Seiteneinsteiger im sächsischen Schuldienst

Eine qualitative Studie mit Seiteneinsteigern über ihre Motivation, ihren Berufseinstieg und Berufsalltag sowie sich daraus ergebende Handlungsbedarfe


Examensarbeit, 2017

172 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Theoretischer Teil
2.1 Begriffsbestimmungen
2.2 Das Phänomen Lehrermangel als wiederkehrendes Ereignis
2.3 Gründe für den Lehrermangel
2.3.1 Gründe für den Lehrermangel als zyklisch wiederkehrendes Ereignis
2.3.2 Spezifische Gründe für den Lehrermangel im Freistaat Sachsen
2.4 Maßnahmen gegen den Lehrermangel
2.4.1 Aktuelle Maßnahmen im Freistaat Sachsen
2.5 Gründe für den Wechsel in den Lehrerberuf
2.6 Bewältigung des Berufseinstieges
2.7 Ablauf des Seiteneinstieges in Sachsen
2.7.1 Wissenschaftliche Ausbildung
2.7.2 Schulpraktische Ausbildung
2.7.3 Vorbereitungsdienst

3. Methodischer Teil
3.1 Das Interview als Erhebungsmethode der Qualitativen Forschung
3.2 Methodologische Grundprinzipien qualitativer Forschung
3.3 Erhebungsmethode: Das Leitfadeninterview
3.3.1 Charakteristik des Leitfadeninterviews
3.3.2 Durchführung eines Leitfadeninterviews
3.3.3 Begründung des Leitfadeninterviews: Vorteile und Nachteile
3.4 Transkription der Interviews
3.5 Auswertungsmethode: Die qualitative Inhaltsanalyse
3.5.1 Charakteristik der qualitativen Inhaltsanalyse
3.5.2 Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse
3.5.3 Begründung der qualitativen Inhaltsanalyse: Vorteile und Nachteile

4. Ergebnisdarstellung
4.1 Übersicht über die geführten Interviews
4.2 Auswertungskriterien
4.2.1 Motive/Gründe (M)
4.2.2 Vorbereitende Maßnahmen (VM)
4.2.3 Berufseinstieg (BE)
4.2.4 Arbeitsalltag/Berufsalltag (A)
4.2.5 Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (Q)
4.3 Interview 1 - Frau Seins
4.4 Interview 2 - Frau Dreis
4.5 Interview 3 - Herr Viert

5. Interpretation und Diskussion der Interviews
5.1 Kategorie Motive
5.2 Kategorie Vorbereitende Maßnahmen
5.3 Kategorie Berufseinstieg
5.4 Kategorie Berufsalltag
5.5 Kategorie Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen

6. Zusammenfassung der Ergebnisse

7. Fazit und Ausblick

8. Literaturverzeichnis

9. Quellenverzeichnis

10. Abbildungsverzeichnis

11. Tabellenverzeichnis

Anhang I

1. Einleitung

Zum Beginn des neuen Schuljahres 2017/18 will der Freistaat Sachsen 1.400 Lehrer[1] neueinstellen, um den steigenden Schülerzahlen gerecht zu werden (SächsischesStaatsministerium für Kultus, 2017b). Das Problem: die Anzahl der Bewerbungen grund-ständig ausgebildeter Lehrer liegt bei nur 1.062 und reicht damit nicht aus, um die offenenStellen zu besetzen. Da die Anzahl der Einstellungen und Bewerbungen je nach Schulartstark schwankt, ergeben sich allein für den Grundschulbereich rund 320 offene Stellen,die nicht mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften besetzt werden können (ebd.).Gleichzeitig ist die Zahl der Bewerbungen von Seiteneinsteigern so hoch wie nie: mit rund 1.800 Bewerbungen in allen Schularten übersteigt sie die Gesamtzahl der Bewerbungengrundständig ausgebildeter Lehrkräfte für den Schuldienst (SächsischesStaatsministerium für Kultus, 2017c). Allein für den Grundschulbereich bewarben sichrund 600 Seiteneinsteiger (ebd.). Bereits im Vorjahr 2016/17 wurden 700 Seiteneinsteigerin den sächsischen Schuldienst eingestellt (Sächsisches Staatsministerium für Kultus,2017, S. 2).

Die Seiteneinsteiger sind an den sächsischen Schulen präsent und deren Integration bezeichnet Staatsministerin Kurth als „eine Herausforderung“ (ebd., S. 2). Diese Herausforderung können die Seiteneinsteiger nur gemeinsam mit den Mentoren, Schulleitern und Lehrerkollegien bewältigen.

Die Perspektive der Seiteneinsteiger ist dabei der zentrale Fokus dieser Arbeit. In qualitativen Leitfadeninterviews wurden Seiteneinsteiger, die an sächsischen Grundschulen unterrichten, gebeten ihre Erfahrungen, Herausforderungen und Wünsche zu beschreiben. Da bisher wenig empirisch gesicherte Erkenntnisse über diese, vermutlich in Zukunft größer werdende, Gruppe von Lehrkräften vorliegen (Schellack, 2009, S. 130) soll diese Arbeit einen Überblick über einige Hauptaspekte von Seiteneinsteigern in den Grundschulbereich zusammentragen. Da eine Vielzahl an zu untersuchenden Aspekten denkbar ist, die unmöglich alle im Rahmen dieser Arbeit beantwortet werden können, wird die Bewantwortung von drei Forschungsfragen verfolgt:

- Welche Motive haben Seiteneinsteiger, ihren ursprünglichen Beruf(szweig) zu ver-lassen? Spielen organisatorisch-materielle (wie finanzielle Sicherheit, geregelteArbeitszeit, fester Arbeitsplatz usw.) oder ideelle Gründe (Wunsch, etwas bewirkenzu wollen, Erfüllung im Beruf) die größere Rolle? Oder ist der Wunsch nach Ver-änderung ausschlaggebend?
- Wie erleben Seiteneinsteiger ihren Berufseinstieg und Berufsalltag? Dabei ist be-
sonders interessant, welche Unterschiede und welche Gemeinsamkeiten dieseAspekte im Vergleich mit grundständig ausgebildeten Lehrkräften aufweisen. Wiereflektieren sie ihren Seiteneinstieg und würden sie rückblickend wieder so han-deln?
- Wie wird die Betreuung und Ausbildung vor, während sowie nach dem Einstiegeingeschätzt? Welche Aspekte und Maßnahmen haben am meisten geholfen?Welche Verbesserungsvorschläge können daraus abgeleitet werden?

Aufbau der Arbeit

In einem theoretischen Teil wird zunächst die Problematik aus verschiedenen Perspektiven näher beleuchtet: Begriffsbestimmungen grenzen u.a. Seiteneinsteiger von Quereinsteigern ab und fokussieren so den Schwerpunkt dieser Arbeit. Das Phänomen des Lehrermangels, welches als Voraussetzung für die Einstellung von Seiteneinsteigern gilt, wird beschrieben. Anschließend werden die Gründe von und die Maßnahmen gegen den Lehrermangel erörtert. Dabei werden zunächst allgemeine Aussagen aus der Forschungsliteratur zusammengestellt, während in einem zweiten Unterpunkt jeweils die Gründe bzw. die Maßnahmen bezogen auf den Freistaat Sachsen vorgestellt werden. Der darauf folgende Überblick über die aktuelle Forschungsliteratur zu den drei Bereichen der Forschungsfrage vervollständigt den theoretischen Aspekt.

Im methodischen Teil wird das Leitfadeninterview als qualitative Methode der empirischen Sozialforschung vorgestellt und sein Einsatz für diese Arbeit begründet. Die Auswertungsmethode der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring wird ebenfalls beschrieben und anhand des vorliegenden Datenmaterials begründet.

Den Schwerpunkt der Arbeit bildet die Darstellung der Ergebnisse der Leitfadeninterviewssowie die Interpretation dieser. Zuvor wird ein kurzer Überblick über die Interwiepartnergegeben sowie die einzelnen Kategorien für die Auswertung der Interviews definiert. DieAnalyse des Datenmaterials erfolgt Interviewbezogen, um das Gesamtbild der Interview-partner besser herausarbeiten zu können. Die daran anschließende Interpretation erfolgtbezogen auf die vorher definierten Kategorien, um die einzelnen Aussagen besser mit derForschungsliteratur verknüpfen und letztendlich die Forschungsfragen beantworten zukönnen.

Abschließend werden die Ergebnisse zusammengefasst sowie ein Fazit gezogen.

2. Theoretischer Teil

2.1 Begriffsbestimmungen

Der reguläre Weg, als Lehrkraft in einer öffentlichen Grundschule tätig zu werden, führt inSachsen über das erste Staatsexamen an den Universitäten Chemnitz, Leipzig oderDresden und den zurzeit 18-monatigen Vorbereitungsdienst zum zweiten Staatsexamen.Da dies der Regelfall ist, werden diese Personen in dieser Arbeit als „grundständig stu-dierte“ oder „grundständig ausgebildete Lehrkräfte“ bezeichnet. In Abweichung zu diesemregulären Qualifizierungsprozess unterrichten an öffentlichen Schulen aber auch Perso-nen, die diesem Ablauf nicht oder nur teilweise gefolgt sind. Sie werden nachfolgend nä-her betrachtet und definiert.

Die Begriffe Seiteneinstieg und Quereinstieg werden in der öffentlichen Diskussion oftsynonym gebraucht, die KMK definiert den Begriff „Seiteneinsteiger“ wie folgt: „Als Sei-teneinsteiger werden Lehrkräfte bezeichnet, die in der Regel über einen Hochschulab-schluss, nicht jedoch über die erste Lehramtsprüfung verfügen und ohne das Absolvierendes eigentlichen Vorbereitungsdienstes in den Schuldienst eingestellt werden.“ (KMK,2015, S. 31) Da davon ausgegangen wird, dass die fachlichen Kenntnisse durch dasabgeschlossene Hochschulstudium gesichert sind, wird den Seiteneinsteigern lediglicheine „pädagogische Zusatzqualifikation, […] teilweise auch berufsbegleitend“, vermittelt(ebd.). Die KMK betont dabei auch, dass der Einsatz von Seiteneinsteigern nicht demRegelfall entspricht, sondern nur praktiziert wird, „um das Unterrichtsangebot inbestimmten Fächern, Schularten und Regionen mit Bewerbermangel aufrechterhalten zukönnen.“ (ebd.)

Böhmann (2011) grenzt den Begriff Quereinstieg klar vom zuvor beschriebenenSeiteneinstieg ab, da diese Personen zwar über die gleichen Voraussetzungen verfügen,also einen Hochschulabschluss ohne erste Lehramtsprüfung, aber nicht sofort in denSchuldienst einsteigen, sondern zunächst den regulären Vorbereitungsdienst absolvieren(Böhmann, 2011, S. 35).

Da im Freistaat Sachsen die Personen ohne grundständige Lehramtsausbildung in der Regel sofort in den Schuldienst eingestellt werden, wird in dieser Arbeit vorwiegend die Begriffsbezeichnung Seiteneinsteiger verwendet. Neben diesen beiden grundsätzlichen Unterscheidungen, können zwei weitere Wege in den Schuldienst ohne grundständige Lehrabtsausbildung beschreiben werden.

Der qualifizierte Quereinstieg bietet den Quereinsteigern „eine bildungswissenschaftlicheNachqualifizierung für den Lehrberuf in speziellen Studiengängen für Berufswechsler“ an(Schellack, 2009, S. 127). Diese Form wurde beispielsweise an der Universität Göttingen

mit dem Intensivstudiengang Schulpädagogik und Didaktik praktiziert. Innerhalb eines

Jahres erwerben die Studierenden „Grundlagen für unterrichtende, forschende, diagnostische und beratende Tätigkeiten im Handlungsfeld Gymnasium“ (Lemmermöhle & Jahreis, 2004, S. 270). Anschließend wird die zweite Phase der Lehrerbildung, der Vorbereitungsdienst, absolviert (ebd.).

Melzer et al. (2014) stellen in ihrem Forschungsbericht einen weiteren Weg von nicht grundständig ausgebildeten Personen in den Schuldienst vor: den Direkteinstieg, also die „Einstellung […] ohne weitere Qualifizierung“ (S. 28). Sie betonen dabei, dass dies keine offizielle Verfahrensweise sei, aber durchgeführt werde. Teilweise „werden Direkteinsteigende noch nachträglich in Qualifikationsprogramme integriert“, es gibt aber auch einen Teil von Personen „die nach einem Direkteinstiegt […] viele Jahre im Schuldienst tätig sind, ohne je eine Qualifizierung erhalten zu haben.“ (ebd.) Sie bezeugen dies mit Interviews von acht Direkteinsteigern.

2.2 Das Phänomen Lehrermangel als wiederkehrendes Ereignis

Terhart (2004) beschreibt, dass sich „im Lehrerbereich zyklische Wechsel von Überflussund Mangel feststellen“ lassen (S. 54). Auch Titze (1990) legt in einer großen Analyse dieSchwankungen der Absolventenzahlen akademischer Berufe, darunter die des Lehrers,seit dem Ende des 18. Jahrhunderts offen. Beleg für dieses zyklisch wiederkehrende Er-eignis von Lehrermangel ist unter anderem ein Vortrag aus dem Jahr 1872 auf dem Kir-chentag in Halle, welcher unter der Überschrift „Der Lehrermangel, eine Gefahr für dasdeutsche Volksleben“ gehalten wurde (Harweck, 1873, S. 88). Der Seminardirektor Dr.Schneider beschreibt in diesem Vortrag die „neue Noth der Schule“: fehlende Lehrer, Be-setzung der Stellen mit „Männern […], die keine Berechtigung haben“, große Klassen und„Laufschulen“, an denen der Lehrer „am Morgen eine Stunde ostwärts, Nachmittags eineStunde westwärts [läuft], um auf den Filialen Schule zu halten“ (ebd., S. 89). Auch im1914 erschienen „Lexikon der Pädagogik“ wird der Lehrermangel definiert und seine Ur-sachen sowie Folgen beschrieben: Lehrermangel herrscht, „[w]enn die Gesamtzahl derLehrstellen, die an einer bestimmten Art von Lehranstalten eines Staates errichtet sind,die Zahl der zur Verfügung stehenden Lehrpersonen übertrifft“ (Roloff, 1914, S. 150). DieUrsachen sind nach damaliger Auffassung „entweder in den wechselnden wirtschaftlichenVerhältnissen zu suchen, oder sie treten zufällig auf“ (ebd.). Weiterhin wird auch das zyk-lisch schwankende Phänomen von Mangel und Überfluss festgehalten: „[D]er dadurchbedingte Lehrermangel ging dann schnell in eine Lehrerhochflut über, die jetzt (1914)schon eine lange Wartezeit bis zu Anstellung bedingt.“ (ebd.) Als „schlimme Folgen desLehrermangels“ werden damals schon „die Überfüllung der Klassen“ sowie die Anstellung„ungeeignete[r] Lehrkräfte“ genannt.

