Sprachpflege in der Fruchtbringenden Gesellschaft. Justus Georg Schottelius und die Stammwörter

Die deutsche Sprache im 17. Jahrhundert


Hausarbeit, 2017

13 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der historische Kontext
2.1 Die deutsche Sprache im 17. Jahrhundert
2.2 Der Begriff und die Geschichte der Sprachpflege

3. Die Sprachpflege in der Fruchtbringenden Gesellschaft
3.1 Verdienste und Leistungen der Gesellschaft
3.2 Exemplarisch: Justus Georg Schottelius und die Stammwörter

4. Resümee

5. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit der Sprachpflege in der Fruchtbringenden Gesellschaft und soll einen kurzen Überblick über sie geben. Dazu werde ich auf die Sprachsituation des Deutschen im 17. Jahrhundert, den Begriff der „Sprachpflege“ und seine Geschichte eingehen, woraus die Notwendigkeit der damals als „Spracharbeit“ betitelten Bemühungen um die Sprache sowie die angestrebten Zielsetzungen der Fruchtbringenden Gesellschaft deutlich werden sollen. Anschließend wird explizit auf die Sprachpflege in der Gesellschaft eingegangen, wobei der erste Teil allgemeine Verdienste und Leistungen der Gesellschaft um die Sprachpflege thematisiert. Wie die Arbeit eines einzelnen Mitgliedes der Gesellschaft aussah, soll abschließend im zweiten Teil am Beispiel von Justus Georg Schottelius Beitrag zu den Stammwörtern dargestellt werden.

Obgleich die Fruchtbringende Gesellschaft besonders nach der gut erschlossenen Köthener Periode als eine adlige Gesellschaft mit politischen und konfessionellen Motiven betrachtet wurde, dessen literarische Leistungen als Gemeinschaftserzeugnis von sehr geringem Ausmaß waren, haben ihre sprachpflegerischen Tätigkeiten bemerkenswerte Auswirkungen auf die Entwicklung der deutschen Sprache genommen und einen bleibenden Verdienst um die Kulturentwicklung geleistet. Noch heute ist das Ausmaß ihrer Arbeit in der deutschen Standardsprache bemerkbar, welche es ohne sie wahrscheinlich nicht in dieser Form gäbe. Ein Beispiel dafür wäre das von ihnen eingeführte Interpunktionssystem oder Wörter wie „Jahrhundert“, welche ihre lateinischen Vorgänger, in diesem Falle „Säkulum“, nahezu verdrängt haben.[1]

Welche Konsequenzen die Sprachpflege der Fruchtbringenden Gesellschaft noch hatte, was sie dazu veranlasste und wie die Arbeit konkret ausgesehen hat, soll in dieser Hausarbeit dargelegt werden, wobei zunächst der historische Kontext erläutert wird.

2. Der historische Kontext

2.1 Die deutsche Sprache im 17. Jahrhundert

Um das Bestreben der Fruchtbringenden Gesellschaft hinsichtlich der Sprachpflege zu begreifen, ist es von außerordentlicher Relevanz, sich mit dem historischen Kontext bezüglich der Sprachsituation des Deutschen im 17. Jahrhundert zu beschäftigen.

Das damals bestehende Heilige Römische Reich Deutscher Nation als metaphysische Größe über die lose Föderation einzelner Fürstentümer kann aus kultureller Perspektive auf verschiedene Weisen betrachtet werden. Einerseits ist die kulturelle Pluralität der polyzentrischen Nation hervorzuheben, dessen unterschiedliche regionale Kulturen gefördert wurden.[2] Andererseits kann man die absolutistische Fürstenherrschaft im frühneuzeitlichen Deutschland als „anarchistisches System zahlreicher quasi-souveräner Landesfürstentümer“ betrachten, aus der die Behinderung der kulturellen Entwicklung resultierte.[3] Dessen substantiellstes Charakteristikum stellte zwar die deutsche Sprache dar, jedoch bestand diese aus einer Reihe von Dialekten, es existierten mächtige Regionalsprachen wie Friesisch, Dänisch oder Italienisch, die Gelehrtensprache war das Latein, die Adelssprache Französisch und obendrein galt das Deutsche als frei von Grammatik und Hochsprachfähigkeit.[4] Ein verbindlicher Schreibstandard blieb ebenso aus wie ein schriftsprachlich dominierendes Zentrum, worin sich die nicht vorhandene monarchistisch-zentralstaatliche Führung wiederspiegelte, welche besonders die Sprachpolitik Frankreichs beeinflusste, wo eine Vereinheitlichung der Sprache schon einige Zeit eher vonstattenging. Zwar gab es einige Vorboten der Standardisierung, wie Luthers Bibelübersetzung Anfang des 16. Jahrhunderts, die Drucker- und Kanzleisprachen oder das sogenannte „Geimeine Teutsch“, allerdings hatten sich vor Beginn der Neuzeit überall eigene Schreibkonventionen gebildet, wobei die Normen der gesprochenen Sprache noch weit divergierender waren.[5]

