Führt ein niedriger sozioökonomischer Status zu Adipositas bei Kindern und Jugendlichen?


Hausarbeit, 2017

29 Seiten, Note: 1.7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Zusammenfassung

2. Einleitung

3. Erklärung der Begriffe
3.1 Sozioökonomischer Status
3.2 Adipositas

4. Theoretische Grundlage: Bourdieus Konzept des Habitus und der Raum der Lebensstile

5. Präsentation von Studien
5.1 Die Kieler Adipositas-Präventionsstudie
5.1.1 Vorgehen
5.1.2 Ergebnisse
5.1.3 Diskussion
5.2 Are American children and adolescents of low socioeconomic status at increased risk of obesity?
5.2.1 Vorgehen
5.2.2 Ergebnisse
5.2.3 Diskussion

6 Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Zusammenhang sozioökonomischer Status (SES) und Gesundheitsstatus

Abbildung 2: Auftreten von Übergewicht/Adipositas unter Berücksichtigung verschiedener soziodemografischer Charakteristika und Charakteristika der Wohnbezirke

Abbildung 3: Soziale Unterschiede im Übergewicht und in der Adipositas

Abbildung 4: Lebensstilfaktoren bei 6- bis 14-Jährigen

Abbildung 5: Vergleich SES/Lebensmittelangebot/Verkehrsdichte

Abbildung 6: Sociodeomographic characteristics and anthropometric measures of US children and adolescents

Abbildung 7: Prevalence trends in the disparity of overweight in American children and adolescents (1971–2002) in the low-, medium-, and highsocioeconomic status (SES) groups

Abbildung 8: Variation in BMI explained by socioeconomic status (SES), sex, and ethnicity

1. Zusammenfassung

Diese Hausarbeit hat das Ziel, der Frage nach dem Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Status und Übergewicht bzw. Adipositas bei Kindern und Jugendlichen nachzugehen. Als theoretische Grundlage wird hierzu Bourdieus Habituskonzept verwendet, das besagt, dass übermittelte Werteinstellungen und Überzeugungen basierend auf der Verteilung von materiellem, kulturellem und sozialem Kapital zu unterschiedlichen Lebensstilen führen. Daraus folgt die Hypothese, dass der Habitus für das Gesundheitsverhalten verantwortlich ist, materielle Faktoren allein hingegen weniger. Bei der Analyse zweier Studien, die so einen Zusammenhang untersuchen, der deutschen Kieler Adipositas-Präventionsstudie (KOPS) aus dem Jahr 2010 und einer amerikanischen Studie von 1971 bis 2002 mit der gleichen Fragestellung, wird deutlich, dass das ökonomische Kapital allein tatsächlich wenig zur Assoziation von niedrigem SES und Adipositas beiträgt. Nur die Preise von gesunden Lebensmitteln oder Sportvereinen sind also nicht ausschlaggebend. Tatsächlich sind Lebensstilfaktoren wie ethnische Zugehörigkeit bzw. Nationalität, Wohnumgebung, Bildung der Eltern oder Lebensmittelangebot die Elemente, die eine größere Rolle spielen und somit vor allem Bestandteile des kulturellen Kapitals sind, die ein ungünstiges Gesundheitsverhalten bedingen.

2. Einleitung

Das Betrachten des Gemäldes „Die Geburt der Venus“ von Sandro Botticelli löst heute vermutlich andere Emotionen aus, als es im 15. Jahrhundert der Fall war. Die Zartheit, die der Kulisse und den Figuren innewohnt, die fließenden Gewänder, die ergreifende Romantik und Detailverliebtheit des Künstlers – das alles spürt man heute noch wie damals. Doch eines hat sich drastisch gewandelt: Das Schönheitsideal. Nicht zu übersehen ist die Korpulenz der abgebildeten Menschen und doch hat Botticelli seinerzeit geprägt, wie ein perfekter Körper auszusehen hat. Während damals die Venus also als makellos empfunden wurde, wundert man sich heute eher über die viel zu runden Proportionen (vgl. Kuhn 2015). Über den Grund des wandelnden Schönheitsideals ist man sich heute allerdings einig. Laut Gniech (2011: 202) ist Korpulenz in Zeiten der Nahrungsknappheit ein Zeichen von Reichtum. In den Industrie- und Wohlstandsgesellschaften jedoch, in denen ein Nahrungsmittelüberfluss herrscht, bedeutet das, dass man unkontrolliert lebt und ein Gesundheitsrisiko darstellt. Entsprechend basiert das Schönheitsideal heute auf einem Schlankheitskult, bei dem ein dünner Körper für Reichtum steht (vgl. Merta 2002: 200). Ob und wie Menschen, die von Armut betroffen sind, ein Ernährungsverhalten entwickeln, das ihnen nicht nur die Möglichkeit raubt, den Attraktivitätsnormen zu entsprechen, sondern auch noch mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen einher geht, ist Gegenstand dieser Arbeit. Um Missverständnisse und Unklarheiten zu vermeiden, werden zunächst die fachlichen Begriffe definiert. Nachfolgend wird anhand des Konzepts von Bourdieus Habitus die theoretische Basis des Einflusses des sozioökonomischen Status erläutert. Anschließend werden die Studien „Soziale Ungleichheit, Migrationshintergrund, Lebenswelten und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen“ und „Are American children and adolescents of low socioeconomic status at increased risk of obesity?“ vorgestellt. Die Konzentration liegt also vor allem auf adipösen Kindern und Jugendlichen. Zum Schluss folgt ein abschließendes Fazit über den Einfluss des sozioökonomischen Status auf die Entwicklung von Adipositas.

