"The Walking Dead". Eine Analyse medialer Gewalt an Menschen


Hausarbeit, 2016

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Gewalt und Zombie-Apokalypse

3. Carol Peletier und die Gewalt

4. Szenenanalyse
4.1. Beispiel 1: Die Exekution der Lizzie Samuels
4.2. Beispiel 2: Die Flucht vor den Saviors

5. Fazit

Literaturverzeichnis

Serienverzeichnis

Episodenverzeichnis

1. Einleitung

Given the extraordinary gory and sadistic nature of so many comtemporary horror films, with their onslaught of realistically rendered blood spurts, torn flesh, severed limbs and mutilated bodies, it might seem to the casual filmgoer that violence and the horror genre are not just connected, but fundamentally, ontologically inseperable. Clearly, violence of some kind, even if understood as simply the threat of violence, is absolutely essential to the horror genre; otherwise there would be no reason to fear the film's threat whether it be human or supernatural. (Kendrick, 2009, 97 – 80)

Wie Kendrick festgestellt hat sind Gewalt und das Horror-Genre unzertrennbar mit einander verbunden. Ihre Funktionen der Spannungserzeugung, emotionalen Verwicklung, Verschärfung der Thematik, sowie als Kunstform und Spektakel (Hroß, 2002, 145) sind sozusagen dessen notwendige Bestandteile. Es darf aber gerade in diesem Genre Gewalt nicht einfach pauschal als solche abgestempelt werden. Sie muss – wie es die Fans im Wissen der Filmemacher tun – „both metaphorically and as a product of creativity“ (Kendrick, 2009, 82) gelesen und unter Berücksichtigung der Genrekonventionen „historically, aesthetically, ideologically“ (Kendrick, 2009, 96) hinterfragt werden.

Vor diesem Hintergrund wird die Gewalt in der TV-Series The Walking Dead (USA, 2010 – ) nun genauer untersucht. Natürlich ist eine Eingrenzung des Themas aufgrund der Komplexität der Serie, welche sich nach sechs Staffeln ergeben hat, und ihres Genres, durch das ein reiches Vorkommen an Gewalt vorprogrammiert ist, notwendig. Die folgende Arbeit versucht anhand der Entwicklung einer bestimmten Figur herauszuarbeiten, wie die tödliche Gewalt zwischen Menschen in der Serie inszeniert und welche Wirkung damit erzielt wird. Dazu ist es wichtig herauszuarbeiten wer die Gewalt einsetzt und gegen wen diese gerichtet ist, sowie den Kontext der Inszenierung (Kendrick, 2009, 18 - 20). Im folgenden Kapitel werden dafür einige grundlegende Aspekte der Serie bezüglich ihres Genres und ihrer Besonderheiten erarbeitet; der Kontext. Danach wird die Figur der Carol Peletier charakterisiert und ihre Figurenentwicklung festgehalten; das Wer. Auf dieser Grundlage werden in den darauf folgenden Szenenanalysen die zwischenmenschlichen Gewaltdarstellungen innerhalb der Serie genauer untersucht; das Gegen-wen.

2. Gewalt und Zombie-Apokalypse

The Walking Dead ist wie der Titel bereits vermuten lässt ein Zombie-Horror. „Zombie films usually represent the catastrophic end of the human habitus, and […] the contaigion of the zombie at least threatens absolute destruction“ (Pagano, 2008, 71). Dreh- und Angelpunkt der Serie ist diesem Grundsatz entsprechend der Ausbruch eines Virus, welcher bereits alle Menschen infiziert hat und dafür sorgt, dass sie nach ihrem eigentlichen Ableben als dahin faulende Menschenfresser wieder auferstehen. Entgegen dem Gros der Zombiefilme erzählt die Serie jedoch nicht die Geschehnisse zur Zeit der Apokalypse. Diese verschlafen die Rezipierenden nämlich gemeinsam mit dem komatösen Rick Grimes, einem Polizisten, der während eines Einsatzes von einem Verbrecher angeschossen wird. Sie richtet ihren Fokus auf die Überlebenden der Katastrophe rund um den ehemaligen Sheriff-Deputy. Darauf, wie sie sich nach dem Zusammenbruch der bisher bekannten Zivilisation im Jahre 2010 zurechtfinden, mit den Geschehnissen zurechtkommen und versuchen eine neue Gesellschaftsordnung zu etablieren. In diesem apokalyptischen Setting ist Sicherheit einer der zentralen Begriffe überhaupt (Pagano, 2008, 73). Ohne die schützenden Regeln und diese Regeln erhaltenden und durchsetzenden Instanzen der modernen Gesellschaft, befinden sich die Menschen in der Zombie-Postapokalypse in einer Situation allgegenwärtig drohender Lebensgefahr und vollkommener Unsicherheit über die Zukunft der eigenen Existenz.

