Der Autor Dr. Andreas-Michael Blum erörtert Rechtsfragen des Unternehmenskaufs und der Anteilsübertragung. Ferner geht er auf typische Probleme im Umwandlungsrecht einschließlich der steuerrechtlichen Bezüge ein.
Lösung Frage 1:
Um zu prüfen, ob eine Umwandlung der übertragenden Rechtsträger (Y-GmbH, Z-GmbH) auf den übernehmenden Rechtsträger (X-AG) nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG) oder alternativ eine Umstrukturierung nach allgemeinem Recht in Betracht kommt, sind folgende weitere Informationen relevant:
- Die Firma und der Sitz der übertragenden Rechtsträger (Y-GmbH, Z-GmbH) sowie die Firma und der Sitz des übernehmenden Rechtsträgers (X-AG) im Fall der Verschmelzung (§ 5 I Nr. 1).
- Die Namen der Vertretungsorgane der an der Umwandlung beteiligten Rechtsträger (X-AG, Y-GmbH, Z-GmbH) im Fall der Verschmelzung (§ 4 I 1 UmwG).
- Gegenstand des Verschmelzungsvertrages (§ 5 I Nr. 2 UmwG) muss ein Vorgang mit Gesamtrechtsnachfolge sein, d.h. Gegenstand ist die Übertragung des gesamten Vermögens des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden Rechtsträger gegen Gewährung von Anteilen oder einer anderen Gegenleistung an die Anteilsinhaber der übertragenden Rechtsträger (Y-GmbH, Z-GmbH) nach dem Umwandlungsgesetz. Einzelne Vermögensgegenstände, wie beispielsweise die Veräußerung des Betriebsgrundstücks der Y-GmbH, können demnach nicht von dem Vorgang der Gesamtrechtsnachfolge nach dem von den Grundsätzen des Typenzwangs und des Analogieverbots beherrschten[1] Umwandlungsgesetz ausgeschlossen werden; entgegenstehende Abreden im Verschmelzungsvertrag wären nichtig (§ 134 BGB).
- Ob die geschäftsführenden Organe der beteiligten Rechtsträger (Geschäftsführer der Y-GmbH und Z-GmbH bzw. der Vorstand der X-AG) einen Verschmelzungsbericht in schriftlicher Form (§ 8 UmwG) erstellt haben, der Erläuterungen und Begründungen zu den Einzelheiten der geplanten Umwandlung enthält. Ein solcher Umwandlungsbericht dient den Anteilseignern der übertragenden als auch des übernehmenden Rechtsträgers als wichtige Vorabinformation und Grundlage einer Entscheidung für oder gegen die Umwandlung[2].
- Das voraussichtliche Datum der Beschlussfassung der Anteilseigner der beteiligten Rechtsträger über die beabsichtigte Umwandlung. Diese Information ist relevant vor allem für die rechtzeitige Zuleitung des vollständigen Entwurfs bzw. des Umwandlungs- bzw. Spaltungsvertrages an die Betriebsräte der beteiligten Rechtsträger, die spätestens einen Monat vor der Beschlussfassung über die beabsichtigte Verschmelzung zu informieren sind (§ 5 III UmwG). Soweit absehbar ist, dass die Betriebsräte der Y-GmbH, Z-GmbH und der X-AG auf die Einhaltung der Ein-Monats-Frist des § 5 III UmwG verzichten, sollte aus Vorsichtsgründen eine entsprechende Verzichtserklärung aller Betriebsräte der beteiligten Rechtsträger eingeholt werden[3].
- Ferner sind die Zahl und die Höhe der Nennbeträge der einzelnen Geschäftsanteile, die jeder Gesellschafter (X-AG, G) des übertragenden Rechtsträgers (Z-GmbH) gegen Einlage auf die Stammeinlage gesellschaftsvertraglich übernommen hat (§§ 3 I Nr. 4; 5 I und III GmbHG), und gegebenenfalls die vertragliche Festsetzung über die Höhe der baren Zuzahlungen relevant sowohl für die vertragliche Festlegung des Umtauschverhältnisses der Anteile (§ 5 I Nr. 3 UmwG), d.h. wie viele Anteile am übernehmenden Rechtsträger auf einen Anteil am übertragenden Rechtsträger entfallen, als auch für die Erläuterung des Umtauschverhältnisses im Verschmelzungsbericht (§ 8 I 1 UmwG).
- Weitere relevante Informationen für eine Empfehlung zur Umwandlung bzw. Umstrukturierung ist die Vorlage der handelsrechtlichen Schlussbilanzen der übertragenden Gesellschaften (Y-GmbH, Z-GmbH), die für steuerliche Zwecke das zu übertragende Vermögen der Y-GmbH und Z-GmbH auf den Zeitpunkt der Vermögensübertragung vollständig ausweisen muss. Für die Aufstellung der handelsrechtlichen Übertragungsbilanzen gelten nach § 17 II 2 UmwG die Vorschriften über die Jahresbilanz und deren Prüfung entsprechend. Die handelsrechtlichen Schlussbilanzen der Y-GmbH und der Z-GmbH haben daher sämtliche zu übertragende Vermögensgegenstände unter Berücksichtigung ihrer Buchwerte auszuweisen[4].
