Schwarzarbeit in Deutschland - Struktur und Gegenmaßnahmen am Beispiel der Bauwirtschaft


Hausarbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Schwarzarbeit – Theorie und Grundannahmen
2.1 Begriffsdefinition
2.2 Auswirkungen und Ursachen
2.3 Erhebungsmethoden
2.4 Aktuelle Zahlen und Daten für Deutschland

3 Schwarzarbeit in der Bauwirtschaft
3.1 Aktuelle (wirtschaftliche) Situation der deutschen Baubranche
3.2 Möglichkeiten der illegalen Beschäftigung

4 Bekämpfung der Schwarzarbeit
4.1 Maßnahmen der Bundesregierung
4.2 Maßnahmen der Tarifparteien

5 Resümee/Ausblick

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Thema Schwarzarbeit ist in den vergangenen Wochen immer mehr in den Blickpunkt von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft geraten. Schlagworte wie Mindestlohn, Dienstleitungsrichtlinie, EU-Osterweiterung oder Arbeitslosigkeit prägen die Diskussion. Schwarzarbeit, so heißt es, vernichte Arbeitsplätze in der regulären Wirtschaft und koste den Staat und die Sozialversicherer Milliarden von Euro. Brisant ist das vor allem deshalb, weil inzwischen in Deutschland mehr als fünf Millionen Menschen arbeitslos gemeldet sind und die Sozialsysteme – unter anderem als unmittelbare Folge daraus – in einer finanziellen Krise stecken.

Besonders betroffen von der Schwarzarbeit ist die Baubranche. Die Gewerkschaft IG-Bau schätzt, dass zwei Drittel der ausländischen Arbeiter auf dem Bau illegal arbeiten.[1] Außerdem gilt der Bau auch im Vergleich mit anderen Branchen als „zentraler Hort“[2] der Schwarzarbeit.

Daher erscheint es sinnvoll, die Schwarzarbeit und ihre Bekämpfung am Beispiel dieser Branche zu untersuchen.

Dazu wird auf den folgenden Seiten zunächst ein kurzer Überblick über den aktuellen Stand der Forschung zum Thema Schattenwirtschaft gegeben und verschiedene Definitionen vorgestellt. Anschließend werden aktuelle Zahlen über ihren Umfang in Deutschland genannt. Danach soll versucht werden, die wirtschaftliche Situation der Bauwirtschaft zu umreißen um anschließend zu beschreiben, welche Möglichkeiten der illegalen Beschäftigung in dieser Branche ausgenutzt werden. Im Anschluss daran werden Gegenmaßnahmen von der Bundesregierung und den Tarifparteien (also Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden) vorgestellt. Abschließend soll versucht werden, einen Ausblick auf die weitere Entwicklung der Schwarzarbeit in der Baubranche zu formulieren.

2 Schwarzarbeit – Theorie und Grundannahmen

2.1 Begriffsdefinition

Babysitten, aushelfen bei Umzug oder Gartenarbeit – diese Dinge werden noch nicht unmittelbar mit Schwarzarbeit assoziiert und auch vom Gesetzgeber nicht sofort geahndet. Problematisch und gesetzeswidrig wird es dann, wenn dafür ein Honorar oder ein Lohn bezahlt wird: dann kann es sich unter Umständen schon um illegale Beschäftigung handeln.

Der Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider untersucht und beobachtet das Phänomen seit einigen Jahren. Für ihn zählen zu Schwarzarbeit

„…all jene Tätigkeiten, die in den bestehenden (das heißt offiziellen) Statistiken nicht ausgewiesen werden und die im Sinne der Konvention der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung eine Wertschöpfung darstellen.“[3]

Die Bundesregierung fasst den Begriff etwas enger, wohl auch, um nicht jede kleine Nachbarschaftshilfe als illegal zu deklarieren:

„Schwarzarbeit liegt nach dem Verständnis des Gesetzes und auch der Gesellschaft dann vor, wenn eine selbstständige oder unselbstständige Tätigkeit unter Umgehung gesetzlicher Anmelde- und Anzeigepflichten - Steuern, Sozialversicherung - ausgeübt wird. Durch sie müssen wirtschaftliche Vorteile in erheblichem Umfang erzielt werden.“[4]

Außerdem liegt Schwarzarbeit vor, wenn ein Gewerbe nicht angemeldet, das Handwerk nicht auf der Handwerksrolle registriert ist oder auch illegal Sozialbeiträge bezogen werden (also wenn beispielsweise ein Arbeitslosengeld-2-Empfänger zusätzlich arbeitet, ohne dieses Einkommen an die Bundesagentur für Arbeit gemeldet zu haben).[5]

Ausdrücklich keine Schwarzarbeit sind Hilfen durch Angehörige, Nachbarschaftshilfe oder Gefälligkeiten, „…wenn die Tätigkeiten nicht nachhaltig auf Gewinn ausgerichtet sind, d.h. höchstens gegen ein geringes Entgelt erbracht werden.“[6]

