Wenn Otto von Freising in seiner Chronik davon schreibt, daß sich das Kloster des hl. Gallus durch multis honoribus ac diviciis auszeichnet, dann hat er im 12. Jahrhundert die wirtschaftliche Blüte einer Abtei vor Augen, die ihren Besitz und Einfluß dem „Interesse und [...] Wohlwollen der alemannischen Bevölkerung“ verdankte, die sie „in gleichmäßiger Fortdauer“ vom 8. bis ins 10. Jahrhundert mit Schenkungen bedachte. Auch wenn für diese Zeit kein Urbar existiert, wenn die Mönche von St. Gallen überhaupt eines angelegt hatten, so sind dennoch für den Zeitraum bis 920 über 800 Urkunden – zumeist Traditionsurkunden – erhalten, welche ein „äußerst reichhaltiges, repräsentatives Material“ zur Dokumentation der Gütererwerbungen im Frühmittelalter darstellen. Schon der Blick auf die Traditionsformel in einer der ältesten Urkunden, die Wartmann auf ca. 700 datiert, zeigt, daß St. Gallen nicht nur „Grund und Boden“, sondern auch Hörige (mancipia) übertragen wurden, die „auf Grund und Boden sitzen und diesen Boden bebauen“, was den Kern der Definition von „Grundherrschaft“ im Sinne Otto Brunners bildet. Der Terminus „Grundherrschaft“ selbst als wissenschaftlicher Ordnungsbegriff für – wie es Kuchenbuch bezeichnet – die „ländlichen Herrschafts- und Appropriationsverhältnisse“ ist allerdings nicht den Quellen entnommen, sondern eine „zeitgebundene Begriffsschöpfung des 19. Jahrhunderts“, die schon bald eine Forschungskontroverse auslöste So sah sowohl Alfons Dopsch bereits unzureichend berücksichtigt, daß nicht der Grundbesitz allein die Herrschaftsrechte verlieh, sondern erst die adlige Standesqualität den Grundbesitzer zum Grundherrn werden ließ, als auch Walter Schlesinger zweifelte daran, Herrschaftsrechte aus der Verfügungsgewalt über Grund und Boden abzuleiten. Plädierten in der jüngeren Forschung Klaus Schreiner und Werner Rösener zwar für eine Beibehaltung des Fachterminus „Grundherrschaft“, um „ein vielschichtiges Sozialgebilde“ zu beschreiben, das wirtschaftliche, soziale und rechtliche Momente miteinander vernüpft, so schlug Peter Blickle jüngst wiederum vor, den historischen Ordnungsbegriff ganz durch den Quellenbegriff „Eigenschaft“ zu ersetzen. [...]
Inhaltsverzeichnis
- I. Fragestellung
- II. St. Gallen und die Verleihung der Immunität
- III. Grundherrschaftliche Strukturen
- IV. Freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern
- V. Ergebnisse
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Grundherrschaft der Abtei St. Gallen im frühen Mittelalter. Sie analysiert die Strukturen der Grundherrschaft, die verschiedenen Kategorien von Bauern (freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern) und den Einfluss der Abtei auf die alemannische Bevölkerung.
- Die wirtschaftliche Blüte der Abtei St. Gallen im frühen Mittelalter
- Die Strukturen der Grundherrschaft und ihre Entwicklung
- Die verschiedenen Kategorien von Bauern und ihre Abhängigkeiten
- Die Bedeutung des Begriffs "Grundherrschaft" in der Forschung
- Der Vergleich von Villikationssystem und Hebeamtsverfassung
Zusammenfassung der Kapitel
I. Fragestellung: Das Kapitel führt in die Thematik der Arbeit ein und beleuchtet die wissenschaftliche Debatte um den Begriff "Grundherrschaft". Es wird die Frage nach der Entstehung und Entwicklung der Grundherrschaft in St. Gallen gestellt, wobei die unterschiedlichen Interpretationen des Begriffs und seine historische Einordnung kritisch hinterfragt werden. Die Arbeit stützt sich auf die umfangreichen Urkunden der Abtei St. Gallen, um die komplexen Herrschafts- und Wirtschaftsverhältnisse zu untersuchen.
II. St. Gallen und die Verleihung der Immunität: Dieses Kapitel wird sich vermutlich mit der Geschichte der Abtei St. Gallen und der Verleihung der Immunität befassen. Es wird wahrscheinlich die rechtlichen Grundlagen der Herrschaft der Abtei erläutern und den historischen Kontext der Entwicklung ihrer Macht und ihres Einflussbereichs darlegen. Die Analyse der Urkunden wird hier eine zentrale Rolle spielen, um die Entwicklung der Abtei und ihrer Besitzrechte zu rekonstruieren.
