Soziale Bewegungen und Proteste in Lateinamerika. Die Zapatista-Bewegung in Mexiko


Hausarbeit, 2017

20 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung.. 1

2. Der soziohistorische Kontext der zapatistischen Bewegung.. 1

3. Konflikttheorie nach Dahrendorf.. 4

3.1 Allgemeine Einführung.. 4

3.2 Lebenschancen nach Dahrendorf.. 6

3.3 Die ‚Anrechte‘ der Zapatistas.. 7

4. Das Verständnis der Zapatisten von Politik und Gesellschaft.. 8

5. Zapatistische Grundprinzipien – Analyse einiger Parolen.. 10

5.1 Preguntando caminamos – ‚Fragend gehen wir voran‘.. 10

5.2 Un mundo donde quepan muchos mundos – ‚Eine Welt in der viele Welten Platz finden‘.. 11

5.3 Mandar obedeciendo – ‚Gehorchend regieren/befehlen‘.. 12

5.4 Detrás de nosotros estamos ustedes – Hinter uns sind wir ihr.. 14

6. Fazit.. 16

7. Literaturverzeichnis.. 17

1. Einleitung

Im Rahmen des Seminars „Proteste und soziale Bewegungen im Globalen Süden“ im vergangenen Semester, wurde sich mit der Forschung zu vergangenen und fortlaufenden Protesten sowie sozialen Bewegungen in Afrika und Lateinamerika beschäftigt. Dabei ging es vor allem darum die Frage zu beantworten, ob sich bereits entwickelte Ansätze auf Protest- und Mobilisierungsdynamiken in Nordamerika und Westeuropa auch auf Lateinamerika und Afrika anwenden und übertragen lassen.

Eine im Seminar nicht behandelte soziale Bewegung ist die der Zapatisten, die Ende des 20. Jahrhunderts in Mexiko begann und bis heute, wenn auch in anderer Form und Ausprägung, andauert. Im Verlauf dieser Hausarbeit soll dargestellt werden, aus welchen Motiven heraus sich diese Bewegung gründete, wie sie sich organisiert und für was sie steht und eintritt. Hierfür ist es notwendig, sich mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten Mexikos ab Mitte des 20. Jahrhunderts auseinanderzusetzen und die Traditionen, Werte und die Ideale der Indigenen des Bundesstaates Chiapas, den Handlungen und Forderungen der Zapatistas- Bewegung gegenüberzustellen. Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen und Zusammenhänge bildet die Konflikttheorie Ralf Dahrendorfs, welche sich mit dem Wandel der Gesellschaft und der Erweiterung respektive der Verteidigung von Lebenschancen auseinandersetzt.

Im Allgemeinen ist bei einem Protest und einer sozialen Bewegung immer von einer Reaktion auf eine einer Gruppe missfallenden Handlung, Maßnahme oder Entscheidung der jeweiligen Machthaber auszugehen. Da es sich bei den Zapatisten um eine indigene Bewegung aus einem zwar rohstoffreichen, jedoch sehr armen Bundesstaat handelt, ist eine Reaktion dieser Bevölkerungsgruppe auf die latent vorhandene Diskriminierung, die allgegenwärtige Modernisierung, aber auch auf die ständig fortschreitende Globalisierung, wahrscheinlich. Im Folgenden soll diese These überprüft werden.

2. Der soziohistorische Kontext der zapatistischen Bewegung

Die zapatistische Bewegung hat ihren Ursprung im südöstlichen Mexiko, genauer gesagt im Bundesstaat Chiapas. Seine Bedeutung und Wirkung geht jedoch weit über die Grenzen des Bundesstaates hinaus. Zum besseren Verstehen ist es notwendig, die regionalen Rahmenbedingungen genauer zu betrachten.

In einer Analyse vergleicht der Sprecher der Zapatisten, Subcomandante Insurgente Marcos, die verschiedenen koexistierenden Realitäten und Lebenswelten Mexikos mit den Stockwerken eines Gebäudes. Die Indigenen siedelt er hier im Keller dieses Gebäudes an. Die Zahl der Analphabeten, der Grad der Kindessterblichkeit sowie Hunger beziehungsweise fehlende Nahrung sei unter ihnen landesweit am höchsten (vgl. Subcomandante Insurgente Marcos 1994b: 328 ff.; vgl. Esteva 1994: 67 f.). Jahrhunderte andauerndes Elend, ständige Unterdrückung, Ausbeutung und Diskriminierung finde man in Chiapas konzentriert vor.

