Primary Nursing. Kommunikation im Krankenhaus


Hausarbeit, 2005

33 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Kommunikation im Krankenhaus
1.1 Kommunikation und Interaktion
1.1.1 Zweck der Kommunikation
1.1.2 Formale Aspekte der Kommunikation
1.1.3 Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun
1.2 Kommunikation im Krankenhaus

2. Primary Nursing
2.1 Das Konzept von Primary Nursing
2.1.1 Primary Nursing
2.1.2 Gruppenpflege
2.1.3 Patientenzuteilung
2.1.4 Funktionspflege
2.2 Kommunikationsmethoden im Primary Nursing
2.2.1 Schriftliche Dokumentation
2.2.2 Mündliche Dienstübergaben
2.2.3 Gewährleistung der Pflegekontinuität
2.2.4 Primary-Nursing-Plantafel
2.2.5 Informationstafel
2.3 Auswirkungen von Primary Nursing
2.3.1 Auswirkungen auf den Patienten
2.3.2 Folgen für die Pflegperson
2.3.3 Macht und Kommunikation bei Primary Nursing

3. Kommunikation und Primary Nursing – Vergleich von Visiten bei Primary Nursing und Bereichspflege
3.1 Darstellung der Studie
3.1.1 Untersuchungsgegenstand
3.1.2 Fragestellungen der Untersuchung
3.1.3 Datenerhebung
3.1.4 Methoden und Auswertung
3.2 Darstellung der Ergebnisse nach verschiedenen Aspekten der Kommunikation
3.2.1 Informationsweitergabe an den Patienten
3.2.2 Beteiligung der Patienten
3.2.3 Kommunikation und Präsentation im Team
3.2.4 Zusammenfassung

1. Kommunikation im Krankenhaus

Diese Arbeit konzentriert sich auf den Schwerpunkt Kommunikation im Krankenhaus. In dem ersten Teil der Arbeit werden theoretische Grundlagen zur Kommunikation dargestellt und erläutert. Wobei bereits hier beispielhaft auf die Kommunikation im Krankenhaus eingegangen wird. Im zweiten Teil wird das Pflegesystem Primary Nursing im Vergleich zu anderen Pflegesystemen vorgestellt und auch dort die Kommunikation in den Mittelpunkt gestellt. Im letzten Kapitel wird eine Studie zu Visiten bei Primary Nursing und in der Bereichspflege und ihre Ergebnisse vorgestellt. Zum Schluss sollen die Vorteile von Primary Nursing für die Kommunikation im Krankenhaus klar geworden sein.

1.1 Kommunikation und Interaktion

„Überall wo zwei oder mehr Individuen zueinander finden (…) sprechen wir von sozialen Interaktionen oder Kommunikation.“ (Backs/Lenz, S. 39)

„Beide so gefassten Begriffe, Kommunikation und Interaktion, umfassen sowohl die Kontaktaufnahme mittels Zeichen (Sprache, Symbole) als auch die mittels Energie (Mimik, Gestik, Motorik). Jedes soziale Verhalten hat sowohl subjektive (kommunikative) wie objektive (interaktive) Komponenten.“ (Crott, 1979, S. 14,15; zitiert in Backs/Lenz, S. 40)

1.1.1 Zweck der Kommunikation

Nach Reifharth (1993) kann Kommunikation verstanden werden, als:

1. Transmission von Informationen, Strukturen, Symbolen und Bedeutungen von einem Sender zu einem Empfänger.
2. Reiz-Reaktions-Handlung, wobei ein Sender versucht, bei einem Empfänger eine bestimmte Reaktion auszulösen.
3. Interpretation, das heißt, der jeweilige Empfänger entscheidet darüber, wie die Wahrnehmung gedeutet wird und welche Kommunikationsprozesse daraus resultieren.
4. Ursache, Voraussetzung und Folge von Verständigung
5. Austauschbarkeit der Rollen Sender und Empfänger, aber auch der Austausch von Informationen, Wissen, Erfahrungen und Stimmungen.
6. Herstellung und Beibehaltung von Gemeinsamkeiten zweier Kommunikanten.
7. Beziehung, das heißt, Kommunikation ist Voraussetzung für das Zustandekommen von sozialen Beziehungen, sorgt für deren Aufrechterhaltung und Veränderung. Ebenso besteht eine Wechselwirkung zwischen jetziger und vergangener Kommunikation, wobei die vorangegangene Kommunikation die Beziehung konstituiert und damit die aktuelle beeinflusst.
8. Soziales Verhalten; Verhalten als Summe von Prozessen, die gleichzeitig auf verschiedenen Kanälen (Sprechen, Hören, Sehen, Fühlen, usw.) ablaufen und sich aufeinander beziehen.
9. Interaktion. Gemeint ist hier ein Interaktionsbegriff der davon ausgeht, dass zur Steuerung von Verhalten neben beobachtbarem Verhalten auch die vorhandenen und unterstellten Erwartungen des Kommunikationspartners wirksam werden.