Die Bedrohung in der Filmwelt geht in erster Linie natürlich von den monströsen Untoten – anders gesagt der Natur – aus. Jedoch auch von jenen Menschen, welche anderen zum eigenen Vorteil Gewalt zufügen – also der Kultur. Zum Schutze des eigenen Lebens ist die Anwendung von Gewalt neben der Flucht die einfachste und schnellste Methode. Dies verweist auf eine grundlegende Ambivalenz in Bezug auf die Gewaltanwendung, die auch in der Lebenswelt verhandelt werden muss. Denn „ [j]edes Motiv und jedes Ziel kann mit dem Einsatz von Gewalt verfolgt werden – umgekehrt besteht in keiner Situation und gegenüber keinem Gegner der Zwang, Gewalt auch tatsächlich auszuüben“ (Veith, 2002, 213). Diese Ambivalenz spielt beim Aufbau einer neuen Kultur innerhalb der Serie eine große Rolle. Während die Gewalt von und an Zombies mit ihrem hohen Grad der visuellen Darbietung von Splatter und Gore hauptsächlich für das genretypische Spektakel sorgt, erfüllt die zwischenmenschliche Gewalt vielmehr die „ Thematisierungs- und Selbstverständigungsfunktion “ (Hausmanninger, 2002, 275) moralischer Aspekte des sozialen Miteinanders. Im Verlauf der Serie werden verschiedenste Zwickmühlen kontemporärer Ethikdebatten der lebensweltlichen Realität thematisiert, wie beispielsweise Todesstrafe, Euthanasie, Selbsttötung und der gerechte oder – besser ausgedrückt – der moralisch gerechtfertigte Einsatz von Gewalt gegen andere Menschen. Dabei spielt die Intentionalität der Figuren bzw. deren Nachvollziehbarkeit eine bedeutende Rolle (Grimm, 2011, 16 f.). Diese ist in The Walking Dead generell gegeben. Zum einen, weil wegen der lebensweltlichen Verankerung schnell ein Bezug zu den Figuren hergestellt werden kann. Zum anderen, weil ihre Motive wegen der Thematisierungsfunktion immer klar sind. Welche Aspekte durch die auf Sicherheit bedachte Carol Peletier thematisiert werden und wie dies getan wird, soll nun im Weiteren erarbeitet werden.

3. Carol Peletier und die Gewalt

Carol Peletier ist eine vorsichtige und pragmatische Frau Mitte 40. Geliebten Menschen gegenüber ist sie besonders fürsorglich und hilfsbereit. In ihrer Ehe mit dem cholerischen und jähzornigen Ed leiden sie und ihre zwölfjährige Tochter Sophia sehr unter dessen häuslicher Gewalt. Schon weit vor der Katastrophe war sie somit einem hohen Maß an Gewalt ausgesetzt. Sie wurde trotz dieser Erfahrungen anderen Menschen gegenüber jedoch niemals selbst gewalttätig. Gewalt möchte sie zu vermeiden, indem sie versucht Ed mit zu Worten beruhigen oder durch das unterwürfige Ausführen seiner Befehle. Im Verlauf der Serie ändert sie sich bezüglich der Gewaltanwendung jedoch drastisch. Was sich aber nicht verändert ist ihre Verschlossenheit den Mitmenschen gegenüber. In der Zeit vor der Apokalypse verschwieg sie Eds Taten und lernte sich selbst zu verarzten, um im Krankenhaus nicht für Aufsehen zu sorgen. Ehemann und Tochter verliert sie aber schon sehr früh in der Serie, was sehr zu ihrer Veränderung beiträgt.

In den ersten zwei Staffeln ist Carol längst nicht in der Lage sich selbst zu schützen. Nachdem ihr Mann an einem Zombiebiss stirbt, wendet sie das erste Mal selbst Gewalt an. Damit er nicht mutiert muss sein Gehirn zerstört werden. Sie bittet Daryl Dixon, welcher diese Schutzmaßnahme mit einer Spitzhacke ausführt, darum es selbst tun zu dürfen, weil sie es für ihre Pflicht halte. Dabei schießt sie aber weit über das Ziel hinaus und hackt wiederholt voller Wut und unter Tränen auf den Kopf des Toten ein, bevor Daryl sie unterbricht und ihr mit einer Umarmung Trost spendet. Ein symbolisches Ereignis für den Beginn ihrer Freundschaft zu Daryl, der in seinem vorigen Leben unter ähnlichen sozialen Missständen litt, und ihrer Anpassung an die neuen Lebensumstände, denen sie nach und nach mit einem neuen Mitteln entgegen tritt. Als dann kurze Zeit später ihre Tochter verschwindet und erst nach einer langen Zeit des Betens und Bangens zum Zombie mutiert wieder auftaucht, stellt die einstmalige die Christin ihren Glauben radikal in Frage.

