Diese Arbeit beschäftigt sich mit den rationalen und irrationalen Effekten von Herding als Behavioral Bias im Rahmen der verhaltenswissenschaftlich orientierten Finanzmarkttheorie "Behavioral Finance". Herding definiert hierbei ein massenpsychologisches Phänomen, welches ein gleichgerichtetes Verhalten in der Entscheidungsfindung beschreibt. Durch die "Behavioral Finance" und Herding kann ein verhaltensbedingtes agieren von Marktteilnehmern erkannt und berücksichtigt werden. Dies ermöglicht die Optimierung von Portfolios und die Berücksichtigung von Verhaltensanomalien anderer Marktteilnehmer.
Diese Arbeit ist eine rein theoretische Arbeit und nutzt für die Untersuchung der Problemstellung die relevante Theorie in Verbindung mit der geeigneten Literatur. Es wurden ausschließlich bereits vorliegende Studien und Experimente genutzt und somit keine eigenen Daten erhoben.
Das Ziel dieser Arbeit ist es, die Ursachen und Auswirkungen von Herding im Kontext des verhaltensökonomischen Ansatzes "Behavioral Finance" auf den Finanzmärkten aufzuzeigen und durch geeignete Literatur zu untersuchen. Hierbei wird auf die Subprime-Hypothekenkrise bezuggenommen, um die Praxisrelevanz und rationale sowie irrationale Effekte durch Herding zu untersuchen. Des Weiteren wird das Entscheidungsverhalten von Individuen betrachtet, um festzustellen, ob eine Früherkennung von Herding möglich ist oder, ob die Behavioral Bias nur ex post festgestellt werden kann.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Problemrelevanz und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Gang der Arbeit
2. Behavioral Finance
2.1 Grundlagen und Begriffsabgrenzung
2.2 Rationalitätskonzept und dessen Abstufungen
2.3 Behavioral Biases und Heuristiken
3. Psychographische Modelle der Behavioral Finance
3.1 Behavioral Alpha Process
3.2 Prospect Theory
3.3 Behavioral Portfolio Theory
4. Herding
4.1 Definition und Eigenschaften von Herding
4.2 Ursachen von Herding
4.2.1 Informationskaskadenmodell
4.2.2 Reputationsmodell
4.3 Der Beauty-Contest nach Keynes
5. Auswirkungen von Herding
5.1 Spekulationsblasen
5.2 Subprime-Hypothekenkrise
6. Fazit und Problemlösungsvorschläge
Literaturverzeichnis IV
Anhangverzeichnis XIV
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Five-Way Model nach Bailard, Biehl und Kaiser
Abbildung 2: Behavioral Biases nach Investorentyp im Behavioral Alpha Process
Abbildung 3: Übersicht des Behavioral Alpha Process
Abbildung 4: Wertfunktion der Prospect Theory im Vergleich zur Nutzenfunktion
Abbildung 5: Beispielhafte Nutzenfunktionen mit unterschiedlichem Risikoverhalten
Abbildung 6: Referenz-Abhängigkeit am Beispiel der Wahrnehmung von Helligkeit
Abbildung 7: Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect Theory
Abbildung 8: Pyramidenmodell der Behavioral Portfolio Theory
Abbildung 9: Entstehung des Nash-Equilibriums im Zahlenwahlspiel
Abbildung 10: Kosten-Nutzen-Analyse des Gefangenen-Dilemmas
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Anomalien der Informationsauswahl, -verarbeitung und Entscheidungsfindung
Tabelle 2: Abstufungen von Rationalität
Tabelle 3: Klassifizierung von Investoren nach Barnewall
Tabelle 4: Test für aktives oder passives Investorenverhalten
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
Die Einleitung gibt zunächst Aufschluss über die Problemrelevanz und Zielsetzung dieser Arbeit, wodurch die Aktualität der Thematik aufgezeigt und die Problemstellung konkretisiert wird. Anschließend schafft das Kapitel 1.2 einen Überblick über die Vorgehensweise der Untersuchung, indem es den Aufbau und Gang der Arbeit vorstellt.
1.1 Problemrelevanz und Zielsetzung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit den rationalen und irrationalen Effekten von Herding[1] als Behavioral Bias[2] im Rahmen der verhaltenswissenschaftlich orientierten Finanzmarkttheorie „Behavioral Finance“. Herding definiert hierbei ein massenpsychologisches Phänomen, welches ein gleichgerichtetes Verhalten in der Entscheidungsfindung beschreibt.[3]
Das Thema Entscheidungsverhalten an sich wurde bereits in den 1950er Jahren zum Forschungsfeld in der Psychologie.[4] Simon veröffentlichte hierzu ein Konzept des Entscheidungsverhaltens, welches auf eingeschränkter Rationalität basiert.[5] Die Anfänge der Behavioral Finance, und somit eine der ersten Verbindungen der Psychologie mit der klassischen Finanzmarkttheorie, gehen zurück in die 1960er Jahre, als Burell und Baumann die Verknüpfung der verhaltenswissenschaftlichen Forschung mit der neoklassischen Finanzierungstheorie vorschlugen.[6] Slovic veröffentlichte 1972 den Artikel „Psychological Study of Human Judgment: Implications for Investment Decision Making“, der ebenfalls als Meilenstein in der Geschichte der Behavioral Finance gilt.[7] Er erläuterte, dass die kognitiven Fähigkeiten von Marktteilnehmern der Grund dafür seien, dass Risiken und Marktdaten verzerrt dargestellt und verarbeitet würden. Ende der 1970er Jahre kam erst durch die Forschung, Entwicklung und Anwendung der Prospect Theory[8] durch Kahneman und Tversky im Jahr 1979 der entscheidende Durchbruch der Behavioral Finance.[9] Die Prospect Theory wurde als eine sinnvolle Alternative und Ergänzung zur bisher bestehenden Erwartungsnutzentheorie[10] entwickelt und betrifft das Entscheidungsverhalten von Individuen.[11] 1982 veröffentlichten Kahneman, Slovic und Tversky das Buch „Judgment under Uncertainty: Heuristics and Biases“[12], welches für die Verhaltenswissenschaft von hoher Bedeutung war.[13] Ein weiterer Grund für den Durchbruch war, dass Studien ergeben haben, dass die Ergebnisse der Finanzmärkte häufig nicht durch die Modelle der traditionellen Kapitalmarkttheorie vorhergesehen und erläutert werden konnten.