Fundraising als Finanzierungsinstrument für ein kleines Sozialunternehmen


Masterarbeit, 2017

80 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Methodik
1.3 Begriffseingrenzung und Einführung

2. Die Ressourcenbereitsteller
2.1 Fundraising bei Privatpersonen
2.1.1 Der Spenderloyalitätszyklus: Relationship Fundraising
2.1.2 Online-Fundraising
2.2 Fundraising bei Unternehmen
2.2.1 Unternehmensspenden
2.2.2 Sponsoring
2.3 Fundraising bei Förderstiftungen
2.4 Fundraising bei öffentlichen Institutionen
2.5 Zwischenfazit

3. Systematisches Fundraising
3.1 Fundraising als strategisches Marketinginstrument
3.2 Organisation im Fundraising
3.3 Spenderverwaltung
3.4 Zwischenfazit

4. Fundraising am Beispiel eines kleinen Sozialunternehmens
4.1 Der Verein für sozialpädagogisches Segeln e.v.
4.2 Entwicklung eines Fundraisingkonzepts
4.2.1 Analyse
4.2.2 Planung
4.2.3 Durchführung
4.2.4 Kontrolle
4.3 Zwischenfazit

5. Schlussteil
5.1 Zusammenfassung
5.2 Kritischer Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Die stufen der Spenderpyramide

Abb. 2: Der Spenderloyalitätszyklus

Abb. 3: Ziele von Sponsoring-Gebern und -Nehmern

Abb. 4: Fundraising-Management

Abb. 5: SWOT-Analyse

Abb. 6: PEST-Analyse

Abb. 7: Portfolio-Analyse

Abb. 8: Spenderverwaltung durch Excel VS. Spezialsoftware

Abb. 9: Spendersegmentierung

Abb. 10: Stärken und Schwächen des vss

Abb. 11: Chancen und Risiken aus dem Umfeld des vss

Abb. 12: Stärken-Schwächen- und Chancen-Risiken-Matrix

Abb. 13: Portfolio-Analyse über mögliche Vertriebskanäle

Abb. 14: Stakeholder-Analyse für den vss

Abb. 15: Beispielhafte Ressourcen-Bedarfsanalyse

Abb. 16: Kommunikations- und Vertriebskanäle des vss

Abb. 17: Beispielhafte operative Fundraising-Planung

Abb. 18: Vergleich von Online-Fundraising-Tools

Abb. 19: Auswahl strategischer Analysewerkzeuge des Online-Fundraising

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Der deutsche Sozialstaat entstand 1883 unter Bismarck mit Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung für Arbeiter. Neben den Sozialversicherungen (Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung) beruht das staatliche Sicherungssystem auf Leistungsgesetzen, wie Kindergeld und Wohngeld, und der öffentlichen Fürsorge, bestehend aus der Grundsicherung für Arbeitssuchende und der Sozialhilfe. Bis in die jüngste Zeit erfolgte ein Ausbau des sozialen Sicherungssystems, etwa durch die Kran­kenversicherungspflicht für jedermann seit 2009 (vgl. Falterbaum 2013, S. 111). Doch spätestens seit den 1990er-Jahren zeigt sich, dass der Staat die Qualität der sozialen Sicherung nicht dauerhaft aufrechterhalten kann. Faktoren wie die Wiedervereinigung, der demografische Wandel und die Globalisierung spielen hierbei eine entscheidende Rolle (vgl. Urselmann 2014b, S. 707). Heute finanzieren sich schon zwei Drittel der über 600.000 gemeinnützigen Organisationen in Deutschland mindestens teilweise durch Spenden. Insbesondere für kleine Sozialunternehmen stellt die Finanzierung durch Mit­gliedsbeiträge, Spenden und ehrenamtliches Engagement die Grundlage ihrer Arbeit dar (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 13). Fast die Hälfte des deutschen Spenden­volumens geht an kleinere gemeinnützige Unternehmen, wohingegen die 20 größten Non­Profit-Organisationen (NPO) nur ein gutes Drittel der Spendengelder einwerben (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 17).

Aber nicht nur auf der Seite der Anbieter von sozialen Dienstleistungen wird nach nicht­staatlichen Finanzierungsalternativen gesucht, sondern auch Privatpersonen und Unter­nehmen zeigen ein zunehmendes Verantwortungsbewusstsein für die Gesellschaft, welches nicht durch die Abführung von Steuern alleine beglichen werden kann. Neue Begriffe, wie Corporate Citizenship (Bürgerschaflichtes Engagement) oder Corporate Social Responsibility (sozial verantwortliche und ökologische Unternehmenstätigkeit), spiegeln die zunehmende Bedeutung von sozialem Engagement wider (vgl. IHK 2017), wie die Studie „Corporate Social Responsibility“ belegt (vgl. Forsa 2005).

Der Verein für sozialpädagogisches Segeln e.v. (VSS) bietet als kleines gemeinnütziges Sozialunternehmen seit 38 Jahren erlebnispädagogische Segelfreizeiten für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit und ohne Behinderung auf dem Bodensee an. Die Finanzierung der Vereinsarbeit wird durch die abnehmende Förderung durch das Land Baden-Württemberg zunehmend schwieriger, so dass sich der VSS aktuell um alternative Möglichkeiten bemüht. Erste Erfolge brachten im letzten Jahr eine Crowdfunding-Aktion zur Finanzierung eines weiteren Jugendwanderkutters und ein erfolgreicher Förderantrag bei der Aktion Mensch. Allerdings war der Ablauf dieser Fundraising-Aktionen unstruk­turiert und lediglich als einmaliges Projekt geplant.

Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung unterschiedlicher Fundraising-Instrumente und die Systematik von strategischem Fundraising. Auf dieser Grundlage soll am Beispiel des Vereins für sozialpädagogisches Segeln e.v. untersucht werden, inwieweit Fundraising als professionelles und damit nachhaltiges Finanzierungsinstrument von kleinen Sozialunter­nehmen genutzt werden kann.

1.2 Aufbau und Methodik

Nach Erläuterung und Eingrenzung der Begrifflichkeiten Fundraising, Finanzierungs­instrument und kleine Sozialunternehmen wird im zweiten Kapitel auf die Bedeutung und den Umfang, die Möglichkeiten und die Methodik des Fundraisings bei den einzelnen Ressourcenbereitstellern Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen und öffentlichen Institutionen eingegangen. Das dritte Kapitel beschreibt Fundraising als strategisches Marketinginstrument im Managementregelkreis aus Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle. Auch die Aufbau- und Ablauforganisation von Fundraising im Sozialunter­nehmen und die Einrichtung einer Spenderdatenbank sind wesentlich, um Fundraising als strategisches Finanzierungsinstrument einzusetzen. Im vierten Kapitel wird letztendlich die Methodik des Fundraisings auf ein beispielhaftes kleines Sozialunternehmen, den Verein für sozialpädagogisches Segeln e.v., bezogen. Nach der Vorstellung des Vereins und seiner aktuellen Finanzierung, wird hier ein Fundraisingkonzept für den vss ent­wickelt. Eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse sowie ein kritischer Ausblick folgen im letzten Kapitel.