2.2 Auswirkungen und Ursachen

Schwarzarbeit hat vielfältige Auswirkungen auf die Gesellschaft. Sie verhindert, dass neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Illegale Beschäftigung macht vor allem den Unternehmen zu schaffen, die alle Arbeitskräfte regulär angemeldet haben und gesetzestreu wirtschaften. Ihr Problem ist, dass sie nicht mit den niedrigen Lohnkosten der Schattenwirtschaft konkurrieren können und dadurch weniger Aufträge bekommen. Auch der Staat leidet unter enormen Einnahmeausfällen bei Steuern und Sozialkassen.[7] Allerdings fließt ein Großteil des Geldes (70 Prozent), das mit Schwarzarbeit verdient wird, wieder zurück in die reguläre Wirtschaft.[8]

Experten gehen davon aus, dass Schwarzarbeit eine Reaktion auf einen zu starken Staat ist; also einen Staat, der zunehmend Aufgaben übernimmt und daher viele Steuern und Sozialabgaben erhebt.[9] Veränderungen am Arbeitsmarkt fördern ebenfalls die illegale Beschäftigung. Zum Beispiel führt eine wachsende Arbeitslosigkeit dazu, dass ein Überangebot an Arbeitskräften entsteht. Diese sind unter Umständen bereit, ihre freie Zeit für Arbeit „im Schatten“ zu nutzen. Auch durch die EU-Osterweiterung und die europäische Einigung allgemein hat sich der deutsche Arbeitsmarkt verändert: Arbeiter aus anderen EU-Ländern, die niedrigere Löhne gewöhnt sind, strömen in das Hochlohnland Deutschland und machen den einheimischen Arbeitern Konkurrenz. Ein weiterer wichtiger Aspekt lässt sich mit dem Begriff „Wertewandel“ umschreiben. In den vergangenen Jahren hat das Unrechtbewusstsein in dem Feld der illegalen Beschäftigung bei der Bevölkerung stark abgenommen. Schwarzarbeit wird in der Bevölkerung, so hat es Friedrich Schneider herausgefunden, als ein Bagatell-Delikt aufgefasst.[10]

Zusammengefasst bedeutet das, wenn es für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ungefährlich und günstig ist, in der Schattenwirtschaft zu agieren, nimmt sie zu. Oder anders gesagt – wenn sie wächst, sind „… die Anreize, in der Schattenwirtschaft tätig zu werden, umso größer, je höher die Kosten der Beschäftigung im offiziellen Sektor und je geringer die Kosten der Beschäftigung im inoffiziellen Sektor sind.“[11]

Schwarzarbeit wird aber auch gesehen als eine Chance, den Lebensstandard zu erhöhen. Wer auf dem regulären Arbeitsmarkt keinen Job mehr bekommt, versucht häufig, sich mit einer illegalen Beschäftigung zusätzliches Geld zu verdienen.[12] In einer Befragung von Friedrich Schneider antworteten zwei von drei Interviewten, „dass man sich ohne Schwarzarbeiter heute vieles nicht mehr leisten kann.“[13]

2.3 Erhebungsmethoden

Der konkrete Umfang der Schwarzarbeit kann nur schwer genau ermittelt werden. Sie stellt eine Teilmenge der Schattenwirtschaft dar, von der sie daher nur schwer zu trennen ist. Außerdem stoßen alle Messinstrumente an die Grenzen der Validität. Alle Zahlen sind also Schätzungen.

Die Bundesregierung greift bei ihren Bewertungen und Analysen dieses Bereichs normalerweise auf die Daten vom Tübinger Institut für angewandte Wirtschaftsforschung und den bereits mehrfach genannten Friedrich Schneider zurück.[14]

Beide schätzen den Umfang der Schwarzarbeit in Deutschland mit dem so genannten Bargeld-Ansatz. Die grundsätzliche Annahme bei diesem Verfahren ist, dass alle Aktivitäten der Schattenwirtschaft mit Bargeld bezahlt werden. Es wird deshalb versucht, die Menge Bargeld zu erfassen, die für diese Aktivitäten aufgewendet wird. Wenn das gelingt, so Schneider, „…kann daraus die Wertschöpfung, die in der Schattenwirtschaft entsteht, berechnet werden.“[15]

Das Hauptproblem bei dieser Methode ist, dass die eigentliche Schwarzarbeit nur sehr schwer von den kriminellen Aktivitäten der gesamten Schattenwirtschaft getrennt werden kann (siehe oben). Dadurch passiert es leicht, dass der Umfang der Schwarzarbeit deutlich überschätzt wird. Schneider verwendet die beiden Begriffe in seiner gesamten Beschäftigung mit dem Themenkomplex weitgehend als Synonyme. Dadurch werden allerdings zum Beispiel auch der Drogen- und Waffenhandel oder die Hehlerei mit gemessen.