3. Erklärung der Begriffe

Um die Bedeutung der hier verwendeten Begriffe klar abzugrenzen, werden diese zunächst erläutert. Außerdem werden die Zusammenhänge zwischen den Elementen des sozioökonomischen Status und der Gesundheit allgemein näher beschrieben. Auf diese Weise soll das Verständnis der nachgehend vorgestellten Studien erleichtert werden.

3.1 Sozioökonomischer Status

Der sozioökonomische Status ist der wichtigste gesellschaftliche Faktor für das Gesundheitsverhalten und den Gesundheitsstatus. Entsprechend ist er ein zentrales Element in Forschungsarbeiten und –studien. Er drückt die individuelle Position in einem durch soziale Ungleichheit gekennzeichneten Gesellschaftsgefüge aus. Von sozialer Ungleichheit spricht man, wenn diese individuellen Positionen regelmäßig mit sozialen Vor- und Nachteilen einhergehen. Die Vor- und Nachteile beziehen sich auf die Verfügung über knappe und allgemein hoch bewertete Güter wie Einkommen, Vermögen, Macht, Sozialprestige, Bildung oder Wissen und ungleicher Zugangswege zu diesen. Die divergente Verfügung über wertvolle Güter hat zur Folge, dass nicht nur verschiedene Lebensbedingungen entstehen, sondern auch Einstellungen, Werthaltungen und Verhaltensgewohnheiten der Menschen (vgl. Lampert und Kroll 2009: 309ff).

Der sozioökonomische Status wird als Bestimmungs- bzw. Zuordnungskriterium der Schichtzugehörigkeit verwendet. So kann in Unter-, Mittel- und Oberschicht unterteilt werden. Die drei wichtigsten Elemente dieses Faktors sind die Bildung, der Berufsstatus und das Einkommen. Da es aber viele verschiedene Möglichkeiten gibt, diese zu erfassen, ist ein unmittelbarer Vergleich der Forschungsergebnisse eventuell nicht möglich. Alle drei Elemente haben direkten Einfluss auf die Gesundheit. An Bildung knüpfen nämlich Einstellungen, Überzeugungen und Kompetenzen und diese beeinflussen das gesundheitsrelevante Verhalten, worunter auch die Essgewohnheiten zählen, die Bewältigung von Stressbelastungen sowie vorhandenen Gesundheitsproblemen. Durch Unterschiede im Berufsstatus entstehen Differenzen in gesundheitlichen Belastungen und Risiken am Arbeitsplatz, gleichzeitig aber auch in Entwicklungs- und Gratifikationsmöglichkeiten, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken könnten. Das Einkommen, das den finanziellen Spielraum, den materiellen Lebensstandard und die soziale Sicherung definiert, beeinflusst die Gesundheit ebenfalls (vgl. Lampert und Kroll 2009: 309ff).

Interessant am sozioökonomischen Status (SES) ist, dass jeder Aufstieg bei ihm auch einen Aufstieg im Gesundheitsstatus bedeutet. Dieser Zusammenhang wird in der Kurve in Abbildung 1 deutlich. Das bedeutet also, dass theoretisch jede emporgekommene Stufe der SES-Skala eine Verbesserung des Gesundheitsstatus mit sich bringt. Man nennt das auch „sozialer Gradient“ in der Gesundheit. Die Ungleichheit betrifft insofern alle Gruppen in der Bevölkerung (vgl. Hurrelmann und Richter 2013: 37f.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zusammenhang sozioökonomischer Status (SES) und Gesundheitsstatus

Der Zusammenhang ist jedoch nicht linear. Im oberen Segment der SES-Skala tritt ein „Sättigungseffekt“ ein, da die Verbesserungen im Gesundheitsstatus im höheren Bereich immer kleiner werden (vgl. Hurrelmann und Richter 2013: 37f.).