Zur komplexen Thematik Fundraising gibt es ausführliche wissenschaftliche Untersuchun­gen und vielfältige Publikationen. Insbesondere Dr. Michael Urselmann (u.a. 2014, 2016), Professor für Sozialmanagement an der Fachhochschule Köln, und die Fundraising Akademie (u.a. 2016), die Bildungsmöglichkeiten für Fundraiser bietet, haben zur Profes- sionalisierung von Fundraising beigetragen. Neben den Standardwerken finden sich zahl­reiche Veröffentlichungen zur Methodik des Fundraisings sowie Untersuchungen über die Wirkung, das Spendenvolumen und die Motive der Spender. Die vorliegende Arbeit greift auf die bestehenden Erkenntnisse zurück, indem sie diese thematisch zusammenfasst, beschreibt und analysiert, um sie anschließend auf eine kleine sozialwirtschaftliche Orga­nisation zu übertragen und kritisch zu reflektieren. Publikationen explizit über Fundraising durch kleine Sozialunternehmen, die, wie viele der gemeinnützigen Vereine, bis zu zehn hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigen, existieren bisher kaum (vgl. Gregory, Schmotz 2015). Die vorliegende Masterarbeit möchte dazu beitragen, diese Lücke zu schließen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Fundraising von Geldleistungen, da hier das größte Defizit beim Verein für sozialpädagogisches Segeln e.v. gesehen wird. Diese Einschrän­kung soll die Bedeutung des Fundraisings von Sachspenden und freiwilligem Engage­ment nicht negieren, da insbesondere viele kleine Vereine ohne Ehrenamtliche kaum existieren würden, und auch der vss auf die Hilfe von freiwilligen Helfern angewiesen ist.

Aus Gründen einer einfacheren Lesbarkeit wird im Folgenden an manchen stellen auf eine geschlechterspezifische Unterscheidung verzichtet. Im Sinne des Gender Main­streaming sind aber gegebenenfalls sowohl männliche als auch weibliche Personen gemeint.

1.3 Begriffseingrenzung und Einführung

Der Begriff „Fundraising“ lässt sich als Wachsen (to raise) des Vermögens (fund) aus dem Englischen übersetzen und definiert damit Fundraising als „eine Aktivität von Nonprofit­Organisationen, aufgrund derer ihr Vermögen bzw. die vorhandenen Ressourcen wach­sen“ (Fischer, Haunert, Kreuzer 2016, S. 77). über dieses rein handwerkliche Fund- raising-Verständnis hinausgehend, das sich auf die Ressourcenbeschaffung bezieht, steht Fundraising für einen strategischen und systematischen Managementprozess (S. Kap. 3) (vgl. Fischer, Haunert, Kreuzer 2016, S. 78).

Als Grundlage dieser Arbeit dient Michael Urselmanns Definition, die im Folgenden alle wesentlichen Aspekte des Fundraisings beschreibt:

„Fundraising ist die systematische Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten einer steuerbegünstigten Organisation, welche darauf ab­zielen, alle benötigten Ressourcen (Geld-, Sach- und Dienstleistungen) durch eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller (Privat­personen, Unternehmen, Stiftungen, öffentliche Institutionen) zu möglichst geringen Kosten zu beschaffen.“ (Urselmann 2016a, S. 4).

Laut Urselmanns Definition kann Fundraising nur von steuerbegünstigten Organisationen durchgeführt werden. Die Abgabenordnung gewährt „eine Steuervergünstigung, weil eine Körperschaft ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke (steuerbegünstigte Zwecke) verfolgt“ (§51 Abgabenordnung). Unter Körper­schaften werden Organisationen verstanden, die als juristische Personen eine eigene Rechtsfähigkeit besitzen und durch Organe vertreten werden.

- Gemeinnützige Zwecke: beispielsweise die selbstlose ״Förderung der Jugend- und Altenhilfe" (§52 AO).
- Mildtätig Zwecke: u.a. die uneigennützige Unterstützung von Personen, ״die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer ange-wiesen sind" (§53 AO).
- Kirchliche Zwecke: die selbstlose Förderung einer ״Religionsgemeinschaft, die Körper-schaft des öffentlichen Rechts ist" (§54 AO).

Nach dieser steuerrechtlichen Definition kann Fundraising steuerbegünstigten Organisa­tionen aus dem Nonprofit-Sektor als Finanzierungsinstrument neben dem freien Markt und dem Staat dienen. Allerdings können auch staatliche Institutionen steuerbegünstigt sein und sich damit durch Fundraising finanzieren (vgl. Urselmann 2016a, S. 7-8).

Der Begriff „kleine Sozialunternehmen“, der originär auch privat-gewerbliche Anbieter Sozialer Arbeit einbezieht, wird im Folgenden ausschließlich für gemeinnützige Organisa­tionen verwendet, die bis zu zehn hauptamtliche Mitarbeiter beschäftigen. Sogenannte Profit-Unternehmen aus dem freien Markt können kein Fundraising zur Finanzierung ihres Angebots betreiben, da sie als gewinnorientiertes Unternehmen nicht steuerbefreit sind.

Fundraising zielt auf die Beschaffung von allen benötigten Ressourcen ab und damit nicht alleine auf finanzielle Ressourcen, wie die wörtliche Übersetzung aus dem Englischen nahelegt. Neben Geldleistungen beinhaltet Fundraising auch die Beschaffung von Sach- und Dienstleistungen. Sachleistungen können beispielsweise von Unternehmen zur Verfügung gestellte Arbeitsmaterialien, Räumlichkeiten oder Fahrzeuge sein. Dienst­leistungen sind zum Beispiel Beratungen oder der gesamte Bereich des ehrenamtlichen Engagements (vgl. Urselmann 2016a, S. 4-7). Der Begriff „Finanzierungsinstrument“ setzt sich aus „Finanzierung“ und „Instrument“ zusammen. Finanzierung bedeutet die Ausstat­tung eines Unternehmens mit Geld und geldwerten Gütern (vgl. Becker 2016, S. 3). Unter Instrument sind Werkzeuge zu verstehen, die für die Kapitalbeschaffung notwendig sind. Finanzierungsinstrumente sind somit Mittel, um ein Unternehmen mit den notwendigen Finanzen auszustatten.

