Der Handel mit afrikanischen Sklaven nach Arabien und Amerika vom 17. bis 19. Jahrhundert

Die juristische Aufarbeitung historischer Ereignisse


Seminararbeit, 2017

30 Seiten, Note: 16,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung

II. Definition

III. Historische Grundlagen
1. Sklaverei in den Vereinigten Staaten
1.1. Der Beginn des Sklavenhandels auf dem nordamerikanischen Festland
1.2. Die rechtliche Behandlung der schwarzen Bevölkerung im Wandel
1.3. Die englische Rechtsstruktur in Hinsicht auf die Sklaverei
1.4. Veränderung der schwarzen Population mit dem schwindenden Sklavenhandel
1.5. Abolitionismus in Nordamerika
1.5.1. Die Quäker im Kampf gegen die Sklaverei
1.5.2. William Lloyd Garrison und „The Liberator“
1.5.3. Der Sezessionskrieg als Ende der Sklaverei in Nordamerika
2. Sklaverei in Arabien
2.1. Die Einstellung des Islams zur Sklaverei
2.2. Der Sklavenhandel im Arabischen Meer
2.3. Über den Abolitionismus im arabischen Sklavenhandel
2.4. Die abolitionistischen Bewegungen in Europa als Anstoß für die Abschaffung der Sklaverei in Arabien

IV. Die Aufarbeitung und juristische Wiedergutmachung der Sklaverei
1. Die Wiedergutmachung des transatlantischen Sklavenhandels
2. Arten von Reparationen und deren Effizienz
3. Wiedergutmachung und heutige Betrachtungsweise der Sklaverei im arabischen Raum
3.1. Die heutige Sklaverei am Beispiel von Mauretanien
3.2. Islamische Tabuisierung des Themas Sklaverei

V. Fazit

VI. Literaturverzeichnis

I. Einleitung

Diese Seminararbeit befasst sich mit dem Handel afrikanischer Sklaven nach Arabien und Amerika vom 17. bis ins 19. Jahrhundert. Ziel der Arbeit ist es, die verschiedenen Arten juristischer Aufarbeitung und Wiedergutmachung zu erfassen. Die Problematik des Themas ergibt sich aus den großen kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Unterschieden zwischen der westlichen und der arabischen Sklaverei und deren jeweilige Abschaffung. Hierfür wird im Folgenden vorerst ein Versuch unternommen, den Begriff „Sklaverei“ zu definieren. Anschließend werden die historischen Grundlagen herausgearbeitet. Dabei kommt es zu der Trennung zwischen Arabien und Amerika. Außerdem werden neben der Entstehung des Sklavenhandels auch die abolitionistischen Strömungen und Erfolge beschrieben. Auf dieser Grundlage wird im dritten Teil auf die heutige Betrachtungsweise der Sklaverei und die verschiedenen Formen der Wiedergutmachung eingegangen. Hierbei soll das sehr umfangreiche Thema der Sklaverei durch die historischen Grundlagen verständlich gemacht werden, damit die Problematik der Wiedergutmachung und Reparationen erkannt und verstanden werden kann. Durch den Zeitraum von ungefähr 300 Jahren der in dieser Seminararbeit behandelt wird kann vor allem der Beginn des arabischen Sklavenhandels nur in Grundzügen aufgezeigt werden. Bei der Auswahl und der Anzahl der Quellen kann eine große Disproportionalität zwischen der Literatur, die sich mit der arabischen Sklaverei beschäftigt und den Werken, die auf eine Aufarbeitung der amerikanischen Sklaverei abzielen, erkannt werden. Aus diesem Grund sollen in dieser Abhandlung zwar die gegebenen Quellen genutzt werden, jedoch soll auch auf die Problematik einer unvollständigen Aufarbeitung der Sklaverei aufmerksam gemacht werden.