(Backs/Lenz, S. 40/41)

1.1.2 Formale Aspekte der Kommunikation

Watzlawick hat 1980 die Dreiteilung der Semiotik auf die Kommunikation übertragen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Theoretisch ist eine Trennung möglich, jedoch verschmelzen in der Praxis diese drei Teile miteinander. (Vgl. Backs/Lenz, S. 41)

Weiter unterscheidet Watzlawick zwei Formen der Darstellung von Objekten. Die analoge Darstellung in Form von Zeichnungen oder anderen bildlichen Darstellungen und die digitale Darstellung in dem den Objekten zufällige Namen gegeben werden. Die digitale Kommunikation hat wesentliche Nachteile bei der Darstellung von Beziehungsgeschehen (z.B. Liebe). Dort ist die Analoge Darstellung durch Mimik und Gestik eine gute Ergänzung. Beide Modalitäten werden ausschließlich in der menschlichen Kommunikation verwendet. „Während sich digitale Kommunikation sehr komplexer und vielseitiger Syntax bedient, weist diese auf dem Gebiet der Beziehungen eine unzulängliche Semantik auf. Dagegen beinhaltet die analoge Kommunikation dieses semantische Potential, besitzt andererseits aber Defizite in der für die eindeutige Kommunikation erforderlichen logischen Syntax.“ (Backs/Lenz, S.42 mit Bezug auf Watzlawick, Beavin und Jackson, 1980)

Kommunikation enthält neben verbalen auch paralinguistische Phänomene wie z.B. Tonfall, Geschwindigkeit, Pausen, Lachen, Seufzen und Körpersprache. Jedes wie auch immer geartete Verhalten hat Mitteilungscharakter und ist somit Kommunikation. Da nach Watzlawick, Beavin und Jackson (1980) Verhalten kein Gegenteil hat und es unmöglich ist sich nicht zu verhalten, ist es ebenso unmöglich nicht zu kommunizieren. Verhalten ist immer Ursache und Folge des Verhaltens anderer.

Den nonverbalen (extralinguistischen) Anteilen der Kommunikation kommt so eine große Bedeutung zu, weil sie als qualifizierende Botschaft Hinweise auf die Bedeutung der sprachlichen Anteile der Nachricht geben. (Vgl. Backs/Lenz, S. 42/43)

1.1.3 Das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun

Es gibt verschiedene frühere Modelle von Kommunikation, die allerdings die Wechselseitigkeit des Kommunikationsprozesses oder die Kommunikation auf verschiedenen auch nonverbalen Ebenen vernachlässigen und somit für diese Arbeit irrelevant sind. (dargestellt sind diese bspw. bei Backs/Lenz, S. 44/45)

Jones und Gerard (1967) haben eine Einteilung der Kommunikation in vier Interaktionssequenzen vorgenommen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Eine Form der Darstellung von Interaktion ist die Interpunktion. Dabei wird das eigene Verhalten immer als Reaktion auf das verhalten oder die Kommunikation des anderen gesehen. Dieses Modell birgt hohes Konfliktpotential, da jeder Partner die Ursache seines Verhaltens in der Reaktion auf den Partner sieht. Persönliche Eigenarten und individuelle Verhaltensweisen sind hierbei interaktionbedingt. Schulz von Thun kritisiert dieses Modell, da persönliche Verhaltensweisen nicht mehr aus den individuellen Eigenschaften einer Person erklärt und Rollen polarisiert werden. (Vgl. Backs7Lenz, S. 46/47)

In menschlicher Kommunikation werden auch immer wieder Erleben und Emotionen manifestiert. Kommunikation dient nicht nur der Informationsvermittlung sondern auch der Bewertung. Je nach dem wie Erleben und Emotionen als Ausdruck von Kommunikation benutzt werden, werden Sachverhalte bewertet übermittelt. Werden Erleben und Emotion zum Thema der Interaktion spricht Fiehler (1990) von kommunikativen Verfahren der Erlebensthematisierung oder des Erlebensausdruckes, wenn Erleben oder Emotion angesprochen werden, aber nicht zum Gesprächsthema werden.

Fiehler unterscheidet weiter fünf Typen von Emotionsaufgaben, die die Qualität der Kommunikation erhöhen können:

1. Entscheidung darüber, welche Emotion in der spezifischen Situation angemessen und entsprechend angesehen wird.
2. Darstellung der eigenen momentanen emotionalen Befindlichkeit.
3. Die wechselseitige Deutung der momentanen Befindlichkeit des anderen.
4. Typisierung der eigenen und anderen emotionalen Befindlichkeit.
5. Typisierung der emotionalen Qualität der Beziehung zwischen den Kommunizierenden.

