Projekt Gangstudien


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

19 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Der Gangzyklus
1.1 Reziproker Bodenkontakt
1.2 Gliederung des Gangzyklus
1.3 Schritt und Doppelschritt

2 Die Gangphasen
2.1 Initialer Bodenkontakt
2.2 Belastungsantwort
2.3 Mittlere Standphase
2.4 Terminale Standphase
2.5 Vor-Schwungphase
2.6 Initiale Schwungphase
2.7 Mittlere Schwungphase
2.8 Terminale Schwungphase

3 Untersuchungsdesign und Ziel der durchgeführten Ganganalyse
3.1 Auswertung der Datenreihen
3.1.1 These 1: Mit steigender Geschwindigkeit erhöht sich die Doppelschrittlänge.
3.1.2 These 2: Mit steigender Geschwindigkeit erhöht sich die Kontaktzeit.
3.1.3 These 3: Mit steigender Geschwindigkeit erhöht sich die Schrittanzahl/min.
3.1.4 These 4: Beide Geschlechter unterscheiden sich signifikant in Bezug auf Doppelschrittlänge, Kontaktzeit und Kadenz.
3.2 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Der Gangzyklus

Ist durch ein sich wiederholendes Bewegungsmuster der Extremitäten geprägt und bei dem der gesamte Körper über die Standfläche balanciert wird. Um diese Standfestigkeit gewährleisten zu können, werden die Informationen der Knochen, Muskeln, Sehnen und Bänder der unteren Extremität mit denen der oberen über die Verbindungsstelle Gehirn synthetisiert. Das Resultat dieses komplexen Beziehungsgefüges ist der Gang, dieser muss, um ihn wissenschaftlich analysieren zu können, unter verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet werden, damit Einzelabläufe herausgearbeitet und ihr Anteil an der Gesamtbewegung sichtbar gemacht werden kann. Laut Dr. Jacquelin Perry (2003, S. 1) kann diese Analyse unter drei Aspekten erfolgen. A priori erfolgt eine Untergliederung des Ganges anhand der Variationen des reziproken Bodenkontakts beider Füße. Weiterhin wird die Dauer und Länge eines Doppelschrittes zu Grunde gelegt. A posteriori wird die funktionelle Bedeutung der Einzelereignisse innerhalb des Gangzyklus bestimmt, und es werden die jeweiligen Intervalle als funktionelle Gangphasen erfasst.

1.1 Reziproker Bodenkontakt

Bei der dynamischen Bewegung des Gehens bzw. Laufens erfüllt jedes Bein eine spezifische Rolle, eine genauestens geregelte Arbeitsteilung wird dabei unter ständigem Wechsel des Aufgabenbereichs vollzogen. Somit entspricht ein Bein einer beweglichen Stütze, während das andere zu einem neuen Standort schwingt und umgekehrt. Nur bei der Übertragung der Körperlast von einem auf das andere Bein haben beide Füße Bodenkontakt. Der Begriff Gangzyklus (GZ) (Abb. 1) bezeichnet eine einzelne Sequenz dieser Funktion eines Beines, bei der jede Aktion fließend in die nächste übergeht. Prinzipiell gilt, mit dem Bodenkontakt der Ferse beginnt auch der Gangzyklus. Da bestimmte akute oder pathologische Krankheitsbilder den Fersenkontakt nicht immer gewährleisten können, wird in der Biomechanik der allgemeinere Ausdruck initialer Bodenkontakt (IBK) als Beginn eines Gangzyklus verwendet (Perry, 2003, S. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1. Grobgliederung des Gangzyklus (Perry, 2003, S. 1)

1.2 Gliederung des Gangzyklus

Jeder Gangzyklus gliedert sich in zwei Teile, diese werden Stand- und Schwungphase genannt. Der Begriff Phase bezeichnet eine funktionale Untereinheit der Gesamtaktivität eines Beines innerhalb des Gangzyklus. Der Ausdruck Standphase umschreibt den gesamten Zeitraum, in dem der Fuß auf dem Boden ruht. Sie beginnt mit dem initialen Bodenkontakt und endet mit dem Abdruck des Vorfußes. Dieser Abdruck ist wiederum der Beginn der Schwungphase. Der Ausdruck Schwungphase beschreibt den Zeitabschnitt, währenddessen sich der Fuß in der Luft befindet und nach vorn schwingt (Perry, 2003, S. 2).