II. Definition

Es existiert keine allumfassende Definition des Begriffes Sklaverei.[1]

Michael Zeuske definiert Sklaverei als „ein[en] weltgeschichtliche[n] Typus der Geschichte der Gattung Mensch“[2], mit mehreren essentiellen Fixpunkten. In frühen Sklavereisituationen wurden vor allem Frauen, Mädchen und Kinder versklavt. Die wichtigsten Fixpunkte waren Schutz und Gewalt. Über tausende von Jahren waren Sklaven vor allem Schutzlose, ausgesetzte Kinder, Findelkinder, Überlebende feindlicher Gruppen in Konflikten, Besiegte, Verschleppte und Gefangene. Den Unterlegenen wird der Status der Unreinheit bzw. der Ungläubigen zugeschrieben, verbunden mit der Grundannahme, dass dieser Status in ihrem Blut, ihrer Herkunft oder durch ihre Hautfarbe erkennbar ist. Die Versklavten unterliegen der direkten Kontrolle von anderen Menschen, die Verfügungsgewalt über ihre Körper, ihr Leben, ihren Status, ihre Sexualität, ihren Tauschwert und ihre Arbeitskraft ausüben und ihren Körper als Kapital benutzen.[3]

Nach Aristoteles Werk „Politica“ besteht die Hauptaufgabe von Sklaven darin, die materiellen Notwendigkeiten, die das Leben ihrer Herren bereithält, zu verarbeiten. Dieses Verständnis prägte nicht nur die römische Sklaverei, sondern auch die frühmoderne und moderne Plantagensklaverei.[4]

Heutzutage wird der Begriff Sklaverei vor allem mit der Sklaverei der schwarzen Bevölkerung in den Vereinigten Staaten von Amerika verbunden. Viele wissen nicht, dass die Institution der Sklaverei eine der am meisten verbreiteten Institutionen in der Geschichte und gleichzeitig sehr vielschichtig ist. Fast jede Zivilisation kam mit einer Form der Sklaverei in Verbindung, egal ob in Nord- und Südamerika, Europa, Afrika, Asien oder Australien. So hatte jede heute lebende ethnische Gruppe Kontakt mit der Institution der Sklaverei. Zudem existiert Sklaverei an vielen Orten noch, es wird geschätzt, dass 20 – 30 Millionen Personen weltweit heute noch als versklavt gelten. Diese versklavten Arbeiter kommen von und werden versklavt in armen und wohlhabenden Nationen, auch wenn die Armen und politisch Enteigneten den Großteil der Versklavten in der heutigen Gesellschaft ausmachen. Auch Frauen und Kinder werden versklavt.[5] Heutige Formen der Sklaverei sind neben Kinderarbeit/-verkauf und der erzwungenen Prostitution auch die Vertrags-Knechtschaft, in welcher Unternehmen Menschen mit Arbeitsverträgen in entlegene Regionen locken, wo sie dann den Arbeitgebern hilflos ausgesetzt sind und in Unfreiheit fallen. Die weltweit wohl größte Form der heutigen Sklaverei ist die Schuldknechtschaft. Hier verpfänden sich Menschen selber, um mit einem Darlehen aus einer Notlage zu entkommen. Wenn Art und Dauer des Dienstes nicht genau fixiert sind, kann es zu einer lebenslangen Abhängigkeit kommen, welche sich sogar auf die Kinder ausweiten kann.[6]

Der römische Jurist Ulpian schrieb: „[d]ie Sklaverei setzen wir mit dem Tode gleich“. Diese Gleichsetzung von Sklaverei und Tod hat der Soziologe Orlando Patterson aufgegriffen, um das Wesen der Sklaverei darin zu beschreiben, dass „der Sklave – in seinem sozialen Tod – am Rande lebt: zwischen Gemeinschaft und Chaos, Leben und Tod, dem Heiligen und dem Profanen.“ Der Anthropologe Claude Meillassoux bezeichnet die Sklaven als „Nichtgeborene und Tote auf Bewährung“.[7] Ein Gegenargument zu Pattersons Beschreibung der Sklaverei könnte sein, dass im alten Rom viele Sklaven auch hochwertige Aufgaben wahrnehmen konnten und somit in die Gesellschaft als wichtiger Teil integriert waren. Mit dem „sozialen Tod“ ist aber die „institutionelle Marginalisierung[8] “ gemeint. Egon Flaig beschreibt dies drastisch: „Ein Wink ihres Herrn reduziert […] [den Sklaven] zum Nichts.“[9]

III. Historische Grundlagen

Im Folgenden wird die Sklaverei in den Vereinigten Staaten und die Sklaverei im arabischen Raum hinsichtlich der Entstehung und dem Ablauf des Sklavenhandels erörtert. Außerdem wird der Prozess der Abschaffung der Sklaverei in Amerika und Arabien beschrieben.

