Die Eroberung Englands 1066 - Rechtfertigungen einer Invasion


Seminararbeit, 2005

14 Seiten, Note: 2


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die normannische Invasion von
2.1 Mögliche Erbfolgeregelungen
2.2 Rechtfertigungen der Invasion

3. Herrschaftslegitimation in einer Quelle: Beispiel des Teppichs von Bayeux

4. Bilanz

5. Quellen- und Literaturverzeichnis
5.1 Quellenverzeichnis
5.2 Literaturverzeichnis

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit soll aufgezeigt werden, welche Gründe Herzog Wilhelm II. zur Legitimierung seiner Invasionsziele der britischen Inseln heranzog. Die Bedeutung dieser Frage ist zentral, da es, ohne ausreichende Begründung und Rechtfertigung, Wilhelm dem Eroberer vermutlich nicht gelungen wäre, eine derartig effiziente Herrschaft in England zu installieren, falls seine Beweggründe nicht als moralisch richtig von Gesellschaft und Kirche angesehen worden wären.

Zuerst soll gezeigt werden, welche anderen Möglichkeiten der Erbfolge es in England nach dem Tode Edward des Bekenners gab und wie Harald Godwinson von Wessex zum Monarchen gekrönt wurde. Ich beziehe mich in meiner Arbeit auf eine Darstellung von Richard Allen Brown[1], nach der ich auch die nach meiner Meinung zentralen Quellen[2] zu dieser Frage zitiere. Weiterhin wird eine umfassende Überblicksdarstellung von Kurt-Ulrich Jäschke[3] Verwendung finden, die sich eingehend mit dem Problem der Legitimierung des normannischen Herrschaftsanspruches befaßt. Abschließend nehme ich Szenen aus dem Teppich von Bayeux als Beispiel für die quellenkritische Methode. Ich gehe der Frage nach, auf welche Weise und mit welchen Mitteln, der Teppich den Herrschaftsanspruch Wilhelms legitimiert. Der Teppich wird deshalb gewählt, weil er, neben den bekannten schriftlichen Quellen, zu den am schwersten zu interpretierenden Quellen gehört.

2. Die normannische Invasion von 1066

2.1 Erbfolgeregelungen

Hauptursache für die Streitigkeiten um die Thronnachfolge war, daß König Edward von England keinen direkten Nachkommen hatte. Verwandtschaftliche Beziehungen machten Edgar Etheling, Urenkel von König Ethelred II., zu einem potentiellen Kandidaten. Da er aber noch ein Kind war und in Ungarn lebte, waren seine Chancen, König von England zu werden, gering[4]. Herzog Wilhelm II. von der Normandie leitete für sich das Recht auf den Thron aus der Ehe des englischen Königs Ethelred II. mit Emma von der Normandie, seiner Großtante[5], ab. Hinzu kam die frühere Zusicherungen König Edwards, daß Wilhelm ihm auf dem Thron nachfolgen solle. Herzog Harald wiederum beruft sich auf die Zusicherung Edwards des Bekenners an dessen Sterbebett, hierauf beziehen sich alle wichtigen englischen Quellen. Die „Vita Edwardi Regis“ gibt einen detaillierten Bericht über die letzten Worte Edwards: „[...] Then he addressed his last words to the queen who was sitting at his feet, in this wise, ‘May God be gracious to this my wife for the zealous solicitude of her service. For she has served me devotedly, and has always stood close by my side like a beloved daughter. And so from the forgiving God may she obtain the reward of eternal happiness.’ And stretching forth his hand to his governor, her brother, Harold, he said, ‘I commend this woman and all the kingdom to your protection. Serve and honour her with faithful obedience as your lady and sister, which she is, and do not despoil her, as long as she lives, of any due honour got from me.’[...].“[6]

Diese Übertragung der Königswürde wurde sowohl von Wilhelm von Poitiers, als auch auf dem Teppich von Bayeux als Tatsache akzeptiert und „zitiert“, gleichwohl aber als ungültig betrachtet. Ein Einwand gegen die rechtliche Legitimität sprach für die Normannen wohl aus der Tatsache heraus, daß Haralds Vater als einflußreicher angelsächsischer Adeliger stets in Opposition zu Edward dem Bekenner gestanden hatte, er war sowohl an der Ermordung seines Bruders Alfred als auch an verschiedenen politischen Intrigen gegen ihn beteiligt gewesen war. Man nahm also seitens der normannischen Darstellungen von einer unrechtmäßigen Einsetzung aus.

Als vierter beanspruchte der norwegische König Harold Hardrada als Erbe Knuts des Großen (995-1035) den englischen Thron. Als Helfer benutzte er Haralds Bruder Tostig, um ihn als Garant für eine skandinavienfreundliche Politik auf dem englischen Thron zu installieren.

