Deixis und Deiktika in ausgewählten Texten der deutschen Gegenwartssprache


Hausarbeit (Hauptseminar), 2010

14 Seiten, Note: 2,5


Leseprobe


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1. Einleitung
In Gesprächen von Angesicht zu Angesicht ist es noch relativ leicht zu zeigen, was man
meint. Man deutet mit dem Finger darauf und der Hörer weiß sofort, dass dieses oder
jenes gemeint ist. Trotzdem finden sich in der mündlichen Kommunikation relativ viele
Deiktika, auch wenn man sich dessen als Sprecher oder Hörer nicht wirklich bewusst
ist. Wie aber verhält es sich in Texten verschiedenster Art mit Deiktika? Findet man in
bestimmten Textsorten mehr oder weniger Deiktika? Weisen literarische Texte andere
Deiktika auf als nicht literarische Texte? Gibt es typische Deiktika, die bestimmte
Textsorten prägen? All diese und weitere Fragen im Detail zu klären würde den
Rahmen dieser Arbeit sprengen, aber trotzdem soll versucht werden einen kleinen
Überblick über dieses Thema zu geben, weshalb unterschiedliche Textsorten verwendet
werden und nicht nur ein bestimmter Typ, wie etwa der des fiktionalen Textes. Es
sollen hier nicht unterschiedliche Textsorten miteinander verglichen werden, jedenfalls
nicht das, was nichts mit dem Thema zu tun hat. Die verschiedenen Textsorten sollen
die unterschiedliche Verwendung von Deiktika in bestimmten Texten verdeutlichen.
Hierbei wurde versucht eine Auswahl zu treffen, die sich nicht nur auf einen Bereich
beschränkt, da man bei gegenwartssprachlichen Texten ja nicht nur literarische Werke
verwenden muss. Ein Teil der Texte wurde ganz untersucht und ein anderer Teil nur
auszugsweise aufgrund des Umfangs.
Folgende Texte finden in dieser Arbeit Verwendung:
Presseartikel:
,,Burnout droht vor allem pflichtbewussten Menschen" (Welt.de)
Lexikoneintrag:
,,Meuchelpuffer" (Bodo Mrozek)
Satirischer Text:
,,Besser gehts nicht (Silvester allein)" (Dietmar Wischmeyer)
Literarischer Text:
,,Superhero" (Anthony McCarten)
Essay:
,,Hand an sich legen" (Jean Amery)
Ausschnitte oder der gesamte Text werden nachfolgend auf ihren Gehalt an Deiktika
überprüft, um damit einen kleinen Überblick über die unterschiedliche Verwendung der
Deixis in verschiedenen Texten zu geben. Aber zuerst soll kurz erläutert werden,
worum es sich bei der Deixis überhaupt handelt und was dazu gehört.

