"Eine Soziologie der Schwangerschaft gibt es nicht. Dieses Buch will sie ins Leben rufen." So umschreiben die Autoren Stefan Hirschauer, Birgit Heimerl, Anika Hoffmann und Peter Hofmann in ihrem 2014 publizierten Werk "Soziologie der Schwangerschaft – Explorationen pränataler Sozialität" kurz und knapp ihr theoretisches Anliegen.
Das als Einleitung dienende erste Kapitel der vorliegenden Lektüre befasst sich zu Beginn mit einer historischen Begründung des bisher weitgehenden Fehlens themenbezogener soziologischer Literatur. Der zu untersuchende Prozess der Schwangerschaft wird hierbei im historischen Verständnis als "Frauensache" und lebensweltliche Selbstverständlichkeit gedeutet, der sich die Sozialwissenschaft als historische Männerdomäne verschloss. Dabei erkennen die Autoren durchaus einen gewissen theoretischen Unterbau der bisherigen sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung an, der sich jedoch nur auf sehr beschränkte Bereiche der Schwangerschaft (z.B. der medizinischen Aneignung in Form einer zunehmenden Medikalisierung und deren kritischer Rezeption durch die Frauenbewegung des 20. Jhd.) bezieht. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Die soziale Geburt der Schwangerschaft
- Vermutung, Entdeckung und medizinische Verifizierung
- Das "Coming Out" des schwangeren Paares
- Die Konstitution eines Inwändigen Anderen
- Visuelle Sondierungen: Ultraschall
- Kinästhetische Kontaktaufnahmen: Kindsregungen
- Die Formierung der Person
- Geschlechtliche Verortung: Präferenzen und gesellschaftliche Normen
- Namentliche Bestimmung: Formelle und informelle Namensformen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Autoren Stefan Hirschauer, Birgit Heimerl, Anika Hoffmann und Peter Hofmann zielen in ihrem Werk "Soziologie der Schwangerschaft: Explorationen pränataler Sozialität" darauf ab, eine sozialtheoretische Grundlage für die Schwangerschaft und das Ungeborene als kommunikative und prozesshaft konstruierte Phänomene zu schaffen. Das Buch verfolgt den Ansatz einer explorativen Studie, um die vielschichtigen sozialen Prozesse, die Schwangerschaft und das Ungeborene prägen, zu analysieren.
- Soziale Konstruktion der Schwangerschaft als kommunikativer Prozess
- Die Rolle von Erwartungshaltungen und sozialen Einflüssen
- Die Personifizierung des Ungeborenen durch visuelle und kinästhetische Eindrücke
- Die soziale Konstruktion der Identität des Ungeborenen durch Geschlechtszuweisung und Namensgebung
- Die Herausforderungen der modernen Medikalisierung der Schwangerschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Die soziale Geburt der Schwangerschaft
Kapitel 2 und 3 befassen sich mit der Entdeckung und Bekanntgabe der Schwangerschaft. Die Autoren untersuchen, wie das elterliche und soziale Umfeld auf die Nachricht einer Schwangerschaft reagiert und welche Faktoren die Akzeptanz und Kommunikation des Zustands beeinflussen. Das "Coming Out" des schwangeren Paares wird als ein Prozess der selektiven Informationsschaffung beschrieben, der durch ein zunehmendes Schwangerschaftspublikum geprägt ist.
Die Konstitution eines Inwändigen Anderen
Kapitel 4 und 5 befassen sich mit der sozialen Konstruktion des Ungeborenen. Die Autoren untersuchen die Rolle von Ultraschalluntersuchungen und der innerleiblichen Wahrnehmung des Kindes als wichtige Faktoren für die Personifizierung des Ungeborenen. Es wird gezeigt, wie das Ungeborene durch visuelle und kinästhetische Eindrücke bereits frühzeitig in die soziale Interaktion integriert wird.
Die Formierung der Person
Kapitel 6 und 7 untersuchen die geschlechtliche Verortung und namentliche Bestimmung des Ungeborenen. Die Autoren analysieren, wie die gesellschaftlichen Erwartungen und Normen die Geschlechtspräferenzen beeinflussen und wie die Namensfindung eine entscheidende Rolle für die soziale Identität des Kindes spielt. Die Namensfindung wird als ein komplexer Prozess beschrieben, der von zahlreichen Faktoren beeinflusst wird und neue soziale Beziehungsgefüge innerhalb der Familie und des Schwangerschaftspublikums konstituiert.
Schlüsselwörter
Die zentralen Schlüsselwörter und Themen des Buches "Soziologie der Schwangerschaft: Explorationen pränataler Sozialität" umfassen: Explorative Studie, Schwangerschaft, Pränatale Sozialität, Soziale Konstruktion, Schwangerschaft als kommunikativer Prozess, Erwartungshaltungen, Personifizierung des Ungeborenen, Geschlechtszuweisung, Namensgebung, Medikalisierung, Soziales Umfeld, Schwangerschaftspublikum.
- Arbeit zitieren
- Christian Haas (Autor:in), 2016, Buchbesprechung. Zur "Soziologie der Schwangerschaft. Explorationen pränataler Sozialität" von Hirschauer, Heimerl et al., München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/378220