In seinem zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erschienenen Werk Philosophische Kultur befasst sich Georg Simmel unter Anderem ausführlich mit dem Thema der Geschlechter. Während sich Simmel in Das Relative und das Absolute im Geschlechter-Problem hauptsächlich mit den Unterschieden und Charakteristika der Geschlechter befasst, zieht er in Weibliche Kultur eine Verbindung vom Thema der Geschlechter zu seinen Erkenntnissen über Kultur, Arbeitsteilung und Differenzierung.
Bereits zu Beginn dieses Aufsatzes stellt er fest, „dass die Kultur der Menschheit auch ihren reinen Sachgehalten nach sozusagen nichts Geschlechtsloses ist und durch ihre Objektivität keineswegs in ein jenseits von Mann und Weib gestellt wird. Vielmehr, unsre objektive Kultur ist, mit Ausnahme ganz weniger Gebiete, durchaus männlich“ (Simmel, 1919, 256). Im Folgenden liegt Simmels Interesse darin herauszuarbeiten, ob Frauen von ihrer Natur aus überhaupt in der Lage sind, objektive Kultur zu schaffen und kommt zu dem eher pessimistischen Ergebnis, dass Frauen auch zu Zeiten der Frauenbewegung und Emanzipation nur vereinzelt und auf bestimmte Gebiete begrenzt Neues und typisch Weibliches zur objektiven Kultur beisteuern werden können.
Simmel scheint seine Thesen dabei jedoch auf einen relativ einseitigen, stark darwinistisch geprägten philosophischen Ansatz zu stützen, so führt er die meisten seiner Erläuterungen auf naturgegebene Wesensmerkmale von Mann und Frau zurück, ohne Raum für soziokulturelle und historische Einflüsse auf die Geschlechterrollen zu lassen. Daher soll in dieser Arbeit im Anschluss auf eine Aufstellung und Ausarbeitung von Simmels Thesen auch geprüft werden, inwieweit seine Einschätzung zur Leistungsfähigkeit der Frauen in unserer Kultur noch Gültigkeit bewahren, unter Berücksichtigung neuerer Erkenntnisse aus der Geschlechtersoziologie, sowie empirischer Tendenzen auf dem Arbeitsmarkt des letzten Jahrhunderts.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Grundlage für die Geschlechterunterschiede
- Sachlichkeit und Treue
- Differenzierung und Arbeitsteilung
- Die Frage nach objektiver Kulturleistung der Frau
- Das Problem der Weiblichkeit in einer männlichen Kultur
- Chancengleichheit und die Auswirkung auf den Arbeitsmarkt
- Fallbeispiel der Polizistin
- Prognose für die Zukunft einer objektiven weiblichen Kultur
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht Georg Simmels Thesen zur Geschlechterdifferenzierung und zur Rolle der Frau in der Kultur, insbesondere im Kontext seiner Werke "Philosophische Kultur", "Das Relative und das Absolute im Geschlechter-Problem" und "Weibliche Kultur". Die Arbeit zielt darauf ab, Simmels Ansatz zu analysieren und seine Thesen über die Kulturleistung der Frau im Lichte neuerer Erkenntnisse aus der Geschlechtersoziologie und empirischer Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt zu bewerten.
- Analyse von Simmels Thesen zur Geschlechterdifferenzierung
- Bewertung der Rolle der Frau in der Kultur nach Simmel
- Diskussion der Gültigkeit von Simmels Thesen im Kontext neuerer Erkenntnisse
- Einfluss von soziokulturellen und historischen Faktoren auf Geschlechterrollen
- Vergleich von Simmels Ansätzen mit empirischen Daten des Arbeitsmarktes
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt Simmels Werk "Philosophische Kultur" vor und skizziert seine zentralen Thesen zur Geschlechterdifferenzierung und der Kulturleistung der Frau. Es wird angedeutet, dass Simmels Thesen auf einem eher darwinistischen Ansatz basieren und soziokulturelle Einflüsse vernachlässigen.
- Im zweiten Kapitel werden Simmels grundlegende Thesen zur Geschlechterdifferenzierung aus seinem Werk "Das Relative und das Absolute im Geschlechter-Problem" vorgestellt. Hierbei werden die konzeptionellen Gegensatzpaare "Mann" und "Frau" als zwei Pole betrachtet, die sich ergänzen, aber gleichzeitig eine hierarchische Beziehung zueinander aufweisen. Simmel argumentiert, dass die männliche Seite als absolut gilt, während die Frau nur durch den Mann definiert wird.
- Das Unterkapitel 2.1 betrachtet Simmels Theorie der "Sachlichkeit" und "Treue" im Kontext des weiblichen Wesens. Er stellt fest, dass die Frau aufgrund ihrer "Treue" verletzlicher ist und Kritik als Angriff auf ihre gesamte Persönlichkeit empfindet, während der Mann seine verschiedenen Tätigkeiten leichter von seiner Persönlichkeit trennen kann.
- Kapitel 3 beschäftigt sich mit Simmels Konzept der "Differenzierung" und "Arbeitsteilung" in Verbindung mit seiner These, dass die Moderne eine zunehmende Spezialisierung von Fähigkeiten und eine verstärkte Arbeitsteilung erfordert. Hierbei werden Simmels Überlegungen aus "Über soziale Differenzierung" und "Persönliche und sachliche Kultur" herangezogen.
Schlüsselwörter
Geschlechterdifferenzierung, Kulturleistung der Frau, Simmel, "Philosophische Kultur", "Das Relative und das Absolute im Geschlechter-Problem", "Weibliche Kultur", Geschlechtersoziologie, Arbeitsmarkt, Darwinismus, Soziale Differenzierung, Arbeitsteilung, Sachlichkeit, Treue.
- Quote paper
- Dominik Borner (Author), 2005, Die Frau: Auf der Schwelle zur großen Kulturleistung oder stets im Schatten des Mannes, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37735