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2. Deixis
Wie wir schon wissen, kann man in einem ganz normalen Gespräch von Angesicht zu
Angesicht auf etwas zeigen und der Hörer weiß, vorausgesetzt er sieht das Gezeigte,
was der Sprecher meint. Das braucht keine Worte, da der Hörer das Gemeinte sehen
kann. Will man jedoch auf etwas zeigen, was sich gerade nicht in der Nähe befindet,
wie etwa New York, wenn man gerade in Leipzig ist, muss man sich der Sprache
bedienen um dem Hörer zu verdeutlichen, worauf man sich gerade bezieht. Und genau
für diese Fälle gibt es die sogenannten Deiktika, diese ermöglichen es uns während
eines Gesprächs auf vielfältigste Art und Weise auf die verschiedensten Dinge, egal ob
nah oder fern, zu zeigen.
Im Jahr 1934 legt Karl Bühler einen der wichtigsten Grundsteine für die Erforschung
der Deixis in seinem Werk
,,Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache". In
diesem Werk unterscheidet er zwei verschiedene Felder, das Zeigfeld und das
Symbolfeld, da aber nur das Erste
,,die deiktischen Ausdrücke" (Meibauer 2001:12)
beinhaltet, werden wir auf das zweite Feld nicht weiter eingehen. Es geht also um das
Zeigen, präziser formuliert um das sprachliche Zeigen, welches man bezeichnen kann
als
,,eine durch das Mittel der Deixis vollzogene deiktische (zeigende) Prozedur" (HSK
16.1 2001:287). Es geht also nicht um irgendwelche Gesten im eigentlichen Sinne,
beispielsweise das Zeigen mit dem Finger auf einen Gegenstand, sondern explizit um
Deiktika, Ausdrucksmittel die es uns erlauben sprachlich etwas zu zeigen, es dem Hörer
zu verdeutlichen, worum es genau geht.
,,Nach Bühler hat das Zeigfeld als Zentrum die
Ich-jetzt-hier-
Origo
" (Meibauer 2001:12), weshalb nun kurz genauer die Origo
betrachtet werden soll, um dann von dort aus zu den verschiedenen Formen der Deixis
zu kommen.
2.1. Origo
Wenn man sich einen Raum vorstellt, dann kann man die Origo als die Mitte dieses
Raumes bezeichnen, also das von dem alles ausgeht. Die Origo bezieht sich immer auf
sich selbst. Dies erklärt den
,,egozentrische(n) Charakter der Deixis" (Meibauer
2001:12), denn alles dreht sich um die Origo und um deren Beziehung zu den
verschiedenen dargestellten Objekten, welche
,,durch die Deixis hergestellt" (Kotin
2005:233) wird. Somit ist es wichtig zu erkennen und festzulegen, was in einem
vorliegenden Satz die Origo ist, aber, wie Meibauer schon feststellte, kann es dabei

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manches mal zu erheblichen Problemen kommen, da beispielsweise nicht immer genau
feststeht, wo sich der Sprecher gerade befindet. So kann das hier in Hier in Leipzig sich
auf die Leipziger Innenstadt beziehen, aber auch auf Gohlis oder einen anderen Ort in
Leipzig. Aber derlei Probleme sollen uns nicht weiter interessieren, jedoch ist es
wichtig dies am Rande zu erwähnen.
Da wir schon wissen, dass die Origo der Kern des Raums ist, dürfte schnell klar werden,
dass die Origo den Raum
,,konzeptuell in zwei Sphären" (Kotin 2005:233) teilt und
zwar in einen, wir folgen jetzt der Argumentation Diewalds (1991) wie Kotin (2005)
diese darstellt, origoinklusiven Bereich, also der, der sich nah an der Origo befindet,
und in einen origoexklusiven Bereich, also der, der sich nicht nah an der Origo befindet.
Um den Rahmen nicht unnötig auszudehnen wird auf ein näheres Eingehen auf dieses
Phänomen verzichtet und nun auf die unterschiedlichen Deixisformen eingegangen.
2.2. Personaldeixis
,,Die Personaldeixis betrifft die Identität der Gesprächspartner." (Meibauer 2001:13), so
kann man diese Form am besten beschreiben. Vor allem Pronomina befinden sich in
dieser Kategorie. Die Interpretation der Personaldeixis ist
,,in hohem Maße
kontextgebunden
" (Meibauer 2001:13). Somit muss es nicht sein, dass ein Autor, wenn
in seinem Roman ein Ich-Erzähler auftritt, sich damit selbst meint, wenn er etwa
schreibt So stahl ich dem Bauer seine Äpfel. Es lohnt sich auch auf die Groß- und
Kleinschreibung zu achten, da mit der groß geschriebenen höflichen Anrede Sie auf
etwas anderes gezeigt wird als auf das, worauf ein klein geschriebenes sie zeigt.
Levinson zählt aufgrund des Vorhandenseins höflicher Anreden zur Personaldeixis auch
noch die Sozialdeixis,
,,weil durch die Verwendung solcher Mittel soziale Beziehungen
ausgedrückt werden.
" (Meibauer 2001:13). Man kann die Sozialdeixis also als eine
Unterform der Personaldeixis ansehen, auf die aber nicht weiter eingegangen werden
soll.
2.3. Temporaldeixis
Knapp zusammengefasst kann man zur Temporaldeixis sagen, dass sie
,,die zeitliche
Orientierung
" (Meibauer 2001:13) betrifft, was auf verschiedenste Art und Weise
realisiert werden kann. Am deutlichsten kann man dies an temporalen Adverbien sehen,
beispielsweise heute oder übermorgen. Aber auch Nominalphrasen können
Temporaldeiktika sein, wie etwa nächstes Jahr oder letzte Woche. Nach Diewald

