Textinterpretation zu Felix Mitterers 'Kein Platz für Idioten'


Hausarbeit, 2004

13 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1 EINLEITUNG

Felix Mitterer wurde am 6. Februar 1948 in Achenkrich/ Tirol geboren. Seine Mutter, eine verwitwete Landarbeiterin, überließ ihren Sohn einem Tagelöhnerehepaar, das ihn adoptierte. In Kitzbühl und Kirchberg besuchte er acht Jahre die Volks- und drei Jahre die Mittelschule, um später zehn Jahre beim Innsbrucker Zollamt zu arbeiten. Anfang der 70er Jahre begann er eigene Texte für Rundfunk, Literaturzeitschriften und Zeitungen zu schreiben. Mit seinem Erstlingswerk, dem Volksstück Kein Platz für Idioten, gelang ihm 1977 der Durchbruch. Wie Mitterers gesamten Werke, bezieht sich auch Kein Platz für Idioten auf ein konkretes Ereignis.[1]

Anlass für dieses Stück bot Mitterer ein Vorfall, der sich 1974 in einem Tiroler Fremdenverkehrsort ereignete. Eine Mutter wurde aufgrund ihres behinderten Kindes aus einem Gasthaus gewiesen, da der Wirt durch deren Anwesenheit eine Geschäftsschädigung befürchtete.

Zunächst verarbeitete er dieses Ereignis als Hörspiel, das 1976 vom ORF ausgestrahlt wurde. Die Sprecher waren Schauspieler der Volksbühne Blaas in Innsbruck, die den Autor dann auch dazu veranlassten, den Stoff als Theaterstück umzuschreiben. Für Mitterer bot sich damit die Chance, eine Publikumsschicht anzusprechen und mit dem Stück zu konfrontieren, in deren Millieu der Schauplatz von Kein Platz für Idioten zu finden ist- nämlich in der Dorfbevölkerung. Diese war hauptsächlich Publikum in der Volksbühne Blaas und eigentlich auf Bauernschwänke und nicht auf kritische Volksstücke eingestellt.[2] Das Stück wurde 1977 in Blaas uraufgeführt, und für Felix Mitterer erfüllte sich sein Wunsch, beim Publikum für seinen Protagonisten Sebastian Möllinger, der den behinderten Jungen darstellt, Verständnis zu erzeugen und Zuneigung zu erwecken.

Mit dem Stück Kein Platz für Idioten will Mitterer die Missstände und Konflikte des Systems der Dorfgemeinschaft beleuchten. Es geht ihm um die Darstellung von individuellem Fehlverhalten, was auf der Bühne aus der sozialen Entwicklung zwar erklärt, damit aber nicht entschuldigt wird.[3] „Denn die Aufklärung über die Möglichkeit, Menschlichkeit zu beweisen, das Leben in jeder erdenklichen Konfliktsituation nach ethischen Maßstäben zu gestalten, ist ihm weithin das wichtigste Anliegen.“[4] Er stellt dar, jedoch ohne den moralischen Zeigefinger zu erheben.

Mittelpunkt Mitterers Werke ist fast ausnahmslos die Figur des Außenseiters. In Kein Platz für Idioten und Weizen auf der Autobahn (1985) spricht er Probleme geistig behinderter Menschen an; in Abstellgleis (1985) und Sibirien (1989) sind es von der Gesellschaft oder Familie ausgegrenzte alte Menschen; und mit Abraham (1993) verweist er auf die Stellung, die homosexuelle und aidskranke Menschen in unserer Gesellschaft einnehmen.

2 INTERPRETATION DES STÜCKS

2. 1 INHALTSANGABE

Das Volksstück Kein Platz für Idioten spielt in einem ländlichen Ort. Zeitpunkt des Geschehens ist das 20. Jahrhundert. Im ersten Akt bietet sich Plattl- Hans, der ausgediente Hufschmied des Dorfes auf dem Möllinger- Hof als Tagelöhner bei der Möllinger- Bäuerin an. Der Schauplatz ist die Wohnstube der Möllingers, wo sich zunächst Sebastian Möllinger, kurz auch Wastl oder Mandl genannt, aufhält. Sebastian ist der geistig und körperlich behinderte Sohn der Bauernfamilie. Er hat eine Clownsmaske vor dem Gesicht und beschäftigt sich mit dem neu angeschafften Fernsehgerät.