Definiert wird der Lehrermangel heute nicht mehr nur als Zeitpunkt, an dem „das Angebot […] an qualifizierten Lehrern […] niedriger ist als der Bedarf“ (Posch, 1967, S. 23). Wilson& Pearson (1993) beschreiben neben dieser „vacancy rate“, also der Anzahl unbesetzterLehrerstellen, auch die „hidden shortages“ (S. 69). Dieser versteckte Mangel beschreibtdie Situation, dass Unterricht durch nicht ausreichend qualifiziertes Personal abgehaltenwird: „20% of tuition in secondary schools was undertaken by teachers without specialistqualificaions in the subject they were required to teach. This is a ‚hidden shortage‘ […].“(ebd., S. 70)

2.3 Gründe für den Lehrermangel

2.3.1 Gründe für den Lehrermangel als zyklisch wiederkehrendes Ereignis

Titze (1990) sieht eine wesentliche Ursache dieser entstandenen Zyklen von Lehrerüber-fluss und Lehrermangel in „der langen Ausbildungsdauer […] und der damit verbundenenZeitdifferenz zwischen Bildungsentscheidung (Studienwahl) und Bildungsverwertung (Be-rufszugang)“ (S. 485). Ein zweiter Einflussfaktor sei das „wellenförmige Pulsieren der Er-satznachfrage“, da durch unregelmäßiges Bevölkerungswachstum „Phasen der beschleu-nigten und verlangsamten Generationsumschichtung in den Karrieren“ entstehen, alsoeine zyklische Verjüngung und Überalterung des Berufsstandes (ebd.). Terhart (2004)beschreibt die Ursachen für die belegten Schwankungen als ein komplexes Konstrukt aus„der Altersstruktur der Lehrerschaft […] [, den] schwankenden absoluten und relativenSchülerzahlen […] [sowie den] nach Lehramt und Fächerkombination […] sehr unter-schiedliche[n], komplexe[n] Nachfrageverhältnisse[n]“ (S. 54). Zudem betont er, dass dieDiskrepanz zwischen der inhaltlichen und der formalen Ausbildung der Lehrer die Mangel-oder Überflusssituation noch verstärkt. Inhaltlich sind die voll ausgebildeten Lehrkräfte„breit qualifiziert“, da sie „zwei, z.T. drei Unterrichtsfächer studier[en]“, die sich aus fach-und erziehungswissenschaftlichen sowie schulpraktischen Studienanteilen zusammenset-zen (ebd., S. 54, 40). Trotz dieser breit gefächerten Ausbildung verfügen Lehrkräfte „nurüber eine sehr spezifische Berechtigung“ für bestimmte Fächer an einer bestimmtenSchulart (ebd.).

Englischsprachige Autoren (Donitsa-Schmidt & Zuzovsky, 2014 & 2016) benutzen bei derUrsachenbeschreibung von Lehrermangel die Unterteilung in zwei Ebenen: die Makro-Ebene, welche auch „national level“ genannt wird, weil es den Staat, die Region oder denRegierungsbezirk beschreibt, sowie die Schule selbst, die Mikro-Ebene, auch „school le-vel“ genannt (Donitsa-Schmidt & Zuzovsky, 2016, S. 84). Donitsa-Schmidt & Zuzovskyunterteilen die Ursachen in der Makro-Ebene erneut. Einerseits in Faktoren, die die Nach-frage nach Lehrkräften steigen lässt, wie das natürliche Wachstum der Schülerpopulation, eine erhöhte Zuwanderung sowie Veränderungen in der Bildungspolitik. Andererseits in Faktoren, die das Lehrerangebot verändern, so zum Beispiel das Ansehen des Berufes, leistungsbezogene Prämien, verkürzte Qualifikationsprogramme sowie die Zahl der Berufseinsteiger (Donitsa-Schmidt & Zuzovsky, 2014, S. 420). Faktoren der Mikro-Ebene die Lehrermangel auslösen können, beeinflussen zwar nicht das nationale Gleichgewicht zwischen Lehrerangebot und Lehrerbedarf, können aber aus Sicht der Schule für eine Unausgeglichenheit sorgen. Als Beispiele hierfür werden das gestiegene Prestige einer Einzelschule, Krankheiten der Lehrer wie Burnout, fehlende Unterstützung durch die Schulleitung oder Probleme im Klassenmanagement genannt (ebd., S. 421).

2.3.2 Spezifische Gründe für den Lehrermangel im Freistaat Sachsen

Wie aus der Literaturbesprechung erkennbar ist, sind die Gründe für den Lehrermangel vielfältig und treten häufig im Zusammenspiel auf. Im nachfolgenden sollen die Gründe für den Mangel an Grundschullehrkräften im Freistaat Sachsen erörtert werden.

Allgemeine Entwicklung der Schülerzahlen „Schülerzahlen steigen in Sachsen deutlicher als erwartet“ titelte das Sächsische Kultus-ministerium in einer Medieninformation vom 22.04.2016 (Sächsisches Staatsministeriumfür Kultus, 2016b, S. 1) und berief sich dabei auf die neue Schülerzahlvorausberechnungdes Statistischen Landesamtes von 2016. Dieses hatte seine letzte Prognose der Schü-lerzahlen aller öffentlichen Schulen im Freistaat Sachsen von 2011 deutlich nach obenkorrigiert: Statt dem damals berechneten Höchststand von 393.900 Schülern im Schuljahr2021/22 liegt die neue Prognose nun bei 419.600 (in der unteren Variante) bzw. bei446.700 Schülern (in der oberen Variante)[2] Die große Differenz der Prognosen bei einemzeitlichen Abstand von nur fünf Jahren begründete das Kultusministerium mit einer anhal-tend hohen Geburtenrate im Freistaat sowie einer erhöhten Zuwanderungsrate und einempositiven Wanderungssaldo (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2016b, S. 1) Auchim Bereich der Grundschulen werden höhere Schülerzahlen erwartet: In der unterenPrognose steigen die Zahlen der Grundschüler bis 2022/23 auf 141.500 Schüler an, da-nach sinken sie wieder, sodass sie zum Schuljahr 2029/30 etwa auf dem aktuellen Niveauvon 132.500 Schülern liegen. Die obere Prognose geht von einem Anstieg der Schüler-zahlen bis 2026/27 aus (150.900 Grundschüler). Erst danach sinkt die Schülerzahl wieder(Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2016a) (vgl. Tabelle 2, S. I). DiePrognose der Schülerzahlen ist für das Sächsische Kultusministerium die Grundlage fürdie Erstellung des Lehrerpersonalentwicklungskonzeptes 2020. Die tatsächlichen Schülerzahlen der sächsischen Grundschulen haben sich zwischen den Schuljahren 1995/96 bis 2002/03 um fast 60% verringert (von 222.803 Schülern im Schul-jahr 1995/96 auf 95.195 Schüler 2002/03). Bereits ab dem Schuljahr 2003/04 ist eine Zu-nahme der Anzahl der Grundschüler zu verzeichnen, dieser Anstieg ist relativ konstantund bleibt bis heute bestehen. Der Anstieg der Schülerzahlen seit 2003/04 ist mit durch-schnittlich 2997 Schülern pro Jahr jedoch lange nicht so hoch wie der Rückgang derSchülerzahlen bis 2002/03 (durchschnittlich 18.230 Schüler weniger pro Jahr). Im Schul-jahr 2016/17 besuchen 136.790 Schüler die sächsischen Grundschulen (vgl. Abb. 1).

Migrationsbedingter Anstieg der Schülerzahlen Die sächsische Staatsministerin für Kultus, Brunhild Kurt, begründete die Einstellung von700 Seiteneinsteigern im Schuljahr 2016/17 unter anderem mit dem „unerwarteten Zu-strom an Flüchtlingen in Jahr 2015“ (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2017, S.

2). Dieser habe „die Fachkräftesituation zusätzlich verschärft“ da die damit verbundenenIntegrationsleistungen von geschulten Pädagogen erbracht werden mussten (ebd.). Tat-sächlich ist die Zahl der Schüler mit Migrationshintergrund an den sächsischen Grund-schulen im Schuljahr 2016/17 um rund 2.600 im Vergleich zum vorherigen Schuljahr ge-stiegen (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2017, S. 9). Besonders ge-stiegen ist dabei die Zahl der Kinder mit der Staatsbürgerschaft asiatischer Länder, zudenen auch die Kriegsgebiete Syrien, Libanon und Irak gehören (von 1.303 Schülern auf 3.259) (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2016b S. 21 & 2017, S. 19).Dies erfordert natürlich einen Mehrbedarf um die Integration dieser Schüler zu bewältigen.Jedoch ist bereits in den Schuljahren ab 2008/09[3] ein stetiger Zuwachs von rund 1.000Schülern mit Migrationshintergrund pro Jahr zu verzeichnen (Statistisches Landesamt desFreistaates Sachsen., 2012 & 2017). Insofern stimmt die Aussage, der unterwartete Zu-strom an Asylsuchenden habe den Lehrermangel verschärft, ausgelöst hat er ihn jedochnicht.

Entwicklung der Anzahl der Lehrkräfte und Prognosen Parallel zu den sinkenden Schülerzahlen fallen auch die Zahlen der Grundschullehrkräftein Sachsen. Die Reaktionszeit auf steigende Einschulungen und die damit einhergehendeErhöhung der Anzahl der Grundschüler ist allerdings erheblich verzögert: bereits ab demSchuljahr 2003/04 steigen die Schülerzahlen in den Grundschulen, die Zahl der voll- undteilzeitbeschäftigten Grundschullehrkräfte sinkt aber bis zum Schuljahr 2014/15 und steigt erst in den letzten beiden Schuljahren wieder an (vgl. Tabelle 3, S. II).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Entwicklung der sächsischen Schüler- und Lehrerzahlen in den Schuljahren 1995/96 bis 2016/17

Eine Veröffentlichung des voraussichtlichen Lehrereinstellungsangebotes und -bedarfesfür Gesamtdeutschland legt die KMK in bestimmten Abständen vor. Der aktuelle Berichtist von Juni 2015 und gibt eine Prognose bis zum Jahr 2025 ab.[4] Darin heißt es, im Be-reich der Grundschullehrkräfte muss „für ganz Deutschland von einer rechnerischen Un-terdeckung im Jahr 2015 ausgegangen werden. Im Anschluss übersteigt das Angebot denBedarf“ (ebd., S. 17). Dabei unterscheiden sich die westdeutschen Länder mit einer jährli-chen durchschnittlichen Überdeckung von 1.300 Personen wieder erheblich von den ost-deutschen Bundesländern mit einer Unterdeckung von 200 Personen. Die KMK betontdabei, dass diese Modellrechnung die „tatsächlich eintretende Entwicklung niemals exaktvorhersagen“ kann und „eine Gesamtübersicht über Deutschland und die tendenziell un-terschiedlichen Entwicklungen im Westen und Osten Deutschlands“ geben soll (ebd. S.11f).

Einstellungspraxis der letzten Jahre

Die Veränderung der Anzahl der Lehrpersonen ist durch die Anzahl der jährlichen Zu- undAbgänge bedingt. Die Zahl der Zugänge sächsischer Grundschullehrkräfte steigt dabeiseit dem Schuljahr 2007/08 (562 Zugänge) schrittweise um mehr als das Doppelte (auf 1.252 Zugänge) im Schuljahr 2015/16 an. Dem gegenüber steht die Zahl der Abgänge, welche ebenfalls schwankt, allerdings deutlich geringer: Seit dem Schuljahr 2002/03 pen- delt sie in etwa zwischen 800 und 1.000 Abgängen pro Schuljahr. Die Zahlen der Zu- undAbgänge setzen sich aus mehreren Gruppen zusammen, unter anderem durch den Zu-bzw. Abgang nach Beurlaubung oder den Übergang an andere Schulen und Schularteninnerhalb des Freistaates Sachsen. Dem gegenüber stehen die direkten Zu- und Abgän-ge, also die Neueinstellungen sowie die Eintritte in den Ruhestand.[5] Die Zahl der Neuein-stellungen von Absolventen des zweiten Staatsexamens steigt ebenfalls seit dem Schul-jahr 2007/08 stetig an (von 139 auf 490 im Schuljahr 2015/16). Dabei kann die Zahl derNeueinstellungen aber erstmals im Schuljahr 2011/12 die Zahl der Renteneintritte über-treffen und somit langfristig die Anzahl der sächsischen Grundschullehrkräfte erhöhen. Zubemerken ist auch, dass die Zahl der Neueinstellungen von Absolventen mit dem zweitenStaatsexamen schon immer höher liegt als die Anzahl der Absolventen mit bestandenerStaatsprüfung im Bereich Lehramt an Grundschulen (vgl. Tabelle 4, S. III).

Altersstruktur sächsischer Grundschullehrkräfte

Wie bereits im vorherigen Punkt beschrieben, trifft die erhöhte Anzahl von Neueinstellungen im Grundschulbereich auf eine hohe Anzahl von Renteneintritten, wodurch sich die Situation des Lehrermangels nicht entschärft. Zwar kann in den letzten Jahren der Anteil der Lehrkräfte unter 30 Jahren erhöht werden. Die Zahl der Lehrkräfte über 60 Jahren, also jene, die kurz vor dem Ruhestand stehen, steigt aber ebenfalls kontinuierlich seit dem Schuljahr 2009/10 an (vgl. Tabelle 5, S. IV).