[14] Dies hat maßgeblich die verhaltenswissenschaftlich orientierte Finanzmarkttheorie geformt, welche heute als Behavioral Finance bekannt ist. Im Jahr 2002 wurden Kahneman und Smith mit dem Wirtschaftsnobelpreis ausgezeichnet. Kahneman erhielt ihn für das „Verknüpfen von Wirtschaftswissenschaften mit Erkenntnissen aus der Psychologie“ und Smith für die „Anwendung neuer ökonomischer Forschungsmethoden bei der Untersuchung von alternativen Marktmechanismen“.[15] Dies zeigt den wachsenden Stellenwert der Psychologie, und der Sozialwissenschaften im Allgemeinen, in dem Forschungsgebiet der Wirtschaftswissenschaften. Auch vergangene Finanzmarktkrisen, wie z.B. die Dotcom-Blase im Jahr 2000 und die Subprime-Hypothekenkrise, welche in Verbindung mit einer Immobilienblase stand,[16] im Jahr 2008, haben gezeigt, dass ein irrationales Entscheidungsverhalten in der Wirtschaft durchaus vorhanden ist und somit die psychologischen Aspekte von Marktteilnehmern in den Wirtschaftswissenschaften berücksichtigt werden müssen.[17] Solche Spekulationsblasen sind häufig auf die Behavioral Bias Herding zurückzuführen, welche in der klassischen Finanzmarkttheorie vernachlässigt wird.[18]
Daher ist es das Ziel dieser Arbeit die Ursachen und Auswirkungen von Herding im Kontext des verhaltensökonomischen Ansatzes Behavioral Finance auf den Finanzmärkten aufzuzeigen und durch geeignete Literatur zu untersuchen. Hierbei wird auf die bereits erwähnte Immobilienblase bezuggenommen, um die Praxisrelevanz und rationale sowie irrationale Effekte durch Herding zu untersuchen. Des Weiteren wird das Entscheidungsverhalten von Individuen betrachtet, um festzustellen, ob eine Früherkennung von Herding möglich ist oder, ob die Behavioral Bias nur ex post festgestellt werden kann. Die Zielsetzung der Masterarbeit orientiert sich somit an folgenden Punkten:
- Darstellung des aktuellen Forschungsstands der Behavioral Finance.
- Untersuchung des Entscheidungsverhaltens von Finanzmarktteilnehmern im Zusammenhang mit ausgewählten psychographischen Modellen der Behavioral Finance.
- Klärung der Frage: Ist eine Früherkennung der Behavioral Bias Herding möglich oder kann sie nur ex post festgestellt werden?
- Ermittlung der Ursachen und Auswirkungen von Herding auf den Finanzmärkten.
- Das Herdenverhalten auf anderen Märkten ist nicht Bestandteil der Untersuchung.
1.2 Aufbau und Gang der Arbeit
Die folgende Arbeit ist eine rein theoretische Arbeit und nutzt für die Untersuchung der Problemstellung die relevante Theorie in Verbindung mit der geeigneten Literatur. Es werden ausschließlich bereits vorliegende Studien und Experimente genutzt und somit keine eigenen Daten erhoben.
Zunächst wird in Kapitel 2 der Begriff Behavioral Finance erläutert. Hierbei wird vor allem auf die Definitionen von Statman eingegangen, welcher sich ausführlich mit dem Forschungsfeld Behavioral Finance auseinandersetzt.[19] Im Rahmen dieses Kapitels erfolgen zunächst eine Begriffsabgrenzung und die Darstellung der notwendigen Grundlagen. Anschließend wird auf das Rationalitätskonzept der Behavioral Finance eingegangen, welches die strenge, begrenzte und Quasi-Rationalität behandelt. Das Kapitel schließt mit einer Auflistung und Erläuterung der in der Arbeit verwendeten Behavioral Biases und Heuristiken, welche vor allem auf die israelischen-US-amerikanischen Psychologen Kahneman und Tversky zurückzuführen sind. Aufgrund der Thematik dieser Arbeit wird hierbei ein Grundlagenverständnis vermittelt. An geeigneter Stelle wird auf Literatur und Experimente verwiesen, welche für eine ausführliche Erläuterung herangezogen werden können.
Aufbauend auf dem Grundkonzept der Behavioral Finance werden in Kapitel 3 die psychographischen Modelle der Behavioral Finance, welche für die Arbeit von Relevanz sind und somit keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, erläutert. Zunächst wird der „Behavioral Alpha Process“, welcher durch Pompian im Jahr 2008 entwickelt wurde, vorgestellt und erläutert.[20] Dieser basiert auf dem „Two-Way Model"[21] von Barnewall und dem „Five-Way Model“[22] nach Bailard, Biehl und Kaiser. Anschließend wird die Prospect Theory, die durch Kahneman und Tversky 1979 entwickelt und vorgestellt wurde, erläutert. Sie stellt die erste theoretische Grundlage für Verhaltensanomalien im Entscheidungsprozess dar und hat Ansätze, welche das vorherrschende Modell der Erwartungsnutzentheorie[23], welche durch von Neumann und Morgenstern 1944 eingeführt wurde, herausfordert.[24] Das Kapitel 3 endet mit der Vorstellung der durch Shefrin und Statman im Jahr 2000 entwickelten Behavioral Portfolio Theory.[25] Als Grundlage wurde hierfür die soeben genannte Prospect Theory von Kahneman und Tversky verwendet, welche im Kapitel 3.2 erläutert wird.[26]
Kapitel 4 beschäftigt sich ausführlich mit der Behavioral Bias „Herding“. Zunächst wird der Begriff definiert und die Eigenschaften von Herding vorgestellt. Anschließend werden die Ursachen von Herding untersucht. Diese können durch das Informationskaskadenmodell, das Reputationsmodell und durch Netzwerkexternalitäten erklärt werden. Aufgrund der Thematik dieser Arbeit wird jedoch ausschließlich das Informationskaskaden- und das Reputationsmodell behandelt.[27] Im Rahmen der klassische Finanzmarkttheorie und Herding, berücksichtigt die Literatur ebenfalls häufig nur die beiden genannten Modelle.[28] Anschließend folgt in Kapitel 4.3 der Beauty-Contest nach Keynes[29], welcher durch ihn 1936 entwickelt wurde.[30] Durch den Beauty Contest soll das Verhalten von Akteuren auf den Finanzmärkten simuliert werden, indem das Entscheidungsverhalten von Individuen untersucht wird, welche sich an dem Verhalten anderer Marktteilnehmer orientieren, wodurch Herding entstehen kann.[31] Dieses ökonomische Experiment, wird in Kapitel 4.3 durch eine spieltheoretische Analyse erläutert. Hierzu verwendet der Autor ein Zahlenwahlspiel in Verbindung mit dem zentralen Begriff der mathematischen Spieltheorie „Nash-Equilibrium“ und überträgt dies im Anschluss durch ein Beispiel, welches sich an Cartwright[32] orientiert, auf den Finanzmarkt.
Die Auswirkungen von Herding werden in Kapitel 5 untersucht. Diese beschränken sich vor allem auf eine erhöhte Volatilität[33] und die Bildung von Spekulationsblasen. Zunächst wird der Begriff Spekulationsblase erläutert. Im Anschluss wird in Kapitel 5.2 die Subprime-Hypothekenkrise vorgestellt und mit dem aus der Spieltheorie stammenden Begriff „Gefangenen-Dilemma“ verknüpft. Hierbei wird ebenfalls untersucht, inwiefern die Behavioral Bias Herding zu dieser Krise beigetragen hat, wodurch die Praxisrelevanz verdeutlicht wird.
Die Arbeit schließt mit einem Fazit und der Erläuterung von Problemlösungsvorschlägen, welche im Rahmen der vorliegenden Arbeit ermittelt werden, ab.
2. Behavioral Finance
In den folgenden Abschnitten des Kapitels 2 dieser Arbeit wird die Behavioral Finance näher erläutert. Da Herding eine psychologische Falle ist, welche in dem Forschungsfeld Behavioral Finance behandelt wird, wird zunächst eben dieses Themengebiet erläutert und die Grundlagen dargestellt. Anschließend geht die Arbeit auf das Rationalitätskonzept der verhaltenswissenschaftlichen Finanzmarkttheorie ein. Im Kapitel 2.3 werden vom Autor ausgewählte und in der Arbeit verwendete Verzerrungseffekte durch das Verhalten, auch Behavioral Biases genannt, vorgestellt und erläutert.
2.1 Grundlagen und Begriffsabgrenzung
Die Behavioral Finance, auch verhaltenswissenschaftlich orientierte Finanzmarkttheorie genannt, ist eine Erweiterung der traditionellen Kapitalmarktanalyse und baut auf ebendieser auf. Sie ist jedoch kein Substitut für die traditionelle Kapitalmarkttheorie, sondern eine Erweiterung, um Situationen und Problematiken zu lösen und zu erkennen, welche durch die klassischen finanzwirtschaftlichen Modelle nicht erklärt werden können. Sie ist demnach als eigenständiges Forschungsgebiet im Bereich der Wirtschaftswissenschaften anzusehen.[34] Sie verwendet Erkenntnisse aus den Sozialwissenschaften und überträgt diese in das meist durch Zahlen geprägte Fachgebiet des Finanzwesens.[35] Hierdurch werden die Wirtschaftswissenschaften mit der Psychologie, und somit mit den Sozialwissenschaften, verbunden, wodurch sich die Kapitalmarkttheorie und -forschung realitätsnäher betrachten lässt.[36] Die Behavioral Finance versucht das tatsächliche Verhalten von Märkten und Investoren gegenüber dem theoretischen, rationalen Verhalten zu erklären und zu verstehen. Dies beinhaltet die Auswahl und Verarbeitung von Informationen sowie das daraus resultierende Entscheidungsverhalten der Marktteilnehmer.[37] Es wird davon ausgegangen, dass alle Marktteilnehmer, und somit auch Investoren, nur begrenzt rational auf dem Markt agieren können.[38]
Die Behavioral Finance beinhaltet vier entscheidende Annahmen:
1. Menschen verhalten sich „normal“,
2. Märkte sind nicht effizient,
3. Menschen erstellen und verwalten Portfolios nach den Regeln der verhaltensorientierten Portfoliotheorie[39] und
4. Erwartete Erträge aus Investments werden durch die Behavioral Asset Pricing Theory beschrieben, welche nicht nur das Risiko als Maßstab für die Ermittlung der erwarteten Erträge berücksichtigt.[40]
Aufgrund der Analyse des Verhaltens von Märkten und Investoren gibt es zwei wesentliche Teilgebiete in diesem verhaltenswissenschaftlichen Forschungsgebiet. Wie auch die Mikro- und Makroökonomie in der Volkswirtschaftslehre, wird die Behavioral Finance in die Behavioral Finance Micro (BFMI) und die Behavioral Finance Macro (BFMA) untergliedert. Die BFMI untersucht das Verhalten und die psychologischen Fallen von Investoren. Hierbei werden auch die Unterschiede zur klassischen Finanzmarkttheorie und deren Annahmen bezüglich der Rationalität überprüft. Das zweite Teilgebiet, die BFMA, beschreibt die allgemeine Irregularität und Irrationalität auf den in der Theorie als effizient dargestellten Märkten.[41] Demnach geht die BFMI der Frage nach, ob Investoren absolut rational handeln oder ob sie durch kognitive und motivationale Verzerrungen beeinflusst werden. Die BFMA beschäftigt sich hingegen mit der Effizienz von Märkten und deren Beeinflussung durch psychologische Fallen.[42] Die BFMI, und somit das Verhalten von Investoren, steht in dieser Arbeit im Vordergrund.