Ressourcenbereitsteller, die gemeinnützige Organisationen mit Geld-, Sach- und Dienst­leistungen unterstützen, können nach Urselmanns Definition Privatpersonen, Unterneh­men, Stiftungen und öffentliche Institutionen sein. Um erfolgreich Drittmittel einzuwerben, muss Fundraising konsequent an den Bedürfnissen der Ressourcenbereitsteller ausge­richtet werden. „Fundraising bedeutet, ein Angebot zu machen. Ein Angebot, mitzu­machen, ein Angebot, sich zu beteiligen, sich zu engagieren, ein Angebot, das Menschen annehmen. Weil sie sich vom Anliegen bezaubern, gewinnen und begeistern lassen.“ (Feil 2012, S. 11). Ressourcenbereitsteller müssen also von dem Projekt derart begeistert werden, dass sie sich mit diesem identifizieren und bestenfalls selbst daran teilhaben. Es stellt sich also die Frage nach der Motivation und dem Nutzen, welche Ressourcenbereit­steller durch ihr Engagement haben. Fundraising erfolgt nur selten rein altruistisch, denn Ressourcen bereitsteiler erwarten in der Regel zumindest immaterielle Gegenleistungen. Diese können sowohl ausgesprochen oder vertraglich fixiert werden, oder es kann sich dabei auch um unausgesprochene Erwartungen handeln (vgl. Urselmann 2014b, S. 708f).

Urselmanns Definition von Fundraising ist stark vom Marketing-Begriff geprägt. So definiert Manfred Bruhn Nonprofit-Marketing als Denkhaltung, welche als systematischer Managementprozess im kybernetischen Regelkreis von Analyse, Planung, Durchführung und Kontrolle realisiert wird. Alle internen und externen Unternehmensaktivitäten, die auf die Finanzen, Mitarbeiter und besonders auf den Organisationszweck abzielen, sind auf den Nutzen und die Erwartungen der stakeholder (Anspruchsgruppen wie Leistungsempfänger, Kostenträger, die eigene Organisation und die Öffentlichkeit) einer Nonprofit-Organisation auszurichten (vgl. Bruhn 2012, S. 55). Fundraising bedeutet, wie auch Marketing, „die systematische Gestaltung von Austauschbeziehungen“ (Urselmann 2016a, S. 11). Professionelles Fundraising ist nicht nur Beziehungsarbeit, sondern muss, wie in Kap. 2 dargestellt, die Motive von Ressourcenbereitstellern kennen und entsprechend nutzen.

Dabei ist es wichtig, die Unkosten und den Aufwand für das Fundraising möglichst gering zu halten. Selbst wenn der Ressourcenbereitsteller auf materielle Gegenleistungen verzichtet, fallen für die gemeinnützige Organisation Kosten für die Spendenakquise an. Auch für immaterielle Gegenleistungen, wie Dankesschreiben oder Informationsmedien, entstehen Kosten und Arbeitsaufwand. Der durch Fundraising verursachte Verwaltungs­kostenanteil sollte auf ein Minimum beschränkt werden und verhältnismäßig zum Fund- raising-Ertrag sein (vgl. Urselmann 2016a, S. 10).

2. Die Ressourcenbereitsteller

Fundraising kann bei den Ressourcenbereitstellern, also Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen und öffentlichen Institutionen, erfolgen und gemeinnützige Organisationen mit Geld-, Sach- und Dienstleistungen unterstützen. Hierbei finanzieren sich gemeinnützige Organisationen zu 82,5% aus staatlichen Mitteln, wie Zuwendungen, Ausschreibungen, Entgeltvereinbarungen und Kostenerstattungen (vgl. Falterbaum 2013, S. 142-150). 10,2% ihrer Einnahmen erzielen sie eigenständig, etwa durch Gebühren. Fundraising bei Privatpersonen, Unternehmen und Stiftungen machen zusammen immerhin 7,3% der Finanzierung gemeinnütziger Organisationen aus (vgl. Anheier 1997, S. 54). Die Beson­derheiten des Fundraisings und die spezifische Methodik, wird im Folgenden für die vier Ressourcenbereitsteller erläutert.

2.1 Fundraising bei Privatpersonen

Für gemeinnützige Organisationen sind nicht nur Geld- und Sachspenden wichtige Fundraising-Ressourcen, sondern auch Zeitspenden, die gerade für kleine Sozialunter­nehmen wesentlich für ihre Arbeit sein können. Zunächst geht dieses Kapitel auf das Spendenvolumen und die Motivation von Privatpersonen, für gemeinnützige Organisa­tionen zu spenden, ein. Anschließend wird nicht nur das Fundraising bei Privatpersonen erläutert, sondern auch die Bedeutung und Funktion von Online-Fundraising, da dieses insbesondere für kleine Sozialunternehmen einen immer bedeutsameren Kommunika- tions- und Vertriebskanal für Fundraising darstellt.

Über das jährliche Spendenvolumen von Privatpersonen in Deutschland können keine exakten Aussagen gemacht werden, da lediglich die Geldleistungen bekannt sind, die bei der Einkommensteuer geltend gemacht werden. Spenden, die nicht steuerlich relevant sind, wie Bagatellspenden, Schenkungen und Nachlässe oder Ausgaben, wie Lotterielose oder Benefizveranstaltungen, können nur durch Umfragen geschätzt werden (vgl. Ursel­mann 2016b, S. 372-377).

Die „Bilanz des Helfens 2016“ des Deutschen Spendenrats erfasst monatlich das Spen­denverhalten von 10.000 deutschen Privatpersonen ab 10 Jahren, wobei Erbschaften, politische Spenden, Bußgelder, Stiftungsneugründungen und Großspenden ab 2.500C nicht erfasst werden (vgl. GfK, Deutscher Spendenrat e.v. 2017, S. 4). Insgesamt wurden nach dieser Hochrechnung 2016 5,3 Mrd.c gespendet, was das zweitbeste Ergebnis seit Erhebungsbeginn 2005 darstellt, aber auch ein Minus von fast 5% zum Vorjahreswert bedeutet. Dieses rückläufige Spendenverhalten ist im Vergleich zum Erdbeben in Nepal 2015 und zur aktuellen Flüchtlingskrise hauptsächlich auf die geringere Medienpräsenz zurückzuführen (vgl. GfK, Deutscher Spendenrat e.v. 2017, S. 10). Die Studie stellt fest, dass 2016 ein Drittel der Bevölkerung ab 10 Jahren eine Geldspende tätigte, wobei sowohl die Anzahl der Spender (von 22,7 auf 22,1 Mio.) als auch die durchschnittliche Spendenhöhe (von 37€ auf 35€) im Vergleich zu 2015 rückläufig ist. Allerdings stieg die Spendenhäufigkeit von 6,6 auf 6,7 Spenden pro Person (vgl. GfK, Deutscher Spendenrat e.v. 2017, S. 13).

