Nietzsches Begriff des Übermenschen in seinem Werk „Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen.“


Hausarbeit (Hauptseminar), 2017

25 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Übermensch

3. Letzter Mensch

4. Höherer Mensch

5. Ewige Wiederkehr des Gleichen

6. Wille zur Macht

7. Fazit

8. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Friedrich Nietzsches Werk „Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen“ hat in der Zeit nach seiner Veröffentlichung für viele Diskussionen und Deutungen gesorgt. Der in dem Werk enthaltene Übermensch wurde auf die unterschiedlichste Weise gedeutet und interpretiert. Eine dieser Deutungen vollzogen die Nationalsozialisten, indem sie den Übermenschen in seiner immoralistischen und biologischen Eigenschaft als eine Bestätigung für ihre Herrenmenschen-Ideologie ansahen. Diese Betrachtungsweise soll aber in dieser Arbeit nicht näher ausgeführt werden und stand auch nicht in der Absicht Nietzsches.

Der Fokus der vorliegenden Arbeit liegt in der Betrachtungsweise des Übermenschen in dem Werk „Also sprach Zarathustra“. Hierbei wird die Frage behandelt, inwiefern sich der von Zarathustra gepredigte Übermensch charakterisieren lässt und was die Ziele von Zarathustras Lehre sind. Die Beschaffenheit des Übermenschen und seine Genealogie werden im zweiten Kapitel dieser Arbeit vorgestellt. In diesem wird ebenfalls versucht die unterschiedlichen Metaphern zu deuten, welche Zarathustra verwendet, um den Übermenschen zu beschreiben. Um einen Einblick in das zu erhalten, was der Übermensch ist, lässt sich die Betrachtungsweise, was er nicht ist, bevorzugen. Dieser Gegensatz zwischen Übermensch und letztem Mensch wird im dritten Kapitel näher erläutert. Die Herausstellung der Eigenschaften der letzten Menschen und damit ihre Abgrenzung zum Übermenschen sind Ziel dieses Kapitels.

Kapitel vier „höherer Mensch“ befasst sich mit einer Zwischenstufe zwischen dem letzten Menschen und dem Übermenschen. Die Beschreibung dieser höheren Menschen erfolgt in Nietzsches Werk im vierten und letzten Teil.

Die beiden Kapitel fünf und sechs beinhalten zwei fundamentale Lehren des Zarathustras. Zum einen die Lehre der ewigen Wiederkehr des Gleichen und zum anderen der Wille zur Macht. Beide Lehren sind für die Erreichung des Übermenschen unabdingbar, obwohl sie nur mit großer Willensstärke verstanden und akzeptiert werden können. Zarathustra selbst hat mit der Einsicht über die ewige Wiederkehr des Gleichen zu kämpfen und kann diese nur stückweise ertragen.

2. Übermensch

Die Formulierung „Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll. Was habt ihr gethan, ihn zu überwinden?“1 ist die erste Erwähnung des Übermenschen in Nietzsches Werk „Also sprach Zarathustra“. Der Übermensch gehört zu einer Kategorie, welcheüberdem Menschen selbst ist und trotzdem zu diesem gehört.2

Es handelt sich dennoch um einen Zustand, in welchem der Mensch für den Übermenschen nur „ein Gelächter oder eine schmerzliche Scham“3 ist. Der Mensch befindet sich noch auf einer Stufe, auf der er sich weiterentwickeln kann oder aber dort verbleibt. Denn im zweiten Teil des Werkes spricht Zarathustra davon, dass jeder den Übermensch erschaffen kann.4 Das Potenzial zur Erschaffung liegt im Menschen selbst. Die Frage ist nur, ob der Mensch bereit ist einen Weg zu gehen, um den Status des Übermenschen zu erreichen.

Allerdings bedeutet die Formulierung der Überwindung nicht, dass der Mensch sich von seinem biologischen Selbstverständnis entfernen soll, sondern es geht vielmehr um eine Untersuchung seiner allzu selbstverständlich gewordener Lebensverständnisse.5 Denn der Mensch bewegt sich von seiner Geburt an in dem selben Raum, in den er geboren wurde. Doch um den Status eines Übermenschen zu erlangen, muss er das Unbekannte aufsuchen und es in die Umkreise des Bekannten ziehen. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Vorgang der Transzendenz, sondern um eine Umgestaltung des Existenzverhältnisses. Das Ausbrechen aus seinem gewohnten und festgelegten Lebensumfeld ermöglicht ihm ein anderes Verständnis seines Seins und somit eine andere Betrachtungsweise des eigenen Seins auf das Ganze.