1. Sklaverei in den Vereinigten Staaten

1.1. Der Beginn des Sklavenhandels auf dem nordamerikanischen Festland

US-Amerikanischen Aufzeichnungen zufolge spielten die Niederländer eine frühe Rolle im Atlantischen Sklavenhandel. Kapitän John Smith schrieb in seinem Werk über die Geschichte Virginias, dass er Ende August 1619 zwanzig "Negars[10] “ von einem Niederländer erworben hatte. Bei dem niederländischen Schiff handelte es sich nicht um ein Sklavenschiff, sondern um ein Kaperschiff, welches die Sklaven von einem feindlichen Schiff erbeutet hatte und wegen benötigter Vorräte, in der Nähe von Jamestown verkaufte. Dieser Auszug aus dem Werk von John Smith gilt als erste Quelle, welche vom Sklavenhandel auf dem nordamerikanischen Festland spricht.[11]

Schon zwei Jahre später im Jahre 1621 wurde die „Dutch West Indian Company“ (WIC) geschaffen. Vorerst sprachen sich nur ein paar der Gesellschafter für den Einstieg in den Sklavenhandel aus. Nach Absprache der Leitung des WIC und mehreren Theologen einigte man sich vorerst darauf, dass der Handel mit Menschen moralisch nicht gerechtfertigt sei und die WIC deshalb nicht in den Handel einsteigen sollte. Dennoch akzeptierte ein Großteil der calvinistischen Theologen Sklaverei als legitime menschliche Institution. Diese Ansicht rechtfertigten sie mit dem sogenannten "Curse of Ham" (Fluch des Ham), welcher die schwarze Bevölkerung als die Nachkommenschaft des Ham titulierte (der Sohn des biblischen Noah), welcher seinen Vater entehrte und deshalb von Gott zu ewiger Knechtschaft verdammt wurde. Es war deshalb sehr wahrscheinlich, dass die WIC Leitung in der Auswahl ihrer calvinistischen Berater ökonomisch motiviert war und deshalb bestimmte Calvinisten auswählte, welche die Pläne der WIC unterstützen würden.[12]

Die Kolonisationsversuche (1625-1664) der Niederländer auf der Insel Manhattan und deren Umgebung (damals New Netherland) stellte sich jedoch als Misserfolg heraus. Der Hauptgrund hierfür war schließlich die zahlenmäßige Überlegenheit der anderen Europäer, vor allem Englisch sprechender Siedler, welche sich in der Kolonie durchgesetzt hatten.[13] Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die Kolonisten zunehmend abhängiger von der unfreien Arbeit, sodass sie begannen die Sklaverei durch Gesetzgebungen und Gerichtsentscheidungen in der Gesellschaft zu fixieren.[14]

1.2. Die rechtliche Behandlung der schwarzen Bevölkerung im Wandel

Zwar galten schon in den 1620er Jahren Afrikaner als unfrei, jedoch waren sie, als sie von den Kolonien erworben wurden keine Sklaven in der Form, in welcher Afrikaner später behandelt wurden. Größtenteils arbeiteten sie mit Europäern zusammen, welche als Schuldknechte in die Kolonien kamen und für ungefähr sieben Jahre arbeiten mussten, um die Kosten ihrer Überführung von England, Schottland, Wales, der Niederlanden oder andernorts aus Europa zu tilgen. Die Lebensbedingungen waren zu dieser Zeit für Europäer genauso brutal wie für die Afrikaner.[15]

Diese Behandlung veränderte sich zwischen 1630 und 1660 allmählich, als die Gerichte Virginias anfingen Verträge und Testamente zu bestätigen, welche die schwarze Dienerschaft durch den Kauf oder ein Vermächtnis lebenslang ("for life") banden. Zudem fingen die Gerichte an dunkelfarbige Menschen härter als hellhäutige Menschen zu bestrafen.[16] Dies zeigte sich 1640 in dem Fall des John Punch, einem schwarzen Schuldknecht („indentured servant“), welcher zusammen mit zwei weißen Schuldknechten vor deren Dienstherren („master“) flohen. Während die beiden weißen Flüchtlinge mit dem Auspeitschen und der Verlängerung ihrer Knechtschaft um vier Jahre bestraft wurden (dies war zu dieser Zeit die übliche Bestrafung für die Flucht vor dem Dienstherrn), ordnete das Gericht für den schwarzen Flüchtling an, dass dieser bis an sein Lebensende seinem Dienstherrn zur Knechtschaft verpflichtet sei. Für hellhäutige Menschen kam eine solche Bestrafung nie in Betracht.[17]