Urselmann hingegen, der den deutschen Spendenmarkt umfassend untersuchte, schätzt das Spendenvolumen von Privatpersonen 2015 auf mindestens 8 Mrd.€, wobei er von einem durchschnittlichen Wachstum von minimal 3% pro Jahr ausgeht, einem Wert der deutlich über der Inflationsrate liegt. Zu diesem Wert kommt noch die in Deutschland entrichtete Kirchensteuer in Höhe von 10,5 Mrd.€ (2013) (vgl. Urselmann 2016b, S. 375f).

Dass die „Bilanz des Helfens“ von ca. 1/3 weniger Spenden ausgeht als Urselmann, liegt an den ungleichen Erhebungsmethoden und unterschiedlichen Definitionen von Spenden. Übereinstimmend bleibt festzuhalten, dass das Spendenvolumen in Deutschland konti­nuierlich zunimmt und damit auch das Potential von Fundraising als Finanzierungs­instrument von gemeinnützigen Organisationen bedeutsamer wird. Allerdings ist die Anzahl der Menschen, die spenden, rückläufig, d.h. weniger Menschen spenden höhere Summen. Zu beachten ist auch, dass der Wettbewerb um die Spender zunimmt, und dass immer mehr gemeinnützige Organisationen auf dem Spendenmarkt konkurrieren. Dies ist zum einen dem gewachsenen Finanzdruck im sozialen Bereich geschuldet, da in vielen Bereichen die staatlichen Unterstützungen rückläufig sind. Andererseits werben aber auch immer mehr ausländische Organisationen um deutsche Spendengelder (vgl. Urselmann 2016b, S. 377-380).

Wie bereits angemerkt, sind die Motive von Privatpersonen, Geld-, Sach- oder Zeitspenden zu leisten, selten selbstlos. Das bestätigt auch eine Umfrage, die das Ergebnis mit „Sinnhaftigkeit oder die Notwendigkeit des Engagements“ zusammenfasst (vgl. Simonson, Vogel, Tesch-Römer 2016, S. 12). Zu den Gegenleistungen zählen steuerliche Vorteile, Versicherungen (z.B. bei Rettungsorganisationen), der Abbau von Schuldgefühlen, soziale Anerkennung oder die Vermeidung von Unannehmlichkeiten (z.B. durch Nicht-Spenden) (vgl. Urselmann 2014b, S. 708f). Spaß und Geselligkeit beim ehrenamtlichen Engagement sind wichtige Faktoren. So nennen 80% der befragten Ehrenamtlichen des Freiwilligensurveys 2014 „Spaß“ an der ehrenamtlichen Tätigkeit als Motiv. Gleichwertig bei rund 60% werden die Motive „mit anderen Menschen Zusammenkommen“ und die „Gesellschaft mitgestalten“ genannt. Zu einem Drittel erhoffen sich die Freiwilligen durch ihr Engagement neue Erfahrungen und eine bessere Qualifizierung (vgl. Simonson, Vogel, Tesch-Römer 2016, S. 12).

2.1.1 Der Spenderloyalitätszyklus: Relationship Fundraising

Um als gemeinnützige Organisation vom Spendenmarkt zu profitieren, der in Deutschland einen Umfang in Milliardenhöhe hat, wird das Instrument des „Relationship Fundraising“ verwendet. „Fundraising durch Beziehungsaufbau“ bedeutet den „Aufbau einer langfris­tigen Beziehung zwischen Organisation und Ressourcenbereitsteller (hier: Spender)“ (Urselmann 2014b, S. 712f). Relationship Fundraising basiert auf Vertrauen zwischen Spender und gemeinnütziger Organisation, welches über langfristige Beziehungsarbeit aufgebaut wird. Durch die Bindung des Spenders an die Organisation wird dieser motiviert regelmäßig zu spenden und, wie das Modell der Spendenpyramide verdeutlicht, stufe für Stufe mehr finanzielle Verantwortung für „seine“ Organisation zu übernehmen (vgl. Ursel­mann 2014b, S. 712f).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 : Die stufen der Spenderpyramide (eigene Darstellung nach Urselmann 2014a, S. 16)

Umso höher die stufe in der Spenderpyramide, desto kleiner ist die Anzahl der Spender, wie die Abbildung der Spendenpyramide zeigt, aber um so größer wird die Spendenhöhe. Die Beziehungsintensität und damit der Arbeitsaufwand für die Spenden sammelnde Organisation nimmt mit jeder stufe zu. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass 80% der Spender zu ca. 20% des Spendenvolumens beitragen. Die übrigen 80% machen Großspenden aus (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 9f).

Grundlage des Spendens ist die öffentliche Bekanntheit des Sozialunternehmens, da Spenden nicht an unbekannte Organisationen erfolgen. Durch Öffentlichkeitsarbeit muss die gemeinnützige Organisation auf sich aufmerksam machen und Interessenten für den satzungsmäßigen Auftrag der Organisation gewinnen. Ab hier beginnt das Relationship Fundraising, die Beziehungspflege zum Spender, indem die Organisation regelmäßig den potentiellen Spender über ihre Arbeit und Unterstützungsmöglichkeiten (Geld-, Zeit oder Sachspenden) informiert. Wenn der Interessent zum Erstspender wird, werden weiter­gehende Angebote vorgelegt, um ihn zum Mehrfach- und schließlich zum Dauerspender zu machen. Einen kleinen Teil der Dauerspender kann die Organisation zu Großspenden motivieren und letztendlich vielleicht im Testament mancher Unterstützer bedacht werden (vgl. Urselmann 2014b, S. 713f).

