Die Bundesrepublik Deutschland nahm 1949 mit dem Schritt, mit den schlichten Worten „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ das Asylrecht in den Grundrechtskatalog aufzunehmen, eine Vorreiterrolle in der internationalen Asylrechtsentwicklung ein. Erstmalig im internationalen Vergleich wurde hier ein uneingeschränkter Rechtsanspruch auf Asylgewährung, und zwar als Recht des einzelnen Flüchtlings gegenüber dem Staat, auf Verfassungsebene festgeschrieben. Und dies obwohl die beiden historischen Vorläufer des Grundgesetzes, die Reichsverfassung von 1871 und die Weimarer Verfassung, gar keine Asylrechtsbestimmungen enthielten. Wie und warum kam es dazu? Die Schaffung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 wird in der Arbeit unter folgenden Fragestellungen dargestellt und analysiert:
1. Wer schuf das Grundrecht auf Asyl - wie konstituierte sich der Parlamentarische Rat?
2. Welche Rechtsquellen lagen den Abgeordneten hinsichtlich eines Asylrechts vor? Gab es trotz fehlender historischer Tradition Urkunden, an welchen sich orientiert wurde, und wenn ja, wie sind diese zu bewerten?
3. Welche Vorschläge zur Asylrechtsnormierung wurden alternativ zu der endgültigen Fassung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 gemacht, welche Zielsetzung hatten sie, und wie wurden sie begründet? Mit welchen Argumenten behauptete sich der Satz „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“?
4. Wurde der Asylparagraph einstimmig ins Grundgesetz aufgenommen, und hatte die Parteizugehörigkeit der Abgeordneten Auswirkungen auf ihr Abstimmungsverhalten? Wie wurde der Entwurf des Parlamentarischen Rates ratifiziert?
Die Arbeit wirft ein Schlaglicht auf den "Geist des Grundgesetzes" und liefert Grundlagen zur Beurteilung der verfassungsändernden Asylrechtsreform von 1993.
Inhaltsverzeichnis
- 0. Einleitung
- 1. Die Konstituierung und die Arbeitsweise des Parlamentarischen Rates
- 2. Die vorhandenen Gesetzesmaterialien zum Asylrecht
- a) Die Länderverfassungen
- b) Der Entwurf des Herrenchiemseer Verfassungskonvents
- c) Der Entwurf der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen sowie die modifizierte verabschiedete Fassung
- d) Das Deutsche Auslieferungsgesetz von 1929
- 3. Die Diskussionen um das Asylrecht im Parlamentarischen Rat
- a) Die Asylrechtsformulierung aus dem Grundrechtskatalog Bergsträsser
- b) Der Entwurf des Redaktionskomitees des Ausschusses für Grundsatzfragen
- c) Die letztendlich verabschiedete Fassung: „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“
- d) Die Einschränkungsversuche, die Asylgewährung von der politischen Gesinnung des Flüchtlings abhängig machen wollen
- e) Die Versuche, ein Asylrecht nur für Deutsche zu normieren
- f) Der Versuch, ein Recht auf Arbeit für Asylberechtigte verfassungsmässig zu verankern
- 4. Die Verabschiedung der Grundgesetzvorlage des Parlamentarischen Rates
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Entstehung des Asylrechts im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Sie beleuchtet die politischen Prozesse im Parlamentarischen Rat, die zu der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ führten. Die Arbeit analysiert die vorhandenen Gesetzesmaterialien und diskutiert alternative Vorschläge, um die Bedeutung und die Einzigartigkeit dieser Formulierung im internationalen Kontext herauszustellen.
- Die Konstituierung und Arbeitsweise des Parlamentarischen Rates
- Die relevanten Gesetzesmaterialien zum Asylrecht vor der Grundgesetzgebung
- Die Diskussionen und Debatten im Parlamentarischen Rat über die Formulierung des Asylrechts
- Alternative Vorschläge zur Asylrechtsnormierung und deren Begründung
- Die Verabschiedung des Asylrechts und dessen Bedeutung für die bundesdeutsche Rechtsordnung
Zusammenfassung der Kapitel
0. Einleitung: Die Einleitung führt in das Thema Asylrecht im Grundgesetz ein und beschreibt dessen besondere Bedeutung für die Idee menschlicher Grundrechte. Sie stellt die zentralen Forschungsfragen der Arbeit vor, die sich auf die Genese von Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG konzentrieren und die Verfassungswirklichkeit im Kontext der Asylrechtsreform von 1993 berücksichtigen.
1. Die Konstituierung und die Arbeitsweise des Parlamentarischen Rates: Dieses Kapitel beschreibt die Entstehung des Parlamentarischen Rates im Nachkriegsdeutschland, seine Zusammensetzung und seine Arbeitsweise. Es erläutert, wie der Rat konstituiert wurde und wie die Diskussionen über Grundrechte, einschließlich des Asylrechts, abliefen. Die Rolle des Hauptausschusses und der Fachausschüsse wird ebenfalls beleuchtet, um den Prozess der Grundgesetzgebung nachzuvollziehen.
