Mikrokredite. Die Vorteile, Nachteile und Risiken


Hausarbeit, 2013

15 Seiten, Note: 1 (sehr gut)


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Historische Entwicklung und Relevanz

2. Effektivität

3. Risiken

4. Marktpotenzial

5. Kritische Betrachtungen

6. Verzeichnisse
6.1. Abkürzungsverzeichnis
6.2. Grafikverzeichnis
6.3. Literaturverzeichnis

1. Historische Entwicklung und Relevanz

In der Entwicklungszusammenarbeit hat das Thema Mikrokredite seit ca. 20 Jahren einen hohen Stellenwert. Besonders aber seit den letzten 10 Jahren herrscht ein regelrechter Mikrokredit-Boom vor, welcher auf dem Einstieg von kommerziellen Finanzorganisationen in den Mikrofinanzbereich basiert.[1]

Insbesondere erlangte die Mikrofinanzierung auf internationaler Ebene und auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit den Durchbruch seit der Verleihung des Nobelpreises an Mohammed Yunus im Jahr 2007, Gründer der Grameen Bank in Bangladesch. Er ist mittlerweile weltweite Symbolfigur für Kleinkredite.[2]

Manche Quellen sehen die Wurzeln der Mikrofinanz sogar zurückliegend in den Modellen der nationalen Entwicklungsplanung und internationalen Entwicklungshilfe nach Vorbild des Marshallplans.[3]

Mittlerweile konnten durch Mikrokredite zahlreiche Erfolge erzielt werden, insbesondere im Zugang zu Kapital und abgesicherten Sparmöglichkeiten für Arme Menschen in zahlreichen Ländern der Erde. Wobei die Vergabe stark von der wirtschaftlichen Armut des Kreditnehmers abhängt, gekoppelt mit einem quasi nicht existenten Zugang zu Kapital.[4]

Dieser Trend ist auch zunehmender in unseren westlichen Gesellschaften zu erkennen. Auch hier gibt es immer mehr arme Menschen die über keinen Zugang zum Kapitalmarkt verfügen, wie z.B. Girokonto oder Kredite. Die große Herausforderung liegt darin, Finanzdienstleistungen für Marginalisierte in Entwicklungsländern zu fairen Bedingungen anzubieten.[5]

Hier schließt die Frage an, ob es ausreicht Finanzdienstleistungen zu verteilen, oder ob auch zusätzlich eine Unterstützung der geförderten Menschen durch Beratung und Fachwissen im Umgang mit Geld und Investitionen notwendig ist.[6]

2. Effektivität

Hatte man anfangs noch die Hoffnung durch das Instrument der Mikrokredite ein wirksames Instrument zur Armutsbekämpfung gefunden zu haben,[7] so hat sich in den letzten Jahren nach und nach herausgestellt, dass Mikrokredite auch zu negativen Resultaten führen können. Insbesondere führen einige aktuelle Studien zu der Schlussfolgerung, dass einerseits zu hohe Erwartungen in die positiven Effekte von Mikrofinanzierung gesteckt wurden, die sich letztendlich nicht bewahrheitet haben, und das Mikrokredite andererseits zu Verschuldungen der Kreditnehmer geführt haben. Dies führte sogar zu Selbstmorden von überschuldeten Kreditnehmern in Indien.[8]

Ein zentraler und wesentlicher Vorteil der Mikrofinanzierung in armen Ländern begründet sich in dem Argument, dass nicht nur arme Menschen und Ländern geholfen wird, sondern dass auch die Geberseite davon profitieren kann.[9] Diesen Effekt, mit dem Mikrofinanzunternehmen werben, nennt man auch „Double-Bottom Line“, also sowohl ethischer als auch ökonomischer Gewinn.[10]

Begründet wird dies von Armendáriz und Murdoch in „The Economics of Microfinance“, sozusagen die „Bibel“ der Mikrofinanzierung. Demzufolge können durch Investitionen in kapitalschwache Unternehmen höhere Gewinne erzielt werden als durch Investitionen in reiche Unternehmen. In deren These beziehen sie sich auf das Prinzip der abnehmenden Grenzerlöse aus den Grundzügen der Ökonomie, nach welchem die Grenzerlöse bei steigender Wirtschaftsleistung abnehmen. Im dargestellten Beispiel beziehen sie sich auf einen armen Schneider, welcher durch einen Mikrokredit in eine Nähmaschine investieren kann, und dessen Erlöse folglich stark ansteigen. Demzufolge stellen Geldflüsse von den reichen Industrieländern in die armen Entwicklungsländer einen beidseitigen Vorteil dar, weil den Armen geholfen ist und sie ihr Geschäft und ihre Wirtschaft aufbauen können, die Reichen jedoch aufgrund des starken Profits hohe Zinsen beziehen könnten (Vergleiche hierzu Figur 1 im Grafikverzeichnis).[11]