1680 schränkte ein weiteres Gesetz den Schutz der Sklaven zunehmend ein. Die Rechtshandlung, Aufständen durch schwarze Sklaven vorzubeugen („An act for preventing Negroes Insurrections“[18] ), legalisierte es, einen Sklaven, der vor seinem Herrn geflohen ist und sich an zweifelhaftem Orten versteckt hält („lye hid and lurking in obscure places“[19] ), zu töten. Ein Jahrzehnt später berechtigte der Gesetzgeber die Gerichtsvollzieher, dass diese „Sheriffs“ anweisen konnten, die entflohenen Sklaven zu erschießen oder anderweitig zu töten bzw. zu zerstören ([…] kill and destroy […] by gunn [!] or any otherwise whatsoever“[20] ). Dieses Gesetz reduzierte die Rechtsstellung von Sklaven auf die von wilden Tieren, welche von örtlichen Behörden ohne Anhörung oder Verfahren zerstört werden konnten. Durch diese beiden Satzungen übernahm Virginia einen der zentralen Aspekte des römischen Sklavenrechts, nämlich den, dass es kein Verbrechen sei einen Sklaven zu töten.[21]

1.3. Die englische Rechtsstruktur in Hinsicht auf die Sklaverei

Im Jahre 1705 wurde durch die „Virginia Slave Codes“ die Form des Sklavenbesitzes geregelt. Auswirkungen hatte dies vor allem in Fragen zur Erbschaft und Grundschuld, sowie in finanzieller Hinsicht.[22] Anders als andere Kolonien hatten die Engländer kein Gesetz zur Regelung der Sklaverei. Darüber hinaus sahen sie sich als Befreier der Sklaven und Indianer, die unter der Herrschaft der Spanier standen, als sie in Virginia ankamen. Obwohl Sklaverei als Art des Grundbesitzes und als Ausbeutung von Arbeitskräften nicht in der englischen Rechtsstruktur zu finden war, war es die königliche Familie, welche mit als Erste privates Geld in die „Royal Africa Company“ investierte und dadurch stark von der Sklaverei profitieren konnte. Weder das Parlament, die Krone, noch die Gerichte verabschiedeten ein Gesetz, welches die Sklaverei und den Handel mit Sklaven regelte, so wie es zum Beispiel König Ludwig XIV. 1685 mit dem „Code Noir“ tat. Stattdessen wurde das „Common Law“ (bürgerliches/allgemeines Recht) und das „Commercial Law“ (Handelsrecht) zur Regelung von Kaufverträgen und dem Überseetransport der Sklaven verwendet. Die Sklaverei in der britischen Kolonie wurde vor allem von örtlichen Regelungen beherrscht, die planlos von kolonialen Gesetzgebern und Gerichten erlassen wurden, welche auf bestimmte Geschehnisse und Fälle reagierten. Dies führte zunehmend zu einer komplizierten und undurchsichtigen Rechtsstruktur in den Kolonien und später in den Vereinigten Staaten.[23]

