Standpunkte der aktuellen Diskussion um Gewalt im Fernsehen und ausgewählte Medienwirkungstheorien


Seminararbeit, 1999

17 Seiten, Note: gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Geschichtlicher Hintergrund der Diskussion

3. Ausgewählte Wirkungstheorien

4. Ergebnisse der Wirkungsforschung

5. Neue Wege und Aufgaben der Medienwirkungsforschung

6. Fazit

7. Abkürzungsverzeichnis

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Wie gewalttätig ist unsere Gesellschaft? Kann man diese Frage anhand der im Fern- sehen gezeigten Gewalt entscheiden oder wirkt sich die medial vermittelte und meist fiktive Gewalt nicht oder nur gering auf unsere Wirklichkeit aus. Dies ist eine Gretchenfrage der Medienwirkungsforschung[1] und sie kann sicher nicht in dieser Hausarbeit beantwortet werden. Feststellen läßt sich jedoch, daß es in erhöhtem Maße reale Gewalt gibt (man betrachte nur die Gewalt, die von rechtsextremen Randgruppen gegenüber ausländischen Mitbürgern verübt wird) und daß es einen Zusammenhang zwischen realer und fiktiver Gewalt in den Medien, insbesondere dem Massenmedium Fernsehen gibt. Man kann zwar feststellen, daß unser Alltag sehr gewaltfrei abläuft, weil das reibungslose Miteinander durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen geregelt ist. Auch durch Krieg bedingte Gewalt kennen wir durch unsere stabile außenpolitische Lage nur mehr aus dem Fernsehen, aber Gewalt ist dennoch eine feste Größe in unserer Gesellschaft geworden.

In dieser Hausarbeit möchte ich Umfragen und Forschungsergebnisse zu diesem Thema vorstellen und auswerten. Ich erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da dies bei der großen Menge an Literatur und Studien ein unmögliches Unterfangen darstellt. Im Fazit möchte ich meine, im Laufe der Seminararbeit durch die Lektüre zahlreicher Literatur erworbene Meinung darstellen und begründen.

2. Geschichtlicher Hintergrund der Diskussion

Mit dem Aufkommen der Schrift als Medium erfährt man zum erstenmal über die Diskussion um Gewaltdarstellungen in den Medien (zu dieser Zeit waren das Theater, Schrift und mündliche Überlieferung) und dessen Wirkung auf die Rezipienten. Schon damals gab es die kontroversen Ansichten, daß Gewalt in den Medien dem Rezipienten nicht schade, sondern sein eigenes Gewaltpotential senke (Aristoteles Katharsis-These) oder das die Darstellungen negative Effekte auf das Gemüt der Zuschauer haben könnte (von Seneca vertreten).[2] Die Diskussion über dieses Thema blickt also auf eine lange Tradition zurück. Überhaupt sind reale und detaillierte Gewaltdarstellungen in ver- schiedenen Medien keineswegs eine Erfindung der Neuzeit und nur auf das Fernsehen beschränkt; schon in Homers Odyssee gibt es reichlich davon. Die Tradition der Gewaltdarstellungen reicht aber noch weiter zurück. Horror-Geschichten wurden schon in prähistorischen Zeiten erzählt, denn es gibt Höhlenmalereien, die Kämpfe zwischen Monsterwesen und Menschen zeigen.[3] Noch extremer erscheinen jedoch im Blick der heutigen turnusmäßig von verschiedenen Politikern aufgerollten Diskussion die blutigen und oft tödlichen Gladiatorenkämpfe im alten Rom, wo Gewalt ja nicht nur über ein Medium[4] dargestellt beziehungsweise vermittelt wurde, sondern real ausgeübt wurde. Gewaltdarstellungen jeglicher Art gab es also schon immer.

Allerdings ist die historische Dimension des Themas bis jetzt erst in den Anfängen erforscht.[5] Es läßt sich jedoch allgemein feststellen, daß die Menschen eine eher negative Attitüde gegen jede Art von neuen Medien haben. So vertrat zum Beispiel im Jahre 1695 Kaspar Stieler in „Zeitungs Lust und Nutz“ eine recht differenzierte Theorie des Lernens durch Beobachtung, indem er darauf hinwies, daß in den Zeitungen Straf- taten in solcher Weise geschildert würden, daß es niemandem schwer fallen dürfte diese nachzuahmen, wenn er denn wollte. Aber er stellte auch gleichzeitig fest, daß schon die Bibel solche Beispiele gebe und man diese aber ja deswegen nicht verbieten könne.

Im England des 18. Jahrhunderts wurde mit der Einführung des Buches der Untergang der Kultur erwartet.[6] Es gab zu dieser Zeit in England circa 1000 Institute, die alle die Bücherregale kommerziell mit Schund überfüllten. Eine Flut von Massenliteratur ent- stand, mit immer denselben Themen: Schlüpfriges und Sensationelles, Pornogra- phisches und Skandalöses.

Der kulturelle Niedergang der Gesellschaft wird heute - etwa von Neill Postman[7] - dem kommerziellen Fernsehen mit nahezu identischen Argumenten, die Alexander Pope im 18. Jahrhundert gegen das Buch vertreten hat, zugeschoben.