Schneider selbst ist sich der Schwächen seiner Methoden bewusst und weist deutlich darauf hin, dass alle seine Schätzverfahren eine Fehlerquote von plus/minus 15 Prozent aufweisen.[16]

2.4 Aktuelle Zahlen und Daten für Deutschland

Die Bundesregierung hat Anfang April eine Zwischenbilanz der neuen Maßnahmen aus dem Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit (vom 1. August 2004) gezogen. Dabei hat sie in ihrem Monatsbericht März – wie oben schon erwähnt – auf die Zahlen von Schneider und dem Institut für angewandte Wirtschaftsforschung zurückgegriffen. Danach ist der Anteil der Schattenwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt im vergangenen Jahr stark zurückgegangen. Für dieses Jahr wird außerdem vorausgesagt, dass er noch einmal um zehn Milliarden Euro sinken wird.[17]

Konkret bedeutet das, dass die Schattenwirtschaft von 2003 auf 2004 um 3,8 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt zurückgegangen ist; sie hat jetzt einen Anteil von 16 Prozent. In absoluten Zahlen bedeutet das einen Rückgang um 14 Milliarden Euro von 370- auf 356 Milliarden Euro. Damit ist die Schattenwirtschaft zum ersten Mal seit 1975 wieder geschrumpft.[18]

[...]


[1] Vgl. Siebold, Heinz (2005): Wirtschaft im Schatten, in: Kölner Stadt Anzeiger vom 12. April 2005.

[2] Vgl. Schönfelder, Matthias (1999): Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft im Baugewerbe, München, Seite 54.

[3] Schneider, Friedrich (2004): Arbeit im Schatten – Wo Deutschlands Wirtschaft wirklich wächst, Wiesbaden, Seite 33.

[4] Bundesregierung (2005): Begriffsklärung: Schwarzarbeit, URL: http://www.bundesregierung.de/artikel-,413.589362/Begriffsklaerung-Schwarzarbeit.htm [Stand: 10. Dezember 2014].

[5] Vgl. ebd. – allerdings haben sich Bundesregierung und Union gerade vor wenigen Tagen darauf geeinigt, die Grenzen für einen legalen Zuverdienst zum Arbeitslosengeld zu erhöhen: http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID4255352,00.html [Stand: 10. Dezember 2014].

[6] Finanzkontrolle Schwarzarbeit (2005a): Schwarzarbeit, URL: http://www.zoll.de/d0_zoll_vor_ort/b0_finanzkontrolle/f0_schwarzarbeit/ [Stand: 10. Dezember 2014].

[7] Ebd.

[8] Vgl. Schneider, Friedrich (2004): a.a.O., Seite 95.

[9] Dieser und die folgenden Punkte sind aus ebenda, Seite 24f. entnommen.

[10] Vgl. ebd., Seite 65.

[11] Ebd., Seite 24.

[12] Reporter des MDR-Magazins „Umschau“ berichten zum Beispiel von einer Frau, die gar keine andere Wahl hat, als schwarz zu arbeiten, da sie von Unterhaltszahlungen und Sozialhilfe allein nicht leben kann; daher putzt sie schwarz: http://mdr-online.de/doku/153629-hintergrund-622347.html [Stand: 10. Dezember 2014].

[13] Schneider, Friedrich (2004): a.a.O., Seite 64.

[14] Vgl. dazu z.B. Bundesministerium für Finanzen (2005): Monatsbericht März 2005, Berlin, Seite 71.

[15] Schneider, Friedrich (2004): a.a.O., Seite 35.

[16] Ebd., Seite 36.

[17] Vgl. Bundesministerium für Finanzen (2005): a.a.O., Seite 71f.

[18] Ebd.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Schwarzarbeit in Deutschland - Struktur und Gegenmaßnahmen am Beispiel der Bauwirtschaft
Hochschule
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Schattenwirtschaft und Schwarzarbeit - Der informelle Sektor aus soziologischer Perspektive
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V37905
ISBN (eBook)
9783638371209
ISBN (Buch)
9783656022763
Dateigröße
612 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit liefert einen Überblick über aktuelle Entwicklungen der Schwarzarbeit in Deutschland am Beispiel der Bauwirtschaft. Dazu gibt es einen Überblick über die wirtschaftliche Situation des Bausektors, Möglichkeiten der Schwarzarbeit und die Bekämpfungsmaßnahmen von Bundesregierung und Tarifparteien.
Schlagworte
Schwarzarbeit, Deutschland, Struktur, Gegenmaßnahmen, Beispiel, Bauwirtschaft, Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit, Sektor, Perspektive
Arbeit zitieren
Julian Kanth (Autor:in), 2005, Schwarzarbeit in Deutschland - Struktur und Gegenmaßnahmen am Beispiel der Bauwirtschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37905

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