2.2 Rechtfertigungen der Invasion

Herzog Wilhelm II. der Normandie (auch bekannt als „Wilhelm der Bastard“, aufgrund seiner nichtehelichen Herkunft) begründete sein Recht auf den englischen Königsthron aus zwei wesentlichen Aspekten. Zum einen war er mit Edward dem Bekenner verwandt (siehe 2.1), weshalb dieser ihm während eines Aufenthalts in der Normandie den Thron versprochen haben soll. Die eigentliche Legitimation, ist aber der Treueeid des Herzogs Harald von Wessex, der dann auch eine zentrale Position im Teppich von Bayeux einnimmt. Harald von Wessex setzte 1064 in die Normandie über, vermutlich um Geiseln freizukaufen[7], unter anderem seinen Bruder Wulfnoth[8], wurde dann aufgrund von schwierigen nautischen Bedingungen an die Sommemündung an der Küste von Ponthieu gezwungen. Dort wurden er und seine Gefolgsleute gefangengenommen und von Graf Wido I. auf Burg Beaurain festgehalten. Graf Wido I. war jedoch Herzog Wilhelm II. lehnsverpflichtet und mußte Harald an ihn ausliefern. Harald war bis 1065 in der Normandie und leistete dort, nach dem Teppich von Bayeux, Wilhelm den Treueeid und versprach ihn bei der Thronnachfolge in England zu unterstützen. Über den Inhalt des Eides kann nichts Gesichertes gesagt werden, weil nur bei den normannischen Geschichtsschreibern (Wilhelm von Poitiers) darüber berichtet wird. So habe sich Harold verpflichtet, Wilhelms Interessen an Edwards Hof zu vertreten und sein Möglichstes zu tun, um die Thronfolge für den normannischen Herrscher zu sichern. Harald habe den Eid ohne Zwang abgelegt und freiwillig sei er Vasall Wilhelm’s geworden: „At a council convened at Bonneville [sur-Touques] (20) Harold publicly swore fealty to him by the sacred rite of Christians. And according to the entirely truthful relation of certain most notable men of utter integrity who were present at the time, at the end of the oath he freely added the following clauses: that he would be the agent (vicarius) of duke William at the court of his lord king Edward as long as the latter lived; that he would bring about the succession of the English kingdom to William after Edward's death; that he would meanwhile hand over to the custody of William's knights (milites) Dover castle (castrum), fortified by him (Harold) at his own expense, and also that he would place in the keeping of the duke's castellans ( custodes) other castles (castra), abundantly supplied, in various parts of the kingdom where the duke should require them to be raised (firmari). The duke, having accepted Harold as his vassal by homage (jam satelliti suo accepto per manus (21)), at Harold's request, before the oath, enfeoffed him with all his lands and powers (terras ejus cunctumque potentum dedit petenti) .[9]"

Selbst wenn die Quellen in dieser Richtung widersprüchlich sind, ist es wahrscheinlich, dieses anzunehmen, da Wilhelm Harald unter anderem auf den Bretonenfeldzug mitnahm und ihn dort für sich arbeiten ließ. Was Harald allerdings veranlaßte, den Eid in diesem Sinne zu brechen, kann zwei Gründe haben. Erstens entspricht das angelsächsische Recht im Bezug auf das Lehnswesen nicht dem normannischen, also der kontinentalen Art der Lehnsherrschaft[10]. Die auf dem Teppich dargestellte „Waffenüberreichung“[11] wird Harald vermutlich, aufgrund des nicht in der normannischen Form existente englische Lehnswesen, eher veranlaßt haben, Herzog Wilhelm II. als eine Art Bündnispartner anzusehen, nicht aber als seinen Lehnsherren, der in seiner angelsächsischen Vorstellung nur Edward der Bekenner, also sein König, sein konnte. Zweitens ist festzustellen, daß dieser Eid in normannischer Gefangenschaft zustande kam und deshalb nicht als freiwilliger Eid, sondern als erpreßte Leistung von Harald verstanden wurde. Er hätte, nach seiner Rückkehr nach England, allerdings beim Papst[12] um Lösung des Eides bitten können, tat es aber nicht. Dies ist unbedingt anzumerken, daß die Quellen keine Auskunft geben, wie Harald den Eid verstanden hat, es kann sich, falls der Eid tatsächlich die wichtigste Legitimation für Wilhelm dargestellt hat, hierbei um einen Interpretationsfehler von Rechtsgeschäften gehandelt haben. Wilhelm ließ, nach Wilhelm von Poitiers, Harald am Vorabend von Hastings durch einen Mönch folgende Erklärung überbringen:

[...]


[1] Brown, Richard, Allen, The Norman Conquest, London 1984.

[2] William of Jumièges: Gesta Normannorum Ducum
in: Brown, Richard Allen, The Norman Conquest, London 1984.
William of Poitiers: Gesta Guillelmi ducis Normannorum et regis Anglorum,
in: Brown, Richard Allen, The Norman Conquest, London 1984.
Vita Edwarde Regis: The Life of King Edward who rests at Westminster,
in: Brown, Richard, Allen, The Norman Conquest, London 1984.

[3] Jäschke, Kurt-Ulrich, Die Anglonormannen, Stuttgart 1981. 2 nach: Krieger, Karl-Friedrich, Geschichte Englands, München 1990, S.83.

[5] „[…] der recht zweifelhafte Erbanspruch über seine Großtante Emma […]“ in: Jäschke, Kurt, Anglonormannen, S. 76.

[6] Vita Edwarde Regis, Part II, S. 74f., zitiert nach: Brown, R. A., Norman Conquest, S. 92f.

[7] Nach: Jäschke, Kurt, Anglonormannen, S. 75.

[8] Nach: ebenda, S. 77.

[9] William of Poitiers, S. 100f., zitiert nach Brown, R. A., Norman Conquest, S. 23.

[10] Nach: Jäschke, Kurt, Anglonormannen, S. 77.

[11] Siehe Quellenverzeichnis, Abbildung 2.

[12] Nach: Jäschke, Kurt, Anglonormannen, S. 77.

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Die Eroberung Englands 1066 - Rechtfertigungen einer Invasion
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Geschichtswissenschaften)
Veranstaltung
Proseminar "Die Eroberung Englands"
Note
2
Autor
Jahr
2005
Seiten
14
Katalognummer
V37496
ISBN (eBook)
9783638368193
Dateigröße
1141 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Eroberung, Englands, Rechtfertigungen, Invasion, Proseminar, Eroberung, Englands
Arbeit zitieren
Thomas Crämer (Autor:in), 2005, Die Eroberung Englands 1066 - Rechtfertigungen einer Invasion, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37496

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