Die Wahl der Parlamente


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhalt

Vorwort

Historischer Überblick

1. Einführung in den Wahlbegriff
1.1. Funktionen von Wahlen

2. Das Mehrheitswahlsystem

3. Das Verhältniswahlsystem
3.1. Kernaspekte des Verhältniswahlsystems

4. Vor- und Nachteile der beiden Wahlsysteme im Vergleich

5. Mischsysteme

Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

Quellen aus dem Internet

Vorwort

Wie etwa in der griechischen und römischer Antike, wird auch in der Gegenwart, in demokratischen Rechtstaaten, nach einem möglichst gerechten und passenden politischen System gesucht. Zu einer Demokratie gehört ohne Zweifel das Wahlrecht, als ihr wichtigster Bestandteil. Es ist der wichtigste Weg der politischen Willensbildung, in welchem der wahlberechtigte Bürger einen direkten Einfluß auf die Struktur des Staates ausübt.

Die ersten Erfahrungen junger Demokratien mit dem Wahlrecht und den Wahlen überhaupt, waren nicht nur von historischer Wichtigkeit – man nehme die Glorreiche Revolution in England, die französische Aufklärung,[1] die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg – sondern auch von großer politikwissenschaftlicher Bedeutung. Bis heute schlagen Politikwissenschaftler in alten Verfassungen nach und lassen sich mit alten Lösungen inspirieren.

Mehr als 200 Jahre lang blieb das politische System der USA unverändert und die ursprüngliche Verfassung mit wenigen Änderungen ist bis heute in Kraft. In Westeuropa haben sich die politischen Systeme im Laufe des 20. Jhds. stabilisiert. Es ist nur 15 Jahre her, als es in Osteuropa zum großen politischen Wandel kam und dabei neue politische Systeme entstanden. Die osteuropäischen Verfassungsgeber lernten aus den Erfahrungen der westlichen Demokratien und konstruierten die eigenen politischen Systemen in „Labors“ mithilfe westlicher Kollegen.[2] Eine der wichtigsten Entscheidungen betraf dabei die Art des Wahlsystems.

Ich werde mich in den kommenden Kapiteln mit den Grundprinzipien und von Typologie von Wahlsystemen beschäftigen. Die beiden „Konkurrenten“ – das Verhältniswahlsystem und das Mehrheitswahlsystem – werden vorgestellt und deren Vor- und Nachteile ausführlich behandelt. Schließlich werde ich mich auch mit den drei originellen europäischen Mischsystem beschäftigen und diese als Alternative zu den „reinen“ Systemen darstellen.

Einleitung

Die Wurzeln europäischer Demokratien, was Wahlen und politische Systeme betrifft, sind bereits in den antiken Mittelmeerstaaten zu finden. Aristoteles beschäftigte sich in seinem Werk „Politik“ ausführlich mit den damaligen Herrschaftssystemen und noch ausführlicher mit den jeweiligen Wahlmodi[3] in diesen Herrschaftssystemen. Aristoteles verwendet den Ausdruck „Wahlen“ als ein Weg zur Macht in Demokratien, Oligarchien, bzw. in der nach ihm besten Herrschaftsform – der Politie.

Das Wahlrecht hat eine lange Geschichte, welche eng mit der Einführung der repräsentativen Demokratie zusammenhängt. Es ist ein Recht, welches einem Bürger zu anderen Rechten – Bürgerrechten, Menschenrechten, Recht zur Versammlung, freien Meinungsäußerung usw. – verhilft.

Während der Zeit der Aufklärung in Frankreich dienten Naturwissenschaften, wie Mathematik zur Überprüfung der Wahlergebnisse. Es ist also eine Synthese zwischen der Geistes- und der Naturwissenschaft zustande gekommen. In dieser Periode schrieben Rousseau und Montesquieu ihre Werke. Rousseau bevorzugte in seinem Buch „Abhandlung über den Ursprung und die Grundlagen der Ungleichheit unter den Menschen“ eine unmittelbare Demokratie nach dem altgriechischen Vorbild. Man könnte in seiner Vorstellung eine verdeckte Kritik am relativen Mehrheitswahlrecht sehen.[4]

Diese Kritik war sowohl damals, wie auch heute berechtigt und wird in allen Staaten, in welchen das relative Mehrheitswahlrecht verwendet wird, thematisiert. Wie jede Kritik, war auch diese eine Herausforderung für viele Wissenschaftler, die sich in allen Ecken Europas mit Verbesserungen des Systems beschäftigten. Im 18. Jhd. proklamierten die Engländer E. Burke und J. Wilson[5] die Idee, daß ein Parlament die Schichten des Volkes repräsentieren sollte. Bei einem relativen Mehrheitswahlrecht ist dieser Gedanke nicht so ausgeprägt, wie bei Verhältniswahlsystemen.[6]

1. Einführung in das Wahlbegriff

Die Wahl ist neben Losentscheid, Ernennung, Akklamation, Erbschaftsrecht, eine Art der Machterlangung bzw. Legitimation politischer Herrschaft.[7] Durch Wahlen werden Personen (=Kandidaten) in bestimmte Ämter bestellt. Die Wahl ist vom Prinzip her eine Legitimationstechnik, die sich von den übrigen oben aufgeführten durch bestimmte Vorgaben unterscheidet.

