Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
1. Fairtrade - wirkt und bewegt?
2. Marktentwicklung in Deutschland
3. Das Fairtrade-System
4. Praxisbeispiel: Lidl
5. Kritik
6. Fazit und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
Anhang
Im Folgenden wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit ausschließlich die männliche Form benutzt. Es können dabei aber sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint sein.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Faire Gütesiegel in Deutschland
Abbildung 2: CSR-Pyramide nach Carroll (1991)
Abbildung 3: Beispiel Mischprodukt: Vollmilchschokolade
Tabelle 1: Fairtrade-Standards
1. Fairtrade - wirkt und bewegt?
„Mit einer Weltreise in den Tag starten? Ganz einfach. Dafür muss man auch gar nichtselbst reisen - dasübernehmen schon der Kaffee aus Kolumbien, der Tee aus Indien,die Banane aus Ecuador, die Orangen aus Südafrika.“1
Globaler Handel ist sowohl in der deutschen, als auch der europäischen Welt bereits Standard. Ein Standard, der günstige Preise und unbegrenzte Möglichkeiten für Konsumenten mit sich bringt. Wir sind es gewohnt Obst und Gemüse jederzeit, auch außerhalb der Saison, erwerben zu können.2 Diese Entwicklung des Global Sourcings resultiert aus dem stetig wachsenden Preiskampf, in welchem Unternehmen sich ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern wollen.3 Das Prinzip ist simpel: Die Produktion von Gütern und Dienstagleistungen wird dorthin verlegt, wo die Arbeits- und Unterhaltskosten gering sind. „ Im Alltag benutzen wir für diese uneingeschränkte Öffnung des Marktesüber alle Kontinente und Ländergrenzen hinweg das Wort ‚Globalisierung‘.“4 Die südlichen Länder sind in der Primärproduktion und dem Rohstoffverkauf tätig, wohingegen die nördlichen Länder den Schwerpunkt auf Dienstleistungen setzen. Diese Arbeitsteilung findet heute im internationalen Rahmen und in verstärkter Ausprägung statt. In diesem Zuge wurden die Missstände der Arbeitsbedingungen für Plantagen- und Fabrikarbeiter bekannt: unzureichende Löhne, Kinderarbeit und Diskriminierung.5 Unter dem Begriff „Fairtrade“ haben es sich nationale und internationale Organisationen auf die Agenda geschrieben, Konsumenten auf die Folgen der Globalisierung aufmerksam zu machen sowie entsprechende Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Maßnahmen, um das Ungleichgewicht zwischen den entwickelten und den weniger entwickelten Länder auszugleichen und um den globalen Handel in einen fairen Handel zu wandeln. Doch was ist fairer Handel? Mit dem Begriff „Fairness“ geht zunächst die Assoziation einer gerechten Verteilung, einer Form von Gerechtigkeit einher.6 Stiglitz hingegen stellt die These auf, dass ein Entwicklungsland stets einen schlechteren Zugang zum Kapital und zu neuen Technologien haben wird als ein besser entwickeltes Land und definiert Fairness deswegen als Korrektur solcher Chancenungleichgewichte.7 Diese „Korrektur“ gilt es umzusetzen, zu reagieren, ökologisch und nachhaltig zu handeln. Viele Unternehmen zeigen ihr Verantwortungsbewusstsein mit der sogenannten „Corporate Social Responsibility“ (CSR).8 Konsumenten können selbiges beim alltäglichen Einkauf im Supermarkt und der Wahl eines fair gehandelten Produktes wie beispielsweise bei der Auswahl des Kaffees. Als Orientierungshilfe im Einzelhandel gelten Gütesiegel. Sie signalisieren dem Verbraucher eine bestimmte Güte oder Qualität eines Produktes z.B. mit Hilfe eines Logos (siehe Abbildung 1).9 In Deutschland existiert eine Vielzahl an Gütesiegeln, die einen fairen Handel garantieren sollen. An diesem Punkt entsteht laut der Verbraucherzentrale Hamburg ein Problem: Zu viele Gütesiegel führen zu einer Verwirrung der Verbraucher. Diese verlieren den Überblick und empfinden das System als intransparent.10
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Faire Gütesiegel in Deutschland
Quelle: Stiftung Warentest (2016)