Aus den Veröffentlichungen des Statistischen Landesamtes geht hervor, dass nicht nurder Anteil der aktuell über 60-jährigen Lehrkräfte im Schuldienst sehr hoch ist (aktuell ca.16%), sondern dass auch die nachfolgenden Altersgruppen 55-59 Jahre (ca. 16%) und50-54 Jahre (ca. 21%) stark vertreten sind. Das heißt, dass mehr als die Hälfte der säch-sischen Grundschullehrkräfte älter als 50 Jahre und damit deutlich überaltert ist. Demzu-folge scheidet innerhalb der nächsten 15 Jahre die Hälfte der Grundschulllehrkräfte al-tersbedingt aus dem Schuldiest aus, was eine Verschärfung der Mangelsituation nachsich zieht (vgl. Abb. 2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Altersverteilung der sächsischen Grundschullehrkräfte im Schuljahr 2016/17

Vergütung von Grundschullehrkräften in Sachsen

Im Freistaat Sachsen sind alle Grundschullehrkräfte Angestellte des Landes und werdennach Tarifgruppe E11 des Tarifvertrages der Länder (TV-L) bezahlt. Dieser Tarifvertrag istfür alle Länder gültig. Gemäß der aktuellen Tabelle erhalten Berufseinsteiger (ab dem 7.Monat nach dem 2. Staatsexamen) die Stufe 2 der Entgeltgruppe 11, dies sind 3.367,56€(Gewerkschaft für Erziehung und Bildung, 2017) Nach Abzug aller Steuern und Abgaben4bleiben 2039,72€ netto pro Monat. Trotz der einheitlich geregelten Tarifverträge verdienenLehrer in anderen Bundesländern mehr, da diese nicht angestellt, sondern in der Regelverbeamtet sind. Laut Berechnungen der GEW ergibt sich daraus eine Einkommensdiffe-renz der Netto-Bezüge von 374€ (Rheinland-Pfalz) bis 605€ (Hamburg) pro Monat (ebd.).Wegen der regelmäßig stattfindenden Tarifverhandlungen steigt der Bruttolohn tendenziellzwar an5, dies kann die enormen Unterschiede zwischen Sachsen und den übrigen Bun-desländern jedoch nicht ausgleichen. Die unterschiedliche Vergütung kann für jungeLehrkräfte Anlass sein, den Freistaat Sachsen zu verlassen.

2.4 Maßnahmen gegen den Lehrermangel

In der deutschsprachigen Literatur werden wenig aktuelle Maßnahmen zum Umgang mitLehrermangel beschrieben. Grundlegende Überlegungen zur Behebung legte Posch(1967) vor. Er orientierte sich an der oben genannten Definition, dass ein geringeres An-gebot als die Nachfrage Lehrermangel bedeute. Nach wirtschaftwissenschaftlicher Denk-weise versuchte er durch die Senkung des Soll-Bestandes (also des Bedarfs) und derErhöhung des Ist-Bestandes (also des Angebots) die Situation zu überwinden (Posch,1967, S. 73). Auf der Seite der Bedarfssenkung soll der Unterricht rationalisiert werden,indem entweder die Lehrerleistung substituiert oder wirksamer verwendet werden soll. DieLehrerleistung könne einerseits direkt durch Lehrmittel (wie Filme) oder andererseits par-tiell durch Hilfskräfte (wie Assistenten, die Aufsicht, Schreib- oder Vervielfältigungsaufga-ben oder Korrekturen übernehmen) ersetzt werden (ebd., S. 104ff). Die Erhöhung derWirksamkeit der Lehrerleistung zielt darauf ab, dass „die Tätigkeit des Lehrers direkt einergrößeren Schülerzahl zugute“ kommt (ebd., S. 125). Dies könne durch die Direktübertra-gung von Unterricht in verschiedene Klassen mittels Live-Sendungen, der Errichtung grö-ßerer, zentral gelegener Landschulen oder der Verkürzung der Unterrichtszeit geschehen(ebd., S. 125ff). Auf der Seite der Angebotserhöhung kann schulpolitisch versucht wer-den, „die Abiturientenzahl und damit das Reservoir potentieller künftiger Lehrer zu erhö-hen“ sowie durch verschiedene Maßnahmen die Anziehungskraft des Lehrberufes zusteigern (ebd., S. 136ff). Die Attraktivität des Lehrerberufes kann durch materielle (erhöh-te Gehälter) oder immaterielle Anreize (z.B. Differenzierung des Lehrerberufes in ver-schiedene Funktionsbereiche, die verschiedene Qualifikationen fordern; damit soll dieAnerkennung in der Öffentlichkeit gesteigert werden) gesteigert werden.

Donitsa-Schmidt & Zuzovsky (2014) beschreiben auf der Makro-Ebene ebenfalls ver-schiedene Maßnahmen, die darauf abzielen, Lehrer in den Beruf zu locken und zu halten(S. 421). Sie nennen die Verbesserung von Arbeitsbedingungen, finanzielle Anreize, dasAngebot alternativer Qualifikationsmöglichkeiten, das Rekrutieren ausländischer Lehrkräf-te oder die Steigerung der Attraktivität des Lehrerberufes um dieses Ziel zu erreichen(ebd.). Um den Lehrermangel auf der Mikro-Ebene zu bekämpfen, würden Schulleitungenoft an den Grenzen ihrer eigenen Organisationsmöglichkeiten arbeiten, um Lehrer anzu-werben und auszubilden[6]. Zu diesen „ad hoc“ Lösungen zählen sie den Einsatz von Ver-tretungslehrern, die Erhöhung der Unterrichtsstunden des einzelnen Lehrers, die Einstel-lung von Lehrern ohne die nötigen Qualifikationen, die Erhöhung der Schüleranzahl in denKlassen sowie den Ausfall einzelner Schulfächer. Diese Strategien helfen zwar den quan- titativen Mangel zu beseitigen, erhöhen aber gleichzeitig den versteckten Mangel (hidden shortage; s.o.) (ebd., S. 421).

2.4.1 Aktuelle Maßnahmen im Freistaat Sachsen

Der Freistaat Sachsen versucht seit Jahren dem sich immer weiter verschärfenden Prob-lem des Lehrermangels mit verschiedenen Maßnahmenpaketen zu begegnen. Im De-zember 2011 beschließt der Koalitionsausschuss das „Bildungspaket Sachsen 2020“ miteinem Volumen von ca. 200 Millionen Euro (Sächsische Staatsregierung, 2011). Darinwird unter anderem die Wiederaufnahme der Lehrerausbildung an der Technischen Uni-versität Chemnitz, die Erhöhung der Anzahl der Studienplätze, Referendarstellen undNeueinstellungen sowie das Ziel, die Studienerfolgsquote von Lehramtsstudenten auf85% zu erhöhen, festgehalten (ebd.). Zusätzliches Lehrpersonal soll „durch Rückkehreraus anderen Bundesländern, Seiteneinsteiger und die Reduzierung von Lehrerabordnun-gen in die Verwaltung“ gewonnen werden (ebd.). Diese Maßnahmen sollen schrittweisebis 2020 umgesetzt werden. Da sich bereits zum Ende des Schuljahres 2011/12 dasProblem, „in bestimmten Schularten, Unterrichtsfächern und Regionen […], freiwerdendeStellen mit qualifizierten Lehrkräften zu besetzen“, abzeichnet, wird das Programm „Unter-richtsgarantie“ eingerichtet (Melzer, Pospiech, & Gehrmann, 2014, S. 10). Dieses soll esden Schulen ermöglichen, „schnell und flexibel auf Bedarfe aufgrund von Unterrichtsaus-fall […] reagieren“ zu können (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2012a, S. 2). Dieüber diesen Weg gewonnenen Personen werden als Vertretungslehrer eingesetzt.

Um den Nachwuchs für die Lehramtsstudiengänge zu sichern und das Interesse für denLehrerberuf zu wecken, wird 2013 das Freiwillige Soziale Jahr Pädagogik eingeführt, wel-ches „an Grundschulen, Mittelschulen, Gymnasien und Förderschulen in ganz Sachsengeleistet werden“ kann (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2013). In den darauffolgenden Jahren steigen die Schülerzahlen trotz dieser ergriffenen Maßnahmen kontinu-ierlich weiter, dazu kommt eine steigende Anzahl von Schülern mit Migrationshintergrund(s.o.).

Im Oktober 2016 verabschiedet die sächsische Staatsregierung ein Paket zur Lehrerver-sorgung, für die Jahre 2017 und 2018 ist ein Budget von 213 Millionen Euro eingeplant(Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2016d, S. 1). Das Paket ist in dreiMaßnahmebereiche eingeteilt: Gewinnen und Binden von Lehrkräften, Anerkennen undUnterstützen. Wesentliche Punkte des ersten Bereiches sind die bessere Bezahlung derLehrkräfte für Ober- und Förderschulen (nach Entgeltgruppe 13), Zulagen für junge Lehrerbzw. Lehrkräfte aus dem Schuldienst anderer Bundesländer, eine Erhöhung der Lehrer-stellen sowie Qualifizierungsprogramme für Seiteneinsteiger, bestehend aus einer drei-monatigen Einstiegsfortbildung sowie eine berufsbegleitenden Qualifizierung an einer Universität (ebd., S.2ff). Die finanzielle Gleichstellung von Ein-Fach-Diplomlehrern durch die Lehrbefähigung in einem zweiten Fach, die Absenkung des Regelstundenmaßes abdem 55. Lebensjahr um den vorzeitigen Eintritt ins Rentenalter aufzuhalten sowie der fi-nanzielle Ausgleich von Mehrarbeit wurden im Bereich „Anerkennen“ beschlossen (ebd, S. 4f). Arbeitserleichterungen für Lehrkräfte sowie für Schulleitungen sollen unter ande-rem durch die Veränderung schulorganisatorischer Rahmenbedingungen erreicht werden(ebd., S. 5).

Trotz dieser Maßnahmen muss Sachsen auch im neuen Schuljahr 2017/18 auf Seiteneinsteiger zurückgreifen um seinen Lehrerbedarf decken zu können (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2017c).

2.5 Gründe für den Wechsel in den Lehrerberuf

Die letztendlich ausschlaggebenden Gründe für einen Quer- oder Seiteneinstieg in denLehrerberuf sind vielfältig und individuell, also nicht pauschal für alle zutreffend. Böhmannbestimmt drei Motive, die dem Wechsel zugrunde liegen können: Selbstmotivation,geänderte Rahmenbedingungen im bisherigen Berufsumfeld sowie der Charakter desLehrerberufs (Böhmann, 2011, S. 37). Das Motiv der Selbstmotivation einer Personbeschreibt die Suche nach neuen beruflichen Herausforderungen, entweder, weil der bisherige Beruf wenig Weiterentwicklungsmöglichkeiten bietet oder die Karrieremöglichkeiten als begrenzt angesehen werden. Böhmann zählt zu diesem Motivauch die Personen, die schon immer Lehrer werden wollten, denen es aber ausbestimmten Gründen verwehrt wurde. Die geänderten Rahmenbedingungen imvorherigen Berufsfeld beziehen sich auf „die allgemeine Brachenentwicklung, eineKündigung, die Herabstufung im Betrieb, die Zuteilung neuer Aufgaben, das Verpasseneiner Karrierestufe, ein[en] neue[n] Vorgesetze[n] oder die Neuorganisation der eigenenAbteilung“ (ebd., S. 37). In diese Gruppe gehören auch die Personen, die nach ihremAbschluss nicht die Möglichkeit erhielten, Berufserfahrung im studierten Feld sammeln zukönnen. Das Motiv des Charakters des Lehrerberufes beschreibt den Reiz, eines sicherenund gut bezahlten Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst mit teilweise freier Zeiteinteilungund guter Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familie (ebd.).

Allgemeiner beschreibt Weinmann-Lutz (2006) die Gründe für den Wechsel in denLehrerberuf. Aus 21 Interviews mit Studierenden im Vorstudium[7] der pädagogischenHochschule Bern konnte sie fünf Entscheidungstypen herausarbeiten, warum derVorberuf verlassen und ein Einstieg in das Studium erfolgte. Typ 1, der mit „Suche nach Erfüllung im Beruf“ betitelt wird, beschreibt vorwiegend Frauen im mittleren Lebensalter, die „vor dem Entscheid zum Lehrerberuf schon auf die eine oder andere Weise versucht[haben], ihrem Interesse an der Tätigkeit als Lehrerin und an der Zusammenarbeit mitKindern […] nachzukommen“ (Weinmann-Lutz, 2006, S. 152). Der Entscheidung vonPersonen des Typs 1 ging ein „jahrelanger Suchprozess voraus“, der eine „intensiveAuseinandersetzung mit den Anforderungen und Chancen des Lehrerberufes“ beinhaltete(ebd., S. 154f). Entscheidungstyp 2 („Es kann nur besser werden - hoffentlich“) sindvorwiegend Männer über dem 30. Lebensjahr, welche häufige Berufswechsel vorweisen(ebd., S. 155). Ausschlaggebend für diese Wechsel ist häufig die Motivation von außen,also durch Freunde oder Bekannte; die Entscheidungen für die Wechsel ist wenig aktivgesteuert, geplant oder reflektiert (ebd., S. 157). Die Entscheidung für den Lehrerberufhingegen ist das „Produkt einer gründlichen Überlegung, wenn auch erneut von außenangestoßen, und entspringt der Hoffnung endlich eine rundum befriedigende Tätigkeitausüben zu können“ (ebd., S. 160). Die Aussage „Jetzt habe ich doch noch eine Lücke imSystem gefunden“ beschreibt den Entscheidungstyp 3. Männer und Frauen diesen Typsmotivierten sich durch ihren Wunsch nach Aufstieg und Anerkennung zum Wechsel.Negative Erfahrungen mit Lehrern und dem Schulsystem während der eigenen Schulzeitdienen ebenfalls der Motivation und gleichzeitig dem Ideal „eben nicht so [zu] sein“ (ebd., S. 166). Die Gruppe des Entscheidungstyps 4, Frauen im Alter zwischen 26 und 35, siehtden „Beruf als Selbststärkung“ (ebd., S. 167). Sie haben berufliche Misserfolge (erfolgloseArbeitssuche, nicht bestandene Aufnahmeprüfungen o.ä.) erfahren müssen, welcheAuswirkungen auf ihr Selbstwertgefühl hatten. Der Lehrerberuf ist für diese Frauen derursprüngliche Wunschberuf und kann nun verfolgt werden (ebd., S. 170f). JungeErwachsene, „die sich nach der ersten Ausbildung rasch, zielorientiert und hoch motiviertfür den Lehrerberuf entscheiden“ werden zum Entscheidungstyp „Ich weiß jetzt, was ichwill“ zusammengefasst. Die Zeit der ersten Ausbildung ist für diese Personen eineÜbergangszeit, in welcher das Klarwerden über die eigene berufliche Zukunft imVordergrund steht. Die Entscheidung für den Lehrerberufüberzeugt ist langfristig angelegtund überzeugt die Wechsler durch seine Vereinbarkeit zwischen Beruf und Familie (ebd., S. 175). Der familiäre Hintergrund, der durchweg akademisch ist, hat ebenfalls Einfluss auf die Entscheidung (ebd., S. 177).