Durch dieses Konzept haben sich neue Allianzen zwischen Investoren, Banken und NGOs entwickelt. Nichtregierungsorganisationen (Non-Governmental Organizations) NGOs leisten einen wesentlichen Beitrag bei der Verbreitung an Anbietung von Mikrokrediten. Im Gegensatz zu Bankinstituten stehen NGOs in Kontakt zu den Menschen in abgelegenen Regionen und haben gute lokale Kenntnisse. Daher können sie auch abgelegene „Kreditnehmer“ erreichen und durch ihre gute Organisation und Struktur Mikrokredite anbieten.[12]

3. Risiken

In der Diskussion um Vor- Nachteile und Risiken in der Mikrofinanzierung geht es um die Frage, ob marginalisierte Personen und Gruppen ohne Zugang zum Kapitalmarkt durch MF unterstützt werden können und diese dadurch eine bessere Chance zur ökonomischen Partizipation an der Gesellschaft erzielen. Oder werden nur jene unterstützt, die bereits wirtschaftlich aktiv sind? Wie können MFIs an Umweltbedingungen, Klimawandel und Naturkatastrophen angepasst werden? Inwieweit müssen MFIs aus ökonomischer Sicht rentabel sein und wie ethisch einwandfrei können Mikrokredite betrachtet werden, wenn die MF dem Kapitalmarkt zugänglich ist?[13]

Zahlreiche Forschungen und Untersuchungen kommen mittlerweile zu dem Schluss, dass eine Anzahl an Punkten genannt werden können, die als wesentliche Fehleinschätzungen bei Mikrokrediten zählen.[14] Durch die neoliberalen Ansätze der Entwicklungszusammenarbeit, also durch die Ansicht, Armut lasse sich auch ohne Umverteilung sondern nur durch geförderten Arbeitseinsatz der Armen beseitigen, kam es zu Verschuldungen und einem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis der Armen. Zudem kam die entwicklungspolitische Fehleinschätzung, dass Reiche Länder und Institutionen mit sogenannten „sozial motivierten Investitionen“ gleichzeitig Geld verdienen und Gutes tun könnten.[15]

Dies Betonte auch Josef Ackermann, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank AG, bei seiner Rede auf der Aktionärs-Hauptversammlung am 26.05.2009. Er nimmt in der Rede Bezug auf die über zehnjährige Geschäftsaktivität in der Mikrofinanzierung, wie dadurch armen Menschen aus dem Teufelskreis der Arbeitslosigkeit und eine Existenz zu gründen geholfen wird und wie dieses Handeln gesellschaftlich verantwortlich sei.[16] So hält er fest: „… wir wollen damit auch dokumentieren, dass Markt und Moral keine Gegensätze sind, sondern zum Wohle aller miteinander harmonieren“.[17]

4. Marktpotenzial

Am Finanzmarkt wird dem Mikrofinanzinvestment werden ein hohes Marktpotenzial und überdurchschnittliche Wachstumsraten zugeschrieben. Nach dem sozialen Investmentunternehmen responsAbility belaufen sich die Wachstumsschätzungen für das Jahr 2013 weltweit auf 15% bis 20% gegenüber dem Vorjahr. Bereits 2012 konnte ein ebenso starkes Wachstum von 20% verzeichnet werden. Zudem prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IMF, International Monetary Fund) ein BIP-Wachstum der 15 wichtigsten Mikrofinanzmärkte von 4,7% auf 6,2%, teilweise ausgelöst aufgrund von technischer Entwicklung. Nach dem Investmentunternehmen liegen die Hauptrisiken und Gefahren für Mikroinvestments in der Instrumentalisierung durch die Politik. Schutz soll eine professionelles Monitoring der Länder und ebenso eine breite Diversifikation bieten.[18]

Allerdings gibt Mohammed Yunus, Gründer der Grameen Bank, an, dass sich die Zinsen für Mikrokreditnehmer gering belaufen müssen und sogar individuelle Zahlungsraten vereinbart werden könnten, daher der Sicherheit der Armen dient.[19]