Statman, dessen Forschung sich auf die Behavioral Finance bezieht, ist Glenn Klimek Professor of Finance an der Santa Clara University in den USA.[43] Er hat im folgenden Zitat die beiden Arten von Marktteilnehmern im Bereich der Behavioral Finance und der traditionellen Kapitalmarkttheorie treffend beschrieben: „Standard finance people are modeled as ‘rational‘, whereas behavioral finance people are modeled as ‘normal‘.“[44] Des Weiteren stellt er fest: „Behavioral finance is built on the framework of standard finance but supplies a replacement for standard finance as a descriptive theory. Behavioral finance reflects a different model of human behavior and is constructed of different components – prospect theory, cognitive errors, problems of self-control, and the pain of regret. These components help make sense of the world of finance – including investor preferences, the design of modern financial products, and financial regulations – by making sense of normal investor behavior.”[45] Dies beschreibt, dass die Behavioral Finance sich nicht auf das von der Theorie erwartete rationale Verhalten beschränkt, sondern davon ausgeht, dass sich niemand komplett rational und demnach „normal“ verhält. Die von ihm erwähnte Prospect Theory wird in Kapitel 3.2 erläutert. Die weiteren Komponenten der Behavioral Finance, welche er erwähnt, beziehen sich auf Behavioral Biases wie die Regret Aversion und die Kontrollillusion, welche in Kapitel 2.3 beschrieben werden.
Die traditionelle Kapitalmarkttheorie hingegen basiert auf Annahmen, welche beschreiben, wie Investoren und Märkte sich gemäß der Theorie rational und effizient verhalten sollten.[46] Hierbei handelt sich um Modelle wie das in den 1960er Jahren durch Lintner und Sharpe unabhängig voneinander entwickelte Capital Asset Pricing Model (CAPM)[47], welches auf der Portfoliotheorie von Markowitz[48] aufbaut.[49] Die 1970 durch Fama aufgestellte Markteffizienzhypothese (EMH)[50] ist eine weitere fundamentale Säule der traditionellen Kapitalmarkttheorie und unterscheidet zwischen schwacher, mittelstarker und starker Effizienz. Die EMH sagt aus, dass Preise von Vermögensgegenständen alle verfügbaren Informationen enthalten und somit eine Über- oder Unterbewertung nicht vorliegen kann.[51] Statman beschreibt die traditionelle Kapitalmarkttheorie als „[…] the body of knowledge built on the pillars of the arbitrage principles of Miller and Modigliani, the portfolio principles of Markowitz, the capital asset pricing theory of Sharpe, Lintner, and Black, and the option-pricing theory of Black, Scholes, and Merton.”[52] Die Grundsteine der traditionellen Kapitalmarkttheorie sind grundlegend unterschiedlich zu den vier oben bereits aufgeführten Annahmen der Behavioral Finance. Die vier Grundsteine respektive Annahmen der traditionellen Kapitalmarkttheorie sind:
1. Menschen verhalten sich rational,
2. Märkte sind effizient,
3. Menschen sollen Portfolios nach den Regeln der finanzwirtschaftlichen Theorie gestalten und
4. Erwartete Erträge aus Investments werden durch das CAPM ermittelt, welches Risikoveränderungen als einzigen Maßstab für Veränderungen der erwarteten Erträge nutzt.[53]
Die traditionelle Kapitalmarkttheorie unterstellt allen Marktteilnehmern, dass die Maximierung des Eigennutzens - vorwiegend in monetärer Hinsicht - der übergeordnete Beweggrund für Entscheidungen ist. Daher wird ein vollkommen rationales und nur aus eigenem Interesse bestehendes Handeln unterstellt, welches den Eigennutz maximiert.[54] Emotionale Motive fließen hierbei in die Entscheidung nicht mit ein. Ein weiterer entscheidender Punkt ist, dass davon ausgegangen wird, dass alle Informationen von den Marktteilnehmern ad hoc abgerufen, aufgenommen und verarbeitet werden können.[55]
Diese drei Annahmen:
1. Absolute Rationalität,
2. Uneingeschränktes Handeln aus Eigeninteresse zur Maximierung des Eigennutzens und
3. Vorliegen und Verarbeiten aller notwendigen Informationen mit einer Reaktionszeit von nahezu null
entsprechen dem Bild des „Homo oeconomicus“[56], welcher in ökonomischen und somit auch in wirtschaftswissenschaftlichen Modellen häufig verwendet wird, um Situationen vereinfacht abzubilden.[57] Das Modell soll das Handeln einer Masse von Individuen erklären und voraussagen. Hierdurch werden Faktoren des menschlichen Handelns vernachlässigt, welche einzelne Individuen betreffen, wie beispielsweise wirtschaftsferne Lebensbereiche und irrationale Beweggründe.[58] Die Kritikpunkte wurden bereits Ende der 1960er Jahre durch Kapp kommuniziert. Die Forschung in diesem Gebiet wurde dadurch jedoch nicht nachhaltig beeinflusst.[59]
In der Behavioral Finance hingegen wird davon ausgegangen, dass die Marktteilnehmer gegebenenfalls nicht alle, darunter möglicherweise sogar außerordentlich wichtige, Informationen vorliegen haben oder in angemessener Zeit verarbeiten können.[60] Hierbei können Anomalien (Behavioral Biases) während der Informationsauswahl und -verarbeitung sowie bei der Entscheidung selbst entstehen, welche berücksichtigt werden müssen. Ausgewählte Behavioral Biases der einzelnen drei Prozesse sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die Behavioral Bias „Herding“ ist eine Anomalie, welche während der Entscheidungsfindung auftreten kann.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten [61]
Tabelle 1: Anomalien der Informationsauswahl, -verarbeitung und Entscheidungsfindung[62]
Die Behavioral Finance berücksichtigt ebenfalls, dass die Marktteilnehmer auch andere Handlungsmotive haben können und die Annahmen des Homo oeconomicus in der Realität für Individuen meist unzutreffend sind.[63] Dies bestätigten auch Laborexperimente, welche bewiesen haben, dass nur bei 30 % der Kandidaten ein egoistisches Verhalten vorgelegen hat.[64] Somit wäre die zweite oben aufgeführte Annahme des Homo oeconomicus hinfällig.
