Migration und Remittances. Überblick und ein Vergleich Mexikos mit der Dominikanischen Republik


Hausarbeit, 2016

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhalt

1. Einleitung

2. Migration und Remittances
2. l .Entwicklung der Migration
2.2. Migration am Beispiel Lateinamerika
2.3 .Remittances
2.4.Remittances am Beispiel Lateinamerika

3 .Migration und Remittances in Mexiko

4. Migration und Remittances in der Dominikanischen Republik

5. Fazit

6. Literaturverzeichnis:

1. Einleitung

Die Überweisungen im Ausland lebender Bürger (remittences, weiterlührend: Remittances) in Entwicklungsländer erreichten 2012 nach Angaben der Weltbank eine riesige Summe von 401 Milliarden US-Dollar (USD). Die Tendenz zeigt weiter nach oben. Remittances sind heute höher als die gesamten öffentlichen Entwicklungshilfen, nur der Betrag der ausländischen Direktinvestitionen ist höher. Während die absolute Zahl in Indien 2015 die 70 Mrd. USD überschreitet, machen die Überweisungen in kleineren Ländern einen wesentlichen Teil des Bruttoinlandsproduktes (BIP) (z.B. 47% in Tadschikistan) aus (vgl. World Bank, 2016).

Lange Zeit wurde die Migration und ihre Auswirkungen auf die Zielländer untersucht. In jüngster Vergangenheit, vor allem im Hinblick derjährlich steigenden Remittances, stehen die Herkunftsländer, insbesondere Entwicklungsländer, im Blickpunkt des Interesses. Es ist wenig verwunderlich, dass sich viele Wissenschaftler mit der Thematik der Remittances und deren Einfluss auf die Entwicklung beschäftigen. Auf politischer Ebene werden Remittances als eine neue Entwicklungsressource einkommensschwacher Haushalte betrachtet, während globalisierungskritische Sozialwissenschaftler den Anstieg der Remittances als Resultat fehlgeleiteter neo-liberaler Politiken sehen. Im Verlaufe dieser Ausarbeitung soll ein Blick auf die beiden Standpunkte geworfen werden und neuere, pluralistische Herangehensweisen vorgestellt werden. Am Beispiel Lateinamerikas und der Karibik (fortan: Lateinamerika) soll gezeigt werden, wieso gerade dieser Region eine besondere Rolle zukommt und welches Potential den Remittances bei der Entwicklung zugesprochen wird. Obwohl der potentielle positive Einfluss der Remittances auf die Entwicklung kaum noch bestritten werden kann, gibt es immer noch große regionale und grenzüberschreitende Unterschiede. In einem letzten Teil soll ein Blick auf eines der größten Empfängerländer (Mexiko) der Remittances geworfen und mit einem kleinen, benachbarten Staat verglichen werden (Dominikanische Republik). Dabei gilt es zu zeigen, dass die Heterogenität der Länder eine wichtige Rolle bei der Bewertung des Einflusses der Remittances spielen sollte. Da Migration logischerweise eine Voraussetzung für Remittances bildet, wird auch auf diese im Verlauf dieser Ausarbeitung detaillierter eingegangen werden.

2. Migration und Remittances

„Migration and remittances are two faces of the same coin. While workers’ remittances would not occur if those sending them had not migrated in the first place, migration is often motivated by the desire to improve the welfare of those left behind, mainly by the remittances sent by the migrants. “ (Niimi & Özden, 2008, S. 51)

2.1. Entwicklung der Migration

Historisch gesehen ist die Migration kein neues Phänomen. Der prozentuale Anteil der internationalen Migranten von etwa 3% an der Weltbevölkerung hat sich in den letzten Jahrzehnten kaum verändert (vgl. UNPD, 2006). Es stellt sich der Frage, wieso die Migration und die Geldsendungen von Migranten in ihre Herkunftsländer, aus dem englischsprachigen Sprachgebrauch als remittances übernommen, in den vergangenen Jahren ein stark steigendes Interesse genießen.