Ein weiteres Motiv für den allgemeinen Berufswechsel beschreibt der Begriff der „midcareer-crisis“: „Crisis point in the middle years of an person’s occupational cycle at which one becomes more aware ofthe limited time left before retirement and of the speed with which one is attaining one’s own goals; may involve readjusting one’s goals and hopes of future possibilities, and even career or job shifts or radicalchanges in lifestyle.” (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization, 1979, S. 54) [8]

Diese midcareer-crisis beschreibt das Phänomen berufstätiger Personen ab dem Alter von etwa vierzig Jahren, die eine zunehmende Unzufriedenheit mit ihrem aktuellen Beruf sowie ihrem Selbstbild verspüren, obwohl sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere stehen (Thomas, 1982, S. 74). Eine Möglichkeit, dieser Unzufriedenheit zu entgehen, ist es laut Thomas den Job zu wechseln: „A frequent reaction to the mid-career crisis is to try to find a job in which the employee feels challenged and rewarded” (ebd., S. 76).

2.6 Bewältigung des Berufseinstieges

Terhart (2000) definiert die Berufseingangsphase als „entscheidende Phase in der berufli-chen Sozialisation und Kompetenzentwicklung von Lehrkräften.“ (ebd., S. 128) Er be-schreibt weiter: „Hier bilden sich personenspezifische Routinen, Wahrnehmungsmuster und Beurteilungstendenzen sowie insgesamt die Grundzüge einer beruflichen Identität. Die in dieser Phase gemachten und verarbeiteten Erfahrungen sind für die Weiterentwicklung […] der Person in ihrer Berufsbiografie und Kompetenzentwicklung von großer Bedeutung.“ (ebd.)

Beim Berufseinstieg grundständig ausgebildeter Grundschullehrkräfte wird in der For-schung häufig von einem „Praxisschock“, einhergehend mit einer Abkehr von aufgebautenliberalen hin zu konservativen Einstellungen berichtet, dies ist vor allem in den Studiender 1970er Jahre festzustellen (Hänsel, 1975). Schnidrig (1993) beschreibt dieses Phä-nomen wie folgt:

„[E]ine tiefergehende, zeitlich je unterschiedlich lange andauernde Phase der Überforderung der Junglehrpersonen, die dann eintritt, wenn die hauptsächlich während der Ausbildung aufgebauten guten Vorsätze und hohen Idealvorstellungen angesichts der teils harten und kompromisslosen alltäglichen Klassenzimmer- bzw. Berufsrealität zusammenbrechen.“ (Schnidrig, 1993, S. 60f)

Ausschlaggebend scheint bei dem Phänomen des Praxisschocks die Diskrepanz zwi-schen den aufgebauten Erwartungen und Vorstellungen während der Ausbildung und dererlebten Realität zu sein. Auch Terhart, der die Entwicklungsdauer von beruflicher Exper-tise mit acht bis zehn Jahren angibt, merkt an, dass die „erfahrbare Differenz von Ausbil-dungswelt (Universität, Seminar) und Berufswelt (Schule) unvermeidlich schmerzhaftsein“ kann (Terhart, 2000, S. 127). Keller-Schneider (2010) betont dabei, dass „[d]iesekonservative Einstellungswende im Berufseinstieg“ nur eine Rückkehr „hin zu den ur-sprünglichen Werten vor Ausbildungsbeginn“ ist (ebd., S. 26). Ob bei Seiteneinsteigernähnliche Einstellungswandel, begleitet von einem Praxisschock, zu beobachten sind, gehtaus der Forschungsliteratur nicht hervor. Da Lehrkräfte ohne grundständige Lehramts-ausbildung kein Studium absolviert haben, in welchem sie liberale Idealvorstellungen be- züglich des Lehrerberufes aufbauen konnten, ist der Einstellungswandel vermutlich weni- ger ausgeprägt, da eventuell nur wenige Vorstellungen existieren, die auf die Realität im Schulalltag treffen und so den vielbeschriebenen Praxisschock auslösen können.

Der Berufseinstieg junger Lehrkräfte in den Beruf wird von Lipowski (2003) als „wechsel-seitiger Prozess der Auseinandersetzung des Berufsanfängers mit den Variablen seinerschulischen Umwelt“ beschrieben (ebd., S. 53). Er betont dabei, dass die Berufsanfängersich aus verschiedenen Motiven für den Lehrberuf entscheiden, sich auf die Berufspraxisunterschiedlich gut vorbereitet fühlen, verschiedene Orientierungen verfolgen und durchdie verschiedenen Bewältigungskompetenzen berufliche Situationen unterschiedlichwahrnehmen, damit umgehen und sich demzufolge unterschiedlich beruflich weiterentwi-ckeln (ebd.). Berufseinsteiger sind demnach keine homogene Gruppe, sondern sie erle-ben unterschiedliche Anforderungen, denen die unterschiedlich begegnen. Dennoch gibtes in der Forschung Bereiche, die von der Mehrheit der Berufseinsteiger immer wieder alsproblematisch und herausfordernd beschrieben werden. Terhart et al. (1994) geben an,dass eine unzureichende materielle Ausstattung sowie der Zwang zur Schülerbewertungdie beiden am häufigsten angegebenen „Anfangsschwierigkeiten“ von Grundschullehr-kräften sind (ebd., S. 80). Ebenfalls häufig werden der fachfremde Unterrichtseinsatz,Disziplinprobleme im Unterricht sowie der Anspruch, unterschiedlichen Schülern gerechtzu werden, genannt (ebd.).

Eine aktuelle qualitative Studie von Lamy (2015) mit 21 Berufsanfängern im Grundschulbereich unterteilt die Anforderungen in sieben große Teilbereiche ein, die weiter differenziert werden können (Abb. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Bereiche der zu bewältigenden Anforderungen im ersten Berufsjahr (Lamy, 2015, S.139-231)

Im Bereich „Annahme der neuen beruflichen Aufgabe“ werden verschiedene globale An- forderungen wie das Unterrichten ohne Betreuer oder Mentor oder die selbstständige Pla-nung über einen längeren Zeitraum hinaus genannt (Lamy, 2015, S. 148). Diese ergebensich vor allem aus dem Gegensatz zu den vorher absolvierten Praktika und lösen ein Un-sicherheitsgefühl aus. Vor dem ersten tatsächlichen Unterricht in der Klasse sehen vieleBerufseinsteiger die „Informationsbeschaffung und Kontaktaufnahme als Anforderungenvon hoher Dringlichkeit“ (ebd., S. 150). Sie wollen die Schule kennenlernen, sich mit denstrukturellen und materiellen Gegebenheiten vor Ort vertraut machen und Einzelheitenüber die organisatorischen und administrativen Vorgänge in Erfahrung bringen. Das Ken-nenlernen der Kollegen spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, um Informationen über diezukünftigen Schüler einzuholen sowie gegebenenfalls mit der Zusammenarbeit zu begin-nen (ebd., S. 150 ff). Der Aspekt Unterricht planen und gestalten zählt verschiedene Teil-komponenten wie die Ausarbeitung von Lerninhalten des Jahrgangs und der geplantenUnterrichtsformen, Lehr- und Lernmethoden, der Einrichtung des Klassenraumes sowieder Beschaffung von noch benötigtem Material und einer groben Zeitplanung für dasSchuljahr sowie einer konkreten Planung der ersten Schultage. Wenn die ersten Unter-richtsstunden erteilt wurden, muss deren Umsetzung bewertet und reflektiert werden. La-my berichtet, dass es das Ziel vieler Berufseinsteiger ist, „einen interessanten, anspre-chenden Unterricht zu bieten, der für Freude und Motivation sorgt.“ (ebd., S. 156) DerWunsch vieler ist es, ihre Idealvorstellungen mittels einer konkreten Unterrichtsplanungund Umsetzung Realität werden zu lassen, was allerdings nicht immer gelingt. Zu demBereich Klassenführung werden die Anforderungen, ein positives Klassenklima herzustel-len sowie einen eigenen Kommunikationsstil und eigenen Umgangsformen zu entwickeln,genannt. Auch der Umgang mit Unterrichtsstörungen, problematischen Einzelfällen sowieden eigenen Grenzen muss bewältigt werden. Dabei bewegt sich die Lehrkraft im Span-nungsfeld zwischen Freund und Autorität, in dem sie sich erst noch positionieren muss(ebd., S. 169ff). Die Anforderungen, eine konstruktive Zusammenarbeit mit den direktenKollegen aufzubauen, sowie die Bemühungen sich gut mit diesen zu verstehen um An-schluss zu finden, werden dem Gebiet „Zusammenarbeit mit den Kollegen“ zugeordnet.Auch der Umgang mit der Abhängigkeit von der Unterstützung der erfahrenen Lehrkräfteund der gegebenenfalls kritischen Einstellung dieser gegenüber Berufseinsteigern sowiedie Entwicklung eines eigenen Unterrichtsstils werden genannt (ebd., S. 182ff). Die Zu-sammenarbeit mit den Eltern umfasst ebenfalls das Aufbauen eines positiven Ersten Ein-drucks sowie eines Kommunikationsstils im Spannungsverhältnis von Nähe und Distanz.Der Berufseinsteiger muss den Eltern seine Überzeugungen und Handlungen trotz Uner-fahrenheit darlegen und begründen sowie mit Kritik konstruktiv umgehen können (S.201ff). Der Umgang mit den beruflichen Belastungen ist zunächst davon gekennzeichnet, die ersten, „verhältnismäßig anstrengend[en], zeitintensiv[en] und mit Emotionen belas- tet[en]“ Tage und Wochen zu überstehen und eine Routine für die tägliche Planungsarbeitzu finden (ebd., S. 212). In der Auseinandersetzung mit den Kindern und deren Umfeldmüssen die Berufseinsteiger erkennen, dass ihr Handeln lediglich begrenzt ist und mitdiesem Gefühl der Hilflosigkeit lernen umzugehen. Auch der Umgang mit fehlendenRückmeldungen bezüglich Qualitätsstandards und dem Lernfortschritt der Kinder musseingeübt werden (ebd., S. 213). Um ihre berufliche Entwicklung gestalten zu können,müssen die Berufseinsteiger ihre bereits gemachten Erfahrungen für die Verbesserungdes Unterrichts nutzbar machen. Dafür können gezielte Methoden zur Analyse und Refle-xion des eigenen Handelns sowie der Erfahrungsaustausch mit Kollegen genutzt werden.Melzer et al. (2014) kommen zu dem Schluss, dass von Direkteinsteigenden im Wesentli-chen die gleichen Probleme benannt werden, von denen grundständig ausgebildete Be-rufseinsteiger berichten:

„Die Probleme ergeben sich in erster Linie aus den objektiven Anforderungen des Berufs, die für jede Lehrkraft (ob regulär ausgebildet oder nicht) dieselben sind. Auch für erfahrene Lehrkräfte […] stellen die identifizierten Anforderungen immer noch Herausforderungen und Belastungsfaktoren dar, wenn auch mit verschobener Gewichtung.“ (Melzer et al., 2014, S. 42)

Sie schlussfolgern, dass der Unterschied zwischen Direkteinsteigenden und grundständig ausgebildeten Berufseinsteigern auf der Seite der Ressourcen liegen muss.

Abbildung 4: Bewältigung von beruflichen Anforderungen, grundständig ausgebildete Lehrkräfte im Vergleich zu Seiteneinsteigern (rot); verändert und erweitert nach (Melzer et al., 2014, S. 42)

Die Berufseinsteiger ohne grundständige Lehramtsausbildung verfügen über weniger Ressourcen um den gestellten Anforderungen zu begegnen. Melzer et al. betonen, dassdiese oft „im pädagogischen und didaktischen Bereich“ liegen (ebd, 2014, S. 42). Sie be-tonen weiter, dass sich „die Entwicklung von Expertise in der Berufseinstiegsphase überdie Reflexion der Unterrichtspraxis auf der Grundlage theoretischen pädagogischen undfachdidaktischen Wissens“ vollzieht. Um diese Entwicklung vollziehen zu können ist dieAneignung von Wissen, besonders durch Qualifizierungsmaßnahmen, nötig. Denn wieMelzer et al. zeigen, scheitern „diese Bemühungen [sich planvoll weiterzubilden; Anm. d.A.] […] ohne entsprechende institutionalisierte Strukturen und auch Beratung durch erfah-rende Lehrkräfte“ häufig oder werden von anderen Aufgaben im Schulalltag verdrängt(ebd, S. 43). Aktuelle Qualifizierungsmaßnahmen im Freistaat Sachsen werden im nach-folgenden Kapitel beschrieben.

2.7 Ablauf des Seiteneinstieges in Sachsen

Der Ablauf des Seiteneinstieges in Sachsen ist von der bereits erreichten Qualifikationabhängig. Grundsätzlich ist für den Seiteneinstieg an Grund-, Mittel- oder allgemeinbil-denden Förderschulen ein „Diplom-, Master-, Magister-, Bachelor- oder einem diesengleichgestellten Hochschulabschluss, der an einer Universität, Kunst- oder Fachhoch-schule erworben wurde“ notwendig (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2016c, S. 2). Für Seiteneinsteiger für Gymnasien oder berufsbildenden Schulen entfällt die Zulassungsmöglichkeit mittels eines Bachelorabschlusses (ebd.).

Unabhängig des jeweiligen Abschlusses erhalten alle Seiteneinsteiger eine dreimonatigeEinstiegsfortbildung, in welcher „Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten zu wesentlichenAbläufen des Schulalltages und der Unterrichtsgestaltung“ vermittelt werden (SächsischesStaatsministerium für Kultus, 2017, S. 8)[9]. Diese besteht aus theoretischen und prakti-schen Teilen. Die zunächst theoretische Einführung umfasst „das Unterrichten, Grundsät-ze der Unterrichtsplanung […] [,] Rechtsgrundsätze und das sächsische Schulsystem“sowie die Ermittlung und Bewertung von Schülerleistungen (SächsischesStaatsministerium für Kultus, 2017d). Im Anschluss werden die theoretisch erarbeitetenKenntnisse im Schulalltag umgesetzt, zunächst durch Hospitationen, später durch selbstgehaltene Unterrichtssequenzen unter Anleitung einer erfahrenen Lehrkraft (ebd.).