Trotz dieser massiven Missstände kann man die Ureinwohner Mexikos nicht als gänzlich hilflos bezeichnen. Besonders die Maya im Süden des Landes befinden sich seit Ankunft der Imperialisten kontinuierlich und in unterschiedlichster Ausprägung im Widerstand gegen die Fremdherrschaft/-bestimmung. Aktivisten der FLN ( Fuerzas de Liberación Nacional) trafen Anfang der 1980er Jahre auf Indigene. Sie tauchten in unwegsamen Gebieten in Chiapas unter und gründeten die EZLN (Ejército Zapatista de Liberación Nacional) am 17. November 1983. Namensgeber der Organisation ist Emiliano Zapata. Dieser organisierte den bewaffneten Widerstand unter den Bauern im südlichen Mexiko während der mexikanischen Revolution (1910-1920).

Auch wenn die EZLN zu Anfang noch stark von Ideologien und revolutionären Vorbildern geprägt war, so wandelten sich nach einigen Jahren die Haltungen und Methoden bedingt durch die Konfrontation mit den Realitäten der Indigenen. Über diese graduelle Veränderung erfuhr die EZLN enormen Zulauf von Indigenen. Schlussendlich fügte sich die EZLN den indigenen Dorfgemeinschaften und diente als „bewaffneter Arm“ der indigenen Bewegung (vgl. Subcomandante Insurgente Marcos 1994a: 151 ff.; vgl. García de León 1994: 148 ff.).

Als die Zapatistas entstanden, bezeichnete sich die zapatistische Bewegung zunächst als militärische Kraft. Was die Zapatistische Armee aber vorantreibt, ist der Kampf um Gerechtigkeit, der Kampf um Würde. Die Zapatistas haben das nicht erfunden, es liegt im geschichtlichen Bewusstsein der Indígenas begründet. (...) Die Zapatistas haben nur dem, was schon vorhanden war, eine neue Form gegeben. Es ist sehr wichtig, das hervorzuheben, denn die Indígenas haben auf verschiedenste Weise und zu vielen Gelegenheiten gekämpft. (Vargas 1994: 184)

Auch die überwiegend jungen Frauen, die eintraten, prägten die zapatistische Bewegung. Im unvollendeten Kampf gegen patriarchale Strukturen erwirkten sie eine Revolution vor dem bewaffneten Aufstand (vgl. Subcomandante Insurgente Marcos 1994a: 152; vgl. Jung 2004: 24ff.).

Am 1. Januar 1994 zeigte sich die EZLN mit der Besetzung der Rathäuser in sieben Landkreisen in Chiapas der Öffentlichkeit. Ihr ‘¡Ya basta! (zu Deutsch: Es reicht!), Forderungen nach Land und Freiheit sowie nach Gerechtigkeit und Demokratie, waren die Antwort auf das neoliberale Projekt des nordamerikanischen Freihandelsabkommens (NAFTA), das am gleichen Tag startete.

Wegen schwerer bewaffneter Konflikte mit der Bundesarmee und Bombardierungen durch die Luftwaffe, verschanzte sich die EZLN mehr und mehr in den Bergen und dem Urwaldgebiet der Selva Lacandona. Zahlreiche Zapatisten, Zivilisten, Soldaten und Polizisten ließen hierbei ihr Leben. Noch im Jahre 1994, nach dem Waffenstillstand und den ersten Friedensverhandlungen, erklärten sich die ersten Gemeinden als autonom und zapatistisch. Die EZLN leitete unterschiedliche zivilgesellschaftliche Initiativen in die Wege, etwa die ‚Nationale Befragung für den Frieden und die Demokratie‘ im Jahre 1995. Nur ein Jahr später wurden die ‚Abkommen von San Andrés Larraínzar über indigene Rechte und Kultur‘ unterzeichnet und es kam zu einem ersten intergalaktischen Treffen gegen den Neoliberalismus und für die Menschheit. 1997 unterbrach die EZLN die Friedensverhandlungen aufgrund eines Vertrauensmissbrauchs mit der mexikanischen Regierung (Nichteinhaltung der Abkommen, fortschreitende Militarisierung in Chiapas, etc.) und die Zahl paramilitärischer Übergriffe auf autonome Gemeinden und Zapatisten, die im Massaker von Acteal ihren traurigen Höhepunkt fanden, stieg (vgl. Müller 2004: 15 f.). Im Jahre 1998 kam es vermehrt zu militärischen und paramilitärischen Aktivitäten (‚Krieg niederer Intensität‘) und internationalen Protesten.