Nach einem Einblick in die Marktentwicklung des deutschen Handels, wird in Kapitel 3 ausführlich das Fairtrade-System erläutert und dessen Realisierung am Praxisbeispiel Lidl verdeutlicht. Die Probleme, die aus dem System resultieren werden in Kapitel 5 beleuchtet, sodass abschließend in Kapitel 6 ein Fazit geschlossen werden kann, zur Frage wie viel Wahrheit hinter dem Fairtrade-Slogan steht: „Fairtrade - wirkt und bewegt“.11
2. Marktentwicklung in Deutschland
Seit Ende der 1990er Jahre befindet sich das Thema fairer Handel in einem stetigen Zuwachs, gefolgt von zunehmender Kommerzialisierung.12 Das resultiert aus einem allgemeinen Trend zum bewussteren Konsum: Im Jahr 1993 wurden in Deutschland rund 29 Millionen Euro Umsatz durch den Verkauf von Fairtrade-Produkten erzielt. Bis 2014 stieg das wertmäßige Marktvolumen auf mehr als 800 Millionen Euro an.13 Dieses Wachstum ist auf den Einstieg des konventionellen Lebensmitteleinzelhandels und der Discounter in den Fairtrade-Handel zurückzuführen.14
Die KPMG AG, eines der führenden Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Deutschlands, hat eine Studie zu den Trends im Handel 2020 durchgeführt, aus der hervorgeht, dass die Bedeutung des Online-Handels zukünftig stark wachsen wird. Es verändert sich zum einen der Kaufprozess und zum anderen entsteht eine Transparenz über Produkte und Preise, auf die sich der Handel vorbereiten muss. Das heißt, dass Online-Informationsquellen für die Konsumenten immer wichtiger werden und der Einsatz mobiler Endgeräte im Kaufprozess an Bedeutung gewinnt. Laut KPMG werden Unternehmen die Kunden stärker in die Gestaltung sowie Entwicklung einbeziehen - über soziale Netzwerke ist dies realisierbar.15 Mit dem Ziel eines dauerhaften Unternehmenserfolges und für die Positionierung im Wettbewerb gewinnt zudem Nachhaltigkeit stetig an Relevanz. Sowohl Investoren als auch Verbraucher beurteilen Unternehmen heute nach ihrer ökonomischen, ökologischen und sozialen Verantwortung. Das Nachhaltigkeitsmanagement kann Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen, aber zugleich auch Chancen mit sich bringen - zum Beispiel die Erschließung neuer Märkte sowie Kundenkreise. Des Weiteren wird eine CSR, der sogenannte Unternehmensbeitrag zur nachhaltigen Entwicklung, der Unternehmen verstärkt vom Markt gefordert.16 Dieser Trend resultiert aus Veränderungen auf dem Verbrauchermarkt: Der ethische Konsument erwartet gesellschaftliche und soziale Verantwortung der Wirtschaftsakteure.17 Carroll hat bereits im Jahr 1999 die Bedeutung von CSR für die Zukunft beschrieben: „the CSR concept has a bright future because at its core, it addresses and captures the most important concerns of the public regarding business and society relationships.“18
CSR definiert sich als ein Konzept, welches den Unternehmen die Möglichkeit gibt, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit sowie in die Wechselbeziehungen mit den Stakeholdern einzubauen. Auch hier spielt das Internet eine entscheidende Rolle: es führte zu einer Beschleunigung des CSRBewusstseins indem der Informationsaustausch vereinfacht wird.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: CSR-Pyramide nach Carroll (1991)
Quelle: Carroll, A. B. (1991), S. 39-48
Bereits 1991 stellte Carroll eine sogenannte CSR-Pyramide vor (siehe Abbildung 2) - eines der bekanntesten Konzepte zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen. Die Fairtrade-Bewegung verdeutlicht, dass die Bedeutung der oberen Ebenen in den letzten Jahren gewachsen ist: ethische und philanthropische Verantwortung.19
3. Das Fairtrade-System