Das „Andere“ was der Mensch in dieser Umgebung erfährt, in welcher er sich auch anders verhält, bildet das „Über“ des Übermenschen.6 „Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden soll“7 bedeutet also, dass der Mensch in sich selbst eine Windung, beziehungsweise Wendung vollziehen soll. Das „Über“ findet er nur in sich selbst. Dabei ist die Richtung, in welche sich der Mensch winden soll nicht bloßer Zufall, sondern er soll sich in das „Über“ winden.8

Der Ort dieser Überwindung kann aber nur in der Einsamkeit erfolgen, denn „voll von feierlichen Possenreissern ist der Markt“9 und „Abseits vom Markte und Ruhme begiebt sich alles Grosse; abseits vom Markte und Ruhme wohnten von je die Erfinder neuer Werthe. Fliehe, mein Freund, in deine Einsamkeit.“10. „Die stillsten Worte sind es, welche den Sturm bringen. Gedanken, die mit Taubenfüssen kommen, lenken die Welt“.11 Aus diesen Worten ergibt sich die Folge, dass der Mensch in immer tiefere Einsamkeit begeben muss, um den in sich befindlichen Übermenschen zu finden. Gleichzeitig entgeht er dieser Einsamkeit aber, da er sich dem Ort des „Übers“ nähert und somit in eine Art der Zweisamkeit von Mensch und „Über“ tritt. Der Weg des Unterganges impliziert einen Übergang und ermöglicht dem Menschen in dieser Weise den Schritt zum Übermenschen.12

Der Weg zum Übermenschen wird mit verschiedenen Bildern beschrieben, wie ein Beispiel aus der Vorrede deutlich macht. Hier wird der Weg als Regenbogen beschrieben, welcher als Metapher für die Stufen zum Übermenschen gesehen werden kann.13 Doch die Schönheit des Regenbogens hat eine Schwachstelle, denn dieser kann nicht betreten werden. Der Weg erscheint als schillernd und schön, doch gleichzeitig wohnt diesem auch eine Unmöglichkeit inne.14

Eine weitere Metapher befindet sich vierten Teil der Vorrede, in welcher Zarathustra den Menschen als Seil charakterisiert, „geknüpft zwischen Thier und Übermensch, - ein Seil über einem Abgrunde.“15

Mit der Darstellung des Menschen als Seil verbindet er die beiden Endpunkte Tier und Übermensch, hängt aber sozusagen zwischen diesen beiden Punkten, da er als Seil weder Tier noch Übermensch ist. Eine Ähnlichkeit zum Tier verbindet den Menschen durch seine Triebe, wobei hier der Selbsterhaltungstrieb und der Geschlechtstrieb als gemeinsame Punkte ausreichen sollten. Das Tier in sich übergeht er aber, indem er seine Triebe mithilfe der ihm gegebenen Vernunft kontrollieren kann.16 Freilich ist der Mensch nicht nur das Seil, sondern befindet sich zeitgleich auch auf diesem, nämlich als der Seiltänzer. Ihm bietet sich in dieser Position die Möglichkeiten des Vorwärts-, Rückwärtsgehens und Stehenbleibends. Jede Position ist mit der Gefahr des Stürzens verbunden, obwohl ein Vorwärtsschreiten die Möglichkeit des Sturzes mit jedem weiteren Schritt in Richtung des Endpunktes verringern würde. Wenn der Mensch diesen Endpunkt erreicht hat, dann hat er sich selbst überwunden und gelangt somit in den oben bereits erwähnten Ort des „Übers“. Die Entwicklung des Übermensch-Werdens und das Loslassen am Mensch sein vollzieht sich in der selben Handlung und bildet somit ein ständiges Überwinden des jeweiligen Standpunktes.17

Neben der Möglichkeit des Fortschreitens bieten sich auch die Möglichkeiten des Stehenbleibens und Zurückgehens an. Bei allen Gelegenheiten ist die Gefahr des Sturzes gleich, jedoch erhöht sie sich im Moment des Stehenbleibens, da ein Fortschreiten den Weg zum Ziel und die Wahrscheinlichkeit eines Absturzes verringert. Eine Verringerung der Gefahr besteht außerdem beim Zurückgehen, welche aber den Weg zum Übermenschen vergrößert und eine Umkehr umso gefährlicher werden lässt.18

In den weiteren Ausführungen der Vorrede wird der Seiltänzer von einem Possenreisser auf dem Seil eingeholt und übersprungen. Der Seiltänzer sieht einen anderen siegen und stürzt in den Tod. Doch der Sieg des Possenreissers ist nur ein vermeintlicher, denn er glaubt, dass er durch diesen Sprung in das Übermensch-Sein zu gelangen. Jedoch erreichen beide ihr Ziel nicht. Der Seiltänzer nicht, weil er nicht fortschreitet, sondern an der gleichen Stelle verharrt und sich überspringen lässt. Der Possenreisser nicht, obwohl er den Endpunkt erreicht, aber den Punkt des Verharrens auslässt, indem er diesen überspringt.

