Das studienbegleitende Praktikum unter dem Aspekt der „Dialogischen Annäherung“ habe ich an der „Schule für Kranke“ in Ludwigsburg absolviert. Bei dieser Schule handelt es sich um eine selbstständige öffentlich-rechtliche Schule mit dem Förderschwerpunkt „Schüler in längerer Krankenhausbehandlung“. Unterrichtet werden alle schulpflichtigen Kinder, die sich überwiegend in psychosomatisch oder psychiatrisch stationärer Behandlung befinden. Während ihrer Behandlung, die in der Regel 12 Wochen beträgt, werden die Kinder und Jugendlichen von einem multidisziplinären Team aus ÄrztInnen, TherapeutInnen, SonderpädagogInnen, HeilpädagogInnen, u.v.m. betreut. Während meinem Praktikum war ich jeden Montag in einer Klasse mit 6 Kindern. In dieser Klasse wurden Kinder der 1. bis zur 4. Klassenstufe von einer Sonderpädagogin gemeinsam unterrichtet. Die Kinder wirkten auf mich immer sehr unruhig und überlastet, wenn sie nach den Wochenenden zurück in die Klasse kamen. Als ich die Sonderpädagogin darauf ansprach, sagte sie mir, dass die Kinder sich vor allem montagsmorgens auffällig verhalten würden. Sie würden nach dem Wochenende immer wie „geladen“ wirken. Ihr gegenüber würden sie sich besonders provokant und manipulativ verhalten. In meinen nachfolgenden Beobachtungen sind mir in sehr konfliktbeladenen Situationen vermehrt Aussagen der Kinder aufgefallen, wie zum Beispiel „Sie sind wie meine Mutter!“ oder „Sie sind nicht besser als meine Klassenlehrerin!“. Während meiner Literaturrecherche, kam mit der Gedanke, dass es sich dabei womöglich um ein Übertragungsgeschehen handeln könnte, über den die Kinder ihre unbewältigten Konflikte innerhalb ihrer Familien zu verarbeiten versuchen. Daher möchte ich in meiner nachfolgenden Arbeit die Prozesse der Übertragung und Gegenübertragung darstellen und der Frage nachgehen, wie PädagogInnen in diesem Zusammenhang Verhaltensauffälligkeiten neu deuten können, um die Entwicklung des Kindes in der pädagogischen Tätigkeit zu fördern?
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Übertragung
- Gegenübertragung
- Die Bedeutung des Dialogs für eine gesunde Entwicklung
- Dialog als Grundlage kindlicher Entwicklung
- Die Bedeutung des Dialogs für die Zone der nächsten Entwicklung
- Entwicklungspsychologische Bedingungen bei der Entstehung von Verhaltensstörungen
- Auswirkungen für die pädagogische Tätigkeit
- Zusammenfassung
- Praxisreflektion
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit den Prozessen der Übertragung und Gegenübertragung im Kontext verhaltensauffälliger Kinder und Jugendlichen. Sie untersucht, wie diese Prozesse in der pädagogischen Arbeit verstanden und genutzt werden können, um die Entwicklung des Kindes zu fördern. Die Arbeit analysiert die Bedeutung des Dialogs für die Entwicklung des Kindes und beleuchtet die Rolle von Übertragung und Gegenübertragung in der Entstehung von Verhaltensstörungen.
- Übertragung und Gegenübertragung in der Pädagogik
- Die Bedeutung des Dialogs für die Entwicklung des Kindes
- Entwicklungspsychologische Bedingungen für Verhaltensstörungen
- Praxisbezogene Anwendung von Übertragung und Gegenübertragung
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt den Kontext des studienbegleitenden Praktikums an einer „Schule für Kranke“ in Ludwigsburg vor und schildert die Beobachtung von auffälligem Verhalten bei Kindern, die sich in längerer Krankenhausbehandlung befinden. Die These wird aufgestellt, dass Übertragungsvorgänge eine Rolle spielen könnten, um unbewältigte Konflikte innerhalb der Familien zu verarbeiten.
- Übertragung: Dieses Kapitel definiert Übertragung als ein intrapsychisches Geschehen, das auf unbewussten Einstellungen aus der Vergangenheit basiert. Die Übertragung wird als Versuch interpretiert, „einen unmöglichen inneren Dialog in einen Dialog mit uns zu verwandeln“ (Körner 1998: 363, zitiert in Gerspach 1998: 153). Die Bedeutung von positiver und negativer Übertragung sowie die sieben Merkmale von Übertragungsreaktionen nach Trescher werden erläutert.
- Gegenübertragung: Das Kapitel beleuchtet das Konzept der Gegenübertragung als Reaktion auf Übertragungsprozesse. Es werden objektive und subjektive Gegenübertragungsprozesse sowie zwei Formen, die „konkordante Identifizierung“ und die „komplementäre Identifizierung“, unterschieden. Die Bedeutung der Gegenübertragung als Medium der Empathie in der Kohutschen Selbstpsychologie wird hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die zentralen Themen Übertragung und Gegenübertragung in der pädagogischen Arbeit mit verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen. Weitere wichtige Schlüsselbegriffe sind: Dialog, kindliche Entwicklung, Verhaltensstörungen, empathische Prozesse, Identifizierung, Kohutschen Selbstpsychologie.
- Arbeit zitieren
- Vanessa Hark (Autor:in), 2016, Übertragung und Gegenübertragung bei verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/379731