Bei einer Wahl werden bestimmte Kandidaten individuell von Wahlberechtigten[8] gewählt. Die abgegebenen Stimmen werden anschließend auf Grundlage eines vorher bestimmten Stimmverrechnungsverfahren ausgewertet und gewichtet. Die Wahl ist in demokratischen politischen Systemen durch weitere Vorgaben bestimmt, die dieses System überhaupt demokratisch machen. Es sind wie folgt:

- Chancengleichheit: gleiche Möglichkeit bei der Nutzung des aktiven[9] und passiven[10] Wahlrechts
- Wahlfreiheit: geheime Wahl, ohne Druckausübung auf den Wähler
- Zeitbeschränkung: Wahl auf bestimmte Zeit
- Unmittelbare Wahl: jeder Wahlberechtigte wählt selber, ohne Vermittler[11]
- Offenheit: öffentliche Kontrolle der Wahl

1.1. Funktionen von Wahlen

Im vorigen Kapitel wurde bereits die erste Kernfunktion der Wahl – die Legitimation des politischen Systems – erwähnt. Um diese Legitimation zu erreichen, wird das Vertrauen der Bürger an die Kandidaten bzw. an die politische Elite des Landes übergeben. Dieses Vertrauen ist auf eine bestimmte Periode beschränkt, damit andere Kandidaten die Möglichkeit haben ihre politische Vorstellungen zum Ausdruck zu bringen. Dadurch werden möglichst alle Teile der Bevölkerung repräsentiert. Die Zeitbeschränkung dient als Katalysator politischer Konflikte, die sich im Laufe einer Wahlperiode angesammelt haben und durch die kommende Wahl dann vom Bürger entschieden werden.

Bei Parlaments- oder Präsidentschaftswahlen wird der Teil der Bevölkerung, der das aktive Wahlrecht innehat, mobilisiert und zugleich wird im passiven Wahlrechtsbereich die politische Elite rekrutiert, die zum Ziel hat die Pluralität der Meinungen der Bürger zu repräsentieren.

In modernen Staaten wird durch das Wahlverfahren die Regierung gebildet, in manchen Staaten sogar direkt gewählt.[12] Diejenigen Kandidaten, die an der Regierungsbildung nicht teilnehmen, werden automatisch zur Opposition, welche die Regierung kontrolliert und eine Alternative im Falle eines Machtwechsels darstellt.

Wahlen bilden für die Bevölkerung eine wichtige, wenn nicht die einzige Form der Teilnahme am politischen Prozeß. Alle anderen konventionellen oder unkonventionellen Partizipationsformen sind mit deutlich höherem Aufwand verbunden und tendieren zur politischen Ungleichheit,[13] was wiederum negative Folgen haben kann.

2. Das Mehrheitswahlsystem

Das Mehrheitswahlsystem ist historisch älter, als die Proportional- bzw. Mischsysteme. Das Wahlsystem wird in der politischen Umgangsprache öfters als das „Knock-out-System“, bzw. „Winner-takes-it-all-System“.[14] Diese Umgangsprache ist sehr zutreffend. In einem solchen Wahlsystem gewinnt i. d. R. immer ein Kandidat in einem Wahlkreis.

Wir unterscheiden im Prinzip zwei Arten des Mehrheitswahlsystems:

1. Relative Mehrheitswahl
2. Absolute Mehrheitswahl

Die relative Mehrheitswahl bedeutet, daß der Kandidat, welcher die meisten Stimmen an sich ziehen kann die Wahl gewinnt. Unabhängig von der Anzahl, bzw. vom Verhältnis der ihm abgegebenen Stimmen zu der gesamten Anzahl der Stimmen. Zur besseren Darstellung dieser Wahlvariante dient folgende Abbildung:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1

Die Tatsache, daß die Kandidaten B und C insgesamt mehr Stimmen bekommen haben, als der Kandidat A, wird nicht berücksichtigt, und die restlichen abgegebenen Stimmen sind somit wertlos. Der Kandidat A hat die Wahl gewonnen. Hier ist das „Winner-takes-it-all-Prinzip“ vollkommen ersichtlich.

