Belastet die Zuwanderung die öffentlichen Haushalte in Deutschland? Eine kritische Betrachtung und Analyse


Hausarbeit (Hauptseminar), 2016

23 Seiten, Note: 2.0

N. Hirth (Autor:in)


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1.. Einleitung

2 Die fiskalischen Effekte der Einwanderer auf den deutschen Staatshaushalt

3. Vergleich der Nettosteuerzahlungen von Einheimischen und Einwanderern

4. Nettofinanzierungsbeiträge ausländischer Generationen und ihrer Nachkommen

5. kontroverse Standpunkte zu den Migrationskosten

6. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

„Einwanderung verursacht dem deutschen Staat mehr Kosten als Einnahmen (Stern, 29.12.14).“ Damit zitierte der Stern den Nationalökonomen Hans Werner Sinn, der der 2014 erschienenen Studie von Holger Bonin „Der Beitrag von Ausländern und künftiger Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt“ widersprach. In dieser heißt es, dass rund 6,6 Millionen in Deutschland lebende Einwanderer insgesamt 22 Mrd. Euro mehr an den Staat zahlten als sie in Form von Transferleistungen zurückerhielten (Bonin, S.51).

Sinn teilt mit seiner Aussage die meist verbreiteten Bedenken der deutschen Gesellschaft, dass Einwanderer „Leistungen für nichts bekommen“ und „nicht ihren gerechten Anteil tragen“ (Bansak, 2015). Die Studie Bonins ist der Auslöser einer neuen, lebhaften wissenschaftlichen und öffentlichen Diskussion über die fiskalischen Effekte von Zuwanderung auf die öffentlichen Haushalte eines Aufnahmelandes. Diese Entwicklung ist insofern von wissenschaftlichem Interesse, als dass die Mechanik hinter den steuerlichen Auswirkungen der Einwanderung von politischen Entscheidungsträgern verstanden und der Gesellschaft näher gebracht werden kann. Was wiederum das Potenzial hat, die Einwanderungs- und Integrationspolitik gezielt zu gestalten und fiskalische Ungleichgewichte abzubauen.

Diese Hausarbeit setzt sich mit den fiskalischen Auswirkungen, die in Deutschland lebende Zuwanderer auf öffentliche Haushalte haben, auseinander.

Es ergeben sich hinsichtlich der Thematik folgende Forschungsfragen die von Bedeutung sind : Um wie viel schlechter ist die Nettozahlungsposition von Ausländern gegenüber den öffentlichen Haushalten im Vergleich zu den Deutschen? Belasten in Deutschland lebende Einwanderer die Staatsfinanzen, indem sie mehr staatliche Transfers in Anspruch nehmen, als sie selber an Steuern und Beiträgen zahlen? Und wie ändern sich die Nettofinanzierungsbeiträge auf langfristige Sicht, wenn das gesamte Leben eines Einwanderers inklusive seiner Nachkommen betrachtet werden?

Die wissenschaftliche Arbeit gliedert sich in 4 Abschnitte. Der erste Teil widmet sich der theoretischen Darstellung der fiskalischen Belastungen der Einwanderer auf den deutschen Staatshaushalt. Im Fokus des zweiten Kapitels werden mithilfe der Steuer-Transfer-Bilanz die Nettosteuerzahlungen von Einwanderern aufgezeigt. Im vierten Teil werden mithilfe der Generationenbilanzierung und dem dazugehörigem Konzept der Generationskonten die

Nettofinanzierungsbeiträge der ausländischen Generationen und ihrer Nachkommen berechnet und dargestellt. Anschließend werden im fünften Kapitel die kontroversen Standpunkte und unterschiedlichen Auffassungen zu den fiskalischen Berechnungen aus Bonins Studie (2014) betrachtet.

Unter 2. werden nun die theoretischen Grundlagen dargestellt, die zum Verständnis der nachfolgenden Beantwortung der Forschungsfragen notwendig sind.