Je nach Art des bereits erworbenen Abschlusses müssen danach verschiedene Qualifi-zierungsmaßnahmen durchlaufen werden, deren Ziel es ist „mittelfristig ein Ausbildungs- 01. März 2017 starteten weitere Einstiegsfortbildungen (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2017a).Die aktuelle Einstiegsfortbildung begann am 03.07. mit 167 Seiteneinsteigern (Sächsisches Staatsministeriumfür Kultus, 2017d) niveau zu erreichen, dass dem von grundständig ausgebildeten Lehrkräften gleichwertig ist.“ (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2017, S. 8) Die einzelnen Qualifizie-rungsmaßnahmen werden im Anschluss beschrieben, zuvor sollen aber die bereits er-wähnten verschiedenen Möglichkeiten des Ablaufes eines Seiteneinstieges in Sachsenvorgestellt werden. Grundsätzlich ist die Ableitbarkeit von Unterrichtsfächern aus dembereits erworbenen Abschluss ausschlaggebend für die Auswahl der Qualifizierungsan-gebote. Lassen sich aus der vorhandenen Qualifikation zwei Unterrichtsfächer der ge-wünschten Schulart ableiten, kann eine direkte Einstellung in den achtzehnmonatigenVorbereitungsdienst erfolgen, welcher mit der zweiten Staatsprüfung abschließt (ebd., S. 9). Der bereits erlangte Hochschulabschluss wird dabei als erstes Staatsexamen gewertet. Lässt sich aus der vorhandenen Qualifikation mindestens ein Unterrichtsfach ableiten, müssen zwei Qualifizierungsbausteine durchlaufen werden: das Studium eines zweiten Faches (sog. Wissenschaftliche Ausbildung) sowie die schulpraktische Ausbildung. Lässt dich aus der bereits vorhandenen Qualifikation kein Unterrichtsfach ableiten, müssen zwei wissenschaftliche Ausbildungen sowie eine schulpraktische Ausbildung absolviert werden, um die Lehrbefähigung für zwei Fächer zu erlangen (ebd. S. 8f). Als Seiteneinsteiger an einer Grund- oder Förderschule muss zuerst die wissenschaftliche Ausbildung[10] und anschließend die schulpraktische Ausbildung durchlaufen werden, an weiterführenden Schulen wird mit der schulpraktischen Ausbildung begonnen (ebd.).

2.7.1 Wissenschaftliche Ausbildung

Die wissenschaftliche Ausbildung will „fachwissenschaftliche[n] und fachdidaktische[n]Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten in dem vom Bewerber gewählten Fach“ vermit-teln, die „als Grundlage für die Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrages in dementsprechenden Lehramt erforderlich sind“ (Sächsisches Staatsministerium für Kultus,2016c, S. 2). Die Dauer der wissenschaftlichen Ausbildung umfasst mindestens vier Se-mester und für das Lehramt an Grundschulen die Inhalte der Grundschuldidaktik und derGrundschulpädagogik gemäß der Lehramtsprüfung I (ebd., S. 4). Damit müssen in derwissenschaftlichen Ausbildung die Grundschuldidaktiken Deutsch oder Sorbisch, Mathe-matik und Sachunterricht vermittelt werden (Sächsisches Staatsministerium für Kultus,2012b, S. 13). Die Inhalte der wissenschaftlichen Ausbildung werden in Modulen vermit-telt und jeweils mit einer Modulprüfung abgeschlossen (Sächsisches Staatsministerium fürKultus, 2016c, S. 4). Die Wissenschaftliche Ausbildung an der Technischen Universitäterfolgt berufsbegleitend (Technische Universität Chemnitz, 2017). Sie findet in Präsenz- veranstaltungen, in der Regel an zwei Tagen pro Woche, und Phasen des selbstgesteuer- ten Lernens statt (ebd., S. 2).

2.7.2 Schulpraktische Ausbildung

Die schulpraktische Ausbildung dient dem „Erwerb der pädagogischen, fachdidaktischenund schulrechtlichen Kenntnisse und Fähigkeiten sowie […] der Erweiterung und Vertie-fung der Erfahrungen, die die Bewerber […] an der Schule bereits erworben haben, […]so dass sie verantwortlich und erfolgreich den Erziehungs- und Bildungsauftrag als Lehr-kraft wahrnehmen können.“ (Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2016c, S. 5) Dieschulpraktische Ausbildung dauert zwölf Monate und besteht aus zwei Teilen: dem Schul-praktischen Teil, welcher an der Schule des Seiteneinsteigers innerhalb seines Regel-stundenmaßes mit selbstständigem Lehrauftrag stattfindet und dem Ausbildungsteil derSächsischen Bildungsagentur. Dieser Ausbildungsteil wird zusätzlich zum Regelstunden-maß geleistet und umfasst einen Wochentag (ebd., S. 6). Abschluss der schulpraktischenAusbildung im Bereich Grundschulen bildet die schulpraktische Prüfung, welche aus einerLehrprobe gemäß Lehramtsprüfungsordnung II und einer mündlichen Prüfung besteht(ebd.).

2.7.3 Vorbereitungsdienst

Der Vorbereitungsdienst verfolgt im Grunde das gleiche Ziel wie die schulpraktische Aus-bildung: „die pädagogischen und fachdidaktischen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkei-ten […] so erweitern und vertiefen, dass sie [die Bewerber, Anm. d. A] verantwortlich underfolgreich den Erziehungs- und Bildungsauftrag als Lehrkraft wahrnehmen können“(Sächsisches Staatsministerium für Kultus, 2016a, S. 2f). Der Vorbereitungsdienst hinge-gen dauert 18 Monate, teilt sich in drei Ausbildungsabschnitte von der Dauer eines halbenJahres auf und findet an der Schule sowie an der Sächsischen Bildungsagentur statt(ebd., S. 7f). Er wird nicht berufsbegleitend absolviert. Den Abschluss des Vorbereitungs-dienstes für das Lehramt an Grundschule bilden Prüfungslehrproben in den FächernDeutsch oder Sorbisch und Mathematik, mündliche Prüfungen sowie eine Schulleiterbeur-teilung (ebd., S. 10ff).

3. Methodischer Teil

3.1 Das Interview als Erhebungsmethode der Qualitativen Forschung

Das Leitfadeninterview ist eine Erhebungsmethode der Qualitativen Sozialforschung. Qualitative Forschung verfolgt das Ziel, soziale Phänomene zu analysieren und verstehend nachzuvollziehen. Dabei sollen unter anderem subjektive Wirklichkeiten, Lebenswelten sowie individuelle Sichtweisen und Motive durch soziale Interaktionen erhoben werden (Misoch, 2015, S. 2). Dies ist möglich, da der Mensch in der qualitativen Forschung nicht nur als Untersuchungsobjekt, sondern auch als „erkennendes Subjekt“ betrachtet wird, welches eine bestimmte Position in Kultur, Gesellschaft und Geschichte einnimmt. (Lamnek, 2010, S. 30). Die soziale Interaktion bezieht sich dabei auf die Kommunikation zwischen Forscher und zu erforschendem Subjekt. Damit diese Kommunikation gelingen kann ist ein gemeinsamer Vorrat an Sprachsymbolen sowie die gedankliche Perspektivenübernahme der Position des Gegenübers nötig (ebd.).

Das qualitative Interview wird von Lamnek als eine Gesprächssituation beschrieben, welche „bewusst und gezielt von den Beteiligten hergestellt wird, damit der eine Fragen stellt, die vom anderen beantwortet werden“ (Lamnek, 2010, S. 301).

Eine häufige Form der Unterscheidung von qualitativen Interviews findet man in demStandardisierungs- bzw. Strukturierungsgrad. Standardisierte Interviews beinhalten vor-gegebene Fragen in vorgegebener Reihenfolge mit vorgegebenen Antwortmöglichkeiten(Misoch, 2015, S. 13). Durch dieses hohe Maß an Struktur wird eine bessere Vergleich-barkeit der Antworten bei einfacher, schneller und preiswerter Durchführung der Inter-views erreicht. Gleichzeitig wird eine Beschränkung der Breite und Tiefe der Antwortenund damit der möglichen Informationen in Kauf genommen. (Lamnek, 2010, S. 307ff).Halboffene, halbstrukturierte bzw. teilstandardisierte Interviews orientieren sich an einemLeitfaden, der relevante und unbedingt anzusprechende Themen beinhaltet, um einegrundlegende Vergleichbarkeit herstellen zu können. Die Reihenfolge der einzelnen The-men sowie die Antwortmöglichkeiten der interviewten Person sind nicht vorgegeben (Mi-soch, 2015, S. 13f). Offene bzw. nicht-standardisierte Interviews sind dadurch gekenn-zeichnet, dass der Interviewer den Erzählfluss des Befragten lediglich anregen soll, ge-steuert wird dieser aber vielmehr vom Befragten selbst (ebd., S. 14). Die Durchführung istdamit wesentlich flexibler und natürlicher, da der Gesprächsverlauf weniger asymmetrischist, auch erfolgt keine Prädetermination (Vorfestlegung, etwa von Antwortmöglichkeiten,die unter Umständen für den Befragten unpassend erscheinen) durch den Forscher. Offe-ne Interviews sind dadurch aber auch zeitaufwändiger, die erhaltenen Angaben der Be-fragten sind nur bedingt mit den Aussagen anderer abgleichbar (Lamnek, 2010, S. 311f).

3.2 Methodologische Grundprinzipien qualitativer Forschung

Als methodologische Aspekte oder Prinzipien werden von verschiedenen Autoren mehr oder weniger deckungsgleiche Punkte vorgestellt, die „die Basis für das Gelingen qualitativer Forschungsprojekte“ darstellen (Misoch, 2015, S. 25). In Bezug auf Reinders (2016) werden die Prinzipien Offenheit, Prozesshaftigkeit und Kommunikation als „wesentlichste Grundprinzipien“ ausführlicher dargestellt.

Das Prinzip Offenheit bezieht sich laut Misoch (2015) auf verschiedene Ebenen im For-schungsprozess. Das Erhebungsverfahren selbst soll mit offenen Instrumenten, also zumBeispiel mit flexibel handhabbaren Leitfäden statt starren Fragebögen, arbeiten, um quali-tative Daten zu erheben (Offenheit als Forschungspraxis (Misoch, 2015, S. 28)).Die Ebene „Offenheit als erkenntnistheoretisches Prinzip“ (ebd.) beschreibt die Bereit-schaft der Forschenden, sich vor der Erhebung der qualitativen Daten nicht theoretischfestzulegen und diese „Strukturierung des Forschungsgegenstandes zurück[zustellen], bissich die Strukturierung des Forschungsgegenstandes durch die Forschungssubjekte her-ausgebildet hat.“ (Hoffmann-Riem, 1980, S. 343). Dies ist der Grund, warum in der quali-tativen Forschung nicht mit Hypothesen, sondern vielmehr mit Forschungsfragen gearbei-tet wird. Über reflektiertes Vorwissen zum Untersuchungsgegenstand sollten die Intervie-wer trotzdem verfügen, da eine unstrukturierte Datenerhebung belanglose und somit nichtverwertbare Informationen liefern kann (Reinders, 2016, S. 22). Die Ablehnung der Präde-termination durch den Forscher und die damit ermöglichte Offenheit wird auch von Lam-nek (2010) als „zentrales Prinzip interpretativer Sozialforschung“ beschrieben (S.318).

Die dritte Ebene der Offenheit betrifft die methodologische Arbeitsweise. Die Art der Da-tenerhebung muss der jeweiligen Forschungsfrage und Zielsetzung angepasst werden.Um Hypothesen und Theorien aus dem erhobenen Material entwickeln zu können, ist esnotwendig auch die Auswertungsmethode dem Datenmaterial anpassen zu können(Misoch, 2015, S. 29).

Die Konstruktion der sozialen Realität unterliegt einem stetigen Wandel. Um diesen dy-namischen Prozess gerecht zu werden und abzubilden, kann der gesamte Forschungsab-lauf als eine Schleife verstanden werden: Informationen werden gesammelt und ausge-wertet, anhand dieser ausgewerteten Informationen kann eine Fragestellung formuliertwerden, mit welcher wiederum neue Daten erhoben werden können. Sobald diese aus-gewertet sind, können sie die bestehende Forschungsfrage modifizieren und sind somitAusgangspunkt für eine neue Erhebung usw. Dieses Prinzip wird Prozesshaftigkeit(Reinders, 2016, S. 24) bzw. Prozessualität (Misoch, 2015, S. 32) genannt. Lamnek (2010) betont dabei, dass nicht nur die Forschung an sich und der Forschungsgegenstand durch die immer wieder neu entstehende Konstruktion der sozialen Wirklichkeit prozesshaft ablaufen, sondern dass auch der Forscher selbst sich in einem Prozess befindet (S. 319). Durch die Tatsache, dass er in die Erhebungssituation mit eingebunden ist, und so bereits in dieser Situation „an der Konstruktion von Wirklichkeit und mithin an der Aushandlung von Situationsdefinitionen“ mitwirkt, ist er gleichzeitig Bestandteil des Forschungsprozesses und des Forschungsergebnisses (ebd.).

