In dem ersten theoretischen Teil dieser Arbeit wird auf die Grundbegriffe der Herrschaftssoziologie nach Max Weber eingegangen, wobei der Schwerpunkt insbesondere auf die charismatische Herrschaft und die Veralltäglichung des Charismas gelegt wird. Nach einem kurzen Exkurs in die religiös-historischen Hintergründe der Herrschaft im Schiismus, der für das grundlegende Verständnis der Debatte um Herrschaft im Iran notwendig ist, wird anhand der Lepsius Interpretation eine Analyse und Einordnung des Falls Ayatollah Khomeini durchgeführt. Der Anspruch dieser Arbeit ist es, herauszufinden, inwiefern die Herrschaft des Ayatollah Khomeinis eine charismatische gemäß der Kriterien nach Max Weber ist. Ziel ist es, die Weber'sche Theorie mit weiteren Fallbeispielen zu unterfüttern, um somit ein besseres Bewusstsein über die soziale Beziehung zwischen „Beherrschten“ und „Herrschenden zu erlangen. Besonders in Zeiten, in denen die „(..)Staatskunst großer Männer“ unter dem Deckmantel der Religion wieder auf dem Vormarsch zu sein scheint, ist diesem Bewusstsein eine hohe Bedeutung zu zumessen.
„Politik ist die Staatskunst großer Männer.“, mit dieser heutzutage recht eigenartig anmutenden Definition von Politik zeigt der im 19. Jahrhundert lebende Historiker Heinrich von Treitschke auf, in welchem Maße es Einzelpersonen waren, die bereits die vorhergehenden Jahrhunderte der Menschheitsgeschichte wesentlich geprägt hatten. Die Ereignisse des 20. Jahrhunderts und insbesondere die beiden Weltkriege, in denen es einzelne Männer waren, die für den Auf- und Abstieg ganzer „Nationen“ verantwortlich waren, sollen ihm in seiner Feststellung recht geben. Auch Hume stellt in seinem Zitat „Nothing apperas more suprising to those who consider human affairs with a philosophic eye than the easiness with which the many are governed by a few.“, mit philosophischem Blick verwundert fest, wie das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Herrschern und Beherrschten festgelegt ist und mit welcher Selbstverständlichkeit eben dieses passiert. Man mag meinen, dass all dies Tatbestände der Vergangenheit sind, doch autoritäre Charismaträger wie Jaroslav Kaczynski oder sogar Abu Bakhr-al Baghdadi zeigen, dass trotz der der universellen Gleichheit aller Menschen, es doch wenige sind, die unsere Welt zu formen scheinen und hierfür zunehmend religiöse Motive eine Rolle spielen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Macht und Herrschaft nach Max Weber
- Charismatische Herrschaft
- Historisch-religiöse Hintergründe des Shiismus
- Die latente charismatische Situation
- Kulturelle Dimension
- Soziale Dimension
- Manifest charismatische Herrschaft
- Revolutionsführer Khomeini
- Die neue Verfassung Irans
- Führerkult und emotionale Vergemeinschaftung
- Dauerhafte Bewährung und Veralltäglichung des Charismas
- Schluss
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Herrschaft des Ayatollah Khomeini im Lichte der charismatischen Herrschaftstheorie von Max Weber. Sie untersucht, inwiefern Khomeinis Machtausübung und seine Rolle als Führer der Islamischen Republik Iran den Kriterien einer charismatischen Herrschaft entsprechen, die von Weber definiert wurden. Die Arbeit beleuchtet insbesondere die historischen und religiösen Hintergründe des Schiismus, die die Entstehung und Ausprägung von Khomeinis Charisma beeinflusst haben.
- Die Definition von Herrschaft und Macht nach Max Weber
- Die Charakteristika der charismatischen Herrschaft im Vergleich zu anderen Formen der Herrschaft
- Die Analyse der charismatischen Herrschaft Ayatollah Khomeinis anhand der Lepsius-Interpretation
- Die Rolle der Religion und des Schiismus in der Ausprägung der Herrschaft Khomeinis
- Die Veralltäglichung des Charismas und die Frage nach der Stabilität der Herrschaft Khomeinis
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den Forschungsgegenstand und die Zielsetzung der Arbeit vor und ordnet Khomeinis Herrschaft in den Kontext aktueller Machtstrukturen ein. Kapitel 2 beleuchtet die Theorie der Macht und Herrschaft nach Max Weber, wobei insbesondere die charismatische Herrschaft im Fokus steht. Kapitel 3 beschäftigt sich mit den historischen und religiösen Hintergründen des Schiismus, die für das Verständnis der Herrschaftsstrukturen im Iran essentiell sind. Kapitel 4 analysiert die latente charismatische Situation im Iran, die durch die kulturelle und soziale Dimension geprägt wird. Kapitel 5 widmet sich der manifesten charismatischen Herrschaft Khomeinis, wobei sein Aufstieg als Revolutionsführer, die Verabschiedung der neuen Verfassung Irans und die Rolle des Führerkults in der emotionalen Vergemeinschaftung der Bevölkerung analysiert werden. Das Kapitel befasst sich außerdem mit der Frage, inwiefern Khomeinis Charisma dauerhaft bewährte und sich in der Praxis veralltäglichte.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit den Begriffen Herrschaft, Macht, Charisma, Religion, Schiismus, Khomeini, Iran, Islamische Revolution, Legitimität, Führerkult und Veralltäglichung des Charismas. Die Untersuchung greift auf die Theorie von Max Weber zur charismatischen Herrschaft zurück und analysiert die Herrschaft des Ayatollah Khomeini im Kontext der schiitischen Religionsgeschichte und der politischen Entwicklung Irans.
- Quote paper
- Christopher Rerrer (Author), 2017, Die Herrschaft des Ayatollah Khomeini als eine charismatische nach Max Weber?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/366557