Tatsächlich aber belegen Studien, dass die Zinsen für Mikrokredite oft extrem hoch sind. Dies liegt an den Kosten des Kredites, an den operationalen Kosten, also Personal, Büro, Werbung, Transport, an der Abdeckung von Kreditausfällen und an Profiten um den Kapitalstock für künftige Kreditfinanzierung aufzubauen. Aus diesem Grunde kam die Studie der Asian Development Bank (ADB) zu dem Resultat, dass der offizielle Zinssatz der Grameen Bank von 20 Prozent noch zu gering sei und angehoben werden müsse.[20]

5. Kritische Betrachtungen

Hinzu kommt das kritische Argument, dass die These der Bekämpfung der Armut durch Mikrofinanzierung ein Paradigma der neoliberalen Marktwirtschaft ist.[21] Arme Menschen werden bewegt der Logik der Neoliberalen Marktwirtschaft zu folgen, um durch Verschuldung ihre eigene Armutsbefreiung zu erzielen. Auf gesellschaftliche, strukturelle und andere Hintergründe die von wirtschaftlicher Relevanz bzw. für die Entwicklung eines Geschäfts bedeutend sind, wird hier nicht Rücksicht genommen. Dadurch droht die Gefahr für die Familie in die Armutsfalle zu geraten.[22]

Die Versuche eines Geschäftsaufbaus durch Zuhilfenahme eines Mikrokredits können die Kreditnehmer überfordern und bergen daher ein nicht zu unterschätzendes Risiko. Dieser endogene Risikofaktor lässt sich dadurch erklären, dass den Kreditnehmern und folglich neuen Geschäftsleuten oft die Praxis und Erfahrung fehlt, ein kleines Geschäft zu betreiben. Dies zeigt sich u.a. durch eine Studie aus Südindien, in welcher Frauen eher zu Mikrokrediten als zu Sparsamkeit geraten wird, diese aber keine wirtschaftliche Ideen vorlegen müssen und das Geld für allgemeine Einkäufe verpufft.[23]

[...]


[1] Vgl. ÖFSE, Österreichische Forschungsstiftung für Internationale Entwicklungszusammenarbeit (12. Oktober 2011), S. 5

[2] Vgl. Rostock, S. in Germanwatch (23. Juni 2008), S. 33

[3] Vgl. Seibel, H. (2011), S. 4

[4] Vgl. Felder-Kuzu, N. (2008), S. 21 f

[5] Vgl. Rostock, S. in Germanwatch (23. Juni 2008), S. 33

[6] Vgl. Pichler, B. (2009), S. 12

[7] Vgl. Heindl, G. in Fischer, M.; Schrems, I. (2008), S. 135

[8] Vgl. Der Freitag, URL: http://www.freitag.de/autoren/der-freitag/mikrokredit-in-misskredit

[9] Vgl. Bauer, V. (2009), S. 36

[10] Vgl. Oiko Credit, URL: http://oikocreditusa.org/double-bottom-line

[11] Vgl. Armendáriz, B.; Morduch, J. (2005), S. 5

[12] Ausführlicher: Van Huijstee, M. (2010)

[13] Vgl. Lazard Asset Management (2007), S. 6 ff

[14] Vgl. Bauer, V. (2009), S. 29 f

[15] Vgl. Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (August 2013)

[16] Vgl. Klas, G. (2011), S. 23

[17] Zitat in Klas, G. (2011), S. 23

[18] Ausführlicher: responsAbility (2012)

[19] Vgl. mwN. Bauer, V. (2009), S. 22 ff

[20] Vgl. mwN. Klas, G. (2011), S. 28

[21] Vgl. Bateman, M.; Chang, H., S. 23 ff

[22] Vgl. Swanson, B. in Sundaresan, S. (2008), S. 25 ff

[23] Vgl. Nilges, T. (2005), S. 31

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Mikrokredite. Die Vorteile, Nachteile und Risiken
Note
1 (sehr gut)
Autor
Jahr
2013
Seiten
15
Katalognummer
V367629
ISBN (eBook)
9783668460133
ISBN (Buch)
9783668460140
Dateigröße
493 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
mikrokredite, vorteile, nachteile, risiken
Arbeit zitieren
Bernhard Pichler (Autor:in), 2013, Mikrokredite. Die Vorteile, Nachteile und Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367629

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Mikrokredite. Die Vorteile, Nachteile und Risiken



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden