Die Konstruktion von "Race" in Harriet Becher Stowes "Uncle Tom's Cabin"


Hausarbeit, 2010

12 Seiten, Note: 2.3


Leseprobe

Inhalt

2. Race: Eine Definition

3. Das Preface als Einstieg in Stoweʼs Vorstellung von race

4. Stoweʼs Vorstellung von Kindern und Vätern

5. Ansätze eines Gleichstellungsgedanken

6. Fazit

Literaturverzeichnis

1.Einleitung

Als bestverkaufter Roman des 19. Jahrhunderts wird Uncle Tomʼs Cabin seit jeher in etlichen literarischen Rezeptionen kontrovers diskutiert. Dabei lassen sich grundsätzlich zwei gegenläufige Positionen erkennen, die den Intentionen der Autorin und ihrer Darstellung sowohl positiv als auch negativ gegenüberstehen. Die erste Gruppe erkennt in Harriet Beecher Stoweʼs Werk maßgeblich das Vorhaben, nicht nur die Sklaverei abzuschaffen, sondern darüber hinaus die Ebenbürtigkeit von Weißen und Afro-Amerikanern herauszustellen: "In presenting the question of slavery … she hoped to make her readers see Negroes as fellow human beings … ." (Graham 1973: 615). Die Gegenstimmen kommen zwar hinsichtlich des Abolitionismusgedankens mit ihrer Opposition überein, bestreiten aber einen biologischen oder ethnologischen Gleichstellungsgedanken Stoweʼs: "While she spoke out in Uncle Tomʼs Cabin against the injustices of slavery, she said nothing with real meaning about racial injustice." (Nuernberg 1994: 256). Es stellt sich demnach einerseits die Frage nach den Absichten Stowe s, andererseits aber auch nach Stoweʼs innewohnender Grundhaltung im Bezug auf die Afro-Amerikaner ihrer Zeit. Dabei stellt der historische Kontext ein wesentliches Bewertungskriterium dar, auf welches im Zuge dieser Arbeit nur begrenzt Rücksicht genommen werden kann. Ein weiteres Kennzeichen für Stoweʼs Vorhaben und Gedankengut findet sich in ihrer christlichen Philosophie. Diese steht aufgrund ihrer zentralen Positionierung im Roman in engem Zusammenhang mit der Konstruktion von race in Uncle Tomʼs Cabin, kann aber ebenfalls wegen der Kürze der Arbeit nur in Verbindung mit race erläutert werden.

Diese Arbeit wird im Folgenden erörtern, in welcher Art und Weise r ace in Uncle Tomʼs Cabin konstruiert wird. Zu diesem Zweck wird im nachfolgenden Kapitel der Begriff r ace ausführlich dargestellt und definiert, um anschließend einen konsequenten Zusammenhang zum Primärtext herstellen zu können. Anschließend wird knapp auf das von Stowe verfasste Preface eingegangen werden, bevor anhand der entworfenen Wesenszüge und Geschichten ausgewählter Charaktere in Uncle Tomʼs Cabin Stoweʼs Konstruktion von race konkretisiert werden wird. Auf diese Weise sollen Hinweise geben werden, welche der beiden oben genannten Parteien mehr oder weniger im Recht ist.

2.Race: Eine Definition

In der Anthropologie, der Soziologie und der menschlichen Biologie ist keine einheitliche Definition von race vorhanden. Stattdessen finden sich Unmengen von Analyseverfahren, die in diversen Theorien und Auslegungen münden. Das Ziel dieses Kapitels ist es nicht, die bestmögliche Definition zu finden, sondern eine auf den Primärtext zugeschnittene Interpretation von race zu entwerfen, anhand der die Konstruktion von race durch Stowe ersichtlich wird. Dazu werden die dafür wesentlichen wissenschaftlichen Bewertungsfaktoren näher beleuchtet, sondiert und, den weiteren Kapiteln vorgreifend, zu einer den Roman sinnvoll erfassenden Definition zusammengefügt.

Race is one way by which the boundary is to be constructed between those who can and those who cannot belong to a particular construction of a collectivity or population. In the case of race, this is on the basis of an immutable biological or physiognomic difference which may or may not be seen to be expressed mainly in culture or life-style, but is always grounded on the seperation of human populations by some notion of stock or collective heredity of traits (Anthias 1993: 2).