Der Possenreisser möchte auf diese Weise den Mensch auslassen, bleibt aber durch seinen

Sprung weiterhin Mensch, denn gerade das Mensch-sein bildet die Grundlage für den Übermenschen. Die Possenreisser sind überall auf dem Markt und verkünden falsche Wahrheiten, um Irrwege anzugeben.19

Dem Weg zum Übermenschen tritt in einigen Stellen die Möglichkeit des Schaffens gegenüber, in welchem der Übermensch durch den Willen erreicht werden kann. „Schaffen - das ist die grosse Erlösung vom Leiden, und des Lebens Leichtwerden. Aber dass der Schaffende sei, dazu selber thut Leid noth und viel Verwandelung.“20 Die Metapher des Regenbogens erscheint an dieser Stelle als sehr utopisch, denn die Verwandlung zum Übermenschen erfordert Leid und Aufopferung. Doch sie verspricht auch etwas, nämlich die Erlösung vom Leiden. Mit dem Übertritt vom gewöhnlichen Menschen zum Übermenschen begeht man den Schritt aus dem Leiden.

Der Übermensch kennt keine überirdische Hoffnung, was schon in dem Satz „Gott ist todt“21 zum Ausdruck kommt. Es gibt keine höhere Macht, an die man sich wenden könnte, sondern es erfolgt die Aufforderung: „bleibt der Erde treu und glaubt Denen nicht, welche euch von überirdischen Hoffnungen reden!“22. Die daraus resultierenden Abkehr von der Religion zeigt sich auch durch die Charakterisierung des Übermenschen als denjenigen, „der zerbricht ihre Tafeln der Werthe, den Brecher, den Verbrecher: - das aber ist der Schaffenden.“23

Der Übermensch sieht sich selbst auch nicht als verehrungswürdig, sondern sagt seinen Jüngern, dass sie nicht an ihn glauben sollen. Sie sollen alleine gehen und ihm nicht folgen.24 Der Grund für diese Anweisungen liegt in ihrer tieferen Bedeutung. Durch die Anbetung eines Gott erfolgt eine Teilung in irdische und überirdische Hoffnung und stellt somit eine Entfremdung vom Menschen dar. Auch das Befolgen von Verboten führt zu einer Abkehr des eigenen Selbst, denn es handelt sich nicht mehr um ein selbstbestimmtes, sondern ein fremdbestimmtes Leben. Die Idee des Übermenschen erhebt sich über diese Spaltung des gewöhnlichen Menschen.

[...]


1 Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra, I-IV, hrsg. Colli, Giorgio; Montinari, Mazzino, München 20049. S. 14.

2 Welte, Bernhard: Der Übermensch Nietzsches und seine zweideutige Fragwürdigkeit, in: Concilium , 17. Jahrgang, Heft 1, Zürich 1981, S. 397.

3 Za, S. 14

4 Za, S. 109.

5 Brassard, Werner: Untersuchungen zum Problem des Übermenschen bei Friedrich Nietzsche, Freiburg i. Br., 1962. S. 12-13.

6 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 13.

7 Za, S. 14.

8 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 15.

9 Za, S. 66.

10 Za, S. 66.

11 Za, S. 189.

12 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 19.

13 Za, S. 26.

14 Welte: Der Übermensch Nietzsches und seine zweideutige Fragwürdigkeit, S. 397.

15 Za, S. 16.

16 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 22.

17 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 23.

18 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 24.

19 Brassard: Problem des Übermenschen, S. 25.

20 Za, S. 110.

21 Za, S. 14.

22 Za, S. 15.

23 Za, S. 26.

24 Za, S. 101.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Nietzsches Begriff des Übermenschen in seinem Werk „Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen.“
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Note
1,3
Jahr
2017
Seiten
25
Katalognummer
V371987
ISBN (eBook)
9783668501898
ISBN (Buch)
9783668501904
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Übermensch, Wille zur Macht, Ewige Wiederkunft, Wiederkehr, Zarathustra, Nietzsche, Ein Buch für alle und Keinen
Arbeit zitieren
Anonym, 2017, Nietzsches Begriff des Übermenschen in seinem Werk „Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen.“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/371987

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