3.2 Adipositas

Ein zentraler Grund für die Gewichtszunahme, die zu Übergewicht bzw. zu Adipositas führt, ist das Prinzip der „positiven Energiebilanz“, das besagt das eine Unausgeglichenheit zwischen Energie- bzw. Nahrungsbedarf und tatsächlicher Nahrungszufuhr besteht. Diese entsteht durch ein falsches Ernährungsverhalten, das durch eine zu hohe Zufuhr von Kalorien gekennzeichnet ist (vgl. Pudel und Westenhöfer 2003: 134f.).

Die Basis der medizinischen Diagnostizierung von Übergewicht und Adipositas ist der Body-Mass-Index (BMI). Dieser lässt sich folgendermaßen berechnen: Körpergewicht (kg) geteilt durch die Körpergröße zum Quadrat (m2). Ein Wert zwischen 25 und 30 wird als Übergewicht (Adipositas Grad I) und ein Wert zwischen 30 und 40 als Adipositas (Adipositas Grad II) bezeichnet. Beträgt der Wert mehr als 40, spricht man von extremer Adipositas (Adipositas Grad III) (vgl. Pudel und Westenhöfer 2003: 124f.).

4. Theoretische Grundlage: Bourdieus Konzept des Habitus und der Raum der Lebensstile

Um dem Einfluss des sozioökonomischen Status auf das Ernährungsverhalten eine theoretische Erklärung darzubieten, wird Bourdieus Konzept des Habitus und der Raum der Lebensstile näher erläutert.

Bourdieu beginnt die Einleitung seiner Theorie zum Habitus und zum Raum der Lebensstile mit einer Erklärung des sozialen Raums, der analog einer Landkarte Gruppierungen in der Gesellschaft repräsentiert. In den Räumen herrschen vielfältige Wechselbeziehungen, die in ihrer Gesamtheit nicht wahrnehmbar sind. Jeder Raum ist geprägt von einem Habitus. Der Habitus erzeugt objektiv klassifizierbare Formen von Praxis und klassifiziert diese Formen, was bedeutet, dass er die Praxisformen nicht nur hervorbringt, sondern auch unterscheidet und bewertet. Er trägt also zu Merkmalen der sozioökonomischen Lage bei und erschafft so ein System distinktiver Zeichen, wodurch der Lebensstil einer Gruppe oder Klasse von anderen unterschieden werden kann. Die unterschiedlichen Formen des Habitus werden durch die verschiedenen Existenzbedingungen, die je nach Klasse existieren, hervorgebracht. Das Besondere am Habitus jedoch ist, dass er nicht nur strukturiert, er ist auch strukturiert durch die Teilung in logische bzw. soziale Klassen. Jede soziale Klasse bzw. Lage ist definiert durch ihre inneren Eigenschaften und Merkmale und die Gesamtheit dessen, was sie nicht ist, insbesondere aber in dem ihr Gegensätzlichem. Die soziale Identität bekommt so durch ihre eigenen und die relationalen Merkmale Kontur und bestätigt sich in ihrer Differenz. Die Grundlage dieser strukturierenden und strukturierten Differenzierung beruht auf der Dialektik der sozialen Lage und dem Habitus, da die strukturierten Produkte derselben strukturierenden Struktur entstammen, die sie wiederrum mit der gleichen speziellen Logik strukturieren, mit der sie erschaffen wurden. Dies führt auch dazu, dass sich die Angehörigen einer Klasse nicht erst über den Habitus einigen müssen. Beispiele, die den Lebensstil, der ja aus Präferenzen besteht, die der Logik eines bestimmten Habitus folgen, formen, sind Bücher, Autos, Kleidung, Sport oder kulturelle Praktiken und entsprechend auch das Ernährungsverhalten, das Gegenstand dieser Arbeit ist (vgl. Bourdieu 1982: 277ff.).