Die ‚Volksbefragung für die Anerkennung der indigenen Rechte und Kultur und für das Ende des Krieges‘ 1999 bestätigte die Legitimität der Zapatisten und ihrer Forderungen. Im Folgejahr sorgte der neugewählte Präsident Fox für die Freilassung zapatistischer Gefangener sowie die Auflösung einiger Militärstützpunkte in Chiapas. Die EZLN wurde gesprächsbereiter und signalisierte Bereitschaft zu einer politischen Lösung der Konflikte.

2001 konnte die EZLN die Zivilgesellschaft mobilisieren und erreichte internationale Aufmerksamkeit aufgrund ihres ‚Marsches für die indigene Würde‘ durch zwölf Bundesstaaten bis in die Hauptstadt. Wegen eines neuen, nicht mehr der Idee des Abkommens von San Andrés Larraínzar entsprechenden, verabschiedeten Gesetzes über indigene Rechte und indigene Kultur, beendete die EZLN erneut die laufenden Gespräche mit der Regierung. In der Folgezeit baute die EZLN die politischen und administrativen Strukturen in den autonomen Gemeinden aus. Durch 20.000 versammelte Zapatisten fand am ersten Januar 2003 die friedliche Besetzung der Stadt San Cristóbal de las Casas statt. In Kundgebungen riefen sie zum weltweiten Widerstand gegen neoliberale Ausbeutung auf und kündigten den Ausbau der Autonomie an (vgl. Müller 2004: 15 f.).

Im August 2003 stellten sie die nach langen Diskussionen entwickelten eigenen Repräsentationsstrukturen (...) vor. Es gibt seither 30 ‘autonome rebellische Landkreise’, die etwa ein Drittel des Gebietes von Chiapas umfassen, und dort die ‘Räte der guten Regierung’ (Juntas del Buen Gobierno, gegen die als mal gobierno bezeichnete Regierung), welche den zivilen Zapatismus repräsentieren. Die Guerilla will sich auf eine Verteidigungsfunktion zurückziehen. Zudem wurden die nach dem Aufstand 1994 eingerichteten fünf überregionalen Treffpunkte (sogenannte Aguascalientes) in autonome Regionalräte umgebildet, die vor allem die Probleme innerhalb und zwischen den Gemeinden, ob zapatistisch oder nicht zapatistisch, angehen sollen. Die entstehenden eigenen politischen Strukturen werden als Caracoles (Schneckenhäuser) bezeichnet, was wie eine Metapher der spiralförmigen Ausdehnung der indigenen Regierungsformen verstanden werden kann. (Brand/Hirsch 2004: 30)

Im Großen und Ganzen beinhaltet die Selbstverwaltung die politischen Strukturen sowie die Bereiche des Gesundheitswesens, der Rechtsprechung und der Schulbildung. Wegen der steigenden regionalen und kollektiven Ökonomie wird das Leben größtenteils selbstbestimmt organisiert. Kulturelles und ein eigener zapatistischer Radiosender werden ausgebaut (vgl. Subcomandante Marcos 2003: 182 ff.).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Soziale Bewegungen und Proteste in Lateinamerika. Die Zapatista-Bewegung in Mexiko
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main
Note
2,0
Autor
Jahr
2017
Seiten
20
Katalognummer
V371391
ISBN (eBook)
9783668494749
ISBN (Buch)
9783668494756
Dateigröße
599 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
soziale, bewegungen, proteste, lateinamerika, zapatista-bewegung, mexiko
Arbeit zitieren
Sergio Soares (Autor:in), 2017, Soziale Bewegungen und Proteste in Lateinamerika. Die Zapatista-Bewegung in Mexiko, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/371391

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