Der Gedanke einer europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik ist eigentlich recht alt. Auch wenn die Europäische Union (EU) bisher vorrangig als Wirtschaftsgemeinschaft auftrat und sich eine starke Position im Welthandelssystem verschaffte, war es das Ziel der europäischen Gründungsväter, den Frieden zu sichern. Dass die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) dennoch erst eine recht junge Geschichte aufweist, liegt vor allem daran, dass sich die EU-Staaten häufig auf-grund nationaler Strategien nicht einigen konnten. Denn in der ESVP stehen für Nationalstaaten Sou-veränitätstraditionen einer europäischen Vergemeinschaftung gegenüber. (...)
Europas Sicherheit hat Bedarf an politischen Entscheidungen, die europäischer geprägt sind als in der Vergangenheit. Der bestehende Mangel einer politischen Gesamtvision, einem handlungsmotivierenden europäischen Interesse der Mitgliedstaaten lässt Fragen über die Zukunft der ESVP bezüglich der Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit aufkommen. In nun Folgenden sollen daher anhand der drei größten und bedeutsamsten Triebkräfte Europas– Großbritannien, Frankreich und Deutschland – und ihrer verschiedenen politischen Kulturen, Traditionen und Rollenverständnisse und den daraus resultierenden unterschiedlichen sicherheitspolitischen Interessen die Probleme einer handlungsfähigen ESVP in naher Zukunft gezeigt werden. Die sich daraus ergebenden Folgen und Perspektiven werden anschließend in einem Ausblick zusammengefasst.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung: Entwicklung einer Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik
- II. Die ESVP im Kontext nationaler Interessen
- 1. Großbritannien
- 1.1 Ursachen britischer Europa-Skepsis
- 1.2 Die britische Wende von St. Malo
- 2. Frankreich
- 2.1 Integration und Unabhängigkeit – Konstanten Französischer Außenpolitik
- 2.2 Eine starke ESVP: nicht gegen, sondern mit der NATO
- 3. Deutschland
- 3.1 Emanzipation und Pragmatismus
- 3.2 Deutschland zwischen den Stühlen
- 1. Großbritannien
- III. Ausblick: ESVP Souveränität und Integration
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) im Kontext nationaler Interessen, insbesondere im Hinblick auf die Positionen Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands. Ziel ist es, die Herausforderungen und Möglichkeiten der ESVP im Spannungsfeld nationaler Interessen und europäischer Integration zu beleuchten.
- Die Rolle nationaler Interessen in der Entwicklung der ESVP
- Die unterschiedlichen Sicherheitskulturen und -traditionen in Europa
- Die Bedeutung der NATO und der WEU für die ESVP
- Die Herausforderungen der Koordinierung und Integration von Verteidigungspolitik
- Die zukünftige Rolle der ESVP in der europäischen Sicherheitsarchitektur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) ein, beginnend mit den frühen Ideen einer europäischen Sicherheitspolitik und ihren Schwierigkeiten im Spannungsfeld nationaler Interessen. Es werden die wichtigsten Stationen der europäischen Integration, die zur Entstehung der ESVP führten, zusammengefasst.
Das Kapitel über Großbritannien beleuchtet die Ursachen für die britische Europa-Skepsis und den Wandel der britischen Position hinsichtlich der ESVP nach dem Gipfel von St. Malo im Dezember 1998. Die enge Beziehung Großbritanniens zu den USA und die NATO-Mitgliedschaft, die historisch bedingte „special relationship“ mit den Vereinigten Staaten, sowie die nationale Sicherheitsstrategie werden erörtert.
Das Kapitel über Frankreich fokussiert auf die Rolle der Integration und Unabhängigkeit als konstante Elemente der französischen Außenpolitik. Es werden die französischen Bemühungen um eine starke ESVP in Verbindung mit der NATO, sowie die Rolle Frankreichs als Nuklearmacht im europäischen Kontext behandelt.
Das Kapitel über Deutschland beschreibt die deutschen Bestrebungen nach Emanzipation und Pragmatismus in der ESVP. Es werden die Herausforderungen der deutschen Position zwischen den Stühlen, zwischen der engen Bindung an die NATO und dem Wunsch nach einer stärkeren europäischen Sicherheitspolitik, analysiert.
Schlüsselwörter
Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), Nationale Interessen, Sicherheitskultur, NATO, WEU, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Europäische Union, St. Malo, Integration, Souveränität, Verteidigungspolitik, Außenpolitik, Europäische Integration.
- Quote paper
- Cornelia Wolf (Author), 2005, Die ESVP im Kontext nationaler Interessen - am Beispiel Großbritannien, Frankreich und Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36707