Dieser bedingten Strukturierung basierend auf den unterschiedlichen Existenzbedingungen wohnt eine differenzierte Verfügung über Kapitalsorten inne. Bourdieu unterscheidet drei: Das ökonomische, das kulturelle und das soziale Kapital. Das ökonomische Kapital meint materiellen Besitztum, also besonders Geld. Das soziale Kapital umfasst vor allem Netzwerke und die sich dort befindenden Kontakte. Das kulturelle Kapital wird unterteilt in das inkorporierte, das primär den Habitus beinhaltet, das institutionalisierte, das in erster Linie Bildungsabschlüsse, aber auch Zertifikate und ähnliches involviert und in das objektivierte, das ebenfalls physisch greifbar ist und zum Beispiel aus Büchern oder Gemälden bestehen kann. Wichtig beim objektivierten kulturellen Kapital ist aber nicht der Besitz der Gegenstände, sondern das Wissen darum (vgl. Bourdieu 2012: 239ff).

Aus dieser theoretischen Grundlage lässt sich schließen, dass sozial schwache Familien wahrscheinlich aufgrund der geringeren Kapitalausstattung einen Habitus aufweisen, der ein schlechteres bzw. geringeres Gesundheitsbewusstsein bedingt. Besonders das mangelnde kulturelle Kapital führt vermutlich zu einem Lebensstil, der eher ungesunde Ernährung und wenig Sport beinhaltet, wodurch das Risiko, Adipositas zu entwickeln, zunimmt.

Speziell bei der kindlichen Sozialisation spielt die elterliche Bildung auch deshalb eine zentrale Rolle, da in der Familie über den Erziehungsstil und die Vorbildfunktion der Eltern schichtspezifische Werte, Einstellungen und Überzeugungen vermittelt werden, die auch für die Gesundheit und das Gesundheitsverhalten in jungen Jahren von Bedeutung sind (vgl. Lampert et al. 2010: 49). Ist der Habitus der Eltern also gesundheitsunbewusst, wird das auch an die Kinder weitergegeben.

Basierend auf diesen Überlegungen wurde die Auswahl der nachfolgend vorgestellten Studien so selektiert, dass auch der Lebensstil in einer bestimmten Form enthalten ist.

5. Präsentation von Studien

Um die Fragestellung dieser Hausarbeit auf wissenschaftlicher Basis zu untersuchen, werden zwei verschiedene Studien präsentiert: Die deutsche Studie „Soziale Ungleichheit, Migrationshintergrund, Lebenswelten und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen“ von der Kieler Adipositas-Präventionsstudie aus dem Jahr 2010 und „Are American children and adolescents of low socioeconomic status at increased risk of obesity?“ von Youfa Wang und Qi Zhang aus dem Jahr 2006.

5.1 Die Kieler Adipositas-Präventionsstudie

Die Kieler Adipositas-Präventionsstudie (KOPS) wurde im Jahr 2010 durchgeführt. Insgesamt haben 15.678 Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 14 Jahren an der Studie teilgenommen. Untersucht wurden soziale Ungleichheit, Migrationshintergrund, Lebenswelten und Übergewicht bei Kindern und Jugendlichen.