Ariely, Bracha und Meier weisen darauf hin, dass die verschiedenen Motivationen, welche das Verhalten beeinflussen, in drei Kategorien unterteilt werden können. Diese sind die intrinsische und extrinsische Motivation sowie die Erzielung einer guten Reputation.[65] Die intrinsische Motivation entsteht durch individuelle Präferenzen. Zurückzuführen ist sie zum Beispiel auf das Bedürfnis aus reiner Selbstlosigkeit[66] anderen zu helfen oder verschiedene, vor allem soziale, Projekte zu unterstützen, ohne dafür monetär oder materiell entschädigt zu werden.[67]
Im Gegensatz zur intrinsischen Motivation wird die extrinsische Motivation jedoch durch eine Anreizsystemgestaltung hervorgerufen und beeinflusst. Sie entsteht durch das Erhalten von materiellen Belohnungen. Dies beinhaltet monetäre und nicht-monetäre Anreize, wie zum Beispiel Werbegeschenke und Dankeskarten. Die Motivation eine gute Reputation zu erhalten, und somit die Wahrnehmung der eigenen Person gegenüber anderen zu beeinflussen, wird in der englischsprachigen Literatur als „image motivation“ oder „signaling motivation“ bezeichnet. Diese Motivation wird häufig in soziales Engagement und Umweltbewusstsein umgesetzt. Allgemein sind hierbei Tätigkeiten relevant, welche das Allgemeinwohl fördern. Hierdurch möchte das Individuum der Gesellschaft zeigen, dass es ein guter Mensch ist und auch so von anderen gesehen werden möchte.[68] Die Erzielung oder Erhaltung einer guten Reputation ist im Reputationsmodell, das in Kapitel 4.2.2 als Ursache von Herding näher erläutert wird, ein entscheidender Faktor.
Statman beschreibt drei Arten von Vorteilen, die sich Investoren von Investments erwarten: nützlich (utilitarian), aussagekräftig (expressive) und emotional. Nützlich beschreibt hierbei den monetären Aspekt. Der zweite Vorteil „aussagekräftig“ bezieht sich auf die Darstellung von Werten und des Status des Investors. Dies ist also mit der image respektive signaling motivation zu vergleichen, bezieht sich jedoch nicht zwingend auf Tätigkeiten, welche das Allgemeinwohl fördern. Es betrifft jedoch auch die Reputationsentwicklung des Investors, welche in Kapitel 4.2.2 im Rahmen des Reputationsmodells weiter untersucht wird. Der „emotionale Vorteil“ bezieht sich darauf wie Menschen empfinden. Sie fühlen sich zum Beispiel sicher, wenn sie eine Versicherung abschließen oder empfinden Hoffnung auf Reichtum, wenn sie einen Lottoschein kaufen.[69] Diese Thematik wird ebenfalls im Rahmen der Behavioral Portfolio Theory in Kapitel 0 berücksichtigt.[70]
Diese verschiedenen Arten von Motivation und erwartetem Vorteil zeigen, dass es für Investoren unmöglich scheint, ausschließlich rational zu handeln und nur die Maximierung des Eigennutzens - im Rahmen der Erwartungsnutzentheorie - als einzige Motivation zu besitzen. Das Rationalitätskonzept der Behavioral Finance wird im folgenden Abschnitt des Kapitels näher erläutert.
2.2 Rationalitätskonzept und dessen Abstufungen
Das Verhalten von Menschen wird häufig als rational oder nicht-rational dargestellt. Dieses „Schwarz-Weiß-Denken“ sollte jedoch durch „Grauabstufungen“ ersetzt werden. Das bedeutet, dass Menschen weder absolut rational noch ausschließlich irrational handeln. Das tatsächliche menschliche Handeln besteht situationsbedingt aus einer Kombination aus beidem. Dies hängt von den verschiedenen Arten von Problemen ab und ob beispielsweise Heuristiken zur Vereinfachung genutzt werden.[71]
Rationalität wird in der Literatur in strenge Rationalität, begrenzte Rationalität und Quasi-Rationalität unterteilt. Die strenge Rationalität wird auch als Zweckrationalität bezeichnet.[72] Hierbei liegt ein Verhalten zugrunde, dass den Erwartungsnutzen maximiert. Hierfür müssen alle Informationen, welche für die rationale Entscheidung benötigt werden, zur freien Verfügung stehen und vom Akteur ad hoc verarbeitet werden können.[73] Bei der begrenzten Rationalität stehen nicht alle Informationen zur freien Verfügung. Der Entscheider ist sich daher nicht über alle Konsequenzen bewusst. Entscheidungen werden hierbei unter Berücksichtigung gesellschaftlicher Normen und auf Basis von unvollständigen Informationen getroffen. Sie werden ebenfalls durch Medien und das soziale Umfeld beeinflusst. Dies führt zu befriedigenden Lösungen, welche ein gewisses Anspruchsniveau erfüllen. Es entsteht jedoch keine Maximierung des Erwartungsnutzens.[74] Hierbei handelt es sich dennoch um eine (begrenzte) rationale Handlung, da der Entscheider nicht bewusst auf einen höheren Zielerreichungsgrad verzichtet, sondern den Nutzen der Suche einer neuen Alternative geringer einschätzt als die damit verbundenen Kosten.[75] Dies wird aufgrund der Kosten-Nutzen-Analyse als rational angesehen. Die Quasi-Rationalität lässt sich auch als Irrationalität bezeichnen, da eine Maximierung des Erwartungsnutzens nicht erreicht werden kann. Die folgende Tabelle 2 stellt die drei Rationalitätskonzepte mit ihren Eigenschaften zusammen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 2: Abstufungen von Rationalität [76]
Die Behavioral Finance nimmt Abstand von dem Modell des Homo oeconomicus[77], welcher in der traditionellen Kapitalmarktforschung verwendet wird. Dies bezieht sich vor allem auf das absolute (strenge) rationale Verhalten.[78] Somit sieht die Behavioral Finance den Investor nicht als egoistischen Marktteilnehmer an, welcher durch den Einbezug aller Informationen immer die Entscheidung trifft, welche seinen Eigennutz maximiert. Dies beinhaltet, dass den Marktteilnehmern keine strenge Rationalität, wie oben beschrieben, in der Behavioral Finance unterstellt wird.
2.3 Behavioral Biases und Heuristiken
Behavioral Biases[79] und Heuristiken sind kognitive oder emotionale Verzerrungen, die auch Anomalien genannt werden. Sie beeinflussen ein Individuum bei der Entscheidungsfindung. Diese Beeinflussung kann sich positiv oder negativ auf das Ergebnis auswirken, da einerseits durch sie ein rationales Verhalten entstehen kann, anderseits jedoch durch die emotionale und kognitive Beeinflussung oder Einschränkung irrational gehandelt werden kann. Die Grundidee von Heuristiken und Biases in der Entscheidungsfindung geht zurück auf die beiden Psychologen Tversky und Kahneman.[80] Im Folgenden werden ausgewählte Behavioral Biases, welche im weiteren Verlauf der Arbeit verwendet werden, erläutert.
