EINLEITUNG
'Gefesselt an sein evolutionäres Erbe, gesteuert vom Diktat der Gene und Hormone, irrt der Mensch in seinem Triebleben umher.' (DER SPIEGEL, 5/95)
Alle Macht den Genen?
DER SPIEGEL macht hier auf ein Phänomen aufmerksam, das - durchaus nicht neu - im Zuge der Genforschung neuen Aufschwung erhält: Die Wiederkehr des biologischen Fundamentalismus (DER SPIEGEL, 5/93).
Mit zweifelhaften `Entdeckungen´ versuchen Vertreter dieser Denkrichtung den Einfluß der Erbanlagen auf das Verhalten des Menschen zu belegen. Vor allem Thomas J. Bouchard von der Universität of Minnesota ist sich sicher:
Charakterzüge werden genetisch festgelegt, determiniert - ja selbst
Religiosität, politische Ausrichtung, Zufriedenheit im Beruf und sexuelle Neigung (DER SPIEGEL, 51/93 u. 16/95).
- Das ist nicht neu.
Bereits im 18. Jahrhundert wurde ein biologistisch geprä gtes Denkmodell, das bestimmte Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen von Menschen auf eine genetische Determination desselben zurückführt, im Bürgertum aufgegriffen. Damals diente es zur Generierung eines neuen bürgerlichen Familien- und Rollenverstä ndnisses und rückte sog. `geschlechtsspezifische Wesensmerkmale´ von Mann und Frau in den Mittelpunkt des Interesses.
HAUSEN () spricht von einer `Polarisierung der Geschlechtscharaktere´ - ein Modell, das bis in unser Jahrhundert hinein in weiten Kreisen der Bevölkerung auf Interesse und Anklang stößt. Gerade die Selbverständlichkeit, mit welcher Gedanken aus diesem Theoriegerüst immer wieder zitiert werden, macht neugierig auf seine Entstehung, Funktion und die Konsequenzen für die sich
an diesem Modell orientierenden Menschen einer Gesellschaft. Diesen
Fragen soll in den folgenden Ausführungen nachgegangen werden.
[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1.0. Typisierung von Mann und Frau
- 1.1. Geschlechtscharaktere: Spezifische Wesenszuschreibungen für Mann und Frau
- 1.2. Polarisation: Mann und Frau als Gegenpole
- 1.3. Wandel des Bezugssystems: Von der sozialen Position zum Wesen von Mann und Frau
- 2.0. Entstehungsbedingungen und Funktion der Geschlechtspolarisation
- 2.1. Umbrüche und Veränderungen im bürgerlichen Leben
- 2.2. Neuorientierung und Legitimationszwang
- 3.0. Bürgerliche Ideale und Bürgerliches Leben im 18. Jahrhundert
- 3.1. Liebes- und Eheideal
- 3.2. Familienideal
- 3.3. Sexuelle Beziehungen
- 3.4. Familienleben
- 3.5. Kinderleben
- 3.6. Geschlechtsspezifische Ausbildung
- 4.0. Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere - Leistung oder Irrweg bürgerlicher Familienentwicklung?
- 4.1. Konstruktive Aspekte
- 4.2. Destruktive Aspekte
- 5.0. Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Polarisierung der Geschlechtscharaktere im Kontext der bürgerlichen Familienentwicklung. Die Zielsetzung besteht darin, die Entstehungsbedingungen und die gesellschaftlichen Funktionen dieser Polarisierung zu analysieren und deren Auswirkungen auf das bürgerliche Leben zu beleuchten. Dabei werden sowohl konstruktive als auch destruktive Aspekte betrachtet.
- Entstehung der Geschlechtspolarisation im bürgerlichen Kontext
- Funktion der Geschlechtspolarisation für die gesellschaftliche Ordnung
- Ideale von Liebe, Ehe und Familie im 18. Jahrhundert
- Auswirkungen der Geschlechtspolarisation auf das Familienleben
- Bewertung der Geschlechtspolarisation als "Leistung" oder "Irrweg"
Zusammenfassung der Kapitel
1.0. Typisierung von Mann und Frau: Dieses Kapitel legt den Grundstein für die gesamte Arbeit, indem es die geschlechtsspezifischen Wesenszuschreibungen und die Polarisierung von Mann und Frau als Gegenpole definiert. Es analysiert den Wandel vom Verständnis der Geschlechterrollen als sozialer Position hin zu einem Verständnis als essentielles Wesen. Der Exkurs zum "Bem-Sex-Role-Inventory" liefert ein zusätzliches Instrument zur Erläuterung der Geschlechterrollen-Typisierung.
2.0. Entstehungsbedingungen und Funktion der Geschlechtspolarisation: Hier werden die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen im bürgerlichen Leben untersucht, die zur Entstehung der Geschlechtspolarisation beigetragen haben. Dazu gehören die Individualisierung, soziale Isolierung, materieller Wohlstand, die Trennung von Erwerbs- und Hausarbeit, die Entstehung der Kindheit sowie die Abgrenzung gegen den Adel. Das Kapitel analysiert die Notwendigkeit einer neuen gesellschaftlichen Ordnung und die Legitimierung der neuen Geschlechterrollen im bürgerlichen Kontext.