2. Die vorhandenen Gesetzesmaterialien zum Asylrecht: Dieses Kapitel analysiert die Gesetzesmaterialien, die dem Parlamentarischen Rat bei der Ausarbeitung des Asylrechts zur Verfügung standen. Es untersucht die Länderverfassungen, den Entwurf des Herrenchiemseer Verfassungskonvents, den Entwurf der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen und das Deutsche Auslieferungsgesetz von 1929, um deren Einfluss auf die endgültige Formulierung zu bewerten.
3. Die Diskussionen um das Asylrecht im Parlamentarischen Rat: Dieses Kapitel beschreibt detailliert die Diskussionen im Parlamentarischen Rat über das Asylrecht. Es analysiert verschiedene Vorschläge zur Asylrechtsnormierung, ihre Zielsetzungen und die Argumente, die für oder gegen sie vorgebracht wurden. Der Fokus liegt auf der Durchsetzung der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ und den damit verbundenen Debatten.
4. Die Verabschiedung der Grundgesetzvorlage des Parlamentarischen Rates: Dieses Kapitel behandelt den abschließenden Prozess der Verabschiedung der Grundgesetzvorlage, einschließlich der Abstimmung über den Asylparagraphen und der Rolle der Parteizugehörigkeit der Abgeordneten. Es beschreibt die Ratifizierung des Entwurfs und den Übergang zur geltenden Rechtslage.
Schlüsselwörter
Asylrecht, Grundgesetz, Parlamentarischer Rat, Politisch Verfolgte, Menschenrechte, Grundrechte, Verfassung, Gesetzgebung, Bundesrepublik Deutschland, Auslieferungsschutz, Internationale Asylrechtsentwicklung, Verfassungsgeschichte.
Häufig gestellte Fragen zur Entstehung des Asylrechts im Grundgesetz
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Hausarbeit untersucht die Entstehung des Asylrechts im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Sie analysiert die politischen Prozesse im Parlamentarischen Rat, die zur Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ führten, und beleuchtet die relevanten Gesetzesmaterialien und Debatten.
Welche Quellen werden in der Arbeit verwendet?
Die Arbeit analysiert verschiedene Gesetzesmaterialien, darunter Länderverfassungen, den Entwurf des Herrenchiemseer Verfassungskonvents, den Entwurf der Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen und das Deutsche Auslieferungsgesetz von 1929. Sie untersucht außerdem die Protokolle und Dokumente des Parlamentarischen Rates.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Konstituierung und Arbeitsweise des Parlamentarischen Rates, vorhandene Gesetzesmaterialien zum Asylrecht, Diskussionen um das Asylrecht im Parlamentarischen Rat und die Verabschiedung der Grundgesetzvorlage. Jedes Kapitel behandelt einen spezifischen Aspekt der Entstehung des Asylrechts.
Welche zentralen Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Konstituierung und Arbeitsweise des Parlamentarischen Rates, die relevanten Gesetzesmaterialien zum Asylrecht vor der Grundgesetzgebung, die Diskussionen und Debatten im Parlamentarischen Rat über die Formulierung des Asylrechts, alternative Vorschläge zur Asylrechtsnormierung und deren Begründung, sowie die Verabschiedung des Asylrechts und dessen Bedeutung für die bundesdeutsche Rechtsordnung.
Welche Rolle spielte der Parlamentarische Rat?
Der Parlamentarische Rat spielte eine zentrale Rolle bei der Ausarbeitung des Grundgesetzes, einschließlich des Asylrechts. Die Arbeit beschreibt seine Entstehung, Zusammensetzung und Arbeitsweise und analysiert die Diskussionen und Debatten über das Asylrecht innerhalb des Rates.
Welche alternativen Vorschläge zur Asylrechtsnormierung gab es?
Die Arbeit analysiert verschiedene alternative Vorschläge zur Asylrechtsnormierung, die im Parlamentarischen Rat diskutiert wurden. Sie untersucht die Argumente für und gegen diese Vorschläge und beleuchtet die Gründe für die letztendliche Verabschiedung der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“.
Welche Bedeutung hat die Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“?
Die Arbeit betont die besondere Bedeutung der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ im internationalen Kontext und analysiert ihren Einfluss auf die bundesdeutsche Rechtsordnung. Sie untersucht auch die Versuche, das Asylrecht einzuschränken oder nur auf Deutsche zu beschränken.
Wie wurde das Asylrecht letztendlich verabschiedet?
Das letzte Kapitel beschreibt den Prozess der Verabschiedung der Grundgesetzvorlage, einschließlich der Abstimmung über den Asylparagraphen und die Rolle der Parteizugehörigkeit der Abgeordneten. Es beschreibt die Ratifizierung des Entwurfs und den Übergang zur geltenden Rechtslage.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Asylrecht, Grundgesetz, Parlamentarischer Rat, Politisch Verfolgte, Menschenrechte, Grundrechte, Verfassung, Gesetzgebung, Bundesrepublik Deutschland, Auslieferungsschutz, Internationale Asylrechtsentwicklung, Verfassungsgeschichte.
- Arbeit zitieren
- Jan Jansen (Autor:in), 1996, Die Beratungen des Parlamentarischen Rates zur Aufnahme eines Asylrechts ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/37970