Die Umstände der Entstehung der Arbeitslosenversicherung in der Weimarer Republik


Hausarbeit, 2004

13 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt:

Einleitung

1. Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach dem Ersten Weltkrieg

2. Abbau der Erwerbslosenfürsorge

3. Die Entwürfe der Arbeitslosenversicherung

Fazit

Literaturangaben

Einleitung

Die ersten Ansätze einer Arbeitslosenversicherung entstanden schon mit der Industrialisierung in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als zum ersten Mal das Problem des arbeitslosen Arbeitnehmers auftrat. In der Individualistischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts betrachtete man die Arbeitslosigkeit als Individuelles Problem. Doch mit zunehmender Zahl der Entlassungen und steigender Armut erkannte man schnell, das dies eine prägnante Wirkung auf die Wirtschaft hatte und nicht nur als individuelles Schicksal aufgefasst werden konnte. Der sozial- politisch wohl wichtigste Schritt in der Geschichte der Arbeitslosenversicherung ist die Entstehung des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) von 1927, mit dem ich mich in meiner Arbeit hauptsächlich befassen werde. Der Weg zur Arbeitslosenversicherung von 1927 war lang und kompliziert. Obwohl mehrfach die Forderung nach einer umfassenden Versorgung der Arbeitslosen bestand, zog sich die Zeit zwischen dem Abbau der Erwerbslosenfürsorge und der Entstehung der Arbeitslosenversicherung über viele Jahre hin. Doch warum dauerte das so lange, wenn schon viel eher das Bedürfnis danach bestand? Was genau waren die Ursachen für die Abschaffung der Erwerbslosenfürsorge, aber auch für die generelle Erneuerung eines Schutzes? Immer wieder wurde das Thema in der Weimarer Zeit zurückgestellt, da die Reichsregierung viel zu sehr damit beschäftigt war, andere wirtschaftliche Probleme der Nachkriegszeit, wie zum Beispiel Demobilmachung und Inflation zu behandeln. Das Problem der Arbeitslosigkeit und die daraus resultierende Armut bestand zwar, jedoch rückte die Lösung, nämlich eine umfassende Versicherung, immer wieder in den Hintergrund. Verursacht durch die öffentliche Unzufriedenheit, die immer wachsende Arbeitslosigkeit und die daraus resultierende Belastung der Staatskasse, veranlasste die Reichsregierung, vor allem aber das Reichsarbeitsministerium und den Finanzminister, den Abbau der Erwerbslosenfürsorge zu beschleunigen und ein Ersatz der Fürsorge zu entwerfen. Jedoch sollte es einige Jahre dauern, bis der endgültige, dritte Entwurf fest stand und das Gesetz verabschiedet werden konnte. Auf diese zwei Hauptthemen, die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und die Gründe für den Abbau der Erwerbslosenfürsorge, möchte ich in meiner Arbeit besonders eingehen. Um den Entstehungsweg zu präzisieren, werde ich außerdem kurz auf die verschiedenen Gesetzesentwürfe eingehen.

1. Entwicklung der Arbeitslosigkeit nach dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg galt es, die heimgekehrten Soldaten und die Rüstungsarbeiter aufzufangen, was nur möglich war, wenn man die bis dato geltende, aber nicht ausreichende Kriegswohlfahrtspflege durch ein anderes Modell ersetzen würde. Man traf eine Notmaßnahme: die Verordnung der Erwerbslosenfürsorge vom 3. November 1918, die allerdings nur als Übergangslösung dienen sollte, um die, wie man damals annahm, vorübergehende hohe Zahl an erwerbslosen Arbeitern zu unterstützen.1 Trotz der hohen Zahl von nahezu 3 Millionen Kriegstoten im Ersten Weltkrieg wuchs nach 1918 die Bevölkerung in Deutschland an, und folglich vergrößerte sich auch die Zahl der Erwerbsquote, also der Anteil der Erwerbstätigen an der Gesamtbevölkerung. 1925 beispielsweise waren 5 Millionen Erwerbsfähige mehr vorhanden als 1913.2 Hierbei gilt es, „erwerbsfähige“ und „erwerbstätige“ Personen zu unterscheiden. Während die „Erwerbtätigen“ nur die Zahl der Menschen darstellt, die tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt tätig ist, steht die Zahl der „Erwerbsfähigen“ für die Gesamtzahl der Bevölkerung, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Doch nicht nur die Anzahl der Erwerbstätigen generell änderte sich, sondern auch der Beschäftigungsanteil der einzelnen Branchen (z. B. in Industrie und Handwerk) verschob sich. Allerdings schränkten die Bedingungen des Versailler Vertrags die natürliche Bewegung des Arbeitsmarktes ein. Vorschriften zum Abbau der Streitkräfte, der Rückgang des Überseehandels und die Umstellung von der Rüstungsindustrie auf die Friedenszeit stellten weitere Belastungen des Arbeitsmarktes dar.3