1.4. Veränderung der schwarzen Population mit dem schwindenden Sklavenhandel

Ab 1750 wurden nur noch wenige Sklaven nach Virginia verkauft. Dies war einerseits durch die zunehmend aufkommende Ablehnung der Sklaverei bedingt, ab 1773, als praktisch keine Sklaven mehr von Virginia gekauft wurden, jedoch vor allem durch den Abbruch des Handels mit den Briten aus politischen Gründen zu erklären. Der Hauptgrund war jedoch die Gebärfreudigkeit der schwarzen Virginier.[24] Von 1600 bis 1825 wurden etwa 360 000 schwarzafrikanische Sklaven ins britische Nordamerika importiert. Würde man nach dem karibischen Rhythmus in Hinsicht auf die Populationsentwicklung gehen, hätten um 1800 etwa 200 000 Sklaven leben müssen; tatsächlich waren es aber etwa eine Million und um 1860 sogar vier Millionen Sklaven. Erklären lässt sich dies dadurch, dass das Klima in Virginia und Nord/ South Carolina zuträglicher war als das karibische. Außerdem gab es kaum Zuckerplantagen; auf den Plantagen wurde zum Großteil Tabak, Kaffee, Reis und Baumwolle angebaut. Ein weiterer Grund für die Vermehrung der Sklavenpopulation waren kulturelle Faktoren, die Mitte des 18. Jahrhunderts wirkten: die Arbeits- und Lebensverhältnisse waren erheblich verbessert, so lebten die Sklaven überwiegend in aus Stein gebauten Hütten. Zudem war der Sonntag und bei manchen Plantagenbesitzern sogar der Samstag arbeitsfrei und zur Selbstversorgung gedacht.[25]

1.5. Abolitionismus in Nordamerika

Die Sklaverei existierte in Amerika für nahezu 250 Jahre bis es im Dezember 1865 mit der Ratifizierung des „Thirteenth Amendment“ endgültig abgeschafft wurde. All diese Jahre und ein Bürgerkrieg waren nötig die Sklaverei zu zerschlagen doch es gab während dieser Zeit viele Versuche von Sklaven diese zu zerschlagen. Dies stellte sich als eine große Herausforderung heraus: die Institution der Sklaverei wuchs stetig und dadurch, dass sie sich als sehr lukrativ erwies, wurde sie weitgehend unempfindlich gegen Widerstände von Seiten der Sklaven. Beispiele für Versuche die Sklaverei abzuschaffen bzw. bessere Lebensverhältnisse zu schaffen gibt es einige: die ersten elf Sklaven in New Amsterdam konnten zwar einen gewissen Grad an Freiheit für sich und ihre Frauen heraushandeln, es war jedoch nicht möglich diese Privilegien auf ihre Kinder auszuweiten. Im Jahre 1831 konnten Nat Turner und seine Gefolgsleute zwar einen Streik für die Freiheit beginnen, dieser wurde aber schnell zerschlagen und obwohl es im Folgenden Debatten in der virginischen Rechtsprechung über die Abschaffung der Sklaverei gab, wurde die Institution der Sklaverei durch die Gesetzgeber erhalten und der versklavten Bevölkerung wurden sogar noch härtere Beschränkungen auferlegt.[26] In den 1760er und 1770er Jahren versuchte die Englische Krone, verkörpert durch King George III. und dem Parlament, neue Steuern und Pflichten in den amerikanischen Kolonien einzuführen. Die koloniale Ablehnung dieser erreichte ihren Höhepunkt im Frühling 1775 mit dem Beginn des Unabhängigkeitskriegs, dessen Nachwirkungen die Sicht auf die Sklaverei zunehmend veränderte.[27] Angefangen im frühen 18. Jahrhundert sprachen sich erstmal Weiße, vor allem Quäker gegen die Sklaverei aus und gingen aktiv gegen diese vor. Die endgültige Abschaffung der Sklaverei wurde im 19. Jahrhundert erreicht, nachdem Afroamerikaner und Gruppen von hellhäutigen Menschen zusammen das System der Sklaverei auf moralischer Grundlage angriffen und die politische Macht der weißen Südstaatenbevölkerung bedrohten, die ihren Wohlstand, welcher größtenteils durch die Sklaverei erreicht wurde, zu schützen versuchte.[28]

1.5.1. Die Quäker im Kampf gegen die Sklaverei

Der Begriff „Quäker“ entstand im 17. Jahrhundert in einer Zeit von sozialen und politischen Revolutionen in England und hatte vorerst nichts mit dem friedlichen Bild, das später mit den Quäkern verbunden wurde, zu tun. Das Beschwören des angeblich bevorstehenden Untergangs eines englischen Babylons, die Ablehnung Abgaben zu zahlen und Schwüre zu leisten bis hin zur Anerkennung keines Königs bis auf Jesus, wurde um 1820 größtenteils überwunden und die Quäker hatten zudem ihren Frieden mit den Machthabern schließen können. Dies sollte sich aber mit dem Aufkommen der unmittelbaren Abschaffung der Sklaverei ändern und die Anhänger, die in früheren Zeiten durch die Ablehnung der geistlichen Obrigkeit gewonnen wurden, fanden sich nun in der Unterstützung der Abschaffung von Sklaverei.[29]

