Eine Phänomenologie des Geschmacks
In dieser Arbeit geht es um Geschmack. Im Mittelpunkt meiner ethnographischen Betrachtung steht die Frage, wie eine ganz bestimmte sinnliche Erfahrung, nämlich der Geschmack von Wein, von Menschen lebensweltlich, auf der Basis ihrer jeweiligen Handlungs- und Wahrnehmungsfertigkeiten als skills, erfahren wird. Meine Feldforschung in der Deutschen Wein- und Sommelierschule und bei großenteils ökologisch oder biologisch-dynamisch arbeitenden Weinerzeugern zeigt nämlich, dass aufseiten der Sommeliers und Winzer unterschiedliche Wahrnehmungsweisen von Wein existieren, die durch eine Vielzahl verschiedener Diskurse und Praktiken sozial und kulturell geformt werden und sich dabei auf den ersten Blick grundlegend unterscheiden. Dieses Anders-Schmecken, das sich vor allem aus dem praktischen Involviertsein und ihrer leiblichen Bezugnahme zum Wein ergibt, liefert eine mögliche Erklärung dafür, warum ich erlebt habe, dass viele Winzer Sommeliers mit einer recht kritischen Haltung gegenübertreten. Um das Feld der Erfahrung erschließen zu können, erschien es somit notwendig, die Lebenswelt meiner Informanten zu befragen, aus der sich alles Erleben ergibt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Terroir und die Entstehung von gelebten Geschmackserfahrungen
- Ziel und Aufbau der Arbeit
- Zugang zum Feld und Methoden einer sensorischen Ethnographie
- Verknüpfung der Felder entlang des Terroir-Gedankens
- Zur Auswahl der Methoden
- Historische und kulturelle Einbettung
- Sichtweisen auf Wein: kulturgeschichtliche Entwicklungen in Europa
- Wein, Medizin und Naturphilosophie
- Zur Güte und Verträglichkeit von Wein
- Ende der Elementenlehre und Beginn der Weinchemie
- Quantifizierung des Geschmacks
- Von der Eingliederung des Terroir-Gedankens in die Weingesetzgebung
- Eine Phänomenologie des Geschmacks
- Phänomenologische Herangehensweise als Voraussetzung
- Kritik eines rein naturwissenschaftlichen Verständnisses
- Von der Anthropologie der Sinne zur Phänomenologie der Wahrnehmung
- Geschmackswahrnehmung und phänomenologische Perspektiven
- Körperwissen und die Inkorporierung gesellschaftlicher Normen
- Wissensvermittlung und das Erlernen von skills
- Wein als Material in Mensch-Pflanzen-Beziehungen
- Sensorische Ethnographie
- Was es heißt, ein Sommelier zu werden
- Einführende Worte
- Ablauf einer Weinverkostung
- Expertise und Sensorik als Schulung der Aufmerksamkeit
- Was es heißt, ein guter Sommelier zu sein
- Verkostungssequenzen und die Grenzen standardisierter Schemata
- Aufforderungen des Weingeschmacks
- Berührungspunkte zwischen Winzer und Sommelier
- Macht und Distinktion
- Von Objekten und Materialien
- Ökologie der Weinherstellung
- Einführende Worte
- Pflanzenpflege im Weinbau
- Weinbauliche Rhythmen in der Wetter-Welt
- Atmosphären im Weinbau
- Gute Pflanzenpflege als leibliche Verbundenheit
- Wertorientiertes Handeln und Weingeschmack
- Zur Schönheit des Trinkens und eine phänomenologische Weinverkostung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit „Gelebter Geschmack“ verfolgt das Ziel, die sensorische Erfahrung des Wein-Geschmacks in ihrer lebensweltlichen Einbettung zu untersuchen. Die Arbeit analysiert, wie Sommeliers und Winzer diese sinnliche Erfahrung anhand ihrer Handlungs- und Wahrnehmungsfertigkeiten als skills erleben und wie diese Erfahrungen durch unterschiedliche Diskurse und Praktiken sozial und kulturell geformt werden. Die Arbeit setzt dabei den Fokus auf die Wechselwirkungen zwischen Mensch, Wahrnehmung und Umwelt, die sich im Konzept des Terroir widerspiegeln.
- Der Einfluss von Terroir auf die Wahrnehmung von Wein
- Die Bedeutung von Handlungs- und Wahrnehmungsfertigkeiten (skills) für das Erleben von Geschmack
- Die Rolle von Diskursen und Praktiken bei der Gestaltung von Wein-Geschmackserfahrungen
- Die Beziehung zwischen Mensch, Pflanzen und Umwelt im Kontext des Weinbaus
- Die phänomenologische Analyse des Wein-Geschmacks
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Gegenstand der Arbeit vor und erläutert das Konzept des Terroir sowie dessen Einfluss auf die Entstehung von Geschmackserfahrungen. Zudem werden Zielsetzung und Aufbau der Arbeit sowie die verwendeten Methoden einer sensorischen Ethnographie vorgestellt.
- Historische und kulturelle Einbettung: Dieses Kapitel befasst sich mit den historischen und kulturellen Entwicklungen der Weinwahrnehmung in Europa, wobei Themen wie Wein, Medizin, Naturphilosophie, Güte, Verträglichkeit und Quantifizierung des Geschmacks behandelt werden. Außerdem wird die Einbettung des Terroir-Gedankens in die Weingesetzgebung beleuchtet.
- Eine Phänomenologie des Geschmacks: Dieses Kapitel setzt sich mit der phänomenologischen Herangehensweise auseinander und untersucht die Kritik an einem rein naturwissenschaftlichen Verständnis von Geschmack. Zudem wird die Verbindung zur Anthropologie der Sinne und der Phänomenologie der Wahrnehmung hergestellt. Die Bedeutung von Körperwissen und der Inkorporierung gesellschaftlicher Normen sowie die Rolle von Wissensvermittlung und dem Erlernen von skills werden beleuchtet.
- Sensorische Ethnographie: Dieses Kapitel widmet sich dem Erleben des Sommelier-Berufs. Es wird der Ablauf einer Weinverkostung, die Schulung der Aufmerksamkeit durch Expertise und Sensorik sowie die Bedeutung von Verkostungssequenzen und den Grenzen standardisierter Schemata analysiert. Zudem werden Berührungspunkte zwischen Winzer und Sommelier beleuchtet, wobei Aspekte wie Macht und Distinktion sowie die Beziehung zu Objekten und Materialien thematisiert werden.
- Ökologie der Weinherstellung: Dieses Kapitel befasst sich mit der ökologischen Seite des Weinbaus, inklusive Themen wie Pflanzenpflege, Rhythmen im Weinbau, Atmosphären, leibliche Verbundenheit und die Verbindung zwischen gutem Handeln und Weingeschmack.
Schlüsselwörter
Die Arbeit „Gelebter Geschmack“ thematisiert die komplexen Beziehungen zwischen Mensch, Wahrnehmung und Umwelt im Kontext des Wein-Geschmacks. Die zentralen Schlüsselwörter sind: Terroir, sensorische Ethnographie, Geschmackserfahrungen, skills, Diskurse, Praktiken, Weinverkostung, Sommelier, Winzer, ökologischer Weinbau, phänomenologische Analyse, Körperwissen, leibliche Verbundenheit.
- Arbeit zitieren
- Verena Becker (Autor:in), 2017, Gelebter Geschmack. Eine sensorische Ethnographie über das Verflochten-Sein von Mensch, Weinwahrnehmung und Umwelt, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/375766