Das Heidelberger Schloss ist schon seit über hundert Jahren Sujet vielseitiger Diskussionen und unterschiedlicher Fragestellungen. Die komplexe Anlage ist das vielschichtige Resultat der zahlreichen Bauphasen und ebenso zahlreichen Zerstörungen. Wendt und Benner beschreiben die Beschäftigung mit dem Heidelberger Schloss als „eine Kurve […] mit rhythmisch oszillierenden Ausschlägen“ . Diese Aussage verdeutlicht, dass das Schloss schon immer eine wichtige Rolle in der deutschen Architektur spielt.
Befasst man sich mit dem Begriff der Renaissancearchitektur so blickt man meist primär nach Italien. Die nordalpine Renaissancearchitektur konnte in der Forschung nie so eindeutig definiert werden. Sie wurde deshalb in älterer Literatur oft als den italienischen Bau-werken nicht ebenbürtig befunden. Die renaissancezeitliche Malerei des Nordens hingegen gelangte mit Dürer und van Eyck schon sehr früh zu großem Ansehen. Schon seit einiger Zeit hat man begonnen die Geringschätzung gegenüber der Architektur zu verwerfen. So fasst man sie nicht mehr als missverstandene Kopie der italienischen Bauten auf, sondern versucht ihre Intention anhand des europäischen Kontextes zu verstehen. So gelangte auch das Heidelberger Schloss dank seiner prächtigen Paläste aus dem späteren 16. Jahrhundert zu internationaler Berühmtheit. Stephan Hoppe widmet sich nun der in Vergessenheit geratenen Ausbauphase aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts mit dem Ziel, die Architekturen neu zu interpretieren und zu datieren. Dabei geht es ihm darum, die Grenze einer neuzeitlichen Architektur früher als üblich anzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einführende Betrachtung des Aufsatzes und seiner Thesen
- Textanalyse
- Die Diskussion um die deutsche Renaissancearchitektur
- Kommentar
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Stephan Hoppes Aufsatz „Die Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Neue Datierungen und Interpretationen“ analysiert die Bauphasen des Heidelberger Schlosses aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts und plädiert für eine neuere Interpretation ihrer Bedeutung und Datierung.
- Neuinterpretation der Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts
- Feststellung einer frühzeitigen Entwicklung neuzeitlicher Architekturmerkmale
- Analyse des Frauenzimmerbaus, des Bibliotheksbaus, der Artilleriebefestigungen und des Gläsernen Saalbaus
- Revidierte Datierungen und Einordnung der Bauwerke in den Kontext der deutschen Renaissancearchitektur
- Bedeutung der Architektur als Ausdruck von Macht und Repräsentation
Zusammenfassung der Kapitel
Der Aufsatz beginnt mit einer kurzen Einleitung, die den Fokus auf die vielschichtige Geschichte des Heidelberger Schlosses und die Debatte um die deutsche Renaissancearchitektur lenkt. Im zweiten Kapitel wird die Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den Kontext der europäischen Renaissancearchitektur eingeordnet. Hoppe argumentiert für eine frühe Entwicklung neuzeitlicher Architekturmerkmale in Heidelberg, die in seinen folgenden Analysen der einzelnen Bauwerke (Frauenzimmerbau, Bibliotheksbau, Artilleriebefestigungen und Gläserner Saalbau) genauer beleuchtet werden.
Der Frauenzimmerbau wird als Ausdruck einer neuen Herrschaftsideologie und eines bewusst angelegten Ausblicks über das Neckartal interpretiert. Der Bibliotheksbau wird als „funktionelles Derivat“ der benachbarten Hofstube betrachtet und als frühetes bekanntes Beispiel für eine Herrentafelstube im mitteleuropäischen Schlossbau eingeordnet. Die Artilleriebefestigungen werden als Ausdruck einer neuzeitlichen Architekturtheorie interpretiert, die unterschiedliche Stile für verschiedene Bauaufgaben vorschlägt. Der Gläserne Saalbau wird als Beispiel für die Rezeption antiker Architekturformen in der Renaissancearchitektur gesehen.
Schlüsselwörter
Heidelberger Schloss, Renaissancearchitektur, Frühneuzeit, Architekturgeschichte, Raumprogramm, Repräsentation, Frauenzimmerbau, Bibliotheksbau, Artilleriebefestigung, Gläserner Saalbau, Datierung, Interpretation, Architekturtheorie.
- Arbeit zitieren
- Luise Schubert (Autor:in), 2014, Über Stephan Hoppes "Die Architektur des Heidelberger Schlosses in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts. Neue Datierungen und Interpretationen". Eine kurze methodische Auswertung und Besprechung der Abhandlung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370040