Johannes Reuchlin galt als das Sprachgenie unter den deutschen Humanisten. Schon früh fiel das für diesseits der Alpen außergewöhnlich hohe Niveau seiner Griechischkenntnisse auf. Reuchlin nahm den zeitgenössischen Wahlspruch ‚ad fontes’ besonders ernst. „Wer könnte wagen“, schreibt er, „und wär er eine Säule der Kirche, die heiligen Schriften zu erklären ohne Hebräisch und Griechisch? Lächerlich machen würde sich der Mann!“ Der schwäbische Rechtsgelehrte und Humanist war entschlossen, der Überlieferung auf den tiefsten Grund zu gehen. Seine Leidenschaft für die damals selten einem Nichtjuden zugängliche Sprache des Hebräischen überstieg schließlich noch seine Passion für das Griechische. Erst durch diese Ursprache der Bibel glaubte Reuchlin in ein unmittelbares Verhältnis zu Gott selbst zu treten. Sie wurde ihm zum Mysterium des Allerheiligsten. Dies war die Sprache, in der Gott einst zu Moses gesprochen hatte.
Die Streitfrage für und wider jüdischen Schrifttums bildet die Thematik von Reuchlins „Augenspiegel“ von 1511 (Tübingen), der den „Ratschlag, ob man den Juden all ire buecher nemmen / abthun und verbrennen soll“ enthält.
Als nämlich der getaufte Jude, Johannes Pfefferkorn, in blindem Konvertiteneifer, die Forderung erhob, alle jüdischen Bücher zu verbrennen, gehörte der weithin bekannte Hebraist Reuchlin zu den Sachverständigen, die im Auftrag des Erzbischofs Uriel von Mainz gebeten wurden, ein Gutachten über diese Angelegenheit einzureichen. Reuchlin beurteilte die hebräische religiöse und profane Literatur mit der unparteiischen Sachlichkeit der Wissenschaft. Er sah sich nur zum Anstoß an gewissen unmittelbar christentumfeindlichen Schmähschriften veranlasst, sprach sich aber ansonsten für den Schutz der jüdischen Literatur aus. Anstelle von Gewalt riet er zur ruhigen Belehrung. Pfefferkorn war über das Gutachten des schwäbischen Bundesrichters dermaßen erbost, dass er dagegen eine Kampfschrift, den sogenannten ‚Handspiegel’ ausgehen ließ. Die Antwort Reuchlins im ‚Augenspiegel’ ließ nicht lange auf sich warten. Aus dieser ursprünglich rein literarischen Fehde erwuchs eine kirchliche, als die zensurübenden Kölner Dominikaner mit ihrem Inquisitor Jakob von Hochstraten in Reuchlins ‚Augenspiegel’ Ketzereien rochen und die Schrift konfiszieren ließen.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Johannes Reuchlin
- Die jüdische Kabbala
- Analyse der Einleitung zu Reuchlins „De arte cabbalistica“
- Anmerkungen zu Reuchlins „Kabbalistischer Kunst“
- Wirkung und Wertung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert Johannes Reuchlins Werk „De arte cabbalistica“ und beleuchtet dessen Bedeutung in der Geschichte der Hebräisch-Studien zur Zeit des Humanismus. Sie untersucht den historischen und biografischen Hintergrund der Entstehung des Werkes sowie Reuchlins Auseinandersetzung mit der jüdischen Kabbala.
- Der Einfluss des Hermetismus und der Kabbala auf die „studia humanitatis“ im 15. Jahrhundert.
- Die Rolle von Johannes Reuchlin als Vertreter des deutschen Humanismus und seine Beschäftigung mit der Kabbala.
- Die Analyse der Einleitung zu Reuchlins „De arte cabbalistica“ als Spiegelbild der Zeit und Reuchlins eigener Biografie.
- Die Rezeption und Wirkung von Reuchlins Werk im Kontext der damaligen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Debatten.
- Die Bedeutung der „De arte cabbalistica“ für das Verständnis der Entwicklung der Hebräisch-Studien im Humanismus.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einführung: Dieses Kapitel gibt einen Überblick über den historischen Kontext der Arbeit, die Rolle der Kabbala und des Hermetismus im späten Mittelalter und die Entwicklung der „studia humanitatis“.
- Johannes Reuchlin: Dieses Kapitel beleuchtet Leben und Werk des Autors, insbesondere seine Beschäftigung mit der Kabbala und die Entstehung des Werkes „De arte cabbalistica“.
- Die jüdische Kabbala: Dieses Kapitel bietet eine kurze Einführung in die Thematik der jüdischen Kabbala, ohne deren komplexen Inhalt umfassend zu erfassen.
- Analyse der Einleitung zu Reuchlins „De arte cabbalistica“: Dieses Kapitel analysiert die Einleitung des Werkes in Bezug auf ihre literarische, autobiographische, historische und soziologische Bedeutung.
- Anmerkungen zu Reuchlins „Kabbalistischer Kunst“: Dieses Kapitel befasst sich mit den Inhalten der drei kabbalistischen Bücher und stellt Reuchlins eigene Interpretationen und Erkenntnisse dar.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Schlüsselbegriffen wie Humanismus, Kabbala, Hermetismus, „studia humanitatis“, Johannes Reuchlin, „De arte cabbalistica“, Hebräisch-Studien, spätmittelalterliche Philosophie und Naturmystik.
- Quote paper
- Dr.phil. Irmtraud Eve Burianek (Author), 1989, "De arte cabbalistica" von Johannes Reuchlin. Eine Abhandlung zur Geschichte der Hebräisch-Studien zur Zeit des Humanismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375752