Kommunikation ist das zentrale Erhebungsmedium qualitativer Forschung, der gesamteProzess der Datenerhebung erfolgt bei qualitativen Interviews über Kommunikation(Misoch, 2015, S. 29f). Um in dieser Kommunikationssituation möglichst aussagekräftigeDaten zu erhalten, muss der Forscher „eine Kommunikationsbeziehung mit dem For-schungssubjekt eingeh[en] und dabei das kommunikative Regelsystem der Forschungs-subjekts“ beachten (Hoffmann-Riem, 1980, S. 346f). Misoch (2015) und Reinders (2016)betonen, dass nicht nur die Regeln, sondern auch die Form und die Inhalte des Gesprä-ches für den Interviewten verständlich und nachvollziehbar sein müssen. Die Form derKommunikation, also der Erhebung, sollte „mehr oder weniger einem Alltagsgesprächähnel[n]“, das heißt, die Befragten können sich frei äußern und müssen nicht in vorgege-benen Antwortkategorien antworten (Misoch, 2015, S. 30). Einen Teilbereich der Regelnwährend einer Erhebungssituation qualitativer Forschung betrifft die Rollenverteilung.Diese ist während dieser Situation zugunsten des Interviewers verschoben: Er ist in derPosition, Themen zu initiieren, also Stimuli zu erzeugen. Der Interviewpartner hat die Auf-gabe, auf Aussagen und Fragen zu reagieren (Reinders, 2016, S. 26). Ein weiterer Teil-aspekt betrifft das kommunikative Regelsystem, das heißt, die „Eigenheiten und Beson-derheiten der individuellen (und sozial beeinflussten) Sprachverwendung“ (Misoch, 2015, S. 30). Dieser Aspekt sollte immer dem Interviewpartner angepasst werden, da dieser inder Lage sein muss, die Fragen im Sinne des Interviewers zu verstehen (Reinders, 2016, S. 26). Der Inhalt einer solchen Kommunikationssituation ist stark durch die Forschungsfrage vorstrukturiert. Ja nach Offenheitsgrad während der Erhebungssituation (welcher nach dem Prinzip der Offenheit hoch sein sollte), kann der Interviewpartner eigene Inhalte einbringen (Misoch, 2015, S. 30f)

3.3 Erhebungsmethode: Das Leitfadeninterview

3.3.1 Charakteristik des Leitfadeninterviews

Das Leitfadeninterview ist keine einzelne, abgrenzbare Interviewform, sondern vielmehrein Überbegriff für verschiedene Formen, „die ein den Interviewer unterstützendes Instru-ment vorsehen“ (Lamnek, S.326). Es kann demnach dem teil-standardisierten Bereich zugeordnet werden. Dieses unterstützende Element beschreibt Kromrey als ein „Frage- bogengerüst“, welches es dem Interviewer erlaubt, „die Befragungssituation selbstmitzustrukturieren […], zu bestimmten Themen genauer nachzufragen, Sachverhalte in-tensiver oder mehr in die Tiefe gehend zu erfassen.“ (Kromrey, 2009, S. 365) Dieses Fra-gebogengerüst, der Leitfaden, kann aus verschiedenen Bestandteilen aufgebaut sein:„(Erzähl-)Aufforderungen, explizit vorformulierte Fragen, Stichworte für frei formulierteFragen und/oder Vereinbarungen für die Handhabung von dialogischer Interaktion fürbestimmte Phasen des Interviews“ (Helfferich, Leitfaden- und Experteninterviews, 2014, S. 560). Diese Elemente müssen nicht alle in dem verwendeten Leitfaden vorkommen, siesind optional und auf die jeweilige Interviewsituation zugeschnitten. Ein Leitfaden soll lautHelfferich (2014) drei wesentliche Anforderungen erfüllen: Offenheit, Übersichtlichkeit unddas Anschmiegen an den Erzählfluss (ebd., S. 567). Das Kriterium der Offenheit kann aufbeide Seiten in der Interviewsituation angewandt werden: Für den Interwieten bedeutetes, dass er in eigenen Formulierungen das ansprechen darf, was ihm wichtig erscheint.Der Interviewer hingegen muss offen sein, einen anderen Verstehenshorizont als deneigenen gelten zu lassen. (ebd., S. 562) Übersichtlichkeit ist nötig, um während des Leit-fadeninterviews flexibel auf den Interviewpartner eingehen zu können. Bestenfalls ist derLeitfaden so kurz, dass man ihn auswendig lernen kann (ebd., S. 567). Ein Leitfaden sollso flexibel gestaltet sein, dass dem Erzählfluss des Interviewten gefolgt werden kann undes nicht zu plötzlichen Themenwechseln kommt.

3.3.2 Durchführung eines Leitfadeninterviews

Ein Interview verläuft in verschiedenen Phasen, diese müssen bei der Erstellung des Leit-fadens berücksichtigt werden. Der Leitfaden folgt dieser Struktur und grenzt so die ver-schiedenen Phasen voneinander ab. Die Informationsphase dient dazu, den Probandenüber die Zielsetzung der Studie und die vertrauliche Verwendung der Daten zu informie-ren. Zudem wird die Einverständniserklärung unterschrieben. Die daran anschließendeEinstiegsphase soll den Befragten zum Erzählen animieren und ihm somit helfen seinewomögliche Scheu „vor dem Interview, der ungewohnten Kommunikationssituation […]und deren Aufzeichnung […] zu überwinden.“ (Misoch, 2015, S. 68) Die Hauptphase desInterviews beschäftigt sich mit den eigentlichen Themen. Diese werden im kommunikati-ven Austausch erörtert. In dieser Phase ist es besonders wichtig, dass der Interviewer„sensibel, einfühlsam und empathisch [ist] […], sodass er einen inneren Zugang zum Sub-jekt erhält und damit reichhaltige Daten erheben kann.“ (Misoch, 2015, S. 215) NebenEinfühlungsvermögen und dem Schaffen einer vertrauensvollen Atmosphäre ist das aktiveZuhören, also die vollständige Aufmerksamkeit auf den Gegenüber zu lenken und diesauch zum Ausdruck zu bringen (verbal und nonverbal), für den Interviewer unabdingbar, um dem Befragten Raum für seine Ausführungen zu geben (Misoch, 2015, S. 218f.). In der Ausklangphase wird das Interview reflektiert und dem Befragten die Möglichkeit gegeben, nicht genannte aber relevante Dinge zu ergänzen. Sie soll das Interview langsam ausklingen lassen (Misoch, 2015, S. 69).

3.3.3 Begründung des Leitfadeninterviews: Vorteile und Nachteile

Durch die Verwendung eines Leitfadens wird das Gespräch strukturiert und sichergestellt,dass alle wichtigen Aspekte im Bezug auf die Forschungsfrage (s.o.) im Interview ange-sprochen werden. Durch diese thematische Rahmung sind die erhobenen Daten besservergleichbar als bei offenen Interviewformen (Misoch, 2015, S. 66). Die Beziehung derInterviewpartner bleibt bei einem leitfadengestützten Interview sehr asymmetrisch, da derInterviewer den Interviewten nur durch Fragen oder Impulse zum erzählen anregt (s. Leit-faden, S. Vff). Da sich der Interviewer ebenfalls jeder Bewertung enthält, indem er dieErzählung so wie sie ist, akzeptiert, entsteht keine vollkommen natürliche Redesituation(Helfferich, 2011, S. 43).

3.4 Transkription der Interviews

Die Transkription dient der Übertragung der erhobenen, auditiven Daten (Sekundärdaten)in Textdaten (Tertiärdaten), welche dann im Rahmen einer Analyse verwendet werdenkönnen (Misoch, 2015, S. 249). Misoch betont, dass dabei nicht nur das gesprocheneWort, sondern eine „komplexe[n] soziale[n] Situation“ festgehalten wird (ebd.). Da in einersozialen Situation auch Mimik, Gestik und Verhalten eine Rolle spielen, werden diese, jenach Transkriptionssystem, stark vereinfacht dargestellt. Dies führt dazu, dass eineTranskription immer eine Reduktion der Originaldaten mit sich bringt, die vom Transkripti-onssystem bestimmt wird (ebd.). Grundsätzlich kann zwischen der vollständigen und derselektiven Transkription unterschieden werden, bei der selektiven Methode werden nurdie Passagen transkribiert, die für die Beantwortung der Forschungsfrage relevant sind(ebd., S. 257). Dies hat vor allem ökonomische Vorteile, bedeutet aber eine inhaltlicheSelektion zusätzlich zu der epistemologischen, welche das Transkriptionssystem mit sichbringt (ebd.). Die Transkription selbst kann in verschiedenen Verschriftungsarten erfolgen,man kann die Standardorthografie, die literarische Umschrift, den eye dialect oder eingesprächsanalytisches Transkriptionssystem verwenden (ebd., S. 252ff). Bei der Trans-kription mittels Standardorthografie werden dialektale oder umgangssprachliche Äuße-rungen auf Basis der geltenden Rechtschreibung korrigiert (ebd., S. 252f). Bei der literari-schen Umschrift werden sprachliche Besonderheiten verschriftet, die Transkription wirktdadurch lebendiger (ebd., S. 252). Zudem ist eine genauere Analyse, auch auf dersprachlichen Ebene möglich. Das Verfahren der eye dialect Transkription verschriftet nichtstandardisierte Aussprachen in ihrer genauen lautlichen Gestalt. Dies ermöglicht eine umfassende Sprach- und Ausdrucksanalyse, erschwert die Lesbarkeit aber enorm (ebd.; S. 254). Bei dem gesprächsanalytischen Transkriptionssystem soll die soziale Dynamik der Situation dargestellt werden um die sprachliche Interaktion der Sprechenden in den Vordergrund zu stellen (ebd.).

3.5 Auswertungsmethode: Die qualitative Inhaltsanalyse

3.5.1 Charakteristik der qualitativen Inhaltsanalyse

Mayntz, Holm & Hübner (1978) definieren die Inhaltsanalyse allgemein als „eine For-schungstechnik […], die sprachliche Eigenschaften eines Textes objektiv und systema-tisch identifiziert und beschreibt, um daraus Schlußfolgerungen auf nicht-sprachliche Ei-genschaften von Personen und gesellschaftlichen Aggregaten zu ziehen.“ (S. 151) Siebetonen dabei, dass das Kriterium des systemtischen Vorgehens auf die Gültigkeit derErgebnisse abzielt und nicht auf quantifizierende Verfahren. „Eine qualitative Inhaltsana-lyse eignet sich sehr wohl zu explorativen und deskriptiven Zwecken.“ (ebd., S. 152)

Die qualitative Inhaltsanalyse ist kein einheitlich definiertes Auswertungsverfahren, vieleAutoren bezeichnen ihre Form der qualitativen Datenauswertung als „inhaltsanalytisch“oder lassen sich dieser Form zuordnen (Kuckartz, 2012, S. 38). Dazu gehören unter an-derem die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring, die Objektive Hermeneutik nach Oe-vermann, die strukturelle Beschreibung nach Hermanns, die strukturale Rekonstruktionnach Bude sowie die rekonstruktive dokumentarische Interpretation nach Bohnsack(Lamnek, 2010, S. 466). Im Rahmen dieser Forschungsarbeit wird die Qualitative Inhalts-analyse von Mayring angewendet, diese soll im Folgenden beschrieben werden.

3.5.2 Durchführung der qualitativen Inhaltsanalyse

Mayring (2015) gibt für die qualitative Inhaltsanalyse ein allgemeines Ablaufmodell, bestehend aus zehn Stufen, vor (vgl. Abb. 3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ablauf der Qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (Mayring, 2015, S. 62)

Die ersten drei Schritte lassen sich als „Bestimmung des Ausgangsmaterials“ zusammen-fassen (Mayring, Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken., 2015, S. 54).Dazu muss zunächst eine Auswahl der Interviewausschnitte erfolgen, in welchen sich die„Interviewpartner explizit und bewusst zum Gegenstand der Forschungsfrage“ äußern(Lamnek, 2010, S. 471). Die Stichprobe sowie die Entstehungssituation müssen genaubeschrieben werden. Dazu gehören Angaben zu Grundgesamtheit und Stichprobenum-fang sowie die Angabe der an der Entstehung des Materials beteiligten Personen sowiederen emotionaler, kognitiver und soziokultureller Hintergrund (Mayring, 2015, S. 55). ImSchritt „Formale Charakteristika“ werden die Transkriptionsregeln festgelegt.

Die Schritte vier und fünf widmen sich der Fragestellung der Analyse. Zunächst muss dieRichtung der Analyse festgelegt werden. Möglich sind Aussagen über den Gegenstanddes Textes, den emotionalen, kognitiven oder Handlungshintergrund des Kommunikatorssowie den soziokulturellen Hintergrund. Die Fragestellung der Analyse muss theoretischan den aktuellen Forschungsstand anknüpfen und meist in Unterfragestellungen ausdiffe-renziert werden (ebd., S. 58ff).

Im sechsten Schritt wird zunächst die Analysetechnik festgelegt. Diese leitet sich aus dendrei Grundformen des Interpretierens ab und kann zusammenfassend, explizierend oderstrukturierend sein (ebd., S. 67). Die zusammenfassende Inhaltsanalyse will den Umfang des Materials mittels Paraphrasierung, Generalsierung und Reduktion so verringern, dass trotzdem ein „Abbild des Grundmaterials“ erhalten bleibt (ebd.). Die explizierende Inhalts-analyse will durch die Zuhilfenahme von zusätzlichem Material einzelne Textstellen ge-nauer erklären und erläutern. Die strukturierende Inhaltsanalyse verfolgt das Ziel, einzelneAspekte des Materials herauszufiltern und diese aufgrund von vorher festgelegten Kriteri-en einzuschätzen. Die Strukturierung kann formal, inhaltlich, typisierend oder skalierenderfolgen (ebd., S. 99). Für jede der einzelnen Techniken hat Mayring eigene Interpretati-onsregeln festgelegt, die nacheinander angewendet werden. Dies hat den Vorteil, „dassdie Analyse in einzelne Interpretationsschritte zerlegt wird […]. Dadurch wird sie [die Ana-lyse, Anm. d. A] für andere nachvollziehbar und intersubjektiv überprüfbar, dadurch wirdsie übertragbar auf andere Gegenstände, […] wird sie zur wissenschaftlichen Methode.“(ebd., S. 61)

Nach der Entscheidung für eine der Analysetechniken aufgrund des Materials kann ein individuelles Ablaufmodell entwickelt werden, ebenfalls an das jeweilige Material angepasst. Das Kategoriensystem kann induktiv (erst aus dem ausgewählten Material werden Kategorien gebildet) oder deduktiv (das Kategoriensystem ist vorher festgelegt) gebildet werden, häufig werden beide Vorgehensweisen verknüpft: Ein vorher festgelegtes, relativ grobes Hauptkategoriensystem wird im Verlauf der Inhaltsanalyse immer weiter zu Subkategorien ausdifferenziert (Kuckartz, 2012, S. 59f; 69).

Im Schritt der Festlegung der Analyseeinheiten werden die Kodiereinheit (kleinster Mate-rialbestandteil, der unter eine Kategorie fallen kann), die Kontexteinheit (größter Material-bestandteil, der unter eine Kategorie fallen kann) und die Auswertungseinheit (auszuwer-tende Textteile) festgelegt (Mayring, 2015, S. 61). Die Analyse selbst verläuft nach demzuvor festgelegten Ablaufmodell. Dabei wird das Kategoriensystem kontinuierlich an derTheorie sowie am Material überprüft. Bei eventuellen Veränderungen ist ein neuer Materi-aldurchlauf erforderlich. In der anschließenden Interpretation werden die Ergebnisse zu-nächst zusammengestellt und in Richtung der Fragestellung interpretiert (ebd., S. 62).Dabei sollen die Darstellungen der Einzelfälle zunehmend generalisiert werden, sodassman zu einer Gesamtdarstellung von typischen Fällen anhand der Kategorien gelangt(Lamnek, 2010, S. 480).