Zu den einflussreichsten Abolitionisten gehörte der Quäker Benjamin Lundy, der schon im frühen Alter die Wichtigkeit des Abolitionismus erkannte. Er war der Erste, der Anti-Sklaverei Zeitschriften herausbrachte, Anti-Sklaverei Vorträge hielt und Gesellschaften zu freier Arbeit ermutigte. 1824 konnte Lundy durch seine Ansprachen, welche die Nachteile der Sklaverei aufzeigten, alleine in North Carolina mindestens ein Dutzend Anti-Sklaverei Gesellschaften gründen. Während er im Sommer 1821 die Zeitschrift „Genius of Universal Emancipation“ herausbrachte, die erstmalig in Ohio, dann in Tennesse, Maryland, District of Columbia und schließlich in Philadelphia erschien, entwarf er seine Agenda gegen die Sklaverei, welche in einer Serie von sieben Artikeln Form annahm. Neben Lundy selbst, der sich 23 Jahre lang bis zu seinem Tod im Jahre 1839 engagierte, hat seine Zeitschrift, wohl mehr als jede andere Anti-Sklaverei Zeitung, die Sichtweise der Amerikaner auf die Sklaverei beeinflusst.[30]

1.5.2. William Lloyd Garrison und „The Liberator“

Im Gegensatz zu der vorwiegend graduellen Abschaffung der Sklaverei, die unter anderem von den Quäkern des frühen 19. Jahrhunderts vorangetrieben wurde, strebte William Lloyd Garrison eine unmittelbare Abolition an.[31] Garrison wurde 1805 in armen Verhältnissen in Massachusetts geboren, und stieg im Alter von 21 Jahren in das Verlagswesen ein. Im Jahre 1826 arbeitete er als Mitherausgeber zusammen mit Benjamin Lundy und wurde so zunehmend mit der Antisklaverei-Bewegung assoziiert. In diesem Jahr verfasste Garrison zudem eine der wichtigsten abolitionistischen Reden seiner Karriere. In seiner Rede „Address to the American Colonization Society“ kritisierte er vor allem die Einstellung der Nordstaaten-Bevölkerung, dass die Sklaverei größtenteils ein Problem der Südstaaten sei. Durch die Unabhängigkeitserklärung seien die freien Staaten, genauso wie die Südstaaten zu gleichen Teilen für die Sklaverei und deren Abschaffung verantwortlich.[32] Die Pläne von Afroamerikanern wie Paul Cuffe und Martin Delany, die eine Auswanderung aus dem Land als Weg zum Abolitionismus sahen, unterstütze Garrison nicht. Nach seiner Überzeugung war das Problem nicht die Gegenwart der Afroamerikaner, sondern der vorherrschende Rassismus. Nach seiner Ansicht nach wäre nicht die Kolonialisierung der Schwarzen aus Amerika heraus, sondern die der Rassisten ein hilfreiches Mittel.[33] Ein Auszug aus seinem ersten Artikel, den er für seine Zeitung „The Liberator“ verfasste, gibt die Ansatzpunkte und zentralen Themen der abolitionistischen Bewegung von 1830 bis 1865 wieder[34]:

[…]

I swear, while life-blood warms my throbbing veins,

Still to oppose and thwart, with heart and hand,

Thy brutalising sway - till Afric's chains

Are burst, and Freedom rules the rescued land, -

Trampling Oppression and his iron rod:

Such is the vow I take - SO HELP ME GOD![35]

Dieses Werk verfasste Garrison im Alter von 24 Jahren ohne eine vernünftige Ausbildung erhalten zu haben. Eine Auffälligkeit von Garrisons Arbeit ist neben der Artikulation die verschiedenen Prinzipien, die er von Beginn seiner Karriere bis zum Ende durchgehend verfolgte. Hierzu gehörte zum Beispiel die Kritik an Amerika, als neue Nation, die dem fundamentalen Prinzip folgt, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, Sklaverei zulässt. William Lloyd Garrison wurde durch seine klaren Worte, die unmittelbaren Ansätze und die direkten Konfrontationen in seinen Reden und Artikeln zu einer der wichtigsten Leitfiguren des amerikanischen Abolitionismus.[36]