Die Bedeutung des Relationship Fundraising wird im Modell des „Donor Loyalty Cycle“ (vgl. Burgess 2004), dem Spenderloyalitätszyklus noch ausdrücklicher dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Der Spenderioyalilätszyklus(eigene Darstellung nach Burgess 2004)

Zunächst gilt es im Rahmen der Kommunikationspolitik des Sozialunternehmens Men­schen für die soziale Aufgabe, um welche sich die gemeinnützige Organisation kümmert, zu interessieren und zugleich als Ansprechpartner von potentiellen Interessenten wahr­genommen zu werden und diese Interessenten anschließend an sich zu binden. Erst im zweiten Schritt werden den Interessierten Angebote für ein weiterreichendes Engagement in der Organisation gemacht, sie also um eine Sach-, Zeit- oder Geldspende gebeten. Gleich nach jeder Spende kommt als dritter Schritt die Anerkennung der Leistung des Spenders und die Danksagung. Wichtig ist es in einem vierten Schritt, alle Interessierten und Spender über die Arbeit der Organisation auf dem Laufenden zu halten und darüber zu informieren, wie die Spende benutzt wird und was durch sie konkret erreicht werden kann. Im letzten und fünften Schritt wird versucht eine dauerhafte Beziehung (Relation­ship Fundraising) zum Spender aufzubauen, indem dieser auf allen möglichen Kanälen, nicht nur über die Arbeit der Organisation informiert, sondern in diese einbezogen wird. Einerseits soll der Erstspender zum Mehrfach- und Dauerspender gemacht werden. Andererseits wird versucht ihn als Multiplikator zu gewinnen, damit er selbst weitere Interessenten und Spender für die Organisation generiert (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 10-12 und Burgess 2004).

1. Schritt: Interessenten gewinnen und binden

Fundraising ist Beziehungsarbeit (Relationship Fundraising) und die Grundlage einer Beziehung ist Kommunikation. An dieser Schnittstelle zum Marketing muss der gesamte Kommunikationsmix der gemeinnützigen Organisation nicht nur auf die Werbung von Kunden, sondern auch von Unterstützern durch Geld-, Sach- und Zeitspenden ausge­richtet sein. Kommunikation bindet Interessenten an die Organisation, wie der Spender­loyalitätszyklus zeigt. Interessenten sollen langfristig nicht nur als Spender, sondern auch als Kommunikator, als Werbeträger für die Organisation gewonnen werden.

Der Postvertrieb (Brief, Hauswurfsendung) ist das klassische Medium zur Gewinnung von Interessenten und Erstspendern. Hierbei kann die gemeinnützige Organisation sowohl auf Eigenadress-Daten (Kap. 3.3), wie auch auf Fremdadress-Daten (aus dem Telefonbuch oder von Adressverlagen) zurückgreifen. Bei letzteren sind die Streuverluste naturgemäß deutlich größer, da die Briefe auch an Menschen gehen, die keinerlei Interesse für die Organisation und ihre Anliegen haben. Wegen der großen Breitenwirkung und den vergleichsweise geringen Kosten (ca. 1€ pro Brief), ist der Postvertrieb immer noch der wichtigste Kommunikations- und Vertriebskanal im Fundraising, insbesondere für die Basis der Spenderpyramide (vgl. Urselmann 2014a, S. 168f).

Zukünftig wird der Online-Vertrieb (Homepage, Newsletter, Social-Media) mehr und mehr den Postvertrieb ersetzen. Immerhin schon für 16% der in einer Studie befragten sozialen Organisationen stellt Online-Fundraising einen wichtigen Fundraisingkanal dar (plus 2% im Vergleich zu 2016). Für die kommenden drei Jahre erwarten die befragten Organisa­tionen eine Zunahme des Stellenwerts von Online-Fundraising um 20% (auf 36%) (vgl. Altruja 2017, S. 25f). Da das Internet als Kommunikations- und Vertriebskanal, insbe­sondere auch für kleine Sozialunternehmen, an Bedeutung gewinnen wird, beschäftigt sich Kapitel 2.1.2 mit dem Online-Fundraising.

Der Telefonvertrieb ist im Vergleich zum Postvertrieb, aufgrund des hohen personellen Aufwands, relativ teuer (ca. 9€ pro Telefonat), aber die individuelle und intensive Kommu­nikation zahlt sich beim Aufbau einer dauerhaften Spenderbeziehung aus. Aus rechtlichen Gründen können beim Telefonvertrieb keine Interessenten oder Erstspender gewonnen werden, da Privatpersonen nicht ohne Einwilligung aktiv angerufen werden dürfen. Aber der telefonische Kontakt zahlt sich bei der Spenderbindung, bei der höheren Einstufung in der Spenderpyramide und bei der Rückgewinnung von Spendern aus (vgl. Urselmann 2014a, S. 1761).

Der persönliche Vertrieb (persönliches Gespräch, Event, Haus-, Straßenwerbung) ist das erfolgreichste aber auch aufwendigste Kommunikations- und Vertriebsmittel des Fund- raisings. Durch den persönlichen Kontakt können im Sinne des Relationship Fundraisings langfristige Spenderbeziehungen aufgebaut werden. Aufgrund des großen finanziellen und personellen Aufwands eignet sich der persönliche Vertrieb insbesondere für Dauer-, Groß- und Testamentsspender. Aber auch beim Fundraising gegenüber Unternehmen (Kap. 2.2), Stiftungen (Kap. 2.3) und öffentlichen Ressourcenbereitstellern (Kap. 2.4) kann sich der persönliche Kontakt lohnen (vgl. Urselmann 2014a, S. 186).

Mediawerbung (Fernsehen, Radio, Kino, Printwerbung, Außenwerbung) spricht als Massenmedium eine große Anzahl von Menschen relativ undifferenziert an. So ist eine relativ günstige Kommunikation mit vielen potentiellen Spendern möglich. Allerdings erfolgt diese unpersönlich und nur indirekt. Für das Fundraising eignet sich daher ein zweistufiges Kommunikationskonzept: Im ersten Schritt sorgt die Werbung für die Bekanntheit der Organisation. Im zweiten Schritt tritt der Interessent online oder telefonisch näher mit der Organisation in Kontakt (vgl. Urselmann 2014a, S. 211).

Welche Inhalte auf welchem Kommunikationskanal in welcher Form vermittelt werden sollen, hängt von den kommunikativen Fundraisingzielen der Organisation ab. steht die Gewinnung von Ehrenamtlichen oder von Spendern im Vordergrund? Hierzu gehört auch das Image, mit dem sich die Organisation in der Öffentlichkeit positioniert. Von diesem hängt ab, in welcher Form (Tonalität) die Interessenten angesprochen werden (duzen oder siezen, persönlicher oder professioneller Ton) (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 78-82).