Ab der dritten Staffel beginnt sie Gewalt einzusetzen. Bei einem Angriff des Governors auf das Gefängnis greift sie – nachdem die ersten Schüsse auf Seiten der Feinde gefallen sind – vor denen sie sich hinter der Leiche des Gefängnisinsassen Axel verstecken konnte – bei der ersten Gelegenheit, die sich ihr bietet zur Waffe und eröffnet mit der Absicht zu töten das Feuer auf den Aggressor. Aufgrund des Angriffes legt sie Andrea, die eine Liaison mit dem Governor hat, daraufhin einen raffinierten Plan vor diesen zu meucheln. Carols Überlegungen zufolge ist diese Lösung langfristig effektiver als das bloße Abwehren der Angriffe; mit der Zerstörung des Gefängnisses durch den Governor und dessen Anhänger bestätigt die Serie sie in diesem Punkt. Daran zeigt sich nicht allein die gesteigerte Gewaltaffirmation, sondern darüber hinaus auch wie sie beginnt Gewalt gezielt und wohl überlegt einzusetzen. Während sich der erste Gewalteinsatz noch als „Gegen-Gewalt“ (Röttgers, 2001, 176) rechtfertigen lässt, geht ihre Forderung zum Mord am Governor über diese – zumindest in ihrer direkten Form – hinaus und stellt sich im Gesamtkontext viel eher als geplanter Racheakt dar.

Ihr erster tödlicher Einsatz von Gewalt findet in der vierten Staffel statt und ist ein moralischer Grenzfall der Film- wie auch der Lebenswelt. Sie vollzieht nämlich die stärkste Form aktiver Euthanasie durch die Tötung bei infauster Prognose – d.h. unheilbarer und in jedem Falle tödlich verlaufender Krankheit – auf unfreiwilliger Basis bzw. in Unkenntnis der Betroffenen und deren Angehöriger, wobei der Tod unmittelbar bevorstand; wie die Formulierung zeigt zusätzlich ein sehr diffiziles Thema mit vielen Variablem. Um die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern und die Leiden der zwei im Sterben liegenden Kranken zu beenden, tötet sie die beiden mit einem schnellen Messerstich in den Hinterkopf und verbrennt die Leichen. Sie versucht ihre Täterschaft geheim zu halten, doch wird letztendlich zur Rede gestellt. Nach ihrem Geständnis wird sie aus ihrer Gruppe verbannt, da sie in den Augen der Anderen mit der Tötung der Gesellschaftsmitglieder heimlich Morde begangen und das Vertrauen der anderen verletzt hat, indem sie eigenmächtig eine Entscheidung traf, die nicht ihn ihrem alleinigen Ermessen lag. Ihr zweiter Akt tödlicher Gewalt ist auf ethischer Ebene noch prekärer und wird im nächsten Kapitel analysiert. Schon am ersten dieser Fälle wird deutlich, dass sie beginnt Gewalt präventiv einzusetzen, um sich und Andere vor der vermeintlichen Lebensbedrohung zu schützen. Dennoch verteidigt die Serie sie eine Staffel später auch hier in gewisser Weise. Einerseits, weil sie bei einem späteren Zusammentreffen mit der Gruppe, die sie anfangs noch für ihre Handlung verurteilt und ausgeschlossen hat, von dieser wieder aufgenommen wird. Andererseits weil sie später davor bewahrt wird – bei gegebenen Heilungschancen wohl bemerkt – einer passiven Euthanasie, also dem Einstellen lebenserhaltender Maßnahmen, zum Opfer zu fallen. Ab dieser Staffel ist ihre Entwicklung zur Einzelkämpferin abgeschlossen. Im Alleingang rettet sie ihre Freunde vor einem sicheren Tod in Terminus, indem sie den Ort schlichtweg in Schutt und Asche legt. Sie nimmt Geiseln, um sich strategische Vorteile zu erarbeiten, und tötet Menschen, die ihr gefährlich werden könnten, ohne mit der Wimper zu zucken. So spielt sie auch bei der Verteidigung der Stadt Alexandria gegen eine Gruppierung, die sich als Wölfe bezeichnet, eine entscheidende Rolle. Sie tötet den Großteil der Angreifer und beschleunigt ohne lang zu zögern den Sterbevorgang von tödlich Verwundeten. Sie hat das Töten endgültig habitualisiert. Ihre Motive sind aber jeder Zeit komplett nachvollziehbar.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
"The Walking Dead". Eine Analyse medialer Gewalt an Menschen
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
17
Katalognummer
V370584
ISBN (eBook)
9783668475588
ISBN (Buch)
9783668475595
Dateigröße
505 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Walking Dead, Gewalt, mediale Gewalt, Serien, Serienanalyse, Fernsehen, TV
Arbeit zitieren
Bennet Ludwig (Autor:in), 2016, "The Walking Dead". Eine Analyse medialer Gewalt an Menschen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/370584

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