Die vorstehende Definition enthält wesentliche, relevante Bestandteile (u.a. soziale Grenzen, Idee von weitergegebenen Wesenszügen auf biologischer Basis, Kulturformen) zur Analyse von race. Es handelt sich demnach um ein Konstrukt, basierend auf Biologie und Physiognomie, das zu einer Separierung von menschlichen Gruppierungen in Form von kulturellen Unterschieden führt. Anthias geht also davon aus, dass race allein in der Biologie begründet liegt und dass die soziale Komponente aus ihr hervorgeht.

In der Mehrzahl von wissenschaftlichen Abhandlungen wird jedoch davon ausgegangen, dass race in erster Linie einen kulturell-soziologischen Ursprung hat (Wade 2002: 4; Landry 2007: 3-4). Ein Großteil der Forschung geht desweiteren davon aus, dass durch die menschliche Wanderung und sexuelle Interaktion unmöglich von biologischen Typen gesprochen werden kann (Wade 2002: 2). Trotzdem steht außer Frage, dass in vielen Fällen Äußerlichkeiten und Abstammung einen erheblichen Anteil zur Konstruktion von race beitragen, was anhand der Afro-Amerikaner in Uncle Tomʼs Cabin im weiteren Verlauf zu erläutern bleibt.

Aber wie erklärt sich unter rein biologischem Gesichtspunkt zum Beispiel die Separierung von Nord- und Südiren? Sie lässt sich nur im sozialen und historischen Kontext darlegen. "The focus must be more on history than on `phenotype´ or `biology´ per se." (Wade 2002: 13). Wade will damit sagen, dass die Erklärung von einem Konzept wie race viel eher in der Geschichte zu suchen ist. Nicht zuletzt entstammt das Konzept von race der Kolonialisierung im 17. Jahrhundert, in erster Linie bedingt durch die Separierung von verschiedenen Phänotypen durch den weißen Europäer (Landry 2007: 2). Es fügen sich also die Bausteine der Biologie, der Soziologie und der Historie zu einer schwer zu durchschauenden Verknotung zusammen.

As a broad guide, I think it is right to say that racial discourse is a historically changing phenomenon that emerged in the context of European expansion and colonialism from the fourteenth cetury and that built on existing ideas about human similarity and diversity across geographical space over time (i.e., the continuities and changes between generations) (Wade 2002: 12).

Die Unterschiede, von denen Wade spricht, bestehen auf kultureller und biologischer Ebene. Nur sind sie kaum fundiert und berufen sich überwiegend auf Vorurteilen und Vorstellungen von permanent weitergegebenen, erblichen Veranlagungen. Race bedeutet aber nicht, dass bestimmte Kategorien von Menschen als natürlich und deshalb als permanent angesehen werden. Dies würde vielmehr Rassismus definieren. Im Gegenteil: Der Mensch befindet sich in einem ständigen Prozess der Veränderung, sowohl biologisch als auch kulturell. Jedoch stellt sich die Frage, ob die oben genannte Definierung von Rassismus nicht doch als Teil einer Konstruktion von race in Uncle Tomʼs Cabin dienen kann. Begründet auf dem historischen Kontext, welcher um 1850 eine unzureichende Bildung auf den Gebieten der Biologie und Soziologie impliziert: Race"imposed social meanings on physical variation among human groups that served as the basis for the structuring of the total society" (Smedley 1998: 695). Solch eine Aussage basiert abermals auf einer Idee von permanenten Erbanlagen. Doch wie ebenfalls bereits erwähnt, kann von einer detaillierten Forschung zu diesem Thema um 1850 keine Rede sein. Somit entschied ein jedes Individuum, was sie oder er von solcherlei Thematik zu wissen glaubte. Bemerkenswert in diesem Zusammenhang ist die damals angewandte one drop rule, die besagte, dass ein einziger afro-amerikanischer Vorfahre ausreiche, um jegliche Nachkommenschaft ebenfalls als Afro-Amerikaner zu definieren (Landry 2007: 3). Dies lässt die rein soziologische Modifizierbarkeit der Konstruktion von race erkennen, welche hier zwar auf einer biologischen Basis geschieht, diese aber als willkürlich gelten kann. Denn im Umkehrschluss hätte die Vermischung von Phänotypen eine Vereinheitlichung bedeuten können.