Zum Abschluss der qualitativen Inhaltsanalyse sollen die spezifischen Gütekriterien an-gewendet werden um dem „Status eine sozialwissenschaftlichen Forschungsmethode“gerecht zu werden (Mayring, 2015, S. 123). Als Reaktion auf die geäußerte Kritik an derÜbertragung der klassischen Gütekriterien Reliabilität und Validität auf die inhaltsanalyti-sche Forschung stellte Krippendorff (1980) folgende acht inhaltsanalytische Kriterien vor:

Semantical Validity, Sampling Validity, Correlational Validity, Predictive Validity, Construct Validity, Stability, Reproducibility und Accuracy[11] (Krippendorff, 1980, S. 158)

3.5.3 Begründung der qualitativen Inhaltsanalyse: Vorteile und Nachteile

Der Hauptvorteil der qualitativen Inhaltsanalyse liegt in den vorher festgelegten Ablauf-modellen, die „das Verfahren durchsichtig, nachvollziehbar, leicht erlernbar und gut aufneue Fragestellungen übertragbar“ machen (Mayring, 2005, S. 474). Durch dieses regel-geleitete Vorgehen wird die Anwendung von Gütekriterien verbessert, zudem könnenauch größere Materialmengen in verhältnismäßig kurzer Zeit bewältigt werden (ebd.). Umeinen Vergleich der Aussagen der Interviewpartner zu ermöglichen, wurde die zusam-menfassende Inhaltanalyse gewählt. Dabei wurden die Paraphrasierungs- und Generali-sierungsschritte sowie die Reduktionsschritte der Interviews zusammengefasst, währendein zusätzlicher Reduktionsschritt zwischen den Interviews eingeführt wurde.

Die qualitative Inhaltsanalyse ist nicht für sehr offene Fragestellungen oder Studien mitexplorativem Charakter geeignet, da der Zwang zu einer allgemeinen Kategoriendefinitionbesteht. Da die Forschungsfrage dieser Arbeit den Bereich bereits eingrenzt, stellt dieserPunkt keinen Nachteil für diese Arbeit dar. Ausschlaggeben für die Wahl einer Methodesollte immer die Bewertung der Angemessenheit dieser bezüglich des Materials und derFragestellung sein (ebd.)

4. Ergebnisdarstellung

4.1 Übersicht über die geführten Interviews

Die drei zur Auswertung herangezogenen Interviews haben jeweils eine Länge von 40 bis 52 Minuten. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um zwei Frauen und einen Mann,die an verschiedenen Grundschulen im Freistaat Sachsen unterrichten. Interviewt wurdenPersonen, die ohne grundständige Lehramtsausbildung, also ohne erstes Staatsexamenoder einen abgeschlossenen Vorbereitungsdienst, in den Grundschuldienst des Freistaa-tes Sachsen eingestellt wurden. Da alle drei einen Hochschulabschluss nachweisen kön-nen, sind sie laut KMK-Definition (s.o.) Seiteneinsteiger. Frau Dreis und Herr Viert werdenaktuell durch die wissenschaftliche Ausbildung qualifiziert, Frau Seins hat bis jetzt nochkeine Qualifizierungsmaßnahmen erhalten. Sie ist demzufolge nach der Definition vonMelzer et al. eine Direkteinsteigende (s.o.). In der nachfolgenden Tabelle werden die In-terviewpartner näher charakterisiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Übersicht über die Interviewpartner

Die interviewten Personen wurden alle vom Interviewer persönlich in ihrem Tätigkeitsum-feld (Schule oder Ausbildungsstätte) angesprochen und zur Teilnahme motiviert. Die In-terviews konnten jeweils einzeln, in einem separaten Raum und ohne Störungen durchge-führt werden. Interviewschauplätze waren entweder die Schule oder die Ausbildungsstätteder wissenschaftlichen Ausbildung der Seiteneinsteiger. Die Studienteilnehmer zeigtenwährend des Interviews sich offen und aufgeschlossen und waren bemüht die Fragenausführlich zu beantworten. In allen Interviewverläufen gibt es längere Erzählpassagen, indenen die Seiteneinsteiger von sich aus verschiedene Aspekte, die sie für wichtig erach-teten, ansprachen.

Die Interviews wurden mittels eines Leitfadens strukturiert (S. Vff.). Im ersten Teil solltendie Seiteneinsteiger ihren Berufsalltag beschreiben sowie rückblickend ihre ersten Tageals Lehrkraft einschätzen. Anschließend sollten sie ihren vorherige Tätigkeit und den da-mit verbundenen Berufsalltag kurz skizzieren und ihren Wechsel begründen. Ein weitererAspekt des Leitfadens zielte auf die Beschreibung sowie der Einschätzung der erhaltenenoder selbst gestalteten Vorbereitung für den Start in den Lehrberuf ab. Abschließend soll-ten die Interviewpartner reflektieren, ob sie sich wieder für einen Seiteneinstieg entschei- den würden und welche Gründe dafür oder gegebenenfalls dagegen sprechen würden.

Die Seiteneinsteiger, die sich zeitgleich in der wissenschaftlichen Ausbildung befanden,wurden gebeten diese einzuschätzen und zu beschreiben, wie sich durch diese ihr Be-rufsalltag ändert. In Anpassung an diese unterschiedliche Situation der Seiteneinsteigerwurden zwei Leitfäden erstellt. Die eingeräumte Möglichkeit, am Ende des Interviews Din-ge anzusprechen, die noch nicht Inhalt des Interviews waren, nutzten alle Seiteneinstei-ger.

4.2 Auswertungskriterien

Im Folgenden werden die zur Interpretation genutzten Auswertungskriterien definiert und hinsichtlich ihres Umfanges quantitativ eingeschätzt (vgl. ab S. LVI)

4.2.1 Motive/Gründe (M)

Unter dieser Kategorie werden alle Begründungen für einen Wechsel aus dem vorherigen beruflichen Umfeld in die Lehrtätigkeit gesammelt. Die Begründungen können beispielsweise ideeller oder materieller Natur sein.

Für diese Kategorie konnten 26 Textstellen identifiziert werden.

4.2.2 Vorbereitende Maßnahmen (VM)

Die Kategorie Vorbereitende Maßnahmen umfasst alle Maßnahmen, Angebote, Schulungen oder ähnliches, die vor oder während dem Berufseinstieg durchgeführt wurden, mit dem Ziel diesen zu bewältigen. Dabei kann es sich um institutionalisierte Angebote von Seiten der Sächsischen Bildungsagentur, der Schule oder einzelnen Lehrkräften sowie um durch Eigeninitiative der Seiteneinsteiger durchgeführte Maßnahmen handeln.Zu dieser Kategorie gehören 29 Textstellen.

4.2.3 Berufseinstieg (BE)

Die Kategorie Berufseinstieg ist durch die Beschreibung von Gefühlen, Wünschen, Her-ausforderungen, Vorstellungen und Abläufen der Seiteneinsteiger vom Zeitpunkt der Be-werbungsphase bis zum Ende des ersten Schulhalbjahres gekennzeichnet. Eine Unterka-tegorie bildet der Punkt „Ablauf der Bewerbungsphase“ in welchem chronologisch alleSchritte von dem Entschluss, Seiteneinsteiger zu werden, bis zum ersten selbst erteiltenUnterricht erfasst werden.

Die gesamte Kategorie Berufseinstieg umfasst 78 Textstellen.

4.2.4 Arbeitsalltag/Berufsalltag (A)

Der Kategorie Arbeits- und Berufsalltag werden alle Textstellen zugeordnet, die täglichwiederkehrende Routinen und Aufgaben betreffen, meist in Form der Beschreibung einesexemplarischen Arbeitstages. Konkrete Bestandteile können Aussagen zum Dienstbe- ginn, zur Art und Anzahl der täglichen Unterrichtsstunden sowie zur Vor- und Nachberei- tungszeit sein.

Dieser Kategorie konnten 51 Textstellen zugeordnet werden.

4.2.5 Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen (Q)

Unter Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen werden alle Schulungen, Kurse,Seminare oder ähnliches verstanden, die das Ziel verfolgen, die Fähigkeiten und Fertig-keiten der Teilnehmer zu erweitern und zu vertiefen und ihnen so die Bewältigung ihresArbeitsalltages zu erleichtern. In Abgrenzung zu den Vorbereitenden Maßnahmen findendiese erst nach dem Berufseinstieg, also nach dem ersten Schulhalbjahr statt. Zu dieserKategorie werden auch die unmittelbar aus diesen Maßnahmen entstandenen Verände-rungen für den Berufsalltag gezählt.

Die Kategorie umfasst 37 Textstellen.

4.3 Interview 1 - Frau Seins

Der Aspekt der finanziellen Sicherheit ist eines der Hauptmotive, warum sich Frau Seinsfür den Seiteneinstieg in den Lehrerberuf entschied. Zuvor leitet sie als selbstständigeKunsthistorikerin Führungen an einem Museum, später kommt noch eine Teilzeitstelle ineinem Architekturbüro dazu (Z. 72/73; 78). Sie sagt aus, dass „die Führungen im Museumfinanziell nicht[12]“ ausreichen (Z. 96/97) und dass das Arbeitspensum sehr schwankend ist:

„[M]an hat eben mal tagelang nichts zu tun und dann hat man am Wochenende vor allem immer sehr vielund das ist mit Kindern natürlich schlecht. Also bei mir waren es eher praktische Gründe, dass ich sagteerstens finanziell hätte ich gern ein regelmäßiges Einkommen und nicht dieses sehr schwankende. Undeben für die Familie ist es auch blöd, wenn man im Dezember jedes Adventswochenende durcharbeitet.[…] Ich brauch da so ein bisschen Regelmäßigkeit, finanziell und bei der Arbeit.“ (Z. 103-109)

Bei der Beschreibung ihrer Bewerbung für den Seiteneinstieg äußert Frau Seins ihre Verwunderung darüber, dass man sie „fest und unbefristet einstellen möchte“ (Z. 174/175), ohne zuvor ein persönliches oder telefonisches Vorstellungsgespräch durchgeführt zu haben: „Das hat mich sehr überrascht, dass ich da persönlich das erste Mal gesehen wurde tatsächlich zur Vertragsunterzeichnung“ (Z. 178/179). Vor der Vertragsunterzeichnung wird sie gebeten, sich an der zukünftigen Schule vorzustellen.

„Da bin ich dann dahin gegangen und als die [Schulleitung der künftigen Schule, Anm. d. A.] dann hörten,dass ich keine Erfahrung habe, haben die gesagt: ‚Wir brauchen jemanden, der eine Klassenleitung ma-chen kann. Das geht nicht.‘ Und da habe ich gesagt: ‚Ja, das finde ich auch, dass das nicht geht.‘ Also wirwaren uns da einig, dass die Klassenleitung von einer 1. Klasse nichts für mich ist.“ (Z. 189-193)

Die Bildungsagentur sucht daraufhin eine neue Schule für Frau Seins und sie unter-schreibt anschließend den Vertrag für ihre jetzige Schule. Es erstaunt sie ebenfalls, dass Bei der Analyse und Interpretation der Interviews werden Zitate aus Gründen der besseren Lesbarkeit insHochdeutsche übersetzt, Interviewereinwürfe, Füllwörter wie „hm“ und „ähm“ sowie Pausen weggelassen. sie nach ihrem Vertragsbeginn am 01. August „sozusagen drei Wochen Ferien“ (Z. 209/210) hat, ohne ein Angebot der Vorbereitung zu erhalten:

„Das hat mich auch sehr erstaunt, dass da nochmal drei Wochen dazwischen waren, wo ich finde, das ist dann vielleicht so für die Zukunft eine Perspektive, dass man sagt in den drei Wochen, da sind die Leute vertraglich schon eingestellt, da bekommen die schon ihr Geld für den Monat, dass man da noch hätte was organisieren können, irgendein Crash-Kurs in Schule.“ (Z. 204-208)

Ihren Berufseinstieg beschreibt Frau Seins als „kaltes Wasser“ (Z. 284), besonders weil sie nicht vorbereitet wird (Z. 222). Sie beschreibt ihre ersten Tage als „sehr anstrengend“ (Z. 61) und vergleicht die gehaltenen Stunden mit einer Prüfung:

„[Ich] war aufgeregt, das war wirklich immer wie eine Prüfungssituation, das Adrenalin ging vor jeder Stunde hoch und fiel dann irgendwann ab und dann ging es wieder hoch. Das war wie sechs Prüfungen hintereinander.“ (Z. 62-65)

Prägend für ihren Berufseinstieg ist das Gefühl der Überforderung (Z. 50) und des Nichts-Wissens (Z. 60) sowie die Zweifel, ob die Entscheidung für den Lehrerberuf die richtige ist(Z. 55/56). Der Umgang mit einer großen Anzahl unbekannter Kinder ist Frau Seins eben-falls fremd und „eigentlich die größte Herausforderung“ (Z. 68/69). Aufgrund der fehlendenVorbereitung von außen versucht Frau Seins sich selbst vorzubereiten, weiß aber nichtwo sie anfangen soll:

„[A]ber ich wusste nicht wo ich anfangen sollte. […] Das habe ich aber erst in der Vorbereitungswoche erfahren, welche Klassenstufen mit welchen Fächern ich genau haben werde. Vorher hieß es: ‚Sie werden Ethik unterrichten. Sie werden Kunst unterrichten. Klassenstufen von allem etwas‘ Also konnte ich nicht sagen, ich schau mir jetzt mal Ethik, zweite Klasse an, das werde ich unterrichten. Deshalb wusste ich nicht genau wo ich mich, wie ich mich vorbereiten soll und dachte, ich kann ja jetzt nicht ein Pädagogikstudium noch in drei Wochen“ (Z. 224-231)

Sie führt weiterhin aus, dass das Lesen schulpädagogischer Bücher nicht hilfreich ist, weildie beschriebenen Sachverhalte so fremd für sie seien, „dass man damit gar nichts an-fangen kann, wenn man noch nie in dieser Situation […] war, die da beschrieben wird“ (Z.241-243). In ihrem zweiten Unterrichtsjahr erhält Frau Seins drei Mentorenstunden, indenen eine ausgebildete Lehrkraft in ihrem Unterricht hospitiert und ihn gemeinsam mit ihrauswertet:

„Gerade jetzt, in dem zweiten Jahr, wo es diese Mentorenstunden gibt, das ist schon sehr schön, dass da jemand im Unterricht mal mit drin sitzt und mir danach dann Feedback gibt.“ (Z. 303-305)

Allgemein beschreibt sie, dass die Hilfe im Kollegium sehr unterschiedlich ist und sie auch nicht von allen Kollegen nach ihren Vorstellungen unterstützt wird.