1.5.3. Der Sezessionskrieg als Ende der Sklaverei in Nordamerika

Obwohl sich zunehmend Fragen mit der Zukunft der Sklaverei befassten und deren Ausbreitung in die westlichen Territorien essentiell für den Amerikanischen Bürgerkrieg waren, begann dieser nicht unmittelbar wegen der Sklaverei.[37]

Im Jahre 1858 wurde die Sklaverei zu einem dringend zu lösenden Problem in der politischen Szene. In Illinois trat Stephen Douglas zur Wiederwahl in den Senat gegen den Juristen Abraham Lincoln an. Lincoln erklärte, dass die Union zusammenbrechen würde, wenn die Staaten nicht unter denselben Gesetzen bezüglich der Sklaverei leben würden. Lincoln nahm zudem Bezug auf die Unabhängigkeitserklärung indem er erklärte, dass es keinen Grund gäbe, warum einem Afroamerikaner nicht die Naturrechte, die in eben dieser aufgezählt werden, zustehen sollten. Nach den Debatten gewann Douglas die Wiederwahl in den Senat und ließ sich zur Präsidentschaftswahl im Jahre 1860 aufstellen. Abraham Lincoln wurde wiederum von der republikanischen Partei als Kandidat für die Präsidentschaft aufgestellt. Ein Jahr zuvor führte der Abolitionist John Brown eine Gruppe von ungefähr fünfzig Männern nach Virginia, wo sie ein staatliches Waffenarsenal plünderten, mit dem Ziel die erhaltenen Waffen gegen die Sklavenbesitzer in Virginia einzusetzen. Brown und seine Gruppe wurden jedoch zügig verhaftet und am 2. Dezember 1859 wurde er für seine Taten erhängt. Durch seine Einstellung und sein märtyrerhaftes Ableben für die Freiheit, schlossen sich Tausende der nördlichen Staaten dem Kampf gegen die Sklaverei an. Es ist sehr wahrscheinlich, dass der Einfluss von John Brown auf die Wählerschaft Abraham Lincoln zu seinem Sieg im Jahre 1860 zum Präsidenten verholfen hatte.[38]

Wie schon angesprochen, begann der amerikanische Bürgerkrieg nicht direkt wegen der Einstellung zur Sklaverei. Vielmehr waren es die großen ökonomischen und soziostrukturellen Unterschiede, welche den Konflikt zur Eskalation brachten. Während im Süden vor allem auf die Baumwollproduktion gesetzt wurde, spielte sich im Norden nahezu der gesamte Strukturwandel ab. Dort entstanden frühindustrielle Produktionszentren, der Mittelpunkt des Finanzkapitalismus und auch die großen Überseehäfen, welche den amerikanischen Markt mit dem Rest der Welt verbanden. Hinzu kam außerdem das amerikanische Parteiensystem, welches nach dem Untergang der Einparteienherrschaft um 1828 entstand. So gelang es nach 1828 erst den liberal-konservativen „National Republicans“ auf der einen Seite und den republikanisch-egalitären „Democratic Republicans“ auf der anderen Seite, dann den ab 1834 entstandenen „Whigs“ und „Democrats“ der amerikanischen Bevölkerung eine parteipolitische Struktur zu geben. Beide Parteien bekannten sich jedoch, trotz der großen ideologischen Unterschiede zur Massendemokratie und zum allgemeinen Wahlrecht und sorgten somit vorerst für ein stabiles Fundament der Union.[39] „Erst als die Sklavenfrage alles andere überwucherte, brach die integratorische Kraft dieses vormodernen Parteiensystems abrupt zusammen.“[40]

[...]


[1] Vgl. Weber, Klaus: „Blurred concepts of slavery“, In: Hilgendorf, Eric/ Marschelke, Jan-Christoph/ Sekora, Karin (Hrsg.): „Slavery as a global and regional phenomenon“, Universitätsverlag Winter, 2015, S. 18.

[2] Zeuske, Michael: „Handbuch Geschichte der Sklaverei. Eine Globalgeschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart.“, De Gruyter, 2013, S. 99.

[3] Vgl. Weber, S. 99 f.