Die Standphase ist in drei Unterphasen gegliedert (Abb. 2). Sowohl zu Beginn wie am Ende der Standphase haben beide Füße Bodenkontakt (bipedaler Stand), in der mittleren Standphase dagegen nur ein Fuß. Mit der bipedalen initialen Standphase beginnt ein Gangzyklus (Abb. 3). Zu diesem Zeitpunkt befinden sich beide Füße am Boden. Die monopedale Standphase beginnt, sobald der kontralaterale Fuß zum Schwung abgehoben wird. Während der monopedalen Standphase ruht die gesamte Körperlast auf der betreffenden Extremität. Die Dauer der monopedalen Standphase (Abb. 3) ist der beste Indikator für die Stützfähigkeit des betreffenden Beines. Die terminale bipedale Standphase macht die dritte Untereinheit aus. Sie beginnt mit dem Bodenkontakt des kontralateralen Fußes und dauert an, bis das ursprüngliche Standbein zum Schwung abgehoben wird. Im Gangzyklus entfallen im Normalfall 60 % der Zeit auf die Standphase und 40 % auf die Schwungphase. Wobei sich die Standphase aus der bipedalen (2 x 10 %) und der monopedalen (40 %) Standphase zusammensetzt. Aus den vorhergehenden Erläuterungen wird ersichtlich, dass der prozentuale Anteil der monopedalen Standphase des einen der Schwungphase des anderen Beines zu entsprechen hat.

Die Dauer der beiden Gangphasen ist umgekehrt proportional der Ganggeschwindigkeit. Mit zunehmendem Tempo verkürzen sich Stand- wie Schwungphase. Umgekehrt dauern Stand- und Schwungphase umso länger, je langsamer der Gehende wird. Zwischen den Untereinheiten der Standphase ergeben sich unterschiedliche Zusammenhänge. Ein Entfallen der bipedalen Standphase kommt einem Wechsel des Fortbewegungsmodus gleich, kurz, der Gang geht in den Lauf über (Perry, 2003, S. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2. Gliederung des Gangzyklus (Perry, 2003, S.4)

1.3 Schritt und Doppelschritt

Der Ausdruck Schritt bezieht sich auf die zeitliche Abfolge der Aktion beider Beine. Jeder Doppelschritt umfasst zwei Schritte. In der Mitte eines Doppelschrittes nimmt der jeweils kontralaterale Fuß Bodenkontakt auf und beginnt seine nächste Standphase. Ein Schritt bezeichnet somit das Intervall zwischen dem initialen Bodenkontakt erst des einen und dann des anderen Fußes. Der Doppelschritt entspricht exakt einem Gangzyklus, bei dem das Intervall zwischen den zwei aufeinanderfolgenden initialen Bodenkontakten derselben Extremität die Dauer eines Doppelschrittes bestimmt. Während des Gehens wird derselbe zeitliche Ablauf fortlaufend reziprok wiederholt (Perry, 2003, S. 4).

2 Die Gangphasen

Wie schon beschrieben, vollzieht sich eine ständige Ausrichtungsänderung des Körpers in bezug auf den jeweils stützenden Fuß sowie zu einer selektiven Vorwärtsbewegung bestimmter Segmente eines Beines in der Schwungphase. Derzeit geht man von acht funktionellen Unterphasen während des Gangzyklus aus. Die in dieser Arbeit verwendete allgemeine Terminologie für die funktionellen Gangphasen basiert auf den Richtlinien die durch das Komitee für Ganganalyse in Rancho Los Amigos ausgearbeitet wurden. Jede der acht Gangphasen hat eine funktionelle Aufgabe und weist ein eindeutiges Muster auf, in dem bestimmte Bewegungen synergistisch ablaufen, um diese Aufgabe zu erfüllen. Nur durch die richtige zeitliche Abfolge der Phasen sind die unteren Extremitäten imstande, drei grundlegende Leistungen zu erbringen:

1. Übernahme der Körperlast, sie leitet die Standphase ein und erstreckt sich über die ersten beiden Unterphasen (initialer Bodenkontakt und Belastungsantwort);
2. monopedales Stehen, gekennzeichnet durch die folgenden zwei Unterphasen (mittlere und terminale Standphase) und
3. Vorschwingen des Beines, beginnt im letzten Abschnitt der Standphase (Vor-Schwungphase) und wird durch die drei Unterphasen der Schwungphase fortgesetzt (initiale, mittlere und terminale Schwungphase) (Perry, 2003, S. 4).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3. Anteil der bi- und monopedalen Standphasen am Gangzyklus (Perry, 2003, S. 2)

2.1 Initialer Bodenkontakt

Diese erste Unterphase vollzieht sich in einem Intervall von 0 - 2 % zu Beginn des Doppelschrittzyklus. Der initiale Bodenkontakt kennzeichnet den Moment, in dem der Fuß auf den Boden aufsetzt (Abb. 4.1). Die Stellung der Gelenke zu diesem Zeitpunkt entscheidet darüber, in welchem Muster die Belastungsantwort des Beines erfolgt. Beim ‚gesunden’ Menschen erfolgt die Einleitung der Standphase durch eine Abrollbewegung über die Ferse (Perry, 2003, S. 5).