Wie man sieht wiederholen sich die Argumentationsketten beziehungsweise Thesen gegen Gewalt auf der Bühne, im Fernsehen oder in Büchern immer wieder; denn wenn die 1993 amtierende Bundesministerin für Frauen und Jugend Angela Merkel von einer Spirale der Reizüberflutung spricht[8], meint sie damit, daß den Rezipienten immer gewalttätigere Szenen vorgesetzt werden müssen, um sie überhaupt anzusprechen; der Rezipient stumpft also mit der Zeit gegen weniger aggressive Inhalte ab. Dieses Argu- ment ist interessant, aber nicht neu, denn schon 1867 erkannte Joseph Lukas in seiner Abhandlung namens: „Die Presse, ein Stück moderner Versimpelung“, daß viele Journale immer schrecklichere und kuriosere Themen auswählten „um das abgestumpfte Gefühl des Publikums doch immer wieder aufzuregen.“[9]

Auch bei der Einführung des Stummfilms gab es eine solch intensive Diskussion der Reizüberflutungsthese, z. B. wenn der Psychiater und Neurologe Robert Gaupp fest- stellt: „Allein der Kinematograph wirkt schädlicher und nervenzerstörender durch die zeitliche Konzentration der Vorgänge. Beim lesen können wir beliebig Halt machen ... Anders beim Kino.“[10] Schon damals waren die Gegner der Mediengewalt in der Über- zahl. Nur wenige sahen das Problem als so komplex an wie der Jurist Albert Hellwig, der unter anderem darauf hinwies, daß nicht erst der Kinematograph die Neigung zur seichten Zerstreuung geschaffen habe und daß der Einfluß des Schundfilms im Einzel- falle nur sehr schwer nachweisbar wäre.[11]

Nichtsdestotrotz ist die Situation heute eine andere und die Medien haben heute eine ganz andere Rolle. Dies zeigt sich auch schon im Begriff: Massenmedien. Das Fern- sehen hat eine ungeahnt große Reichweite, der sich die wenigsten entziehen können und wollen. Gerade deswegen wurde die Wirkung von Gewalt im Fernsehen auf die Rezi- pienten besonders gründlich erforscht, um sich der Möglichkeiten dieses Mediums, aber auch der Gefahren die von ihm ausgehen bewußt zu werden und diese einschätzen zu können.

3. Ausgewählte Wirkungstheorien

Die Wirkungstheorien versuchen zu erklären, was Gewaltdarstellungen im Fernsehen bei den Rezipienten auslösen. Grundsätzlich gibt es aber zwei gegensätzliche Grund- annahmen auf denen die Wirkungstheorien beruhen.[12] Entweder ist die Neigung zu Gewalt angeboren oder der Mensch erwirbt sie im Laufe der Sozialisation.[13]

[...]


[1] Vgl.: Scholz, Rainer & Joseph, Peter; Gewalt und Sexdarstellungen im Fernsehen, Systematischer Problemaufriss mit Rechtsgrundlagen und Materialien; Bonn 1993; S. 45;

[2] Kunczik, Michael: Zur Geschichte der Auseinandersetzung um Gewalt in den Medien; Gewaltdarstellungen ein Thema seit der Antike; in: Media Perspektiven; 3/1993; S. 108-113;

[3] Vgl.: Daniels, Les: Living in fear; A history of horror in the mass-media; London 1975;

[4] Anm.: Ursprünglich ist ein Medium ja nur ein Mittel zur Weitergabe und Verbreitung von Informationen durch Sprache, Gestik, Mimik, Schrift, Bild und Musik; Vgl.: LexiROM © 1995-1996; Microsoft Corporation und Bibliographisches Institut & F.A. Brockhaus; Eintrag: Medium;

[5] Vgl.: Wilke, Jürgen: Nachrichtenauswahl und Medienrealität in vier Jahrhunderten; Berlin 1984;

[6] Vgl.: Löwenthal, Leo: Literatur und Gesellschaft; Neuwied 1972;

[7] Postman, Neill; Wir amüsieren uns zu Tode; Frankfurt am Main 1985;

[8] Merkel, Angela; Macht Fernsehen die Jugend brutal?; In: BPjS Aktuell; Amtliches Mitteilungsblatt der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften; 1, 6; Bonn 1993;

[9] Lukas, Joseph; Die Presse, ein Stück moderner Versimpelung; Regensburg 1867; S. 7;

[10] Gaupp, Robert; Die Gefahren des Kino; In: Schweinitz, J. (Hrsg.); Prolog vor dem Film; Nachdenken über ein neues Medium 1904-1914; Leipzig 1992; S. 66;

[11] Vgl.: Hellwig, Albert; Kinematograph und Zeitgeschichte; In: Schweinitz, J. (Hrsg.); Prolog vor dem Film; Nachdenken über ein neues Medium 1904-1914; Leipzig 1992;

[12] Vgl.: Kepplinger, H.M. & Dahlem, S.; Medieninhalte und Gewaltanwendung; In: Schwind, H.D., Baumann, J., u.a. (Hrsg.); Ursache, Prävention und Kontrolle von Gewalt; Analysen und Vorschläge der Unabhängigen Regierungskommission zur Verhinderung und Bekämpfung von Gewalt (Gewaltkommission); Band III; Berlin 1990; S. 381-396;

[13] Scholz, Rainer & Joseph, Peter; Gewalt und Sexdarstellungen im Fernsehen, Systematischer Problemaufriss mit Rechtsgrundlagen und Materialien; Bonn 1993; S. 154;

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Standpunkte der aktuellen Diskussion um Gewalt im Fernsehen und ausgewählte Medienwirkungstheorien
Hochschule
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn  (Seminar für politische Wissenschaft)
Veranstaltung
Proseminar: Aktuelle Probleme der Medienpolitik - Strukturen und Akteure
Note
gut
Autor
Jahr
1999
Seiten
17
Katalognummer
V3614
ISBN (eBook)
9783638122313
Dateigröße
541 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Medientheorien
Arbeit zitieren
Frank Livani (Autor:in), 1999, Standpunkte der aktuellen Diskussion um Gewalt im Fernsehen und ausgewählte Medienwirkungstheorien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/3614

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