Affinity Bias:
Der „Affinity Bias“ (unbewusste Voreingenommenheit) ist eine Heuristik, welche von einem selbst nicht kontrolliert werden kann. Sie beschreibt den kognitiven Vorgang der Bildung von Vorurteilen. Somit werden Personen und Situationen ad hoc bewertet. Hierdurch entsteht eine unbewusste sowie voreingenommene Meinungsbildung, von der nur noch schwer abgewichen werden kann. Sie wird durch kulturelle Hintergründe und eigene Erfahrungen beeinflusst.[81]
Anchoring:
„Anchoring“ (Ankerheuristik) beschreibt den Vorgang, dass Menschen bei einem gedanklichen Anker starten, um dann in eine bestimmte Richtung zu schätzen und zu antworten. Der Referenzpunkt bzw. Anker beeinflusst demnach die Entscheidungsfindung und wird von jedem Individuum bewusst oder unbewusst subjektiv festgelegt. Liegt ein bewusster Gedankengang vor, so spricht man auch von einer „Anpassungsheuristik“.[82] Anchoring ist eine zentrale Annahme der Prospect Theory, da von einer relativen Veränderung des Wohlstandsniveaus zu einem Referenzpunkt ausgegangen wird.[83]
Cognitive Dissonance Bias:
„Cognitive Dissonance“ (Kognitive Dissonanz) beschreibt einen Gefühlszustand, welcher als unangenehm empfunden wird, da ein Mensch hierbei z.B. Wahrnehmungen, Überzeugungen, Vorhaben und Einfälle hat, welche sich stark voneinander unterscheiden. Hierdurch entsteht eine kognitive Disharmonie und Unzufriedenheit.[84]
Confirmation Bias:
Der „Confirmation Bias“ (Bestätigungsfehler) betrifft die Informationsauswahl und -beschaffung und wurde von Wason eingeführt.[85] Hierbei wählt, bewertet und interpretiert der Akteur Informationen auf eine gezielte Art und Weise, wodurch seine vorher bestehenden Erwartungen bestätigt werden. Hierdurch besteht die Gefahr, dass ein irrationales Entscheidungsverhalten vorliegt, da die Basis der Entscheidung (Informationen) aufgrund von möglicherweise unvollständigen Informationen getroffen wurde.[86]
Conservatism Bias:
Der „Conservatism Bias“ betrifft das unzureichende Revidieren von ursprünglichen Gedankengängen und Einstellungen, sobald neue Erkenntnisse oder Beweise vorliegen. Hierdurch werden anfängliche Meinungen überbewertet und spätere Beweislagen unterbewertet. Ein rationaler Informationsprozess, unter Einbezug aller Erkenntnisse, ist somit durch diese Verzerrung nicht möglich. In den Finanzwissenschaften betrifft dies beispielsweise die Vernachlässigung von Kursschwankungen und Unternehmensveränderungen.[87]
Endowment-Effekt:
Der „Endowment-Effekt“ (Besitztumseffekt) beschreibt den Sachverhalt, dass Personen dazu neigen, materielle Güter als wertvoller anzusehen, wenn sie sie besitzen. Dies kann sich auch auf Sichtweisen beziehen, indem eine Person ihre Idee als ihr Eigentum ansieht und diese, subjektiv betrachtet, wertvoller ist, als sie tatsächlich wert ist.[88]
Framing Bias:
Der „Framing Bias” beschreibt den Effekt, dass durch eine gezielte Formulierung von Aussagen deren Bedeutung für den Empfänger, und somit sein Verhalten, beeinflusst wird. Hierdurch kann der Sender den Empfänger einer Nachricht maßgeblich bei der Entscheidungsfindung beeinflussen.[89]
Herding:
„Herding” (Herdenverhalten) beschreibt ein Verhalten von Menschen, welche der Masse folgen. Es besteht somit eine geringe individuelle Entscheidungsfindung, indem den Entscheidungen der Mehrheit gefolgt wird.[90] Das Thema Herding wird in Kapitel 4 und 5 intensiv behandelt, daher wird an dieser Stelle der Arbeit nicht weiter darauf eingegangen.
Hindsight Bias:
Der „Hindsight Bias” (Rückschaufehler) wurde als erstes von Fischhoff und Beyth 1975 untersucht.[91] Er beschreibt eine kognitive Verzerrung, die durch das systematische, falsche Erinnern an vergangene Vorhersagen entsteht, nachdem die Person die Ergebnisse der Vorhersagen kennt. Die anfangs getroffenen Schätzungen werden somit in Richtung der tatsächlichen Ergebnisse verschoben. Dadurch können Menschen die Ursachen eines Ereignisses, nach dem Eintreffen des Ereignisses, nicht mehr genauso beurteilen wie davor.[92]
Kontrollillusion:
Bei einer Verzerrung durch die „Kontrollillusion” glaubt eine Person, dass sie die Kontrolle über bestimmte Vorgänge hat, welche offensichtlich nicht beeinflussbar sind. Dies kann die Motivation und Ausdauer erhöhen, aber auch dazu führen, dass Verluste ignoriert und nicht angemessen in die Entscheidungsfindung mit einfließen.[93]
Mental Accounting:
Das Grundprinzip von „Mental Accounting“ (Mentale Buchführung) ist, dass Individuen ihre finanziellen Ein- und Ausgaben, wie auch in der betrieblichen Buchführung, in mentale Konten einteilen. Hierbei werden jedoch häufig auch Kosten berücksichtigt, welche für ein rationales Entscheidungsverhalten irrelevant sind (z.B. Sunk costs[94] ). Dies kann zu falschen respektive irrationalen Entscheidungen führen.[95]
Outcome Bias:
Der „Outcome Bias” (Ergebnisfehler) ist vergleichbar mit dem Hindsight Bias, hat jedoch einen entscheidenden Unterschied. Der Hindsight Bias beschreibt die Verzerrung der Erinnerung zugunsten des Individuums. Der Outcome Bias hingegen bezieht sich auf das Ergebnis einer Entscheidung. Durch diese Verzerrung ist es beinahe unmöglich eine Entscheidung, welche zu einem schlechten, unvorhergesehenen Ergebnis geführt hat, als positiv zu beurteilen, selbst wenn die Argumente für die Entscheidung vor dem Ergebnis vernünftig waren.[96]