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werden diesen Temporaldeiktika als
,,starke Temporaldeiktika" (Kotin 2005:247)
bezeichnet, da man an diesen die temporale Zeiggeste sofort sieht.
Aber es gibt, wieder nach Diewald, auch
,,schwache Temporaldeiktika" (Kotin
2005:247). Bei diesen handelt es sich um die Verben, denn diese zeigen auf welchen
Zeitpunkt sich der Sprecher genau bezieht. So zeigt beispielsweise das trinkt in Er
trinkt ein Bier.
auf eine gegenwärtige Handlung, während das wird trinken in Er wird
ein Bier trinken.
auf eine zukünftige Handlung verweist. Natürlich gibt es auch hierbei
Ausnahmen, wie etwa das historische Präsens, aber da man mithilfe des Kontextes
erkennen kann, dass es sich nicht um eine Handlung in der Gegenwart handelt, stellen
solche Sätze im Präsens nur Abweichungen dar, deren
,,abweichende(n) Bedeutungen
durch pragmatische Schlussfolgerungen abgeleitet werden
" (Meibauer 2001:14),
weshalb auf diese Abweichungen nicht näher eingegangen werden soll.
2.4. Lokaldeixis
Auch für die Lokaldeixis hat Meibauer eine passende Erklärung, nach ihm betrifft die
Lokaldeixis
,,die räumliche Orientierung der Gesprächspartner" (Meibauer 2001:14).
Genau wie bei der Temporaldeixis spielen auch bei der Lokaldeixis die Adverbien eine
große Rolle, nur sind es in diesem Fall die Lokalen und nicht die Temporalen. Beispiele
hierfür wären Adverbien wie dort oder da. Auch lokale Präpositionen wie vor und
Demonstrativpronomina wie jener werden zu den Lokaldeiktika gezählt.
Es bezieht sich somit alles auf den Raum, weshalb es manchmal zu dem von Meibauer
angesprochenen Koordinationsproblem kommen kann, wenn Sprecher und Hörer kein
gemeinsames Zeigfeld haben. Dies erklärt, weshalb es das Koordinationsproblem auch
im Bereich der Temporaldeixis geben kann. Ein einfaches Beispiel soll dies
verdeutlichen, wenn jemand in einer E-Mail hier schreibt, dann bezieht sich dieses hier
nicht auf den Ort des Lesers, sondern auf den des Schreibenden. Auch das
Abgrenzungsproblem ist eines der Probleme, welches hier, genau wie bei den
Temporaldeiktika, auftreten kann, da ohne genaueren Kontext ein hier eine kleine
Wohnung oder sogar die ganze Welt bezeichnen kann. Dieser kleine Exkurs zu den
möglichen Problemen bei der Verwendung von Deiktika soll genügen, es wird nicht
weiter darauf eingegangen, vor allem da nachfolgend noch ein weiterer Bereich der
Deixis, der für diese Arbeit relevant ist, kurz näher betrachtet werden soll und zwar die
Textdeixis.
Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Deixis und Deiktika in ausgewählten Texten der deutschen Gegenwartssprache
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Germanistik)
Veranstaltung
Kommunikation / Variation: Sprachliche Kommunikation
Note
2,5
Autor
Jahr
2010
Seiten
14
Katalognummer
V376233
ISBN (eBook)
9783668532496
ISBN (Buch)
9783668532502
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Deixis, Origo, Personaldeixis, Temporaldeixis, Lokaldeixis, Textdeixis
Arbeit zitieren
Hannes Höbald (Autor:in), 2010, Deixis und Deiktika in ausgewählten Texten der deutschen Gegenwartssprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/376233

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