Um die Fundraisingziele zu erreichen, müssen zunächst die entsprechenden Zielgruppen und die passenden Kommunikationskanäle ausgewählt werden. Das Content-Audit stellt die inhaltliche Analyse aller Kommunikationskanäle dar, um eine strategische Kommu­nikation (Content-Strategie) zu erreichen. Entsprechen die Inhalte dem Interesse meiner Zielgruppe? Worüber wird in ähnlichen Organisationen berichtet und gesprochen? Diese Fragen lassen sich durch die An- und Abmeldungen von Newslettern, durch die Inter­aktionsraten (geklickte Links, gesetzte Likes und Kommentare etc.) und entsprechende Analyseprogramme (S. Kap. 3.1.3 Kontrolle) beantworten (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 78).

Wichtig ist es hierbei die angesprochene Zielgruppe im Blick zu behalten. Mit jedem Kommunikationskanal können andere oder auch mehrere Zielgruppen angesprochen werden. Zu den Analysetools bei der Zielgruppenanalyse gehören die eigene Spender­kartei (Kap. 3.3), Rückmeldungen (Evaluationen) der Nutzer, Marktanalysen zum Spendenmarkt (S. Kap. 3.1) und Social-Media-Kanälen. Als relevante Informationen können Z.B. das Alter und Geschlecht der Nutzer angesehen werden, aber auch ihr Nutzungsverhalten im jeweiligen Kommunikationskanal (Uhrzeit, Tag) (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 79).

2. Schritt: Spendenaufruf

Dem Spendenaufruf voraus geht die Entscheidung über das Erfolg versprechende Medium: E-Mail, Brief oder Soziale Medien. E-Mail und klassische Briefe haben den Vorteil, dass sie mehr Platz bieten um das Anliegen zu vermitteln. Social-Media-Kanäle hingegen führen zu schnelleren und emotionaleren Entscheidungen. Meistens ist es sinnvoll die einzelnen Zielgruppen (Interessenten, Erstspender, Mehrfachspender...) separat anzuschreiben. Häufig ist schon die Betreffzeile entscheidend, ob ein Spenden­aufruf gelesen wird: Begriffe wie „Unterstützung“ oder „Mithilfe“ sind erfolgreicher als „Spende“. Auch ein ansprechendes Layout, das auf mobilen Endgeräten funktionieren sollte, ist für erfolgreiche Spendenaufrufe wichtig. Bilder unterstützen das Anliegen und wirken auf emotionaler Ebene auf den Spender, allerdings ist die Authentizität der Bilder wichtiger als die Professionalität von gekauften Fotos (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 109f).

Der Text soll das Anliegen knapp und präzise vermitteln und den Leser nicht vor verschie­dene Entscheidungsmöglichkeiten stellen. Der Leser wird konkret um eine Geld-, Sach- oder Zeitspende gebeten und der Nutzen der Spende erklärt. Es gilt möglichst direkt die Fragen des Adressaten zu beantworten:

- Warum ich? Der Spender muss sich mit der Organisation identifizieren, indem eine persönliche und emotionale Beziehung hergestellt wird.
- Warum jetzt? Die zeitliche Notwendigkeit der Spende sollte erklärt werden.
- Wer sagt es? Meistens kommen Spendenaufrufe durch die gemeinnützige Organisa­tion. Spendenbitten von aktiven Unterstützern oder Prominenten schreiben zu lassen, kann dazu anspornen selbst aktiv zu werden.
- Was geschieht mit der Spende? Die Mittelverwendung muss transparent dargestellt werden (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 11Of).

3./4. Schritt: Danken und über Erfolg berichten

„Fundraising ist kontinuierliche Beziehungs- und Kommunikationsarbeit“ (Lampe, Zie­mann, Ullrich 2015, S. 125), d.h. auch für kleine Spenden muss sich die gemeinnützige Organisation zeitnah bedanken. Dieser Schritt ist unerlässlich, damit die Organisation einen verlässlichen und professionellen Eindruck macht, über erste Erfolge, die mit den Spenden im Projekt erzielt werden konnten, gilt es kontinuierlich zu berichten, damit sich die Spender mit der Organisation und dem Projekt identifizieren können. Zielsetzung ist es, die Erstspender an die Organisation zu binden und sie zu Mehrfach-, oder noch besser zu Dauerspendern zu machen (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 125).

Persönliche und ausführliche Danksagungen können im Vergleich zu standardisierten Antworten zur Interaktion zwischen den Spendern und der Organisation führen. Dankes­antworten müssen nicht ausschließlich schriftlich sein, sondern es können auch kreative Formen der Danksagung entwickelt werden, wie beispielsweise Videos, Fotos oder Veranstaltungen, öffentliche Danksagungen, beispielsweise in Form von Pressemittei­lungen, hängen nicht von der Spendenhöhe ab. Sie können die Identifikation der Unter­stützer mit der Organisation stärken und stellen gleichzeitig eine gute Öffentlichkeitsarbeit für weitere Spenden dar. Allerdings muss natürlich das Einverständnis des Spenders vorliegen, wenn man seinen Namen öffentlich machen möchte. Diese Interaktion kann die Grundlage für eine dauerhafte Beziehung zwischen der Organisation und dem Unterstützer darstellen (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 125-127).

Mit der Danksagung sofort wieder eine neue Spendenaufforderung zu verschicken, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Es kann sowohl weitere Spenden auslösen, aber auch als maßlos empfunden werden und somit das Ende einer Spenderbeziehung darstellen. Hier muss genau abgewägt werden. Zeitnah nach der Danksagung sollte in jedem Fall die Spendenbescheinigung verschickt werden. Dies ist eine gute Gelegenheit für die Orga­nisation, sich erneut zu bedanken und die Beziehung zu stärken (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 129).

Auch bei der Danksagung muss die Wirkung der Strategie überprüft werden. Qualitative (Kritik, positive Reaktionen) und quantitative (weitere Spenden, Newsletter An- oder Abmeldungen) Indikatoren müssen erfasst und ausgewertet werden. Weiteres zum Controlling im Fundraising in Kapitel 3 „Systematisches Fundraising“ (vgl. Lampe, Zie­mann, Ullrich 2015, S. 129).

5. Schritt: Spenderbindung, der Spender als Multiplikator

Dauerspenden erhöhen die Planungssicherheit der gemeinnützigen Organisation, da sie relativ sichere Einnahmen darstellen, wenn auch die meisten Dauerspender nicht für immer einer Organisation treu bleiben. Unter Dauerspendern werden Unterstützer ver­standen, die regelmäßig (monatlich, quartalsweise, jährlich) auf unbestimmte Zeit spen­den. Dauerspenden erfolgen meist als Lastschrift, Dauerauftrag oder per Kreditkarte. Dauerspender werden häufig als Fördermitglied, Freund oder Pate bezeichnet (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 133).