„[D]ie [Kunstkollegin, Anm. d. A.] ist sehr großzügig mit ihrem Wissen und Material, aber das ist eben sehrindividuell. Also entweder hat man da Kollegen die einem helfen oder man hat es eben nicht. Und es gibtauch Kollegen sie sagen ‚Wenn du Hilfe brauchst, dann sag es!‘ und wenn man dann etwas sagt, dann[…] haben die vielleicht was gesagt wie ‚Ja mach doch mal was zum Thema so und so.‘, aber ich hättegerne konkreter gesagt: ‚Hier, nimm das Arbeitsblatt, das habe ich letztes Jahr vorbereitet.‘“ (Z. 293-299)

Frau Seins‘ Arbeitsalltag beginnt um sieben Uhr, wenn sie an ihrer Schule ankommt. DieZeit bis zum Unterrichtsbeginn nutzt sie für die letzten Vorbereitungen wie Kopieren undDinge bereitstellen (Frau Seins, Z. 6-8). Sie unterrichtet täglich fünf bis sechs Stunden inunterschiedlichen Klassen, am Nachmittag benötigt sie etwa drei Stunden für die Vor- und Nachbereitung. Sie betont, dass sie froh darüber sei, sich die Klassenleitung teilen zu können und zählt die Vorteile auf: „dass ich lerne, wie Klassenleitung geht und das nicht gleich alleine machen muss, dass wir auch Elterngespräche zu zweit haben, das ist […] echt sehr angenehm“ (Z. 20-22). Sie hegt den Wunsch, selbst eine Klasse zu übernehmen und begründet es wie folgt:

„[D]as ist schon schön, wenn man viele Stunden in einer Klasse hat und nicht nach jeder Stunde in eine andere Klasse geht und von der Zweiten in die Vierte in die Erste und dann wieder in die Dritte, sondern dass man bisschen mehr Ruhe hat“ (Z. 478-481)

Die Schulleitung ist der Meinung, dass für eine Klassenlehrertätigkeit eine Qualifizierungnotwendig ist und legt Frau Seins nahe sich für die wissenschaftliche Ausbildung zu be-werben. Für deren Beginn im April 2017 wird sie nicht angenommen und ist rückblickenddarüber nicht traurig, weil es „eine Zusatzbelastung [ist], dann eigene Kinder, Unterrichtund Studium nebenher und man verdient weniger als jetzt“ (Z. 491/492). Sie begründetweiter, dass sie mit einem arbeitsuchenden Mann und zwei kleinen Kindern voll arbeitenmüsse und ganz froh sei, „jetzt nicht finanziell zurückstecken“ zu müssen (Z. 493-496).Für den erneuten Beginn der wissenschaftlichen Ausbildung im nächsten Schuljahr willsie sich dennoch wieder bewerben (Z. 474).

Sie resümiert am Ende des Interviews ihre Entscheidung nicht zu bereuen und begründet dies vor allem in der Zusammenarbeit mit den Kindern:

„Und es ist schön, dass die Kinder sich freuen einen zu sehen und dass man so. Ja dieses menschliche Miteinander gefällt mir gut. […] Dieses sehr lebendige, dass in so einer Schule immer was los ist und dass es auch mal lustig zugeht und im Unterricht gelacht wird. Ähm ja, dass Kinder einem sehr schnell zeigen, was sie so denken und fühlen.“ (Z. 437-442)

Ihre Handlungsweise beschreibt Frau Seins als „konsequenter“ (Z. 386), sie sagt aus, sie habe gelernt Konsequenzen anzukündigen und diese dann auch durchzuziehen ohne „Angst vor Protest oder weinenden Kindern“ (Z. 401/402). Im Umgang mit den Schülern sei sie „viel sicherer“ (Z. 417) geworden, wobei es spezielle Fälle gebe, „für die [sie] überhaupt nicht ausgebildet und auf die [sie] nicht vorbereitet“ wäre (Z. 426/427).

4.4 Interview 2 - Frau Dreis

Das Motiv für ihren Seiteneinstieg in das Grundschullehramt beschreibt Frau Dreis mehrmals mit „Zufall“ (Z. 96, Z. 103, Z. 109). Sie gibt an, sich wegen der Insolvenz ihres vorherigen Arbeitgebers „neu orientier[en]“ zu müssen (Z. 95) und im Bereich Sportwissenschaften auf ein begrenztes Stellenangebot gestoßen zu sein (Z. 100). Da sie „sehr gut mit Kindern arbeiten kann“ (Z. 88/89) und es sich „ganz gut vorstellen konnte“ als Grundschullehrer zu arbeiten (Z. 98), wagt sie den Seiteneinstieg.

Den Prozess von ihrer Bewerbung bis zum ersten eigenen Unterricht beschreibt Frau Dreis als „kurzfristig“ (Z. 114). Sie bewirbt sich im März 2016 für die Arbeit an Grund- und Lernförderschulen und wird zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen:

„[D]as [Vorstellungsgespräch, Anm. d. A.] hat ganze fünf Minuten gedauert. ‚Können sie sich vorstellen in [Gemeinde] […] zu arbeiten?‘ Meine Frage war dann erst einmal: […] ‚Wo liegt das?‘ […] Dann haben sie mir das auf der Karte gezeigt und haben gesagt ich hätte irgendwie 24 Stunden Bedenkzeit. Und ohne dass ich die Schule vorher kannte oder die Gegebenheiten erfahren hab, welche Fächer das wären et cetera, musste ich dann entweder zu- oder absagen.“ (Z. 119-126)

Nach ihrer Zusage stellt sie Kontakt zur Schulleiterin her, welche ihr noch vor den Som-merferien Hospitationen ermöglicht. Bei diesen kann sie „schon die groben Abläufe, Klas-senregeln et cetera“ kennenlernen (Z. 57/58). Dennoch beschreibt Frau Dreis ihre ersteSchulwoche als „Schmiss ins kalte Wasser“ (Z. 55), Sie wird gleich zu Beginn in einerersten Klasse eingesetzt: „eine sehr große Klasse auch, 29 Erstklässler, hauptsächlichJungs“ (Z. 62/63). Sie beschreibt es als „sehr anspruchsvoll“ in diese Klasse Ruhe undStruktur einzubringen (Z. 65) und sieht sich anfangs immer wieder mit „bestimmte[n] Be-findlichkeiten oder Streitsituationen“ konfrontiert, die sie „dann erst einmal schlichtenmuss[te]“ (Z. 70/71).

Neben den Hospitationen besucht Frau Dreis vorbereitende Seminare:

„[I]ch hatte, ich würde mal sagen Crah-Kurs-Seminare, einmal einen Tag zum Thema Schulrecht, was ist rechtlich erlaubt, was ist rechtlich nicht erlaubt. Einen Tag zu Mathe, einen Tag zu Sachkunde und einen Tag zu Deutsch. […] Was aber für die Praxis her nur bedingt hilfreich ist, das nur an einem Tag [zu behandeln, Anm. d. A.]“ (Z. 150-153)

Als hilfreicher schätzt sie den Austausch mit einer befreundeten Grundschullehrerin ein, von ihr erhält sie Stoffverteilungspläne und Bücher „zum Thema Methodik, Didaktik [und] Anfangsunterricht“ (Z. 154/155; 173/174). Trotzdem wird man „davon, dass man sich ein Buch durchliest […] natürlich auch nicht optimal auf den Schulalltag vorbereitet“, so ihr Resümee (Z. 181/182). Im ersten Schulhalbjahr wird Frau Dreis zusätzlich drei Mal von einem Mentor begleitet, was ihr „sehr geholfen“ (Z. 449) habe:

„Der war drei Mal an meiner Schule, hat mich in unterschiedlichen Fächern begutachtet. Beziehungsweise in Mathe, Sport, Werken hospitiert. Und danach den Spieß umgedreht, das heißt er hat selber [Unterricht, Anm. d. A.] geleitet und ich durfte hospitieren. Und wir haben danach gut ausgewertet und er hat mich auch gelobt, beziehungsweise positiven Zuspruch gegeben, für Sachen die halt schon gut geklappt haben, das war ich vorher von den Kollegen definitiv nicht gewöhnt.“ (Z. 440-446)

Auch die Schulleitung ihrer Stammschule hospitiert einige Male bei Frau Dreis, diese ha-be „aber noch andere, ja Vorgehensweisen, wie die Sachen beibringen, die sind in dertiefsten DDR stecken geblieben“ (462/463). In ihrer Stammschule findet Frau Dreis keineUnterstützung, da „die Lehrer unter sich sind und auch sehr reserviert, dass sich weniggeholfen wird“ (Z. 404/405). Sie beschreibt diese Lehrer als „Einzelkämpfer“ (Z. 406), mitdenen sie im Verlauf des Schuljahres „definitiv nicht warm geworden“ ist (Z. 427). Als Sei-teneinsteiger hat sie mit ihrer Stammschule „richtiges Pech“ (Z. 437), da die Kollegen ihrseit Beginn „sehr distanziert gegenüber“ treten (Z. 133) und ihren Status als Seitenein-steigerin negativ kommunizieren:

[...]


[1] In dieser Arbeit wird stets die maskuline Form verwendet, die auch weibliche Personen mit einschließt.4

[2] Jede Prognose des Statistischen Landesamtes verfügt über zwei Varianten, deren Annahmeszenarien sich im zeitlichen Verlauf und der Intensität der Komponenten Auslandswanderung, Wanderungsaustausch im Bundesgebiet und Geburtenhäufigkeit unterscheiden. Die grundsätzlichen Trendaussagen beider Varianten sind dabei jedoch gleich (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2011, S. 19).

[3] Ab dem Schuljahr 2008/09 werden Schüler mit Migrationshintergrund erfasst, vorher ausländische Schüler. Als ausländische Schüler werden Kinder ohne deutsche Staatsbürgerschaft verstanden. Zu den Schülern mit Migrationshintergrund werden solche dazugezählt, welche zwei- oder mehrsprachig aufwachsen und die selbst oder deren Eltern oder Großeltern nach Deutschland zugewandert sind. Die Staatsangehörigkeit oder der Aufenthaltsstatus bleiben dabei unbeachtet. So sind bei der Zahl des Schuljahres 2016/17 auch 7.893 Kinder enthalten, welche die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.

[4] Ermittelt durch oeffentlicher-dienst.info; Lohnsteuerklasse 1, keine Kinder, nicht Kirchensteuerpflichtig, gesetzliche Krankenversicherung (14,9%) und Pflegeversicherung

[5] Die aktuell gültige Tabelle weist in Stufe 2 der Entgeltgruppe 11 3.442,05€ aus (Sächisches Landesamt für Steuern und Finanzen, 2017).

[6] “Viewing the shortage as stemming from micro level factors leads school principals to act within the bounda-ries of their own organization in order to recruit and retain effective teachers.” (Donitsa-Schmidt & Zuzovsky,2014, S. 421)

[7] Durchführungsland der Studie ist die Schweiz, daraus ergeben sich andere Begrifflichkeiten. Unter Vorstudi-um wird in der Schweiz der Zugang zu tertiären Ausbildungsinstituten (Universitäten, Hochschulen und Fach-hochschulen) verstanden, wenn der höchste allgemeine Bildungsabschluss dafür nicht ausreichend ist.

[8] Kritischer Punkt einer Person in den mittleren Jahren des Berufslebens, an welchem man sich der begrenzten Zeit vor dem Ruhestand und der Geschwindigkeit mit der man die eigenen Ziele erreicht, bewusst wird; Kann die Anpassung der eigenen Ziele und Hoffnungen an zukünftige Möglichkeiten und sogar einen Wechsel des Jobs oder der Karriere oder radikale Veränderungen im Lebensstil beinhalten.

[9] Ermittelt durch oeffentlicher-dienst.info; Lohnsteuerklasse 1, keine Kinder, nicht Kirchensteuerpflichtig, gesetzliche Krankenversicherung (14,9%) und Pflegeversicherung

[10] Die aktuell gültige Tabelle weist in Stufe 2 der Entgeltgruppe 11 3.442,05€ aus (Sächisches Landesamt für Steuern und Finanzen, 2017).

[11] “Viewing the shortage as stemming from micro level factors leads school principals to act within the bounda-ries of their own organization in order to recruit and retain effective teachers.” (Donitsa-Schmidt & Zuzovsky,2014, S. 421)

[12] Jede Prognose des Statistischen Landesamtes verfügt über zwei Varianten, deren Annahmeszenarien sich im zeitlichen Verlauf und der Intensität der Komponenten Auslandswanderung, Wanderungsaustausch im Bundesgebiet und Geburtenhäufigkeit unterscheiden. Die grundsätzlichen Trendaussagen beider Varianten sind dabei jedoch gleich (Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen, 2011, S. 19).

Ende der Leseprobe aus 172 Seiten

Details

Titel
Seiteneinsteiger im sächsischen Schuldienst
Untertitel
Eine qualitative Studie mit Seiteneinsteigern über ihre Motivation, ihren Berufseinstieg und Berufsalltag sowie sich daraus ergebende Handlungsbedarfe
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,5
Autor
Jahr
2017
Seiten
172
Katalognummer
V380491
ISBN (eBook)
9783668640566
ISBN (Buch)
9783668640573
Dateigröße
1463 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Seiteneinsteiger, Quereinsteiger, Lehrermangel, Ursachen, Sachsen, Grundschule, Seiteneinstieg, Quereinstieg, Lehrer, Leitfadeninterview, Berufsalltag, Motivation, Berufseinstieg, Berufswechsel, Beseitigung, Maßnahmen, Schuldienst
Arbeit zitieren
Eva-Christine Süß (Autor:in), 2017, Seiteneinsteiger im sächsischen Schuldienst, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/380491

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