Obwohl sich der relative Anteil der internationalen Migranten an der Weltbevölkerung nicht signifikant verändert hat, gab es in der Richtung der Migration erhebliche Veränderungen. Früher fand die Migration hauptsächlich zwischen den Ländern des Nordens oder zwischen den Ländern des Südens statt. Heute kommt es verstärkt zu einer Migrationsbewegung vom Süden in den Norden: Der prozentuale Anteil der Migranten an der Bevölkerung der Industrieländer ist zwischen 1975 und 2005 von ca. 4 auf über 9 Prozent angestiegen und wird auf das Wohlstandsgefalle zwischen Nord und Süd zurückgeführt (vgl. Fritz, Ambrosius & Stiegler, 2011, S. 236).

Ob und in welchem Umfang die Migration zur Entwicklung eines Landes beitragen kann, wurde in der Vergangenheit mehrmals diskutiert. In den 1950er und 1960er Jahren war die Sichtweise auf das Verhältnis zwischen Migration und Entwicklung, die hauptsächlich von den neoklassischen Theoretikern vertreten wurde, optimistisch. Auf der Makroebene wurde die Migration als eine Konsequenz der geografischen Unterschiede des Arbeitsangebotes und der Arbeitsnachfrage interpretiert. Das daraus resultierende Lohngefälle führt dazu, dass Arbeiter aus Niedriglohnländern in Hochlohnregionen migrierten (vgl. Massay, Arango, Graeme, Kouaouci & Pelligrino, 1993). Auf Mikroebene betrachtet die Theorie die Migranten als einzelne, rationale Akteure, die ihr Einkommen maximieren möchten (vgl. Massay et al., 1993). Die Migration führt dabei zu einer optimalen Produktallokation, bei der der Prozess der Preisangleichung zum Migrationsstopp führt, sobald das Lohngefälle im Herkunfts- und Auswanderungsland ausgeglichen wird (vgl. Harris & Todaro, 1970). Der Effekt der Migration auf die Entwicklung beruht deshalb auf der Preisanpassung (vgl. De Haas, 2007, S. 4), ohne nennenswerten Ertrag der Nichtauswanderer und folglich keinerlei Einfluss der Remittances (vgl. Taylor, 1999, S. 65).

Der „Migrationspessimismus“ hat seinen Ursprung in den späten 1960er Jahren in der Marxistischen Wirtschaftstheorie und der Weltsystem-Theorie (vgl. Castles & Miller, 1993, S. 28). Die globalisierungskritischen Sozialwissenschaftler sahen in der Migration und den Remittances das Resultat misslungener neoliberaler Marktstrukturen. Ihnen zufolge seien die Remittances nicht als Instrument der Förderung von Wachstum und Wohlstand zu interpretieren, sondern als Folge fehlender sozialer und ökonomischer Entwicklung, infolgedessen die globalen Asymmetrien zwischen Nord und Süd zu wachsen drohen (vgl. Wise & Covarrubias, 2008). Demzufolge ist Migration nicht nur nachteilig für die Entwicklung, sondern wurde vielmehr als der Grund des „development of underdevelopment“ gesehen (vgl. Frank, 1966).

Die zwei Sichtweisen auf die Migration und Entwicklung bilden zwei Extreme. Während neoklassische Wissenschaftler die Bedeutung der Strukturbeschränkungen unterschätzten, wurden diesen von den Sozialwissenschaftlern überschätzt (vgl. De Haas, 2008, S. 33). Seit den 1980er und 1990er Jahren findet sich ein Trend, der weniger von „Migrationsoptimisten“ oder „Pessimisten“ geprägt wird, sondern sich vielmehr mit pluralistischen Ansätzen der Entwicklungsverbesserungen auseinandersetzt (vgl. De Haas, 2008, S. 34). Die New Economics of Labour Migration Theorie (NELM), die Ansätze der Existenzgrundlage (livelihood approaches) und der Transnationalismus sind die drei wesentlichen Vertreter dieser Ansätze.