Um eine dauerhafte Beziehung zwischen Unterstützer und Organisation aufzubauen, ist eine gezielte und systematische Ansprache von potentiellen Spendern notwendig. Die Segmentierung (die Einteilung der Spender) erfolgt bezüglich der Beziehung zur Orga­nisation und dem Spendenverhalten. So lassen sich entsprechende Zielgruppen einzeln und punktgenau auswählen. Allerdings muss man insbesondere bei der Kategorisierung der Beziehungen zur Organisation vorsichtig sein, um keine vorschnellen Schlüsse zu ziehen. Hierbei können Umfragen unter den Dauerspendern hilfreich sein. Auch sind die Grenzen zwischen den Segmenten fließend. Die notwendigen Informationen können der Spenderdatenbank entnommen werden (Kap. 3.3) (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 134f).

Bei der Werbung von potentiellen Dauerspendern wird zwischen der Innen-Kommunika- tion und der Außen-Kommunikation unterschieden. Die Kommunikation nach Innen richtet sich an schon vorhandene Interessenten, Unterstützer und Spender, um sie auf eine höhere stufe der Spenderpyramide zu heben. Die Kommunikation nach Außen zielt auf die Neugewinnung von Interessenten und Unterstützern, um sie letztendlich als Dauer­spender zu gewinnen (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 135).

Auch bei Dauerspendern ist eine kontinuierliche Beziehungspflege erforderlich, wie es im Schritt 3 des Spenderloyalitätszyklus „Danken“ beschrieben ist, um die Spender an die Organisationen zu binden und sie von der Notwendigkeit ihres Engagements zu über­zeugen. So lassen sich vielleicht auch Dauerspenden erhöhen und letztendlich Groß­spenden oder Stiftungen/ Erblasser gewinnen (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 136f).

Ebenso können ehemalige Dauerspender durchaus für die Organisation zurückgewonnen werden. Hierbei gilt es zunächst die Gründe für die Einstellung der Unterstützung zu analysieren, beispielsweise durch ein persönliches Telefonat. Diese Rückfrage muss äußerst sensibel erfolgen und die Entscheidung des ehemaligen Spenders muss akzep­tiert werden. Durch kontinuierliche Kommunikation, natürlich nur im Einverständnis mit dem ehemaligen Spender, kann die Beziehung zur Organisation weiterhin aufrecht erhalten werden und vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eine neue Spende akquiriert werden (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 137).

Als Königsdisziplin des Fundraisings gilt es, Unterstützer der eigenen Organisation zum Multiplikator und letztendlich zum Fundraiser von Spendenaktionen zu gewinnen. Ihre sozialen Netzwerke, sowohl in der realen, wie auch in der virtuellen Welt, ermöglichen es Unterstützern auf persönliche Kontakte zurückzugreifen. Deren Vertrauensbasis und die persönliche Überzeugung von der Notwendigkeit zur Spende schafft eine privatere Bezie­hung, als sie zwischen einer Organisation und einem potentiellen Spender hergestellt werden kann (Relationship Fundraising). Unterstützer führen eigenständig zu bestimmten Anlässen, wie einem runden Geburtstag oder einem wichtigen Projekt der unterstützten Organisation, Spendenaktionen durch (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 141). Eine Alternative zum Spendensammeln im privaten Umfeld ermöglichen Spendenplattformen. Diese Online-Module bieten Möglichkeiten zum Präsentieren von Spendenaktionen und zum Spenden (S. Kap. 2.1.2 Online-Fundraising).

2.1.2 Online-Fundraising

Das Internet ist für das Fundraising zunehmend ein wichtiger Kommunikations- und Vertriebskanal. Laut einer Online-Fundraising Studie von 2017, durchgeführt von Altruja unter 1646 überwiegend deutschen Organisationen der Sozialwirtschaft mit einem durch­schnittlichem Spendenvolumen von einer Mio.€, betreiben schon heute 16% der Orga­nisationen Online-Fundraising. Dabei wird der Stellenwert von Online-Fundraising in den kommenden drei Jahren um fast 20% steigen. Interessant ist die Bedeutung der wichtigsten Fundraisingkanäle in Hinblick auf die Organisationsgröße. So schätzen kleine gemeinnützige Organisationen (bis zu zehn Mitarbeiter) die Bedeutung von Mitgliedsbeiträgen, Fundraising-Aktionen und Online-Fundraising höher ein, als mittlere (11-100) und große Organisationen (>100) (vgl. Altruja 2017, S. 7-43).

Beim Online-Fundraising gelten die gleichen Grundsätze, wie beim herkömmlichen Fundraising: Fundraising ist Beziehungsarbeit (Relationship Fundraising). Allerdings werden hauptsächlich die ersten vier stufen der klassischen Spenderpyramide erreicht, da Großspender und Erblasser kaum online gewonnen werden können (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 9).

Spenden, die online getätigt werden, sind kaum valide erfasst. Ullrich geht davon aus, dass große Nonprofit-Organisationen (über eine Mio.€ Spendeneinnahmen pro Jahr) etwa fünf Prozent online gespendet bekommen. Allerdings scheint die durchschnittliche Online­Spende fast doppelt so hoch zu sein, wie offline generierte Spenden (60 zu 36€) (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 14f).

Auch wenn bis heute nur ein geringer Anteil an Spenden online akquiriert wird, so ge­winnen die sozialen Medien insbesondere bei den unter 40-Jährigen, auch in Bezug auf die Unterstützung und Verbreitung von sozialen Projekten, an Bedeutung. „Der Netzwerk­gedanke spielt eine immer größere Rolle bei der Spendermotivation und bei der -kommu­nikation, besonders für die jüngere Generation, die zukünftig den Spendenmarkt bestim­men wird“ (Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 18). Insbesondere für kleinere gemein­nützige Organisationen bietet das Internet relativ kostengünstig die Chance, Interessenten für ihre Projekte zu finden. Auch junge Erstspender können häufig über die neuen Medien gewonnen werden (vgl. Lampe, Ziemann, Ullrich 2015, S. 18f).

Online-Fundraising als Kommunikationskanal:

Die eigene Homepage (96%), soziale Medien (wie Facebook: 74%) und die Versendung von Newslettern (53,7%) sind laut der Befragung die wichtigsten Online-Kommunikations- kanäle (vgl. Altruja 2017, S. 15). Die Website einer Organisation stellt die Zentrale des Online-Fundraisings dar. Hier präsentiert sich die Spenden sammelnde Organisation mit ihren Zielen, Projekten und Unterstützern. Sämtliche Online-Aktivitäten, wie der Auftritt in sozialen Netzwerken oder auf Spendenplattformen, werden mit der Homepage verbun­den. Die Präsentation der eigenen Organisation auf einer aktuellen Homepage ist nahezu zwingend notwendig, um als professionelle Organisation in Erscheinung zu treten (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 34).