- Angaben über den Zeitpunkt des Verschmelzungsstichtages, von dem an alle Handlungen und Geschäfte der übertragenden Rechtsträger als für Rechnung des übernehmenden Rechtsträgers vorgenommen gelten, sog. handelsrechtlicher Verschmelzungsstichtag (§ 5 I Nr. 6 UmwG)[5]. Diese Information ist wichtig, da zum Schluss des dem Umwandlungsstichtages vorangehenden Tages eine handelsrechtliche Schlussbilanz der übertragenden Rechtsträger aufzustellen ist, die der Anmeldung der Verschmelzung zur Eintragung in das Register beizufügen ist. Dieser Stichtag darf höchstens acht Monate vor der Anmeldung liegen (§ 17 II 1, 4 UmwG)[6].
- Das Datum bzw. der Tag, auf den die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers aufzustellen ist, sog. steuerlicher Übertragungsstichtag (§ 2 I 1 UmwStG). Diese Information ist wichtig, damit die laufenden Gewinne der übertragenden Rechtsträger zum steuerlichen Übertragungsstichtag bereits dem übernehmenden Rechtsträger zugeordnet werden können, selbst wenn die Umwandlung mit Eintragung in das Register erst Monate später wirksam wird (Prinzip der steuerlichen Rückwirkung)[7].
- Ferner sind Angaben zu den Folgen der Verschmelzung für die Arbeitnehmer und ihre Vertretungen sowie die insoweit vorgesehenen Maßnahmen relevant, § 5 I Nr. 9 UmwG. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Verschmelzung auf die X-AG zu einem Betriebsübergang der betroffenen Arbeitnehmer der Y-GmbH bzw. Z-GmbH führt, § 324 UmwG i.V.m. § 613a Abs. 1 BGB. Zum anderen sind insbesondere die sich aus § 613a V BGB ergebenden Informationspflichten angesprochen, nämlich der Zeitpunkt oder der geplante Zeitpunkt des (Betriebs-) Übergangs, der Grund für den Übergang, die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer sowie die für die Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen. Im Rahmen des § 613a V BGB haben der bisherigen Arbeitgeber und der neue Inhaber die vom Übergang betroffenen Arbeitnehmer insbesondere im Rahmen bei der Übertragung eines Betriebsteils über den Gegenstand des Betriebsübergangs eindeutig zu unterrichten sowie insbesondere Angaben über die Auswirkungen auf Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis, die Haftung des alten und neuen Arbeitgebers gegenüber den Arbeitnehmern, die Situation im Hinblick auf das Kündigungsrecht und Anwendbarkeit bisheriger Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge zu machen[8]. Die Unterrichtung der von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer erfolgt vor dem Betriebsübergang in Textform (§ 126b BGB).
- Zudem sind Informationen über das Bestehen eines Wirtschaftsausschusses in der X-AG mit 350 bzw. in der Y-GmbH mit 130 Arbeitnehmern relevant für deren rechtzeitige und umfassende Unterrichtung über die geplante Umwandlung der Y-GmbH in die Y-AG. Nach § 106 I 1 BetrVG ist in allen Unternehmen mit mehr als einhundert ständig beschäftigten Arbeitnehmern ein Wirtschaftsausschuss zu bilden. Der Unternehmer, und damit die Geschäftsführung der Zielgesellschaft, hat gemäß § 106 II 1 BetrVG den Wirtschaftsausschuss oder - falls ein solcher nicht besteht - den Betriebsrat gemäß § 109 BetrVG rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens zu unterrichten. Nach der Neuformulierung des § 106 III Nr. 9a BetrVG umfasst die Unterrichtungspflicht des Wirtschaftsausschusses der Zielgesellschaft nicht nur den bisherigen Unternehmenskauf durch die Übertragung des Unternehmens als solches (sog. asset deal), sondern nunmehr auch die Anteilsübertragung im Wege des sog. share deals[9]. Inhalt der Informationspflicht nach § 106 BetrVG sind insbesondere Angaben über den potenziellen Erwerber, dessen Absichten in Bezug auf die zukünftige Geschäftstätigkeit des Unternehmens sowie die sich daraus ergebenden Auswirkungen auf die Arbeitnehmer des betroffenen Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen[10].