2.2 Belastungsantwort

Die Belastungsantwort erfolgt im ersten Zehntel des Gangzyklus betragen. Hier handelt es sich um die initiale bipedale Standphase (Abb. 4.2). Die Phase wird mit dem initialen Bodenkontakt eingeleitet und setzt sich fort, bis der kontralaterale Fuß zum Schwung angehoben wird. Der Fuß bzw. das Fußgewölbe übernimmt in dieser Phase seine eigentliche Funktion, die eines Stoßdämpfers. Eine situationsadäquate Anpassung des Fußgewölbes sichert somit die Stabilität bei der Übernahme der Körperlast sowie die Kontinuität der Fortbewegung (Perry, 2003, S. 5).

2.3 Mittlere Standphase

Sie kennzeichnet das Intervall von 10 - 30 % des Gangzyklus und vollzieht sich somit parallel zur ersten Hälfte des monopedalen Stehintervalls (Abb. 4.3). Sie beginnt, wenn der kontralaterale Fuß abgehoben wird und setzt sich fort, bis das Körpergewicht auf den Vorfuß verlagert wird. Die Fortbewegung sollte hierbei über den stützenden Fuß erfolgen, was nur durch muskuläre Stabilität von Bein und Rumpf erreicht werden kann (Perry, 2003, S. 5).

2.4 Terminale Standphase

Bestimmt den Abschnitt von etwa 30 - 50 % des Gangzyklus. Mit dieser Phase endet die monopedale Standphase (Abb. 4.4). Sie beginnt mit dem Ablösen der Ferse und setzt sich fort, bis der kontralaterale Fuß Bodenkontakt erhält. Während der gesamten Phase befindet sich das Körpergewicht vor dem Vorfuß. Die Fortbewegung des Körpers setzt sich (hauptsächlich) über den stützenden Fuß fort (Perry, 2003, S. 6).

2.5 Vor-Schwungphase

Im Intervall zwischen 50 - 60 % des Gangzyklus. Bei diesem letzten Abschnitt der Standphase handelt es sich um die zweite (terminale) bipedale Standphase innerhalb des Doppelschrittzyklus (Abb. 4.5). Sie beginnt mit dem initialen Bodenkontakt des kontralateralen Beines und endet mit dem Zehenablösen des ipsilateralen Fußes. In dieser Phase nutzt das entlastete Bein seinen Spielraum und bereitet sich auf die anstehende Schwungphase vor. Alle Bewegungen und Muskeltätigkeiten zu diesem Zeitpunkt beziehen sich auf die Aufgabe, das Bein für den Schwung zu positionieren (Perry, 2003, S. 6).

2.6 Initiale Schwungphase

Vollzieht sich im Intervall zwischen 60 - 73 % des Gangzyklus. Diese erste Phase beträgt ungefähr ein Drittel der gesamten Schwungphase (Abb. 4.6). Sie beginnt, wenn der Fuß vom Boden abgehoben wird und endet, wenn der schwingende Fuß sich in Opposition zum Standfuß befindet. Diese Phase ist durch das Ablösen des Fußes vom Boden sowie die Vorbewegung des Beines aus seiner zurückhängenden Position geprägt (Perry, 2003, S. 6).

2.7 Mittlere Schwungphase

Findet zwischen 73 - 87 % des Gangzyklus statt. Dieser zweite Abschnitt der Schwungphase beginnt, wenn das Schwungbein sich in Opposition zum Standbein befindet (Abb. 4.7). Das Intervall endet, wenn eine gleichmäßige Flexionsstellung von Hüft- und Kniegelenk erreicht ist. Kurz, das Bein schwingt nach vorn und der Fuß löst sich vom Boden (Perry, 2003, S. 8).

[...]

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Projekt Gangstudien
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Sportwissenschaft)
Note
sehr gut
Autoren
Jahr
2003
Seiten
19
Katalognummer
V36190
ISBN (eBook)
9783638358804
Dateigröße
970 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Projekt, Gangstudien
Arbeit zitieren
Lars Wegner (Autor:in)Rainer Jung (Autor:in), 2003, Projekt Gangstudien, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36190

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