2. Die fiskalischen Effekte der Einwanderer auf den deutschen Staatshaushalt

Im Folgenden soll ein Überblick zu den fiskalischen Effekten der Zuwanderer gegeben werden und die Kosten und Nutzen, den diese dem deutschen Staatshaushalt einbringen, erläutert werden.

Wenn in dieser Arbeit von Zuwanderern oder Einwanderern gesprochen wird bezieht sich dies auf die in Deutschland lebenden Einwanderer, die hier einen festen oder vorübergehenden Wohnsitz haben. Die zukünftige Zuwanderung wird hierbei nicht berücksichtigt, da beide Personengruppen unterschiedliche gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Fragen aufstellen (Bonin, 2014). Die nachfolgenden Untersuchungen zu den fiskalischen Beiträgen der schon im Land befindlichen Zuwanderer fokussieren sich auf die ausländische Wohnbevölkerung, genauer: die in Deutschland lebende Bevölkerung mit ausländischer Staatsbürgerschaft und ihre zukünftig geborenen Nachkommen (ebd.). Die verwendete Untersuchungsgruppe bildet nur einen Teil der in Deutschland lebenden Bevölkerung mit Migrationshintergrund und grenzt Personen mit ehemaliger ausländischer Staatsbürgerschaft, aus, da diese bei Durchschnittsbetrachtungen, wenig aussagekräftig sind.

Die fiskalische Position der ausländischen Wohnbevölkerung in Deutschland, die nach wie vor durch die in den 1960er- und 1970er- Jahren angeworbenen gering qualifizierten Gastarbeiter und deren Familien in der ersten und zweiten Generation geprägt wird, ist deutlich ungünstiger ist als bei der deutschen Bevölkerung(Bonin, S.51). Bis heute ist es nicht gelungen eine bessere wirtschaftliche Integration der Einwanderer zu gewährleisten, denn die um 10,8 % höhere Arbeitslosenquote dieser, bedeutet negative Nettobeiträge zum Sozialsicherungssystem. (Kirdar, 2010)

Für die Berechnung der steuerlichen Auswirkungen der Einwanderung müssen Ökonomen entscheiden welche Einnahmen und Ausgaben enthalten sein sollen und wie sie zu schätzen sind. Regierungstransfers und öffentlich finanzierte Dienstleistungen die Einwanderer erhalten, sind eindeutige Kosten, wogegen andere Dienstleistungen wie öffentliche Güter ungenauer zu quantifizieren sind (Bansak et. al. 2015, S.214). Auf der Kostenseite von Einwanderung der Regierung stehen die Transfers, wie staatlich geförderte Vorsorgeprogramme, Dienstleistungen der öffentlichen Bildung und des Gesundheitswesen.

Ebenfalls hinzu zählen: Kosten für integrationsbezogenen Service sowie berufsintegrierende Programme.

Auf der anderen Seite bringt die Einwanderung dem Staat auch Einnahmen: Viele Einwanderer zahlen an die Beschäftigung gebundene Steuern, wie Einkommens- und Lohnsteuern. Außerdem verhängen verschiedene Ebenen der Regierung auch zahlreiche an das Leben gebundene Steuern. Dies umfasst Verkaufssteuern, Eigentumssteuern, Mehrwertsteuern, Treibstoff-, Öl-, Tabak- und Verbrauchssteuern(ebd., S.214).

Ein interessanter Aspekt ist, dass verschiedene Annahmen darüber herrschen wie Einwanderung die Bereitstellung und Kosten der öffentlichen Güter beeinflusst (ebd., S.215). Für reine öffentliche Güter, wie nationale Sicherheit, kann Einwanderung die Kosten pro Kopf sogar senken, da die Fixkosten nun auf eine größere Bevölkerung verteilt sind. Dies ist bei ausschließbaren öffentlichen Gütern (Klubgütern) nicht der Fall. Klubgüter müssen in größerer Zahl ,als die Größe der Bevölkerungen steigt, zur Verfügung gestellt werden. Diese Güter werden durch Einwanderung überlastet, da mehr Menschen sie benutzen, so dass die Regierung mehr von ihnen zur Verfügung stellen muss. Beispiele dafür sind Straßen, Strafverfolgung und Arbeitsmarktprogramme (ebd., S. 215).