- Schließlich sind im Hinblick auf den Verkauf des Grundstücks der Y-GmbH im Rahmen eines Kaufvertrages (asset deal) folgende Informationen relevant, die regelmäßig als Anlage dem Unternehmenskaufvertrag beizufügen sind: Die genaue Bezeichnung, Lage und Größe des zu veräußernden Grundstücks (z.B. Gemarkung, Flur, Flurstück, Größe in qm etc.) einschließlich der Eigentümerstellung der Y-GmbH in Übereinstimmung mit dem Grundbuch oder unter Hinweis auf das einschlägige Grundbuchblatt (§ 28 S. 1 GBO), ein öffentlich beglaubigter Grundbuchauszug (§ 29 I 1 GBO), eine Liste, aus der hervorgeht, ob und welche grundstücksgleichen Rechte (z. B. dingliche/sonstige Vorkaufs- oder Erbbaurechte), dinglichen Belastungen (z.B. eingetragene Sicherungshypotheken, Grundschulden, Dienstbarkeiten) oder öffentliche Lasten (z.B. eingetragene öffentliche Wegerechte, Baulasten etc.) an dem Grundstück bestehen, das Bestehen von Verträgen bzw. Vereinbarungen über einen späteren Erwerb oder eine Veräußerung von Grundstücken (z.B. Options-, Rückkaufsrechte), Verträge über das von Dritten gemietete/gepachtete/geleaste Grundstück einschließlich der Gebäude[11].
- Steuerlich ist zudem relevant, ob es sich bei dem Grundstück der Y-GmbH um ein inländisches Grundstück handelt (§ 1 I und II GrEStG), zudem der Grundbesitzwert des Grundstücks (§§ 8 II GrEStG; 138 III 1 i.V.m. §§ 99 I Nr. 1, 68, 69, 99 II, 139, 145-150 BewG) und inwieweit sich Änderungen in der Zurechnung des Grundstücks innerhalb der letzten fünf Jahre ergeben haben (§§ 1 IIa, 5 und 6 GrEStG)[12].
- Für die Veräußerung der GmbH-Geschäftsanteile, die die X-AG als Mehrheitsgesellschafterin zu 90% an der Z-GmbH hält, im Wege des share deals sind folgende Informationen für die Durchführung einer gesellschaftsrechtlichen due dilligence relevant: die genaue Bezeichnung sowie die Höhe der Nennbeträge der einzelnen GmbH-Geschäftsanteile, die rechtliche Existenz der zu veräußernden GmbH-Geschäftsanteile, deren Lastenfreiheit bzw. deren freie rechtsgeschäftliche Übertragbarkeit, ob und inwieweit die gesellschaftsvertragliche Einlagepflicht durch alle Gesellschafter bewirkt und erfüllt worden ist, die materielle Berechtigung der Veräußerer der GmbH-Geschäftsanteile[13] sowie der voraussichtliche Kaufpreis[14] für die Geschäftsanteile der Y-GmbH und Z-GmbH. Ferner setzt die Durchführung einer due dilligence jeweils einen einstimmig gefassten Beschluss aller GmbH-Gesellschafter der Y-GmbH und der Z-GmbH voraus[15]. Des Weiteren sind bei der rechtsgeschäftlichen Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen wegen § 15 V GmbHG Zustimmungserfordernisse der Gesellschaft und/oder bestimmter Organe bzw. Gremien (Gesellschafterversammlung, Beirat, Aufsichtsrat, Gesellschafter) zu beachten[16].
[...]
[1] Leißner/Winter, Kurseinheiten 7, 8: Unternehmenskauf und Anteilsübertragung, Umwandlungsrecht, Stand: 09. November 2009, S. 174.
[2] Leißner/Winter, a.a.O., S. 185, dort m.w.N. in Fn 160.
[3] Leißner/Winter, a.a.O., S. 186.
[4] Leißner/Winter, a.a.O., S. 247.
[5] Leißner/Winter, a.a.O., S. 184.
[6] Leißner/Winter, a.a.O., S. 253.
[7] Leißner/Winter, a.a.O., S. 253/254.
[8] Leißner/Winter, a.a.O., S. 144.
[9] Leißner/Winter, a.a.O., S. 149.
[10] Leißner/Winter, a.a.O., S. 150/151.
[11] Leißner/Winter, a.a.O., S. 162.
[12] Leißner/Winter, a.a.O., S. 257.
[13] Leißner/Winter, a.a.O., S. 29.
[14] Leißner/Winter, a.a.O., S. 67 ff.
[15] Leißner/Winter, a.a.O., S. 32 in Fn 14 unter Hinweis auf LG Köln, Urteil vom 26.03.2008 = GmbHR 2009, 261.
[16] Leißner/Winter, a.a.O., S. 126.
- Arbeit zitieren
- Dr. Andreas-Michael Blum (Autor:in), 2010, Ausarbeitungen zum Unternehmenskauf und zur Anteilsübertragung, Umwandlungsrecht inkl. steuerrechtlicher Bezüge, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/365299
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