Über die genaue Zahl der Arbeitslosen können aufgrund lückenhafter Statistiken keine korrekten Angaben gemacht werden. Zwar wurden die Arbeitssuchenden erfasst, jedoch waren nicht alle nach Arbeit fragende Personen auch arbeitslos. Auch war mit Mehrfachnennungen in Caritas und Arbeitgebervereinen zu rechnen. So blieb nur die Möglichkeit jene Arbeitslosen zu zählen, die von der Erwerbslosenfürsorge Unterstützung erhielten. Wie hoch der Anteil derer ist, die in der Erwerbslosenfürsorge nicht erfasst sind, lässt sich nicht sagen. Immerhin wurden im Januar 1922 75,8 % der Arbeitslosen unterstützt; allerdings profitierten im September desselben Jahres nur noch 7,8 % der Arbeitslosen von der Erwerbslosenfürsorge.4

Grundsätzlich gilt die Faustformel: „Die tatsächliche Höhe der Vollarbeitslosigkeit entspricht etwa der doppelten Höhe der Unerstützungsempfänger in der Erwerbslosenfürsorge.“5

Jetzt galt es, die circa sechs Millionen heimgekehrten Soldaten und die drei Millionen Rüstungsarbeiter in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Einen positiven Einfluss auf den Arbeitsmarkt hatten Demobilisierung und Inflation. Mit diesen Mitteln wurde die Wirtschaft stabil gehalten und die Zahl der Arbeitslosen konnte auf einem niedrigen Höchstmaß gehalten werden.6 Auch bestand ein Zusammenhang zwischen Arbeitslosenquote und Wechselkursbewegung, bzw. Preissteigerungsrate. Da der wirtschaftliche Aufschwung der Industrie vorrangig über die Notenpresse finanziert wurde, bestand in den folgenden Jahren stets eine gegenläufige Entwicklung zwischen Arbeitslosenquote einerseits und Wechselkursbewegung und Preissteigerungsrate andererseits. Das heißt: Stiegen die Preise und die Wechselkurse, so stiegen auch die Arbeitslosenzahlen. Umgekehrt ging die Arbeitslosigkeit zurück, wenn die Mark an Wert verlor.7 Besonders bedroht waren die Arbeiter des saisonalen Gewerbes. Im Winter nahm die Zahl der Arbeitslosen erheblich zu. Aber auch die kaufmännischen Angestellten waren betroffen.8 Erstmals stand auch das Problem der Dauerarbeitslosigkeit, d. h. Erwerbslose, die länger als ein Jahr keine Stellung hatten, im Raum.

2. Abbau der Erwerbslosenfürsorge

Die Erwerbslosenfürsorge war nur für die Dauer von 12 Monaten geplant und weist aufgrund dessen Mängel auf. Schon mit der Einführung wurden erste Fehler gemacht:

„Gustav Bauer hatte, als er die Terminierung der öffentlichen Arbeitslosenhilfe aus dem Entwurf der kaiserlichen Ministerialbürokratie übernahm, nicht wie diese dran gedacht, sie nach Ablauf der Frist ersatzlos außer Kraft treten zu lassen.“9

Die Erwerbslosenfürsorge war, begründet durch ihren gesamten Aufbau, kaum geeignet, die dem Staat in Art. 163 der Reichsverfassung auferlegte Pflicht zu erfüllen, bei fehlenden Arbeitsgelegenheiten für den notwendigen Unterhalt zu sorgen.10 Fakt ist, dass schon 1919 die Forderung nach der Abschaffung der Erwerbslosenfürsorge bestand.

[...]


1 Vgl. Hofmann, Gerd; S. 45 ff

2 Vgl. Lewek, S. 88

3 ebd. S. 89

4 Vgl. Führer, Karl-Christian: S. 144

5 Lewek, Peter; S. 98/99

6 Lewek. S. 147

7 Vgl. Führer, S. 148, zitiert nach C.-L. Holtfrerich, Die deutsche Inflation..., S. 198 f

8 Führer. , S. 151

9 Führer, S.170

10 Frerich/Frey, S. 199

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Die Umstände der Entstehung der Arbeitslosenversicherung in der Weimarer Republik
Hochschule
Universität Mannheim
Note
2,0
Autor
Jahr
2004
Seiten
13
Katalognummer
V374493
ISBN (eBook)
9783668540361
ISBN (Buch)
9783668540378
Dateigröße
417 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
umstände, entstehung, arbeitslosenversicherung, weimarer, republik
Arbeit zitieren
Franziska Kraus (Autor:in), 2004, Die Umstände der Entstehung der Arbeitslosenversicherung in der Weimarer Republik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/374493

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