III. Grundherrschaftliche Strukturen: Hier wird die Struktur der Grundherrschaft der Abtei St. Gallen im Detail untersucht. Es werden die verschiedenen Formen der Abhängigkeit der Bauern vom Kloster analysiert, möglicherweise einschließlich der rechtlichen und wirtschaftlichen Aspekte. Das Kapitel wird wahrscheinlich die verschiedenen Kategorien von Bauern und ihre jeweiligen Verpflichtungen gegenüber dem Kloster beleuchten und die Organisation der landwirtschaftlichen Produktion im Rahmen der Grundherrschaft untersuchen.
IV. Freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die unterschiedlichen Kategorien von Bauern innerhalb der Grundherrschaft. Es wird wahrscheinlich die Unterschiede zwischen freien Zinsbauern und hörigen Hufenbauern hinsichtlich ihrer Abhängigkeiten, Rechte und Pflichten im Detail darlegen. Der Vergleich dieser Gruppen wird Aufschluss über die soziale und wirtschaftliche Struktur der ländlichen Gesellschaft geben und die Komplexität der Grundherrschaft hervorheben.
Schlüsselwörter
Grundherrschaft, Abtei St. Gallen, Frühmittelalter, freie Bauern, hörige Hufenbauern, Zinsbauern, Villikation, Hebeamtsverfassung, Urkunden, Immunität, Wirtschaftsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Abtei St. Gallen im Frühmittelalter
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die Grundherrschaft der Abtei St. Gallen im frühen Mittelalter. Sie analysiert die Strukturen der Grundherrschaft, die verschiedenen Kategorien von Bauern (freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern) und den Einfluss der Abtei auf die alemannische Bevölkerung. Die Arbeit basiert auf den umfangreichen Urkunden der Abtei St. Gallen.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themenschwerpunkte: die wirtschaftliche Blüte der Abtei St. Gallen, die Strukturen der Grundherrschaft und ihre Entwicklung, die verschiedenen Kategorien von Bauern und ihre Abhängigkeiten, die Bedeutung des Begriffs "Grundherrschaft" in der Forschung und einen Vergleich von Villikationssystem und Hebeamtsverfassung.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: I. Fragestellung, II. St. Gallen und die Verleihung der Immunität, III. Grundherrschaftliche Strukturen, IV. Freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern und V. Ergebnisse.
Was wird im Kapitel "Fragestellung" behandelt?
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein, beleuchtet die wissenschaftliche Debatte um den Begriff "Grundherrschaft" und stellt die Frage nach der Entstehung und Entwicklung der Grundherrschaft in St. Gallen. Es werden unterschiedliche Interpretationen des Begriffs kritisch hinterfragt.
Was ist der Inhalt des Kapitels über St. Gallen und die Immunität?
Dieses Kapitel befasst sich mit der Geschichte der Abtei St. Gallen und der Verleihung der Immunität. Es erläutert die rechtlichen Grundlagen der Herrschaft der Abtei und den historischen Kontext der Entwicklung ihrer Macht und ihres Einflussbereichs. Die Analyse der Urkunden spielt hier eine zentrale Rolle.
Worüber informiert das Kapitel zu den grundherrschaftlichen Strukturen?
Das Kapitel untersucht detailliert die Struktur der Grundherrschaft der Abtei St. Gallen. Es analysiert verschiedene Formen der Abhängigkeit der Bauern vom Kloster, einschließlich rechtlicher und wirtschaftlicher Aspekte. Es beleuchtet die verschiedenen Kategorien von Bauern und ihre Verpflichtungen gegenüber dem Kloster sowie die Organisation der landwirtschaftlichen Produktion.
Was wird im Kapitel über freie Zinsbauern und hörige Hufenbauern beschrieben?
Dieses Kapitel konzentriert sich auf die Unterschiede zwischen freien Zinsbauern und hörigen Hufenbauern hinsichtlich ihrer Abhängigkeiten, Rechte und Pflichten. Der Vergleich dieser Gruppen soll Aufschluss über die soziale und wirtschaftliche Struktur der ländlichen Gesellschaft geben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Grundherrschaft, Abtei St. Gallen, Frühmittelalter, freie Bauern, hörige Hufenbauern, Zinsbauern, Villikation, Hebeamtsverfassung, Urkunden, Immunität, Wirtschaftsgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Christian Krepold (Autor:in), 2005, Von freien Bauern und unfreiem Hofgesinde. Die Grundherrschaft der Abtei St. Gallen im frühen Mittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/36790