Andere europäische Länder wie Frankreich, Spanien oder die Niederlande erlebten eine nationale, kulturelle Blütezeit. Ausgehend von Spanien und Italien setzten Bestrebungen zur Aufwertung der Landessprachen in Gang und so besann man sich auch in Deutschland einer Kulturnation mit eigener Sprache, Literatur und Musik.[6] Die Ziele der Fruchtbringenden Gesellschaft in puncto Sprachpflege lassen sich nun klar ableiten, nämlich zum einen die Ebenbürtigkeit des Deutschen mit anderen Sprachen[7] und zum anderen eine Standardisierung des Deutschen.[8] Die für die Verständigung unter den „Teutschen“ unabdingbare hochsprachliche Regulierung der Volkssprache, welche im Gegensatz zu anderen Nationen zivilgesellschaftlich und friedenspolitisch motiviert war, fand ihren Höhepunkt in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts mit der Bildung einer neuen Leitvarietät, welche in das gegenwärtig existierende Standarddeutsch mündete.[9]

Somit hatten die sprachpflegerischen Bestrebungen der Fruchtbringenden Gesellschaft, auf welche im 3. Kapitel explizit eingegangen wird, durchaus Erfolg. Bevor dies thematisiert wird, sollte zunächst der Begriff „Sprachpflege“ aus heutiger und historischer Perspektive geklärt werden. Zusätzlich werden im folgenden Kapitel einige geschichtliche Aspekte der Sprachpflege knapp geschildert.

2.2 Der Begriff und die Geschichte der Sprachpflege

Die Geschichte der deutschen Sprachpflege beginnt im 17. Jahrhundert einhergehend mit der Sprachreinigung.[10] Da sich die Bezeichnungen des heute als Sprachpflege benannten Begriffes über die Jahrhunderte stetig wandelten, ist eine Klärung der Begrifflichkeit erforderlich, bevor auf die Historie und weiteres eingegangen wird. Die im 17. Jahrhundert als Spracharbeit bezeichnete Sprachpflege wird bei Greule als „Summe der Aktivitäten, die auf die Verbesserung der Sprachkompetenz zielen“[11] determiniert. Mit dieser Definition ist das heutige Verständnis von Sprachpflege gemeint, welches unter anderem auch bei Glück als „Förderung des korrekten Sprachgebrauchs i. S. der Beachtung der geltenden Sprachnormen und Erziehung zu einem reflektierten Umgang mit der Sprache“[12] bestimmt wird. Im Duden findet sich folgende Bestimmung:

„Gesamtheit der Maßnahmen, die auf einen normgerechten Sprachgebrauch abzielen; Gesamtheit der Bemühungen um eine Verbesserung der Sprachkenntnisse und einen kultivierten Sprachgebrauch“[13]

Während erstere Definition sich auf die Verbesserung der Sprachkompetenz bezieht, also auch auf die aktive Einflussnahme auf die bestehende Sprache, beinhaltet Glücks Definition lediglich die Normbeachtung sowie Normvermittlung. Der Duden beinhaltet gewissermaßen die Aspekte aus beiden Definitionen, stellt dabei allerdings besonders die Normvermittlung in den Vordergrund und ähnelt insgesamt eher Glücks Terminologie. Dass Sprachpflege mehr als nur die Beachtung der Normen beinhaltet, beweisen die kürzlich bekanntgegebenen Änderungen der deutschen Rechtschreibung durch den Rat für deutsche Rechtschreibung. Wichtiger ist in dem Kontext dieser Hausarbeit jedoch die Betrachtung der Definitionen aus heutiger Sicht auf das frühere Verständnis. Wie bereits erwähnt, fehlte dem Frühneuhochdeutschen bis zur 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts eine überlandschaftliche Leitvarietät. Wenn also von der Beachtung von Normen für die Sprache die Rede ist, muss dabei beachtet werden, dass es zu Beginn der Sprachpflegegeschichte erst einmal Aufgabe war, eine einheitliche, normierende Sprache herauszubilden.