Overconfidence Bias:
Der “Overconfidence Bias” (Verzerrung durch Selbstüberschätzung) beschreibt ein Zustand, bei dem ein Individuum sein Können und seine Kompetenz überschätzt. Ebenfalls führt dieses Verhalten zu einem überzogenen Optimismus. Dies veranlasst Menschen Entscheidungen zu treffen und Risiken einzugehen, die sie meiden würden, wenn sie die Konsequenzen kennen würden. Doch durch ihre Selbstüberschätzung und ihren überzogenen Optimismus erkennen sie mögliche schwerwiegende Resultate nicht.[97] Jedoch ist zu erwähnen, dass „gesunder“ Optimismus von Vorteil ist.[98]
Recency-Effekt:
Der „Recency-Effekt” (Rezenzeffekt) beschreibt ein Phänomen in der Entscheidungsfindung. Hierbei werden später eingehende Information bei der Beurteilung von Situationen und bei Entscheidungen stärker von dem Individuum gewichtet, als Informationen die früher eingegangen sind. Dieser Effekt ist auf das Kurzzeitgedächtnis zurückzuführen, da neue Informationen länger verfügbar sind als ältere. Er ist eng verbunden mit dem Konzept der kognitiven Leichtigkeit (cognitive ease), die von Kahneman in seinem Buch „Schnelles Denken, Langsames Denken“ beschrieben wird.[99]
Regret Aversion:
Die „Abneigung vor dem Bereuen“ wird als „Regret Aversion“ bezeichnet. Durch die Furcht eine getroffene Entscheidung zu bereuen, werden Entscheidungen maßgeblich beeinflusst. Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass rationale Entscheidungen aufgrund der Regret Aversion nicht getroffen werden.[100]
Representativeness Bias:
Der „Representativeness Bias“ (Repräsentativitätsheuristik) ist eine Heuristik, die in der Entscheidungsfindung von Personen verwendet wird. Diese Heuristik tritt auf, wenn Wahrscheinlichkeiten in völlig unbekannten Entscheidungssituation bestimmt werden müssen. Hierbei orientiert sich der Entscheider an der jeweiligen Alternative, welche dem Stereotyp entspricht und am repräsentativsten erscheint.[101]
[...]
[1] Zu Deutsch sinngemäß „Herdenverhalten“.
[2] Zu Deutsch sinngemäß „Verzerrungseffekt durch das Verhalten“, „Urteilsfehler“ oder „Anomalie“.
[3] Vgl. Brudermann (2010), S. 54; Pelzmann (2009), S. XXV; Tversky / Kahneman (1974), S. 1124; Weber (2007), S. 100
[4] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 25
[5] Vgl. Simon (1955), S. 99-118
[6] Vgl. Bauman (1967), S. 93-97; Burrell (1951), S. 211-219
[7] Vgl. Slovic (1972), S. 779-799
[8] Vgl. Kahneman / Tversky (1979), S. 263-292; zu Deutsch „neue Erwartungstheorie“
[9] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 25; Pompian (2012), S. 10
[10] Vgl. von Neumann / Morgenstern (1944); Geht zurück auf Daniel Bernoulli im 18. Jahrhundert und wurde von John von Neumann und Oscar Morgenstern entwickelt.
[11] Vgl. Hens / Rieger (2016), S. 56 f.
[12] Vgl. Kahneman / Slovic / Tversky (1982)
[13] Vgl. Pompian (2012), S. 33
[14] Vgl. De Bondt / Thaler (1985), S. 793-805
[15] Vgl. The Nobel Foundation (2002)
[16] Vgl. Thaler / Sunstein (2009), S. 335
[17] Vgl. Ariely (2015), S. 363
[18] Vgl. Garber (2001), S. 4
[19] Vgl. Santa Clara University (2015)
[20] Vgl. Pompian (2012), S. 295-300
[21] Vgl. Barnewall (1987), S. 62-71
[22] Vgl. Bailard / Biehl / Kaiser (1986); Pompian (2012), S. 37-40 und 294 f.
[23] Vgl. Von Neumann / Morgenstern (1944)
[24] Andersen / Nowak (2013), S. 25; Hens / Rieger (2016), S. 56 f.; Pompian (2012), S. 10
[25] Vgl. Shefrin / Statman (2000), S. 127-151
[26] Vgl. Shefrin / Statman (2000), S. 127; Statman (2010), S. 3
[27] Vgl. Zhu (2009), S. 3; Für eine ausführliche Erläuterung des Begriffes „Netzwerkexternalitäten“ vgl. Mankiw / Taylor (2012), S. 250-253.
[28] Vgl. Bikhchandani / Hirshleifer / Welch (1992), S. 992; Zhu (2009), S. 3
[29] Vgl. Keynes (1936), S. 131
[30] Vgl. Mittelstädt / Sender / Liening (2013), S. 29
[31] Vgl. Keynes (2007), S. 140; Mittelstädt / Sender / Liening (2013), S. 27; Oehler / Wendt (2009), S. 14
[32] Vgl. Cartwright (2014), S. 249-251
[33] Der Begriff „Volatilität“ beschreibt in diesem Zusammenhang die Schwankungen von Finanzmarktparametern wie z.B. Aktienkurse und Zinsen.
[34] Vgl. Goldberg / von Nitzsch (2004), S. 13
[35] Vgl. Cartwright (2014), S. 4
[36] Vgl. Goldberg / Nitzsch (2004), S. 13
[37] Vgl. Pompian (2012), S. 3; Rapp (1997), S. 82
[38] Vgl. Ariely (2009), S. 241; Rapp (1997), S. 82
[39] Vgl. Shefrin / Statman (2000), S. 127-151; Wird in der Literatur auch als „Behavioral Portfolio Theory“ bezeichnet und in Kapitel 0 dieser Arbeit erläutert.
[40] Vgl. Statman (2014), S. 65
[41] Vgl. Pompian (2012), S. 11
[42] Vgl. Pompian (2012), S. 12
[43] Vgl. Santa Clara University (2015)
[44] Statman (1999), S. 20
[45] Statman (1995), S. 14
[46] Vgl. Pompian (2012), S. 3
[47] Vgl. Lintner (1965), S. 13-37; Sharpe (1964), S. 425-442
[48] Vgl. Markowitz (1952), S. 77-91
[49] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 16; Hens / Rieger (2016), S.93 f.