Soziale Medien eignen sich um Netzwerke zu bilden, über die Arbeit der Organisation zu informieren, Unterstützer zu gewinnen und letztendlich an die Organisation zu binden. Facebook hat beispielsweise 28 Millionen Nutzer deutschlandweit, über YouTube können Filme deutlich kostengünstiger als über Fernseh- oder Kinowerbung verbreitetet werden (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 73-84).

Newsletter ermöglichen es, wie auch die eigene Homepage, sich von den Anbietern von Social Media Plattformen unabhängig zu machen. Sie bieten die Möglichkeit, Interes­senten und Spender jederzeit über die eigene Arbeit und Projekte zu informieren und sie gegebenenfalls um Unterstützung zu bitten (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 60-75).

Online-Fundraising als Vertriebskanal:

Das am meisten verwendete Medium, um auf einfache Weise Spenden zu generieren, ist ein auf der Homepage integriertes Spendenformular (81%). Die Verlinkung auf externe Spendenformulare, Spendenplattformen, Spendenaktionen, Spendenshops und Crowd­funding sind weitere wichtige Medien des Online-Fundraisings (vgl. Altruja 2017, S. 32). Mikrospenden, wie Einkaufs- („aufrunden bitte“) oder Affiliate-Spenden (Provisionen für Links beim Online-Einkauf) und Painless Giving (Spenden von Treuepunkten), werden im Folgenden nicht näher erläutert, da sie sich nur für große gemeinnützige Organisationen eignen.

Spendenformulare werden als selbst programmiertes oder als fertiges Modul in die eigene Homepage integriert und bieten Unterstützen die Möglichkeit direkt von der Website der Organisation aus, einmalige oder auch regelmäßige Spenden zu tätigen. Mit rund 50% sind Bankeinzug, PayPal, Kreditkarte und SOFORT Überweisung die beliebtesten ange­botenen Zahlungsmittel (vgl. Altruja 2017, S. 34). Eine weitere Möglichkeit besteht in der Verlinkung der eigene Homepage mit einem externen Anbieter von Spendenformularen. Allerdings kann durch die Weiterleitung der Unterstützer die Bindung und das Vertrauen zur Organisation gestört werden (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 20).

Spendenplattformen bieten der Organisation die Möglichkeit sich und ihre Projekte darzustellen und Spenden zu sammeln. Vorteilhaft ist bei dieser weiteren Form des Online-Fundraisings, dass die Infrastruktur bei einem Drittanbieter liegt und daher kein Programmieraufwand anfällt und der Zahlungsverkehr geregelt ist. Häufig zeigen Spendenplattformen auch den aktuellen Spendenstand (Spendenbarometer) an, was motivierend wirken kann. Allerdings lassen sie sich in der Regel nicht in die eigene Homepage integrieren, sondern es muss mit einer Weiterleitung (S. oben) gearbeitet werden. Die Bewerbung der eigenen Organisation auf Spendenplattformen bietet sich insbesondere als Ergänzung zum Fundraising auf der eigenen Website an, um weitere Interessenten zu akquirieren (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 20f).

Spendenaktionen sind Module, die es Unterstützen ermöglichen, eigenständig zu einem besonderen Anlass, wie einem runden Geburtstag oder einem Trauerfall, Spenden zu sammeln. Die Unterstützer werden selbst zum Fundraiser, übernehmen das Marketing und sammeln in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis Spenden über das Onlinemodul (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 21). Der Spendenaktionsmacher registriert sich auf einer Spendenplattform, wie sie teilweise kostenlos von verschiedenen Anbietern (z.B. betterplace.org, Altruja oder FundraisingBox) bereitgestellt werden, und wählt ein von der Organisation eingerichtetes Projekt aus. Er informiert und überzeugt seine realen und virtuellen Netzwerke über das Projekt und die Notwendigkeit einer Spende. Das Ergebnis lässt sich online verfolgen, und der Aktionsmacher hat die Möglichkeit, sich über das Aktionstool zu bedanken (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 141 f).

Spendenshops bieten Unterstützen die Möglichkeit für ein bestimmtes Projekt konkrete Produkte zu „kaufen“. Dieser virtuelle Kauf, etwa von Medikamenten oder Wolldecken, stellt eine zweckgebundene Spende dar. Aus Sicht des Spenders liegt der Vorteil dieser Form des Fundraisings in der Transparenz der Spendenverwendung. Für die Organisation stellen zweckgebundene Spenden häufig eher einen Nachteil dar, da sie die Mittel nicht frei verwenden können (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 22).

Crowdfunding kann als Fundraising-Tool interessant sein, um bei vielen Menschen („Crowd“) kleine Geldbeträge („funding“) einzuwerben, um damit gemeinnützige Projekte zu finanzieren. Wenn Privatpersonen oder Unternehmen Crowdfunding für privatnützige oder kommerzielle Projekte nutzen, handelt es sich hierbei nicht um Fundraising (vgl. Urselmann 2014a, S. 278). Crowdfunding beinhaltet eine begrenzte Kampagnendauer, eine Gegenleistung und das „Alles-oder-nichts-Prinzip“. Wenn die geplante Summe im angegebenen Zeitraum nicht erreicht wird, muss das Geld wieder an die einzelnen Unterstützer zurückgezahlt werden. Zu beachten sind steuerrechtliche Aspekte, wie beim Sponsoring (S. Kap. 2.2.2), wenn es sich nicht um eine Spende handelt, sondern wenn es für die Unterstützung eine „echte“ Gegenleistung gibt (wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb) (vgl. Lampe, Ziemarm, Ullrich 2015, S. 24).

[...]

Ende der Leseprobe aus 80 Seiten

Details

Titel
Fundraising als Finanzierungsinstrument für ein kleines Sozialunternehmen
Hochschule
Hochschule Esslingen
Veranstaltung
Sozialwirtschaft
Autor
Jahr
2017
Seiten
80
Katalognummer
V375582
ISBN (eBook)
9783668547582
ISBN (Buch)
9783668547599
Dateigröße
1445 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Fundraising, gemeinnützige Organisation, Verein, NPO
Arbeit zitieren
Thomas Szczepanek (Autor:in), 2017, Fundraising als Finanzierungsinstrument für ein kleines Sozialunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375582

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Fundraising als Finanzierungsinstrument für ein kleines Sozialunternehmen



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden