Matthias Hohner. Vom Uhrmacher zum Harmonika-Produzenten
In den zwanziger Jahren des 19. Jahrhunderts wurde die Mundharmonika in Wien als Stimmwerkzeug für Klaviere erfunden. Noch heute wird sie darum scherzhaft ′Taschenklavier′ genannt. Später wurden die kleinen Instrumente zuerst in Österreich, dann auch in grösseren Städten Deutschlands produziert. Zusehends häufiger wurden sie auch als eigentliche Musikinstrumente verwendet. Es hätte sich aber niemand träumen lassen, dass die Mundharmonika gegen Ende des Jahrhunderts zum allgegenwärtigen Konsumprodukt werden würde und weltweit in diversen Musikkulturen Fuss fassen könnte.
Für die Uhrmacher im südddeutschen Trossingen waren die Absatzmärkte drastisch geschrumpft. Dies motivierte im Jahre 1857 den Bauern und Uhren-Handwerker Matthias Hohner auf die Produktion von Mundharmonikas umzustellen. Die Instrumente brachten schon bald mehr Geld ein, obwohl mit der Verkaufsweise eines Uhrmachers (man war traditionellerweise Produzent und Vertreter gleichzeitig) die Expansionsmöglichkeiten eingeschränkt blieben. Matthias Hohner beschritt neue und innovativere Wege, welche schon bald zu einem beträchtlichen Erfolg führten.
Im ersten Produktionsjahr verkaufte er 700 seiner Harmonikas. Rund 50 Jahre später zählte seine Firma 48 Fabriken, mehrere tausend Angestellte und verkaufte allein im Jahre 1920 60 Millionen Instrumente! Die Hohner AG wurde innert Kürze zum populärsten internationalen Musikunternehmen der Welt. Noch erstaunlicher ist diese Geschichte, wenn man bedenkt, dass Hohner nie im Ausland war, keine Fremdsprachen konnte und sich nie für Wirtschaftswissenschaften interessierte. (Berghoff 1997: 339ff)
Einerseits mussten die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Trends zu jener Zeit ideal gewesen sein, andererseits war Hohner ein unumstritten genialer Verkaufsstratege. Dass er sich angeblich nie mit ökonomischer Theorie beschäftigte, unterstützt einmal mehr die These, dass sich ein begabter Marketingspezialist in erster Linie auf sein Bauchgefühl verlassen können muss. Seine Erfolgsgeschichte wird wohl auch zur Stützung und Entwicklung von ökonomischen Lehren beigetragen haben.
Inhaltsverzeichnis
- Matthias Hohner. Vom Uhrmacher zum Harmonika-Produzenten
- 1.1 Das Ziel dieser Arbeit
- Hartmut Berghoff: 'Marketing-Diversität: Die Entstehung von einem globalen Konsumprodukt - Hohner's Mundharmonikas, 1857 bis 1930'
- 2.1 Die Diversität: ein früh erkanntes Erfolgsmittel im Marketing
- 2.1.1 Diversität in Marktfindung und Distribution
- 2.1.2 Die Diversität an symbolischen Produkte-Modellen
- 2.2 Der Mundharmonika-Boom nach dem Ersten Weltkrieg
- 2.3 Phänomene des frühen Konsumzeitalters
- Ein Aufeinandertreffen idealer Voraussetzungen
- 3.1 Trossingen im Schwarzwald: ein sozio-geographisch idealer Produktions-Standort
- 3.2 Trossingen als Auswanderer- und Verkäuferstadt
- Die Vorgehensweise des Verfassers und sein Umgang mit ökonomischer Theorie und Geschichte
- Die Geschichte von Hohner vom Zweiten Weltkrieg bis heute
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich zum Ziel, die Entstehungsgeschichte des Weltmarktes für Mundharmonikas anhand von Berghoffs Text aufzuzeigen. Im Fokus steht dabei die internationale Vermarktungsstrategie der Hohner AG aus wirtschaftshistorischer Perspektive. Die Arbeit befasst sich auch mit Parallelen zwischen der damaligen und heutigen ökonomischen Theorie, insbesondere im Bereich Marketing und Werbung. Die Geschichte Hohners wird als ein ideales Anschauungsmodell betrachtet, um die Entstehung der Konsumgesellschaft und ihre Nebeneffekte zu untersuchen. Neben gesellschaftlichen Veränderungen werden auch Phänomene wie das Entstehen von Marken, deren Image und symbolische Markenwerte beleuchtet.
- Die Entstehung des Weltmarktes für Mundharmonikas
- Die internationale Vermarktungsstrategie der Hohner AG
- Die Rolle der Diversität im Marketing von Hohner
- Die Entwicklung der Konsumgesellschaft im 19. Jahrhundert
- Die Bedeutung von Marken und deren symbolischen Wert
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel behandelt die Anfänge der Mundharmonikaproduktion durch Matthias Hohner in Trossingen. Es wird die Motivation für den Wechsel von der Uhrmacherei zur Harmonikaproduktion, sowie die frühen Erfolgsfaktoren des Unternehmens beleuchtet. Das zweite Kapitel befasst sich mit den Marketingstrategien von Hohner. Es wird insbesondere die Bedeutung der Diversität in Bezug auf die Produktpalette und die Vertriebswege hervorgehoben. Der dritte Teil widmet sich den idealen Voraussetzungen, die Hohner in Trossingen vorfand. Dazu gehören die sozio-geographischen Gegebenheiten sowie die Auswanderungswelle, die dem Unternehmen internationale Kontakte ermöglichte.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter dieser Arbeit sind Mundharmonika, Hohner AG, Marketing, Diversität, Konsumgesellschaft, Marken, Trossingen, Wirtschaftsgeschichte, Internationale Vermarktungsstrategien.
- Arbeit zitieren
- Alec Wohlgroth (Autor:in), 2002, Der Welterfolg von Hohner Harmonicas. Eine beispielhafte Geschichte von frühen Marketing-Strategien in der sich bildenden Konsumgesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36398