Der Kritikpunkt ist dabei die Proportionalität der Wahl. Wieso gewinnen nicht diejenigen, die mehr Stimmen bekommen haben, taucht als Frage auf. Die Antwort lautet aber, daß die Kandidaten B und C mit ihren 55% Stimmen nichts unternehmen können. Eine Koalition z.B. ist nicht möglich, da für ein Wahlkreis nur ein Kandidat als Sieger vorgesehen ist. In der Regel ergibt sich aus der Anzahl der Wahlkreise die Anzahl der Sitze im Parlament.[15]

Die absolute Mehrheitswahl ist von der relativen im Prinzip nicht sehr unterschiedlich. Es gelten allerdings andere Regeln bei der Auswertung der abgegebenen Stimmen. Der Wahlkreis[16] gilt nur dann als erobert, wenn ein Kandidat die absolute Mehrheit der Stimmen bekommt. Bei einer solcher Stimmenzuweisung ist es üblich geworden, daß in mehreren Runden abgestimmt werden muß, da die absolute Mehrheit nicht immer in der ersten Runde von einem der Kandidaten erreicht wird. Es können mehrere Runden organisiert werden, bzw. eine zweite Runde mit einer Stichwahl zwischen den zwei Kandidaten, die die meisten Stimmen in der ersten Runde erhalten haben.

3. Das Verhältniswahlsystem

Die Verhältniswahlsysteme haben sich in Europa erst nach dem Ersten Weltkrieg durchgesetzt, insbesondere in neugegründeten oder innenpolitisch umgestalteten Staaten. Das erste Land, was das Verhältniswahlrecht einführte war Dänemark[17] in der zweiten Hälfte des 19. Jhds. Am Anfang des 20. Jhds. folgten dann fast alle kontinentaleuropäischen Länder.

Die Begründungen für dieses neue Wahlrecht waren unterschiedlich. Man wußte, daß ein Mehrklassenwahlrecht, bzw. ein Zensuswahlrecht nicht mehr der aktuellen Entwicklung angepaßt waren. In dieser Zeit kam es im Zuge der Demokratisierung zu einer anderen Denkweise im Hinblick auf den Parlamentarismus. Das Parlament sollte nicht mehr die Versammlung der Elite sein, sondern eine wahre Volksrepräsentation.[18] Das bedeutet, daß die Repräsentation der politischen Gruppierungen möglichst gerecht ins Parlament übertragen werden sollte, was folgende Definition und Abbildung deutlich machen:[19]

[...]


[1] Vgl. Hübner, S.13.

[2] Vgl. Stein, S. 31

[3] Vgl. Aristoteles, 3.-5. Buch.

[4] Vlg. Hübner, S. 14.

[5] Vgl. Hübner, S. 15.

[6] Proportionalität = Verhältnismäßigkeit.

[7] Vgl. Andersen/Woyke, S. 677.

[8] Wahlberechtigte Personen sind durch das Gesetz bzw. eine bestimmte Rechtsnorm definierte Gruppe, die sich an der Wahl beteiligen kann. In modernen Demokratien ist es üblich geworden, daß es die Personen sind, die eine bestimmte Altersgrenze erreicht haben.

[9] Aktives Wahlrecht = Möglichkeit zu wählen.

[10] Passives Wahlrecht = Möglichkeit gewählt zu werden.

[11] Eine Ausnahme ist z.B. die mittelbare Wahl der amerikanischen Präsidenten.

[12] In den Vereinigten Staaten von Amerika ist der Präsident die Regierung. Dieser wird von der Bevölkerung gewählt.

[13] Vgl. Andersen/Woyke, S. 680.

[14] Vgl. Liďák, S. 16.

[15] Das englische Unterhaus ist das beste Beispiel. Die Anzahl der Sitze im Unterhaus entspricht der Anzahl der Wahlkreise. Im Falle, daß diese aus z.B. demographischen Gründen angepaßt werden, dann wird die Anzahl der Parlamentssitze demnach korrigiert.

[16] Die Absolute Mehrheitswahl wird relativ selten bei Parlamentswahlen verwendet, allerdings ist es eine übliche Methode bei einer direkten Wahl des Staatsoberhauptes.

[17] Vgl. Hübner, S. 18.

[18] Vgl. Von Beyme, S. 278-281.

[19] Gerechte Repräsentation war eine der vielen Verbesserungsvorschläge der französischen Aufklärung.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Wahl der Parlamente
Hochschule
Hochschule für Politik München
Veranstaltung
Parlamentarismus
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V36701
ISBN (eBook)
9783638362481
ISBN (Buch)
9783640670246
Dateigröße
754 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wahl, Parlamente, Parlamentarismus
Arbeit zitieren
Michal Broska (Autor:in), 2005, Die Wahl der Parlamente, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36701

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