Thomas Manns Werk zeichnet sich durch eine reflektierende Betrachtung seiner Umwelt aus. Er sieht sich als Literat in der Pflicht, die Ursachen der Dinge scharfsinnig aufzuspüren und somit in seiner Rolle des Künstlers gleichsam die des Kritikers zu erfüllen. In Thomas Manns kritischem Dichtertum paaren sich folglich Kunst und Erkenntnis, also Kunst und intellektuelles Durchschauen, kritisches Entlarven und Desillusionieren. Dies ist als Ursache dafür anzusehen, dass seine Werke oft analysierend kühl und sogar feindselig erscheinen, was ihm von verschiedenen Seiten immer wieder vorgeworfen wurde. In seinem Essay "Bilse und ich" von 1906 unternimmt Mann den Versuch einer Rechtfertigung seines durchschauenden Kritizismus‘, der lediglich den „Anschein von Feindseligkeit“ erwecke. Er weist darauf hin, dass der erkennende Künstler immer auch ein Leidender sei, der durch die Überwindung des Leidens zum Helden werde. Dieser Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden soll im Folgenden vor dem Hintergrund der Erzählungen "Tonio Kröger" und "Schwere Stunde" genauer beleuchtet werden.
Inhaltsverzeichnis
- Der Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden
- Tonio Kröger
- Erkenntnis und Leiden
- Erkenntnisekel
- Hamlet
- Schwere Stunde
- Schillers Leiden
- Pathos
- Schillers Selbstbild
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Essay untersucht den Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden in Thomas Manns Werken. Der Autor beleuchtet, wie die Fähigkeit des Künstlers, die Welt zu durchschauen, gleichzeitig zu einem inneren Leiden führt, da er sich vom Leben und der Natur distanziert.
- Die ambivalente Rolle des erkennenden Künstlers in Thomas Manns Werk
- Der Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden als zentrales Thema in "Tonio Kröger" und "Schwere Stunde"
- Der Begriff des "Erkenntnisekels" und seine Bedeutung für die Künstlerfigur
- Der Vergleich mit dem naiven Dichter, verkörpert durch Goethe, und dessen Einfluss auf den sentimentalischen Künstler
- Das Thema des "Pathos" als Überwindung des Leidens und die Entstehung von großer Kunst
Zusammenfassung der Kapitel
Der Essay beginnt mit der Analyse von Thomas Manns Essay "Bilse und ich", in dem er sein durchschauendes Kritizismus' rechtfertigt und die Verbindung zwischen Erkenntnis und Leiden beleuchtet. Anschließend wird die Erzählung "Tonio Kröger" untersucht, um die Rolle des erkennenden Künstlers im Mann'schen Frühwerk zu charakterisieren. Tonio Kröger stellt eine typische Künstlerfigur dar, die in ihrer bürgerlichen Umgebung eine passive Beobachter- und Außenseiterrolle einnimmt. Seine Erkenntnisgabe führt zu einem Überlegenheitsgefühl, aber auch zu innerer Qual und Vereinsamung.
Der Essay beleuchtet den Begriff des "Erkenntnisekels" und stellt den Zusammenhang mit Hamlet her. Der Künstler, der die Dinge durchschaut, stößt auf das "Chaos der Willensnatur der Welt", was zu einer Art Lebensekel führt. Der Essay geht dann auf Manns Erzählung "Schwere Stunde" ein, die den namenlosen Protagonisten, Friedrich Schiller, als sentimentalischen Dichter darstellt, der sich nach der "klaren Welt" seines naiven Dichterkollegen Goethe sehnt. Schillers Leiden entsteht durch seine reflektierende Erkenntnis, die ihn vom Schaffensprozess abhält.
Der Essay beschreibt Schillers "Pathos" als Überwindung des Leidens, durch das er das göttliche Schaffen und die heldenhafte Erkenntnis vereint. Der Essay stellt fest, dass Manns Ausführungen zum Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden in "Bilse und ich" durch die Analyse konkreter Textbeispiele verständlicher werden. Er betrachtet die Künstlerfiguren in "Tonio Kröger" und "Schwere Stunde" als Spiegelbilder seiner eigenen Künstlerpersönlichkeit, die an der Erkenntnis litt.
Schlüsselwörter
Die wichtigsten Schlüsselwörter und Themen des Essays sind: Erkenntnis, Leiden, Erkenntnisekel, Tonio Kröger, Schwere Stunde, Schiller, Goethe, naiver Dichter, sentimentalischer Dichter, Pathos, Kunst, Selbstreflexion.
- Quote paper
- Anonym (Author), 2013, Der Zusammenhang von Erkenntnis und Leiden. Zu Thomas Manns "Bilse und ich", "Tonio Kröger" und "Schwere Stunde", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369261