Der Junge ist bei jedem Geräusch sehr schreckhaft, so auch, als Plattl- Hans die Stube betritt. Sebastian ist so scheu, dass der Plattl- Hans es nicht vermag ihn unter dem Tisch hervor zu locken. Er verkrampft noch mehr, als die Möllinger- Bäuerin in das Zimmer kommt. Sie macht Hans ein Angebot für eine Sommeranstellung und klagt ihm im Gespräch ihr schweres Los, das sie auf dem Hof hat. Nicht nur die schwere Arbeit ist beklagenswert, sondern vor allem ihr Sohn , der aufgrund seiner Behinderung für die Familie einfach nur ein unnützer Fresser und keine brauchbare Arbeitskraft ist. Dieses Gespräch verfolgend und durchaus verstehend macht sich Sebastian versehendlich mit einem lauten Schluchzen bemerkbar, woraufhin die Bäuerin ihm nur weitere Gewalt, sowohl verbal als auch körperlich, entgegenzubringen vermag. Plattl- Hans missfällt die Lage des Jungen, so dass er ihn bei sich in der Dachkammer aufnimmt, was man im zweiten Akt erfährt.

Ort der Handlung ist im zweiten Akt das Gasthaus des Dorfes. Plattl- Hans und Sebastian kehren dort ein, um eine Kleinigkeit zu essen und zu trinken. Am Nebentisch sitzen zwei weitere einheimische Gäste, von denen der eine angetrunkene Gast laut seinen Unmut gegenüber Sebastian kund gibt. Er fühlt sich durch die bloße Anwesenheit des behinderten Jungen gestört.

Er ist der Meinung, dass Sebastian das Bild des Dorfes stört, das im Begriff ist Fremdenverkehrsort zu werden. Nach „Befragung“ eines Touristenpaares, welches das Gasthaus etwas später betritt, wird von diesem Gast auch der Wirt, der gleichzeitig der Bürgermeister des Ortes ist, auf das Problem der Geschäftsschädigung durch Sebastian hingewiesen. Der Wirt, der gerade im Begriff ist in der Tourismusbranche zu expandieren, sieht in Sebastian somit auch einen ästhetischen Störfaktor und erteilt Plattl- Hans und Sebastian Lokalverbot.

Der dritte Akt spielt in Plattl- Hans Dachkammer. Es ist Sebastians siebzehnter Geburtstag, an dem Plattl- Hans für ihn eine kleine bescheidene Feier zu zweit organisiert hat. Sie lauschen gerade dem Wunschkonzert im Radio, als der zweite, wohlgesinnte Gast die beiden warnt, dass Sebastian jeden Moment abgeholt werden kann, um in die Nervenheilanstalt eingewiesen zu werden. In den Augen der Dorfbewohner gilt Sebastian als Sexualverbrecher, seit er die Nachbarstochter nackt beim Baden angeschaut, und aus Unaufgeklärtheit auch angefasst hat.

Sebastians „Abtransport“ kann auch der verzweifelte, ohnmächtige Plattl- Hans nun nicht mehr aufhalten. Die Dorfgemeinschaft hat mit seinem „Vergehen“ einen offiziell gerechtfertigten Weg gefunden, um Sebastian aus der Gesellschaft auszuschließen.

[...]


[1] STRASSER, A.: Subjekt oder Objekt? – Der Idiot in der Dorfgemeinschaft am Beispiel von Felix Mitterers

Kein Platz für Idioten. In: Germanica, 1996, XVIII. S. 139

[2] Vgl. dazu MITTERER, F.: Kein Platz für Idioten. Volksstück in drei Akten. Friedel Brehm Verlag, 4. Auflage.

München, 1979. S. 73

[3] HOLZNER, J.: Felix Mitterer. Deutsche Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Hrsg.: Alo Allkemper/Norbert Otto Eke. Berlin, 2000. S. 806

[4] Ebd. S. 806

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Textinterpretation zu Felix Mitterers 'Kein Platz für Idioten'
Hochschule
Freie Universität Berlin
Veranstaltung
Volksstücke der 60er und 70er Jahre
Note
1,3
Autor
Jahr
2004
Seiten
13
Katalognummer
V37555
ISBN (eBook)
9783638368551
Dateigröße
503 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Textinterpretation, Felix, Mitterers, Kein, Platz, Idioten, Volksstücke, Jahre
Arbeit zitieren
Stefanie Stiemerling (Autor:in), 2004, Textinterpretation zu Felix Mitterers 'Kein Platz für Idioten', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37555

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