Die empirische Evidenz dieser Arbeit stützt sich auf die Erhebungen die die fiskalischen Kosten von der bestehenden Zuwanderung in Deutschland erfassen. Überwiegend wird dabei auf Schätzungen von Bansak (2015) und auf die dynamischen Methoden der Studie von Bonin (2014) Bezug genommen. Diese wissenschaftlichen Schätzungen und Studien eignen sich insofern für die Fragestellung als, dass sie eine umfassende Darstellung der fiskalischen Effekte von Zuwanderung bieten.

Zwei empirische Analysen, die sich auf den Zusammenhang von bestehender Einwanderung und ihre fiskalischen Kosten konzentrieren, stehen in dieser Hausarbeit im Fokus.

Die erste Analyse bezieht sich auf die Steuer-Transfer-Bilanz, diese eignet sich um herauszufinden um wie viel schlechter die Nettozahlungsposition von Einwanderern gegenüber den öffentlichen Haushalten im Vergleich zu den Einheimischen ist. Sie berechnet die aktuellen Finanzierungsbeiträge zum öffentlichen Haushalt indem die Nettosteuerzahlungen von Ausländern und Deutschen nach Altersstruktur gewichtet werden. Die zweite Analyse bezieht sich auf die Generationenbilanzierungsmethode und die Lebenszyklen von Einwanderern und die Auswirkungen ihrer Nachkommen. Sie wird verwendet um die Nettofinanzierungsbeiträge von Einwanderern und ihren Nachkommen messen zu können(Bansak et. al, 2015).

Die Kennzahlen der Untersuchung, von den im Land befindlichen Zuwanderern, beziehen sich auf das Jahr 2012.

3.Vergleich der Nettosteuerzahlungen von Einheimischen und Einwanderern

In diesem Gliederungspunkt soll die Frage beantwortet werden um wie viel schlechter die Nettozahlungsposition von Einwanderern gegenüber den öffentlichen Haushalten im Vergleich zu den Einheimischen ist.

Es ist methodisch sinnvoll, diese Betrachtung mithilfe der Steuer-Transfer-Bilanz zu berechnen. Diese berechnet die laufenden altersspezifischen Steuer-, Beitrags- und Transferzahlungen von Ausländern und Deutschen. Auf der einen Seite der Steuer­Transfer-Bilanz stehen die gezahlten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge pro Kopf und auf der anderen Seite die in Anspruch genommenen öffentlichen Sozialleistungen pro Kopf( Bonin, 2014, S.25). Im Folgenden wird explizit auf die Untersuchung von Holger Bonin aus seiner Studie im Jahr 2014 Bezug genommen: ,, Verknüpft man den durchschnittlichen altersspezifischen Wert der einzelnen Einnahme- und Ausgabeposten mit den gesamtstaatlichen Budgetgrößen für das Jahr 2012 ergeben sich die in der Abbildung gezeigten aktuellen Pro-Kopf-Nettosteuerzahlungen nach Alter und Nationalität.“ (ebd., S. 25)

Abbildung 1: Aktuelle Nettosteuerzahlungen von Deutschen und Ausländern nach Alter, Basisjahr 2012

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Bonin (2014), S. 26 (Berechnungen aus Studie: „Der Beitrag von Ausländern und zukünftiger

Zuwanderung zum deutschen Staatshaushalt“)

Bedeutend für die weitere Evidenz ist folgende Erklärung: „ Die Nettosteuerzahlung ist die Summe der gezahlten Steuern und Beiträge pro Kopf abzüglich der Summe der individuell zurechenbaren staatlichen Transferleistungen pro Kopf.“ (Bonin, S. 26)