Eine gewisse Vorarbeit hierzu leisteten die Klostermönche, welche hauptsächlich Bibelerzeugnisse ins Deutsche übersetzten und somit die Muttersprache pflegten. Dies änderte nichts daran, dass die deutsche Sprache in den Gymnasiallehrplänen streng ausgeschlossen wurde. Die erste Sprachgesellschaft Deutschlands, die Fruchtbringende Gesellschaft, wurde 1617 dem Vorbild der italienischen Accademia della Crusca nach begründet, doch erst in den 40er-Jahren des 17. Jahrhunderts begründete sie die organisierte Pflege des Deutschen, welche damals als „Spracharbeit“ betitelt wird. Eine Auswirkung hiervon war die Zulassung des Deutschen an Gymnasien. Auch regte die Fruchtbringende Gesellschaft zu der Gründung weiterer solcher Verbände an, wie die des Pegnesischen Blumenordens 1644, welcher auch heute noch existiert. Als Gesellschaftszweck wurde damals angegeben: „Förderung der Verehrung Gottes und der deutschen Treue, Pflege und Verbesserung der deutschen Sprache und Dichtkunst“.[14] Wie sie dies umgesetzt haben, soll im nächsten Kapitel geschildert werden.

[...]


[1] Herz, Andreas (2016): Sprachausbau und -regulierung. Zur Spracharbeit der Fruchtbringenden Gesellschaft am Beispiel der Orthografie. In: Denkströme. Journal der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. Heft 16. S. 61.

[2] Nifanger, Dirk (2000): Barock. Lehrbuch Germanistik. Stuttgart/Weimar. S. 23 ff.

[3] Von Polenz, Peter (1994): Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Band 2: 17. Und 18. Jahrhundert. Berlin/New York. S. 1.

[4] Nifanger (wie Anm. 2), S. 28.

[5] Herz (wie Anm. 1), S. 54 ff.

[6] Nifanger (wie Anm. 2), S. 23 ff.

[7] Manger, Klaus (2001): Teutschhertziger Kulturpatriotismus in der Fruchtbringenden Gesellschaft. In: Manger (Hg.): Die Fruchtbringer – eine Teutschhertzige Gesellschaft. Heidelberg. S. 80.

[8] Herz (wie Anm. 1), S. 54.

[9] Herz (wie Anm. 1), S. 64.

[10] Greule, Albrecht; Ahlvers-Liebel, Elisabeth (1986): Germanistische Sprachpflege: Geschichte, Praxis und Zielsetzung. Darmstadt. S. 7.

[11] Ebd., S. 6.

[12] Glück, Helmut (2016): Metzler-Lexikon Sprache. Stuttgart. S. 582.

[13] Vgl. http://www.duden.de/rechtschreibung/Sprachpflege, letzter Zugriff am 25.07.2017.

[14] Von Polenz (wie Anm. 3), S. 1-180.

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Sprachpflege in der Fruchtbringenden Gesellschaft. Justus Georg Schottelius und die Stammwörter
Untertitel
Die deutsche Sprache im 17. Jahrhundert
Hochschule
Universität Erfurt  (Philsophische Fakultät)
Veranstaltung
Die deutsche Akademie des 17. Jahrhunderts
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
13
Katalognummer
V374420
ISBN (eBook)
9783668515284
ISBN (Buch)
9783668515291
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sprachpflege, Fruchtbringende Gesellschaft, Justus Georg Schottelius
Arbeit zitieren
Lukas Kilian Wolff (Autor:in), 2017, Sprachpflege in der Fruchtbringenden Gesellschaft. Justus Georg Schottelius und die Stammwörter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374420

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