„ Eine Handelspartnerschaft, die auf Dialog, Transparenz und Respekt beruht und nach mehr Gerechtigkeit im internationalen Handel strebt. Durch bessere Handelsbedingungen und die Sicherung sozialer Rechte von benachteiligte ProduzentenInnen und ArbeiterInnen - insbesondere in den Ländern des Südens -leistet der Faire Handel einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung.“20 „Fairtrade“, englisch für Fairer Handel, beschreibt folgendes System: Eine sogenannte Siegelinitiative vergibt ein Label für fair gehandelte Produkte. Sie handelt nicht mit Waren, sondern nur mit Lizenzen. Fairtrade selbst definiert sich als ein internationales ethisches Zertifizierungssystem, mit dem Ziel, die Situation in benachteiligten Produzentenfamilien in Afrika, Asien und Südamerika durch gerechtere Handelsbeziehungen nachhaltig zu verbessern.21 Hauptakteur im Bereich Fairtrade ist die „Fairtrade Labelling Organizations International“ (FLO), heute Fairtrade International genannt. Weltweit sind 25 Siegelinitiativen (u.a. Max Haavelaar und Fairtrade Foundation) Mitglied dieser Non-Profit-Organisation, die seit 1997 mit Sitz in Bonn für fairen Handel agiert.22
FLO hat internationale Standards ausgearbeitet, deren Einhaltung als Voraussetzung für einen Lizenzvertrag gelten. Zu diesen Standards gehört unter anderem die Festlegung eines Mindestpreises für Waren sowie eine Fairtrade-Prämie für Produzenten. Als Kontrollinstrument der FLO agiert die FLO-CERT GmbH, eine unabhängige Zertifizierungsorganisation, die nach den Richtlinien der ISO 17065 über den fairen Handel wacht und ihn kontrolliert. Das Aufgabenspektrum beinhaltet die Überprüfung der Einhaltung der Standards vor Ort beim Produzenten oder Händler sowie die finanziellen Abläufe wie die Auszahlung der Prämie.23
Fairtrade in Deutschland - das ist vor allem der Verein TransFair, der sich mit rund 40 Mitarbeitern um etwa 3000 gesiegelte Produkte kümmert.24 Die Hauptaufgabe von TransFair ist die Vergabe des Fairtrade-Siegels. Unternehmen, Importeure und Exporteure können einen Lizenzvertrag abschließen, der sie unter Einhaltung der Fairtrade-Standards zur Nutzung des Siegels berechtigt. Bekannte Fairtrade-Partner sind in Deutschland beispielsweise die Lebensmittel-Einzelhandelsketten Kaufland und ALDI NORD.25
Die Programme von Fairtrade involvieren unter anderem folgende Produkte: Bananen, Kakao, Kaffee, Baumwolle und Blumen. Insgesamt werden 1226 Produzentengruppen betreut, das inkludiert 1,65 Arbeiter und Kleinbauern in 74 Ländern. Um das Ungleichgewicht im weltweiten Handel auszugleichen hat Fairtrade eigene Werkzeuge kreiert: Die internationalen Standards von Fairtrade bilden den Rahmen für die soziale, ökonomische und ökologische Entwicklung der Produzentenorganisationen. Die Einhaltung dieser Standards ist die Voraussetzung für die Vergabe eines Siegels.26
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Fairtrade-Standards
Quelle: eigene Darstellung nach Fairtrade Deutschland (2016) Fairtrade-Standards
Das Fairtrade-Siegel garantiert einen festgelegten Mindestpreis und eine Fairtrade- Prämie für die Produzenten. Es handelt sich dabei nicht um einen Prozentsatz vom Endpreis im Supermarkt, vielmehr gelten die Fairtrade-Preise für den Verkauf des Produktes von der Produzentenorganisation an das nächste Glied der Handelskette, meist den Exporteur oder Importeur.
[...]
1 Eggert, J. A. (2015), S. 137
2 Vgl. Hofmann, R. (o. J.)
3 Vgl. Riester, E., Schweiger, S. (2008), S. 310
4 Grüninger, B., Held, M., Teuscher, P. (2009), S. 37
5 Vgl. Grüninger, B., Held, M., Teuscher, P. (2009), S. 53ff
6 Vgl. Klebe, A. (2008), S. 16.
7 Vgl. Stiglitz, J. E., Charlton, A. (2006), S. 93.
8 Vgl. Mayerhofer, W., Grusch, L., Mertzbach, M. (2008), S. 7
9 Vgl. Gabler Wirtschaftslexikon
10 Vgl. ZEIT ONLINE (2014)
11 Fairtrade Deutschland (2013)
12 Vgl. von Hauff, M., Claus, K. (2013), S. 90
13 Vgl. Statista (2016)
14 Vgl. Dierig, C. (2015)
15 Vgl. KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (2012)
16 Vgl. Mayerhofer, W., Grusch, L., Mertzbach, M. (2008), S. 6
17 Vgl. Harrison, R., Newholm, T., Shaw, D. (2005), S. 1-8
18 Carroll, A. B. (1999), S. 292
19 Vgl. Mayerhofer, W., Grusch, L., Mertzbach, M. (2008), S. 6-22
20 Forum Fairer Handel (2007)
21 Vgl. Fairtrade Deutschland (2013)
22 Vgl. Fairtrade Deutschland (2016) Fairtrade-Chronik
23 Vgl. FLO-CERT (2016)
24 Vgl. Fairtrade Deutschland (2016) Wer wir sind
25 Vgl. Fairtrade (2016) Partner-Firmen
26 Vgl. Fairtrade Deutschland (2016) Zahlen, Daten, Fakten