Die Abbildung 1 zeigt die altersspezifischen Nettosteuerzahlungen von Deutschen und Ausländern. Bei den Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren zeigen sich nur sehr geringe Unterschiede. Danach wird deutlich, dass die Finanzierungsbeiträge der Ausländer deutlich zurückgehen. Erst ab 23 Jahren werden die Nettosteuerzahlungen der Ausländer wieder positiv, bei den Deutschen bereits ab 20 Jahren. Dieser Unterschied verdeutlicht auch den schwierigen Berufseinstieg und die bestehende Jugendarbeitslosigkeit. In der Mitte des Erwerbslebens sind die Finanzierungsbeiträge der Ausländer um 30-40 % niedriger als der gleichaltrigen Deutschen (Bonin, 2014). Gründe dafür sind niedrige Löhne, eine geringere Beschäftigungsquote sowie weniger Vermögen (ebd.).

Im Rentenalter sind die empfangenen Nettotransfers der Ausländer geringer. Das liegt daran, dass Ausländer in Deutschland durch das beitragsbezogene Rentensystem auch markant weniger Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten. Und dies wird nur teilweise durch die erheblich höhere Inanspruchnahme von Leistungen der sozialen Grundsicherung durch ältere Ausländer ausgeglichen (ebd.).

Dies lässt jedoch die Frage unbeantwortet welchen aktuellen Finanzierungsbeitrag die ausländische und deutsche Bevölkerung zu den öffentlichen Haushalten beiträgt. Um dies zu gewährleisten müssen die Nettosteuerzahlungen nach dem Alter mit der jeweiligen Altersstruktur der beiden Bevölkerungen gewichtet werden (ebd.). Hieraus ergibt sich ein eindeutiger Vorteil der ausländischen Bevölkerung. Denn im Bonin's berechneten Basisjahr gehörten nur 13% der Ausländer, aber 21,7 % der Deutschen,zu den älteren Jahrgängen bei denen die empfangenen Transfers größer waren als die gezahlten Steuern und Beiträge (ebd., S.27). Zeitgleich gab es 7,2 % mehr Ausländer mit positiv laufenden Nettosteuerzahlungen als Deutsche (ebd.).

Durch die Vorteile in der Altersstruktur steht die ausländische Bevölkerung beim laufenden Finanzierungsbeitrag zu den öffentlichen Haushalten deutlich besser da, als es das Altersprofil der Nettosteuerzahlungen darstellt(ebd.). Aus finanzieller Sicht leistete jede/r Deutsche im Basisjahr durchschnittlich Beitrag von 4000 Euro zu den öffentlichen Haushalten und bei den Ausländern 3300 Euro. Daraus ergibt sich zwar ein 16,4 % kleinerer Nettofinanzierungsbeitrag als der der Deutschen pro Kopf, es gilt aber hervorzuheben, dass dieser sich klar im positiven Bereich bewegt (Bonin, S.27).

Somit lässt sich sagen, dass Ausländer zwar eine ungünstigere Nettozahlungsposition haben als Einheimische aber sie einen eindeutig positiven Beitrag zum Sozialtransfer leisten.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Belastet die Zuwanderung die öffentlichen Haushalte in Deutschland? Eine kritische Betrachtung und Analyse
Hochschule
Universität Hamburg  (Sozialökonomie)
Veranstaltung
Ökonomie und Migration
Note
2.0
Autor
Jahr
2016
Seiten
23
Katalognummer
V367968
ISBN (eBook)
9783668463875
ISBN (Buch)
9783668463882
Dateigröße
1113 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zuwanderung, Zuwanderung in Deutschland, Belastungen für öffentliche Haushalte, fiskalische Effekte von Einwanderern, Nettosteuerzahlungen, Migrationskosten, Kosten für deutsche Staatshaushalte, Beiträge ausländischer Generationen zum deutschen Staatshaushalt, Kosten der Einwanderung für deutschen Staathaushalt, Kritische Betrachtung der Einwanderung, Zuwanderungskosten, ausländische Wohnbevölkerung in Deutschland
Arbeit zitieren
N. Hirth (Autor:in), 2016, Belastet die Zuwanderung die öffentlichen Haushalte in Deutschland? Eine kritische Betrachtung und Analyse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/367968

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