Die Dilemma-Methode Kohlbergs und ihre Anwendung in der Praxis


Hausarbeit, 2004

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

0. Einleitung

1. Kohlbergs Grundannahmen der Moralerziehung

2. Die Dilemmadiskussion
2.1. Die Dilemmadiskussion als Förderung moralischer Urteilsfähigkeit im Unterricht
2.2. Umfrage einer 6., 10. und 12. Klasse des Gymnasiums

3. Fazit

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang
5.1. Dilemma Beispiel
5.2. Umfrage-Bogen
5.3. möglicher Ablaufplan
5.4. Dilemmadiskussionen im Religionsunterricht
5.5. Zeitungsartikel

0. Einleitung

In meiner Hausarbeit möchte ich mich mit der Dilemma-Methode Kohlbergs und ihrer Anwendung in der Praxis beschäftigen. Dabei werde ich versuchen zu klären, ob die Dilemma-Methode im normalen Schulunterricht einsetzbar ist und auf welche Weise sie durchgeführt werden sollte.

Als erstes möchte ich die Grundlagen Kohlbergs Moralerziehung vorstellen, um Hintergründe seiner Ideen zu verdeutlichen. Danach werde ich die Dilemmadiskussion erläutern, mit ihrer Entstehung und Zielsetzung und in einem weiteren Punkt speziell auf die Dilemmadiskussion als Unterrichtsmethode eingehen. Mit eigenen Erfahrungen, die ich in einer Umfrage mit einer 6., 10. und 12. Klasse des Gymnasiums gemacht habe, möchte ich versuchen die Möglichkeiten der Umsetzung in Schule und anderen pädagogischen Handlungsbereichen auszuwerten.

Diese Umfrage auf der Grundlage des „Moral Judgement Interviews“[1] Kohlbergs, soll in dieser Hausarbeit jedoch nicht dazu dienen, die Urteilsfähigkeit der Schüler zu testen und zu analysieren, sondern sie soll meine Erfahrungen zu der Umsetzung der Dilemma-Methode im Unterricht widerspiegeln.

1. Kohlbergs Grundannahmen der Moralerziehung

Der amerikanische Psychologe und Pädagoge Lawrence Kohlberg vertritt den strukturgenetischen Ansatz nach Piaget. Mit dem Hintergrund dieses kognitiven Entwicklungsmodells geht er davon aus, dass der Mensch ein erkennendes und selbstreflektierendes Wesen ist. Das Denken entwickelt sich demnach in der Auseinandersetzung mit der Umwelt. Hindernisse und Probleme in der Umwelt eines Menschen sind Anregungen, um die geistige Herangehensweise zu ändern und damit das Denken zu fördern.

„Die Hauptaufgabe der Erziehung ist es danach, moralische Erfahrungs- und Verarbeitungsprozesse zu stimulieren und es dem Kinde zu erleichtern, seine Entwicklung selbst voranzubringen.“[2]

Nach Kohlberg vollzieht sich die Moralentwicklung in 6 Stufen. Die Stufen beschreiben kognitive Strukturen die zunehmend differenzierter und umfassender werden. Vor allem in der sozialen Perspektive soll sich der Blickwinkel vom Individuum (präkonventionelles Niveau) über die Gruppe (konventionelles Niveau) zur idealen Allgemeinheit (postkonventionelles Niveau) ausweiten. Wie man in Abbildung 1 sehen kann, befinden sich auf jedem dieser 3 unterschiedlichen Niveaus 2 Stufen, wobei die zweite Stufe jeweils die fortgeschrittenere ist.[3]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1 : Stufen der Moralentwicklung

(Hanold, Marita / Klink, Wolfgang u.a.: Demokratische Erziehung in Unterricht und Schulleben. Heft zum Projekt „Erziehung durch Demokratie“ des Staatlichen Schulamts Reutlingen 2001. S. 50)

Um seine Stufentheorie überprüfen zu können, entwickelte Kohlberg auf dieser Grundlage das „Moral Judgment Interview“ (MJI) als Untersuchungsinstrument für die moralische Urteilsfähigkeit. In diesem Tiefeninterview werden die Befragten mit verschiedenen Problemen konfrontiert. Diese Probleme werden in Form eines moralischen Dilemmas vorgestellt. In diesen Dilemmata sollten zwei oder auch mehrere moralische Prinzipien aufeinander treffen, die miteinander unvereinbar sind.[4] Der Befragte wird somit vor eine sehr schwierige Entscheidung gestellt, in der man, egal wie man entscheidet, ein moralisches Prinzip, das man selbst für wichtig hält verletzen muss.[5]

Nachfragen des Interviewers sollen dazu dienen, den Befragten die Möglichkeit zu bieten ihre Entscheidungen und Bewertungen genauer und deutlicher zu formulieren und diese erneut zu überdenken. Durch die Konfrontation mit der Aussage, die sich eine Stufe über der Begründung des Befragten befindet, soll der Befragte dazu gebracht werden, seine Entscheidung auch zu „erhöhen“. Dieses Arbeiten unter Berücksichtigung der Stufen wurde vor allem durch seinen Schüler Moshe Blatt (1986) durchgeführt und nennt sich die „Plus-eins-Konvention“. So wurde das „Moral Judgement Interview“ nicht nur als Untersuchungsinstrument verwendet, sondern auch als Förderung der moralischen Urteilsfähigkeit eingesetzt.