Der heutigen Forschung nach stehen den Modernisierungseffekten, der Entwicklungshilfe und Investitionen durch Migration als positive Folgen für die Herkunftsländer die Abwanderung von Fachkräften (brain-drain), die Entvölkerung und die Entstehung von Rentenstrukturen durch Remittances als negative Folgen gegenüber (Gratius, 2005, S. 167).

2.2. Migration am Beispiel Lateinamerika

Eines der bekanntesten Beispiel einer Auswanderungsregion ist Lateinamerika. Während dieses Gebiet bis Mitte der 1970er Jahre eine klassische Einwanderungsregion war, hat sie sich seit den 1990er Jahren, proportional zur wachsenden Armut, zu einer Auswanderungsregion gewandelt. In der Vergangenheit hatte die Migrationsbewegung in Lateinamerika politischen Hintergrund, heute steht die internationale Arbeitsmigration im Mittelpunkt und entwickelt ein höheres Ausmaß als je zuvor. Das Zusammenspiel der sogenannten Push-Faktoren im Herkunftsland und Pull-Faktoren im Aufnahmestaat begünstigt die lateinamerikanische Migration. Die häufigsten Gründe und wichtigsten Push­Faktoren für die stetige Auswanderung der Lateinamerikaner aus ihrem Heimatland sind die Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Armut, geringen Löhne, keine Sozialvorsorge, Instabilität und niedrige Chancen für beruflichen und sozialen Aufstieg (vgl. Gratius, 2005, S. 167). Aufgrund der geografischen Nähe, dem Bestehen erweiterter sozialer Netzwerke und der verhältnismäßig einfachen sozialen und ökonomischen Anpassung zog und zieht es die überwiegende Mehrheit der Auswanderer in die USA (vgl. Niimi & Özden, 2008, S. 52). Der wichtigste Pu//-Faktor der USA ist die Globalisierung der Arbeitsmärkte (Gratius, 2005, S. 167). Von 1990 bis 2000 stieg die Zahl der in den USA lebenden lateinamerikanischen Migranten um 86% - von 8,6 auf 16 Millionen (vgl. U.S. Census Bureau, 2000). Aus politischer Sicht ist diese Debatte deshalb besonders relevant und stets präsent, weil ein Großteil ohne Erlaubnis bzw. gültige Dokumente einwandert und langfristig in den USA bleibt. Das vorhandene Lohngefälle zwischen den lateinamerikanischen Staaten und den USA, vor allem bei ungelernten Berufen, sorgt dafür, dass sich Millionen Menschen wirtschaftlichen und gesetzlichen Risiken aussetzen, um in die USA einzuwandern (vgl. Niimi & Özden, 2008, S. 53).

„Internationale Migration verändert die Strukturen in Herkunfts- und Aufnahmeländern und führt gleichzeitig zu neuen Interdependenzen zwischen den betroffenen Staaten.“ (Gratius, 2005, S. 167) Die Beziehungen zwischen Herkunfts- und Empfängerstaaten werden durch jahrzehntelange Migrationsbewegung verstärkt. Das zeigt vor allem die seit den 1990er Jahren gewachsene Interdependenz zwischen den USA und Mexiko in den Bereichen der Politik, Wirtschaft, Kultur und Wissenschaft (vgl. Gratius, 2005, S. 168).

Es wird deutlich, dass die Hauptmotivation für eine Auswanderung wirtschaftliche Hintergründe besitzt - viele der Migranten erwarten im Ausland bessere Beschäftigungsmöglichkeiten und höhere Löhne, die ihnen dabei helfen die Lebensbedingungen ihrer Familien zu verbessern. Auch die Möglichkeiten einer besseren Zukunftsperspektive ihrer Kinder ist ein entscheidender Grund temporär oder permanent auszuwandern.

