung, Entwicklung und Funktionsweise im Kontext des aktuellen Sprachwandels. Die Untersuchung fokussiert auf die Rolle von Dialekten, Substandards und Normverhalten im Wandel des Sprachgebrauchs. Dabei werden wichtige Begriffe wie Sprachvarietät, Schriftlichkeit, Mündlichkeit, Standardisierung, Substandard, Normverhalten und Sprachwandel analysiert.
- Arbeit zitieren
- Sonja Schiffers (Autor:in), 1999, Funktion und Entwicklung der deutschen Standardsprache unter Berücksichtigung des aktuellen Sprachwandels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3599