[50] Vgl. Fama (1970), S. 383-417
[51] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 1-3; Pompian (2012), S. 13
[52] Statman (1999), S. 19
[53] Vgl. Statman (2014), S. 65
[54] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 27; Ariely (2009), S. 240; Pelzmann (2009), S. 4
[55] Vgl. Goldberg / von Nitzsch (2004), S. 25; Pompian (2012), S. 18
[56] Für eine ausführliche Erläuterung des „Homo oeconomicus“ vgl. Kirchgässner (2013) und Pelzmann (2009), S. 4-9.
[57] Vgl. Gigerenzer / Brighton (2009), S. 134-136; Kirchgässner (2013), S. 69; Pompian (2012), S. 17 f.
[58] Vgl. Pelzmann (2009), S. 5
[59] Vgl. Kapp (1967), S. 314; Pelzmann (2009), S. 6
[60] Vgl. Goldberg / von Nitzsch (2004), S. 25
[61] Die aufgeführten Behavioral Biases dienen der Veranschaulichung und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Eine Erläuterung der genannten Anomalien befindet sich in Kapitel 2.3 Behavioral Biases und Heuristiken.
[62] Quelle: Selbsterstellte Tabelle in Anlehnung an Heidorn / Siragusano (2004), S. 4-8; Heun (2007), S. 133; Kowalewski (2008), S. 97 f.; Roßbach (2001), S. 13 f.
[63] Vgl. Andersen / Nowak (2013), S. 26; Pelzmann (2009), S. 5
[64] Vgl. Pompian (2012), S. 18; Stefani (2008), S.12
[65] Vgl. Ariely / Bracha / Meier (2009) S. 544
[66] Diese Art der Selbstlosigkeit wird auch „Altruismus“ genannt und als Gegenstück des Egoismus bezeichnet.
[67] Vgl. Ariely / Bracha / Meier (2009) S. 544
[68] Vgl. Ariely / Bracha / Meier (2009) S. 544 f.
[69] Vgl. Pompian (2012), S. 9
[70] Vgl. Kapitel 0
Behavioral Portfolio Theory; Abbildung 8: Pyramidenmodell der Behavioral Portfolio Theory
[71] Vgl. Ariely (2009), S. 239; Pompian (2012), S. 18 f.
[72] Vgl. Rühle (1999), S. 98
[73] Vgl. Pelzmann (2009), S. 5; Rühle (1999), S. 99 f.
[74] Vgl. Ellenrieder (2001), S. 149; Rühle (1999), S. 100
[75] Vgl. Rühle (1999), S. 101
[76] Quelle: Selbsterstellte Tabelle in Anlehnung an Ellenrieder (2001), S. 146 f.
[77] Vgl. Kapitel 2.1 Grundlagen und Begriffsabgrenzung
[78] Vgl. Ariely (2009), S. 240; Pompian (2012), S. 291; Rapp (1997), S. 92
[79] Zu Deutsch sinngemäß „Verzerrungseffekte durch das Verhalten“, „Urteilsfehler“ oder „Anomalien“.
[80] Vgl. Thaler / Sunstein (2009), S. 39; Tversky / Kahneman (1974), S. 1124-1131
[81] Vgl. Ariely (2015), 230; Pompian (2012), S. 314; Für experimentelle Ergebnisse vgl. Ariely (2015), S. 215-235.
[82] Vgl. Thaler / Sunstein (2008), S. 23; Tversky / Kahneman (1974), S. 1128-1130; Für eine Ausführliche Erläuterung in Verbindung mit Experimenten vgl. Kahneman (2015), S. 152-163.
[83] Vgl. Kapitel 3.2 Prospect Theory; Abbildung 4: Wertfunktion der Prospect Theory im Vergleich zur Nutzenfunktion
[84] Vgl. Chang / Solomon / Westerfield (2016), S. 273-276; Pompian (2012), S. 307
[85] Vgl. Wason (1960), S. 129-140; Wason (1968), S. 273-281
[86] Vgl. Pompian (2012), S. 311
[87] Vgl. Pompian (2012), S. 309
[88] Vgl. Ariely (2015), S. 195 f.; Cartwright (2014), S. 48 f.; Kahneman (2015), S. 360; Kahneman / Knetsch / Thaler (1991), S. 194-197. Für eine ausführliche Erläuterung in Verbindung mit Experimenten vgl. Kahneman / Knetsch / Thaler (1990), S. 1325-1348.
[89] Vgl. Kahneman / Tversky (1984), S. 346; Kahneman (2003), S. 1453 f.; Kahneman (2015), S. 447-452
[90] Vgl. Drehmann / Oechssler / Roider (2005), S. 1403 f.; Thaler / Sunstein (2008), S. 53
[91] Vgl. Fischhoff (1975), S. 288-299; Fischhoff / Beyth (1975), S. 1-16
[92] Vgl. Kahneman (2015), S. 250-252; Pompian (2012), S. 306
[93] Vgl. Langer (1975), S. 311-328; Langer (1982), S. 231-233
[94] Vgl. Kahneman (2015), S. 425 und 457; Dies sind irreversible Kosten, welche entstanden sind und nicht rückgängig gemacht werden können.
[95] Vgl. Cartwright (2014), S. 46 f.; Kahneman (2015), S. 421 f. und 457; Thaler (1999), S. 183 f.
[96] Vgl. Baron / Hershey (1988), S. 569-579; Kahneman (2015), S. 252 f.
[97] Vgl. Kahneman (2015), S. 325; Pompian (2012), S. 313
[98] Vgl. Kahneman (2015), S. 315; Thaler / Sunstein (2008), S. 31-33
[99] Vgl. Herrmann (2014), S. 1 f.; Kahneman (2015), S: 81-84
[100] Vgl. Kahneman (2015), S. 426 f.; Pompian (2012), S. 307 f.
[101] Vgl. Kahneman (2015), S. 187-189; Tversky / Kahneman (1974), S. 1124-1127
- Arbeit zitieren
- Nico Grünewälder (Autor:in), 2017, Herding. Herdenverhalten im Kontext der verhaltenswissenschaftlich orientierten Finanzmarkttheorie "Behavioral Finance", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/366594
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.