3.0. Bürgerliche Ideale und Bürgerliches Leben im 18. Jahrhundert: Dieses Kapitel beleuchtet detailliert die Ideale von Liebe, Ehe und Familie im 18. Jahrhundert. Es untersucht den Wandel von der Zweck- zur Vernunftehe, die Bedeutung der ehelichen Kommunikation und die Rolle des Besitzstandes bei der Familiengründung. Es beschreibt die Struktur der bürgerlichen Ehe, inklusive potentieller Entfremdung der Partner, und analysiert die Geschlechterrollen im Familienkontext, das Kinderleben und die geschlechtsspezifische Erziehung und Sozialisation. Die verschiedenen Aspekte der Familienkultur werden differenziert betrachtet.
4.0. Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere - Leistung oder Irrweg bürgerlicher Familienentwicklung?: Dieses Kapitel bewertet die Polarisierung der Geschlechtscharaktere. Es untersucht sowohl die konstruktiven als auch destruktiven Aspekte dieser Entwicklung, wobei die verschiedenen Facetten und Folgen des Phänomens analysiert werden. Dies ermöglicht eine umfassende Beurteilung der langfristigen Auswirkungen auf die bürgerliche Familienentwicklung.
Schlüsselwörter
Geschlechtspolarisierung, bürgerliche Familienentwicklung, Geschlechtscharaktere, bürgerliche Ideale, Ehe, Familie, Individualisierung, Sozialgeschichte, 18. Jahrhundert, Geschlechterrollen.
Häufig gestellte Fragen zur Arbeit: "Polarisierung der Geschlechtscharaktere im Kontext der bürgerlichen Familienentwicklung"
Was ist der Gegenstand der Untersuchung dieser Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Polarisierung der Geschlechtscharaktere im Kontext der bürgerlichen Familienentwicklung des 18. Jahrhunderts. Sie analysiert die Entstehungsbedingungen und gesellschaftlichen Funktionen dieser Polarisierung und beleuchtet deren Auswirkungen auf das bürgerliche Leben, sowohl die konstruktiven als auch die destruktiven Aspekte.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und worum geht es in jedem einzelnen Kapitel?
Die Arbeit besteht aus fünf Kapiteln: Kapitel 1 definiert die geschlechtsspezifischen Wesenszuschreibungen und die Polarisierung von Mann und Frau. Kapitel 2 untersucht die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Veränderungen, die zur Entstehung der Geschlechtspolarisation beigetragen haben. Kapitel 3 beleuchtet detailliert die Ideale von Liebe, Ehe und Familie im 18. Jahrhundert. Kapitel 4 bewertet die Polarisierung der Geschlechtscharaktere, indem es sowohl konstruktive als auch destruktive Aspekte analysiert. Kapitel 5 bietet einen Ausblick.
Welche konkreten Themen werden im Detail behandelt?
Die Arbeit behandelt Themen wie die Typisierung von Mann und Frau, die Geschlechtscharaktere als Gegenpole, den Wandel des Bezugssystems von sozialer Position zum Wesen, die Entstehungsbedingungen der Geschlechtspolarisation (Umbrüche im bürgerlichen Leben, Neuorientierung und Legitimationszwang), bürgerliche Ideale (Liebe, Ehe, Familie), sexuelle Beziehungen, Familienleben, Kinderleben, geschlechtsspezifische Ausbildung, und schließlich eine Bewertung der Geschlechtspolarisation als "Leistung" oder "Irrweg" der bürgerlichen Familienentwicklung.
Welche Zielsetzung verfolgt die Arbeit?
Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, die Entstehungsbedingungen und die gesellschaftlichen Funktionen der Polarisierung der Geschlechtscharaktere zu analysieren und deren Auswirkungen auf das bürgerliche Leben zu beleuchten. Sowohl konstruktive als auch destruktive Aspekte werden betrachtet.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Geschlechtspolarisierung, bürgerliche Familienentwicklung, Geschlechtscharaktere, bürgerliche Ideale, Ehe, Familie, Individualisierung, Sozialgeschichte, 18. Jahrhundert, Geschlechterrollen.
Welche Methoden werden in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit verwendet eine sozialgeschichtliche Analysemethode, um die Polarisierung der Geschlechtscharaktere im Kontext der bürgerlichen Familienentwicklung zu untersuchen. Details zur konkreten Vorgehensweise sind nicht im Inhaltsverzeichnis angegeben.
Welche konkreten Ergebnisse liefert die Arbeit?
Konkrete Ergebnisse der Analyse werden im Text der Arbeit dargelegt und sind im Inhaltsverzeichnis nur in Form von Kapitelüberschriften und kurzen Zusammenfassungen wiedergegeben. Die Arbeit kommt zu einer Bewertung der Geschlechtspolarisation als "Leistung" oder "Irrweg" der bürgerlichen Familienentwicklung.
- Arbeit zitieren
- Ulrike Roppelt (Autor:in), 1995, Die Polarisierung der Geschlechtscharaktere - Leistung oder Irrweg der bürgerlichen Familienentwicklung?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3606