5.1.1 Vorgehen

Für die KOPS wurden drei Querschnittsuntersuchungen, jeweils über einen Zeitraum von sechs Jahren, und eine vierte Querschnittstudie zwischen 2007 und 2008 durchgeführt. In der ersten Querschnittstudie (1996 bis 2001) wurden Sechsjährige, während der zweiten Querschnittstudie (2000 bis 2005) Zehnjährige, während der dritten Querschnittstudie (2004 bis 2010) 14-Jährige und während der vierten Querschnittstudie (2007 bis 2008) wieder Sechsjährige untersucht, um etwaige Kohorteneffekte aufzudecken. Die Repräsentativität der verschiedenen Studienpopulationen war gewährleistet. Zunächst wurde das Gewicht der Kinder, danach ihre Körpergröße erfasst, um so das BMI zu ermitteln. Anschließend wurde der soziale Status anhand der Schulbildung der Eltern bestimmt, sowie das monatliche Haushaltseinkommen, die Berufsausbildung und Familiensituation (alleinerziehend oder nicht), der Wohnraum pro Person und die Nationalität ermittelt. Es folgte die Bestimmung des sozialen Niveaus der 30 Kieler Wohnbezirke durch offizielle Angaben der Stadt. Dabei wurden die Mittelwerte der Arbeitslosenzahlen und Ausländeranteile aus den Jahren 1998 bis 2001 und die Sozialhilfedichte aus dem Jahr 2000 übernommen. Aus der Summe der Mittelwerte der drei sozialen Parameter aller Wohnbezirke wurden Quartile für jeden Parameter gebildet, die, sofern mindestens zwei im unteren bzw. oberen Bereich lagen, ausschlaggebend waren für ein hohes bzw. niedriges soziales Niveau. Das Lebensmittelangebot wurde über die Anzahl von Supermärkten, Bäckereien, Imbissen, Kiosken, Fast-Food-Restaurants und Tankstellen in allen Wohnbezirken erfasst. Die Anzahl der Einkaufsmöglichkeiten wurde addiert. Um aufzuzeigen, wo das Lebensmittelangebot eher ungesund war, wurden Lebensmittelanbieter, die einen hohen Anteil ungünstiger Lebensmittel hatten, doppelt gewichtet. Die Anzahl der Lebensmittelanbieter wurde dann zur Einwohnerzahl des jeweiligen Stadtteils ins Verhältnis gesetzt. Wohnbezirke im oberen Terzil (ab 2,61 Lebensmittelangebote pro 1000 Einwohner) wurden als Bezirke mit einem hohen (bzw. eher ungesunden) und Wohnbezirke im unteren Terzil (unter 1,82 Lebensmittelangebote pro 1000 Einwohner) als Bezirke mit einem niedrigen (bzw. eher gesunden) Lebensmittelangebot definiert. Außerdem wurde die Verkehrsdichte über die Anzahl der Fahrzeuge am Tag an verschiedenen Messpunkten in allen Wohnbezirken der Stadt Kiel erfasst. Die Summe aller Fahrzeuge pro Wohnbezirk wurde durch die Summe aller Messpunkte eines Stadtteils dividiert und auf die Fläche des Wohnbezirks bezogen. Lag die KFZ-Rate unter 9,50 Kraftfahrzeugen pro Tag pro ha, bekam der Stadtteil eine niedrige, bei über 34,76 Kraftfahrzeugen pro Tag pro ha eine hohe Verkehrsdichte. Um den Lebensstil zu erfassen, wurde die körperliche Aktivität anhand einer Mitgliedschaft der Kinder und Jugendlichen in einem Sportverein (ja/nein) beurteilt, sowie die Medienzeit (niedrige Medienzeit: unter 1 h/Tag, mittlere Medienzeit: zwischen 1 und 3 h/Tag, hohe Medienzeit: über 3 h/Tag) und die Ernährung erfragt. Um das Ernährungsmuster abzubilden, wurden Vollkorngetreideprodukte, Obst, Gemüse und Milchprodukte als „gesunde“ und Weißbrot, Fleisch, Fleischprodukte, Limonaden, Fast Food und „Naschies“ (z.B. Süßigkeiten, salziges Gebäck, Nuss-Nugat-Creme) als „ungesunde“ Lebensmittel bzw. -gruppen zusammengefasst. Verzehrten die Kinder und Jugendlichen über 3 „gesunde“ und gleichzeitig unter 3 „ungesunde“ Lebensmittel/-gruppen täglich oder mehrmals pro Woche, so wurde das Ernährungsmuster als günstig eingestuft. Bei unter 3 „gesunden“ und über 3 „ungesunden“ Lebensmittel/-gruppen täglich oder mehrmals pro Woche entsprach dies einem „ungünstigen“ Ernährungsverhalten. Alle anderen möglichen Kombinationen ergaben ein „befriedigendes“ Ernährungsmuster. Der Lebensstil insgesamt wurde aus den Variablen „körperliche Aktivität“, „Medienzeit“ und „Ernährung“ zusammen gebildet. Ein Kind, das zum Beispiel kein Mitglied im Sportverein war, eine Medienzeit über 3 Stunden pro Tag hatte und ein „ungesundes“ Ernährungsmuster zeigte, hatte einen „ungünstigen“ Lebensstil. Ein Kind, das hingegen nicht nur Mitglied in einem Sportverein war, sondern gleichzeitig auch eine kurze Medienzeit (≤1 h/Tag) sowie ein „gesundes“ Ernährungsmuster aufwies, hatte einen „günstigen“ Lebensstil. Alle übrigen Kombinationen wurden als „mittel“ eingestuft (vgl. Lange et. al 2010: 707ff.).

[...]


Hurrelmann und Richter 2013, S. 38.

Ende der Leseprobe aus 29 Seiten

Details

Titel
Führt ein niedriger sozioökonomischer Status zu Adipositas bei Kindern und Jugendlichen?
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Soziologie)
Veranstaltung
Gesundheitssoziologie
Note
1.7
Autor
Jahr
2017
Seiten
29
Katalognummer
V367928
ISBN (eBook)
9783668463295
ISBN (Buch)
9783668463301
Dateigröße
2679 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Adipositas Kinder Jugendliche sozioökonomischer Status
Arbeit zitieren
Inga Müller (Autor:in), 2017, Führt ein niedriger sozioökonomischer Status zu Adipositas bei Kindern und Jugendlichen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367928

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