Kohlberg befasste sich in seiner Theorie der Moralentwicklung vordergründig mit dem Aspekt der Gerechtigkeit. In seinen weiteren Forschungen und Versuchen die Theorie in das Praktische umzusetzen entwickelte er die Idee der „Just Community“, der gerechten Gemeinschaft, die immer mehr der Kern seiner Theorie wurde. Denn moralische Entwicklung kann seiner Meinung nach am besten durch eigenes moralisches Handeln und Entscheiden gefördert werden und Demokratie durch Praxis der Demokratie erfahren werden.

Unterrichtsgespräche in Form einer Dilemmadiskussion sind nicht das Resultat seiner Forschungen, wie häufig behauptet wird, sondern eigentlich nur ein Nebeneffekt oder besser gesagt eine Behelfslösungen auf dem Weg in die „Just Community“.[6]

Die Umsetzung der Theorie in die Praxis fand zu Zeiten Kohlbergs also auf zwei unterschiedlichen Weisen statt. 1. mit der Dilemmadiskussion (als Behelfslösung) und 2. als eigentliche Idee Kohlbergs in der „Just Community School“.[7]

2. Die Dilemmadiskussion

Die Dilemma-Methode Kohlbergs entstand in den 1960er Jahren auf der Grundlage seiner kognitiven Moraltheorie. Sie geht auf das sogenannte „sokratische Gespräch“ zurück. Sokrates verunsicherte während Unterhaltungen mit Bürgern Athens seine Gesprächspartner mit Hinweisen auf Widersprüche ganz gezielt, um sie so an Stelle von einer Belehrung zur Erkenntnis zu führen. Kohlberg übernahm also diese sokratische Methode, um in moralischen Diskussionen die Teilnehmer zum Überdenken ihrer Werteinstellungen herauszufordern. Bei diesen Diskussionen verwendete er Problemgeschichten, sogenannte hypothetische Dilemmata mit denen die Teilnehmer in einen unausweichlichen Wertekonflikt geraten. Bei einer Entscheidung muss immer ein wichtiger Wert zu Gunsten eines anderen verletzt werden (z.B. Eigentum für Leben oder Freundschaftsnorm für Eigeninteresse).[8]

Durch Auseinandersetzungen mit anderen Denk- und Begründungsmustern während der Diskussion, besteht die Möglichkeit für jeden einzelnen, seine eigenen Begründungsmuster für die Entscheidungsfindung zu überdenken und gegebenenfalls neu zu strukturieren. So können neue Elemente in die eigene Urteilsstruktur integriert werden. In der Abbildung 2 wird diese Neustrukturierung schematisch dargestellt.[9]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2 : Strukturskizze

(Hanold, Marita / Klink, Wolfgang u.a.: Demokratische Erziehung in Unterricht und Schulleben. Heft zum Projekt „Erziehung durch Demokratie“ des Staatlichen Schulamts Reutlingen 2001. S. 54)

Für das MJI wird das „Standard Issue Scoring Manual“ als Bewertungsverfahren benutzt. Es werden das Thema (z.B. Leben oder Gesetz), die Norm (z.B. zwischenmenschliche Beziehungen) und das Element (sozialen Idealen oder der Harmonie dienend) der Begründung des Befragten herausgearbeitet und diese mit einer Reihe von Kriteriumsurteilen in einem Handbuch verglichen. So soll bewertet werden, auf welcher Stufe sich der Befragte befindet.[10]

[...]


[1] Erläuterungen auf Seite 3.

[2] Oser, Fritz / Althof, Wolfgang: Moralische Selbstbestimmung: Modelle der Entwicklung und Erziehung im Wertebereich. Stuttgart 1992. S. 103

[3] <http://www.kiko.de/blk/praxis_praxis_justcommunity.html#Theoriehinweise> (03.03.04)

[4] Siehe auch Dilemma-Beispiel Anhang S. I

[5] Moralische Entwicklung. Dilemmata.<http://www.stangltaller.at/ARBEITSBLAETTER/MORALISCHEENTWICK LUNG/KohlbergDilemmata.shtml> (09.01.04)

[6] Moralische Selbstbestimmung….a.a.O.

[7] Kuhmerker, Lisa / Gielen, Uwe / Hayes, Richard L. : Lawrence Kohlberg. Seine Bedeutung für die pädagogische und psychologische Praxis. München 1996. Seite 121.

[8] Schuster, Peter: Von der Theorie zur Praxis – Wege zur unterrichtspraktischen Umsetzung des Ansatzes von Kohlberg. In: Edelstein, Wolfgang / Oser, Fritz / Schuster, Peter (Hrsg.): Moralische Erziehung in der Schule. Entwicklungspsychologie und pädagogische Praxis. Weinheim – Basel 2001. S. 192.

[9] Hanold, Marita / Klink, Wolfgang u.a.: Demokratische Erziehung in Unterricht und Schulleben. Heft zum Projekt „Erziehung durch Demokratie“ des Staatlichen Schulamts Reutlingen 2001. S. 54

[10] Lawrence Kohlberg…a.a.O.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die Dilemma-Methode Kohlbergs und ihre Anwendung in der Praxis
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,7
Autor
Jahr
2004
Seiten
18
Katalognummer
V36450
ISBN (eBook)
9783638360746
Dateigröße
893 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Hier wird die Dilemma-Methode Kohlbergs auf ihre Praxisfähigkeit untersucht, unter anderem mit dem Versuch eine Dilemmadiskussion bzw. Dilemmaumfrage innerhalb des Schulunterrichts durchzuführen...
Schlagworte
Dilemma-Methode, Kohlbergs, Anwendung, Praxis, Kohlberg
Arbeit zitieren
Cornelia Tietzsch (Autor:in), 2004, Die Dilemma-Methode Kohlbergs und ihre Anwendung in der Praxis, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36450

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