Wenn Personen auswandern, senden sie häufig einen Teil ihres Einkommens als Remittances an ihre zurückgebliebenen Familien. Dieses Geld kann für Investitionen, den Haushalt, als finanzielles Puffer bei negativen wirtschaftlichen Schocks oder für die Migration der im Herkunftsland lebenden Familie dienen.

2.3. Remittances

Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den Remittances um Geldtransfers von Migranten an ihre Angehörigen am Herkunftsort, die ohne direkte Gegenleistungen erfolgen (vgl. International Monetary Found (IMF), 2005, S. 98). Seit den 1990er Jahren entwickelten sich die Remittances, nach ausländischen Direktinvestitionen, privaten Schulden und Portfolioinvestitionen, in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern zu einer der wichtigsten Devisenquellen. (vgl. World Bank, 2016)

Wie die World Bank berichtete, stieg der Betrag der Remittances in Schwellen- und Entwicklungsländern von 106,3 Mrd. USD im Jahr 1990 auf 276,3 Mrd. USD im Jahr 2006 an. 2012 wird der Betrag der Remittances über formale Kanäle auf 401 Mrd. USD geschätzt (vgl. World Bank, 2016) und war damit etwa viermal so hoch wie die offizielle Entwicklungshilfe. Ebenfalls ist zu beobachten, dass nicht nur die Gesamtmenge an Remittances in den letzten 16 Jahren anstieg, sondern auch, dass das jährliche Wachstum seit 2000 (hier bis 2006) gestiegen ist. „Remittances - finanzielle Rücküberweisungen von Migranten in ihre Heimatländer - haben in der letzten Dekade spektakuläre Wachstumsraten erlebt und dadurch eine internationale „Remittances - Euphorie“ ausgelöst. Zahlreiche Reports und Konferenzen haben sich dem Thema gewidmet und in den Augen mancher Regierenden scheinen die Geldüberweisungen von Migranten an ihre zu Hause gebliebenen Familien wie Manna vom Himmel zu fallen. Migranten werden zunehmend als Akteure der Entwicklungsförderung entdeckt und auf nationaler und internationaler Ebene sind Initiativen ergriffen worden, den Entwicklungsbeitrag der Rücküberweisungen zu fördern“ (Fritz, Ambrosius & Stiegler, 2008, S. 1).

Da es sich bei den registrierten Remittances, die statistisch von den Internationalen Währungsfonds (IWF) erstellt werden, nur um Geldüberweisungen über formelle Kanäle handelt, sind die offiziellen Daten mit Vorsicht zu betrachten. Es wird vermutet, dass ein nicht unerheblicher Anteil auf informellem Weg, wie beispielsweise durch persönliche Boten (Freunde, Verwandte) oder Hawala-Banken, überbracht wird (vgl. IMF, 2005, S. 98). Die Entscheidung, Rücküberweisungen über informelle Kanäle in die Heimat zu schicken, kann mehrere Gründe haben. Ghencea und Gudumac (2004) nennen folgende Ursachen, wieso informelle Kanäle Banken und Transferunternehmen oftmals vorgezogen werden: „People whose activities do notfit in the formal economy frequently avoidfinancial institutions; bank branches appear intimidating [...]; Remittance senders and recipients would rather stay ,low key’; No knowledge about the banks ’ products and services dueto their weak marketing techniques; Bank service consumers’ general inerita [...]; Informal systems ofmoney transfer are easy to understand simply because ,it has allways been so ’. “ (S. 58f.)

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Details

Titel
Migration und Remittances. Überblick und ein Vergleich Mexikos mit der Dominikanischen Republik
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Veranstaltung
Macht und Ökonomie
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
18
Katalognummer
V365336
ISBN (eBook)
9783668454729
ISBN (Buch)
9783668454736
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Vwl, Migration, Remittances, Mexiko, Lateinamerika, Dominikanische Republik
Arbeit zitieren
Oleg Burhanau (Autor:in), 2016, Migration und Remittances. Überblick und ein Vergleich Mexikos mit der Dominikanischen Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/365336

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