Abschließend bleibt festzuhalten, dass sich race durch biologische und kulturelle Komponenten im geschichtlichen Kontext definiert. Wissenschaftliche Theorien, genauso wie Gruppen und Individuen, entscheiden dabei selbst in wie weit sie z.B. Phänotypen, kulturelle Unterschiede oder Herkunft in ihre Entscheidung mit einfließen lassen um anschließend soziale Grenzen zu ziehen. Race ist folglich primär eine soziale Konstruktion, die zur Separierung von Gruppen führt und ist immer in Verbindung zum Wissensstand und den Konventionen der betroffenen Gruppen in ihrer Zeit zu setzen ist.

3. Das Preface als Einstieg in Stoweʼs Vorstellung von race

Gleich zu Beginn ihres Preface bestimmt Stowe eine "exotic race", die in ihren Wesenszügen "essentially unlike the hard and dominant Anglo-Saxon race" ist (Stowe 1995: xxxv). Demnach grenzt sie nicht nur zwei ihrer Meinung nach unterschiedliche Gruppen von einander ab, sie definiert zudem die eine als dominant. Dem entsprechend stellt Stowe im Verlauf der Erzählung einen Vergleich zwischen den Figuren von Eva und Topsy an, um eine differenziertere Unterscheidung dieser beiden Gruppen zu treffen: "They stood, the representatives of their races. The Saxon, born of ages of cultivation, command, education, physical and moral emminence; the Afric, born of ages of opression, submission, ignorance, toil, and vice!" (Stowe 1995: 228). Stowe nimmt hier Bezug auf die geschichtliche Entwicklung von Afrikanern und Europäern, jedoch nur stichwortartig und kaum wissenschaftlich. Dabei entsteht das Bild von einem afrikanischen Volk, das dem Europäer in beinahe jeglicher Hinsicht unterlegen zu sein scheint. Desweiteren ordnet sie die afrikanische Zivilisation "at the foot of civilised and Christianised humanity" ein (Stowe 1995: xxxv). Stowe konstruiert race also auf den ersten Blick sowohl biologisch, auf der Basis von Herkunft und dadurch implizierte Eigenschaften, als auch kulturell, Christlichkeit und Kultiviertheit als Gradmesser benutzend. Die kulturellen Unterschiede begründet sie historisch mit der unterdrückten Position der Afrikaner unter den herrschenden Verhältnissen der Europäer. Stowe wünscht sich eine Rücksiedelung der Afro-Amerikaner nach Afrika, verbunden mit dem Wunsch nach "laws, language and literature" für die Rücksiedler an den "shores of Africa" (Stowe 1995: xxxvi).

Stowe erkennt die Unterdrückung der Afro-Amerikaner durch den weißen Europäer und begründet diese mit natürlichen Wesenszügen von Afrikanern und Angel-Sachsen, welche demgemäß angeborenen sind, vererbt werden und unveränderlich scheinen. Unter der Vorrausetzung solcher Wesenszüge nahm die Geschichte ihren Lauf. Daraus lässt sich schließen, dass für Stowe die Kolonialisierung und die sich anschließende Sklaverei in den natürlichen Ungleichheiten zweier races zu finden ist. Die Sklaverei begreift sie zwar auf rationaler Ebene als Ungerechtigkeit, sieht ihren Ursprung aber als biologisch gegeben an.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Konstruktion von "Race" in Harriet Becher Stowes "Uncle Tom's Cabin"
Hochschule
Universität zu Köln
Note
2.3
Autor
Jahr
2010
Seiten
12
Katalognummer
V379236
ISBN (eBook)
9783668568440
ISBN (Buch)
9783668568457
Dateigröße
652 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stowe, Uncle Tom´s Cabin, race, slavery, Sklaverei, Menschenrechte
Arbeit zitieren
Jens Stuhlemer (Autor:in), 2010, Die Konstruktion von "Race" in Harriet Becher Stowes "Uncle Tom's Cabin", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379236

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