[4] Vgl. Ebd., S. 20.

[5] Vgl. Stevenson, Brenda E.: „What is slavery?“, Polity Press, 2015, S. 1.

[6] Vgl. Flaig, Egon: „Weltgeschichte der Sklaveri, C. H. Beck, 2009, S. 14.

[7] Vgl. Flaig, S. 16.

[8] Ebd. S. 21.

[9] Ebd, S. 21.

[10] Vgl. Williams, Heather Andrea: „American Slavery: A Very Short Introduction“, Oxford University Press, 2014, S. 34.

[11] Vgl. Ebd., S. 34.

[12] Vgl. Postma, Johannes Menne: „The Dutch in the Atlantic Slave Trade 1600-1815“, Cambridge University Press, 1990, S. 11f.

[13] Vgl. Ebd., S. 25.

[14] Vgl. Williams, S. 56.

[15] Vgl. Ebd., S. 34.

[16] Vgl. Miller, Randall M./Smith, John David: „Dictionary of Afro-American Slavery. Updated, with a New Introduction and Bibliography“, Praeger, 1997, S. 393.

[17] Vgl. Miller/Smith, S. 393

[18] Finkelman, Paul: „Slavery in the United States: Persons or Property“, in: Jean Allain: „The Legal Understanding of Slavery: From the Historical to the Contemporary“, Oxford Scholarship Online, 2013 S. 114.

[19] Vgl. Ebd., S. 114.

[20] Vgl. Ebd., S. 114.

[21] Vgl. Ebd., S. 114.

[22] Vgl. Miller/Smith, S. 394.

[23] Vgl. Finkelman, S. 107.

[24] Vgl. Miller/Smith S. 782.

[25] Vgl. Flaig, S. 189.

[26] Vgl. Williams, S. 85.

[27] Vgl. McNeese, Tim: „The Abolitionist Movement; Ending Slavery“, Chelsea House, New York, 2008, S. 32.

[28] Vgl. Williams, Heather Andrea: „American Slavery: A Very Short Introduction“, Oxford University Press, New York, 2014, S. 85.

[29] Vgl. Jordan, Ryan P.: „Slavery in the Meetinghouse; The Quakers and the Abolitionist Dilemma, 1820-1865“, Indiana University Press, Bloomington, 2007, S. 1 ff.

[30] Vgl. McNeese, S. 55 ff.

[31] Vgl. Williams, S. 82.

[32] Vgl. Lowance, Mason: „Against Slacery. An Abolitionist Reader“, Penguin Books, 2000, S. 76.

[33] Vgl. Sinha, Manisha: „Did the Abolitionists cause the Civil War?“ in: Delbanco, Andrew (Hrsg.) „The Abolitionist Imagination“, Harvard University Press, 2012, S. 92.

[34] Vgl. Ebd., S. 76.

[35] Garrison, William L.: „William Lloyd Garrison and the Fight Against Slavery: Selections from The Liberator“, Bedford Books, 1995.

[36] Vgl. Lowance, S. 77.

[37] Vgl. McNeese, S. 108.

[38] Vgl. DeFord, Deborah H.: „Slavery in the Americas: African Americans during the Civil War“, Chelsea House Publishers, 2006, S. 15f.

[39] Vgl. Hochgeschwender, Michael: „Der Amerikanische Bürgerkrieg“, C.H.Beck, 2010, S. 11f.

[40] Vgl. Hochgeschwender, S. 12.

Ende der Leseprobe aus 30 Seiten

Details

Titel
Der Handel mit afrikanischen Sklaven nach Arabien und Amerika vom 17. bis 19. Jahrhundert
Untertitel
Die juristische Aufarbeitung historischer Ereignisse
Hochschule
Universität Passau  (Juristische Fakultät)
Note
16,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
30
Katalognummer
V369428
ISBN (eBook)
9783668472242
ISBN (Buch)
9783668472259
Dateigröße
942 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sklaverei, Abolitionismus, Arabien, Amerika, Aufarbeitung, Jahrhundert, Islam, Reparationen, Mauretanien, Wiedergutmachung
Arbeit zitieren
Nikolas Hamacher (Autor:in), 2017, Der Handel mit afrikanischen Sklaven nach Arabien und Amerika vom 17. bis 19. Jahrhundert, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/369428

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