Alle diese Emotionsaufgaben können individuell oder gemeinschaftlich geleistet werden. (Vgl. Backs/Lenz, S. 47-50)

Schulz von Thun entwickelte durch Kombination eigener Vorstellungen mit Sichtweisen von Watzlawick, Beavin und Jackson sein quadratisches Kommunikationsmodell (Schulz von Thun, Miteinander Reden 1+2, 1995). Die vier gleichrangigen Seiten des Quadrates stehen für Sachaspekt, Beziehungsaspekt, Selbstkundgabe und Appellaspekt. Auch wenn im Laufe unserer Sozialisation der Sachaspekt oft im Vordergrund steht, wird bei jeder Kommunikation auf allen vier Kanälen gesendet. Dementsprechend muss der Empfänger auch auf allen vier Ebenen reagieren. (Vgl. Backs/Lenz, S. 51/52)

1.1.3.1 Sachaspekt der Nachricht

„Mit der Sachseite einer Nachricht ist der Austausch von Informationen und Argumenten, das Abwägen und Entscheiden frei von menschlichen Gefühlen und Bestrebungen gemeint. Sachlichkeit ist erreicht, wenn eine Verständigung auf der Sachebene erfolgt ohne dass die Nachricht durch die anderen drei Ebenen getört wird.“ (Vgl. Backs/Lenz, S. 52)

1.1.3.2 Beziehungsaspekt der Nachricht

Der Beziehungsaspekt der Nachricht zeigt sich häufig durch die gewählten Formulierungen, den Tonfall oder die nonverbale Kommunikation. Durch die Beziehungsseite von Nachrichten werden im Gegensatz zur Selbstoffenbarungsseite Du- und Wir-Botschaften übermittelt, durch die dem Empfänger eine bestimmte Rolle zugeteilt wird. Die Du-Botschaft sagt etwas darüber aus, wie der Sender den Empfänger wahrnimmt. Durch sie kann der Empfänger seine Innenwelt verborgen halten, aber den Empfänger in Bedrängnis bringen. Der Versuch einer Beziehungsdefinition stellt die Wir-Botschaft dar, die sich in jedem Verhalten dem anderen gegenüber findet. „Die Bedeutung der Beziehungsbotschaften liegt jedoch nicht nur in der gefühlsmäßigen Augenblickswirkung, sondern auch darin, dass sie langfristig zum Selbstkonzept des Empfängers (‚So einer bin ich also!’) beitragen“ (Schulz von Thun, 1995,Teil 1, S. 156, zitiert in Backs/Lenz, S. 53).

Die in Wir-Botschaften definierten Beziehungsrollen sind oft umstritten, da sich die Beziehung erst entwickelt und sich verändert. Schulz von Thun umschreibt vier Möglichkeiten des Empfängers auf die Beziehungsdefinition des Senders zu reagieren:

1. Akzeptieren: Dies bedeutet, dass der Empfänger das Verhalten des Senders als stimmig mit der Beziehung empfindet. Er wird sich also seinerseits zustimmend verhalten.
2. Durchgehenlassen: In dieses Situation stimmt der Empfänger der Definition der Beziehung zwar nicht gänzlich zu, aber er wendet sich auch nicht dagegen, bestätigt also somit die Beziehungsdefinition des Senders.
3. Zurückweisen: Als Zurückweisung werden die Verhaltensweisen bezeichnet, mit denen der Empfänger dem Sender klar zu erkennen gibt, dass er dem Beziehungsvorschlag nicht zustimmt.
4. Ignorieren: In dieser letzen Beziehungsdefinition verweigert der Empfänger jede Reaktion und entwertet so die Botschaft des Senders.

(Backs/Lenz, S. 54, mit Bezug auf Schul von Thun)

Jedes Individuum besitz drei Instanzen der Persönlichkeit, die sich als Eltern-Ich, Kindheits-Ich und Erwachsenen-Ich darstellen:

„Das Eltern-Ich beinhaltet Aspekte wie Hilfe und Behütung, Lebensweisheiten, Ermahnungen, Ge- und Verbote und Vorstellungen über Verhaltensweisen. Diese wurden unter der Erziehung dem Kind vermittelt. Das Eltern-Ich tritt in zwei Varianten auf. Es kann sich als kritsich-verurteilend-moralisierendes oder als fürsorgliches Eltern-Ich darstellen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 33 Seiten

Details

Titel
Primary Nursing. Kommunikation im Krankenhaus
Hochschule
Universität Hamburg  (Institut für Medizin-Soziologie)
Veranstaltung
Kommunikation im Krankenhaus
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
33
Katalognummer
V37181
ISBN (eBook)
9783638366007
ISBN (Buch)
9783638653916
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Diese Arbeit klärt zunächst die Grundlagen der Kommunikation und geht besonders auf das Kommunikationsmodell von Schulz von Thun ein. Ein dem zweiten Kapitel wird die Organisationsform des Primary Nursing vorgestellt und mit den anderen Organisationsformen im Krankenhaus verglichen. In dem dritten Kapitel werden empirische Ergebnisse der Studie "Kommunikation am Krankenbett" vorgestellt und überprüft, ob sich die Vorteile von Primary Nursing für die Kommunikation auch empirisch belegen lassen.
Schlagworte
Auswirkungen, Primary, Nursing, Kommunikation, Krankenhaus, Kommunikation, Krankenhaus
Arbeit zitieren
Nadine Lange (Autor:in), 2005, Primary Nursing. Kommunikation im Krankenhaus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37181

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Primary Nursing. Kommunikation im Krankenhaus



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden