[...] Auch wenn diese Ungleichheiten in den letzten Jahrzehnten durchaus abgeschwächt wurden, so trifft die Aussage von Elisabeth Beck-Gernsheim aus dem Jahr 1984 auch zwanzig Jahre später noch zu: „Es gibt viele Industriezweige und Berufsfelder, die ganz oder überwiegend mit Männern besetzt sind, und andere, wo vor allem Frauen arbeiten. Zwischen ihnen besteht ein erhebliches Hierarchie- und Einkommensgefälle: Vergleicht man Frauen- und Männerberufe der gleichen Qualifikationsstufe, so sind Frauenberufe typischerweise schlechter ausgestattet in bezug auf Einkommen, Arbeitsplatzsicherheit, Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen.“ (Geißler (2002): S. 373) Präzisieren bzw. belegen lässt sich die Aussage über die Einkommensungleichheiten mit konkreten Zahlen: Im Jahr 2001 verdienten Arbeiterinnen in der Industrie 74 Prozent und Angestellte nur 71 Prozent des Bruttoverdienstes eines vergleichbaren männlichen Kollegen. Diese empirischen Beispiele machen die Aktualität der geschlechtsspezifischen Rangunterschiede in der modernen Gesellschaft deutlich. Die vorliegende Arbeit soll sich mit diesem Phänomen in Auseinandersetzung mit der Systemtheorie Niklas Luhmanns beschäftigen. Der Titel der Arbeit lautet daher: „Rangunterschiede zwischen den Geschlechtern in der modernen Gesellschaft – Ein Versagen der Systemtheorie?“ Um dem Leser einen Überblick über die Ideen und Auffassungen Niklas Luhmanns zu geben, sei hier ein extrem grober und gekürzter Abriss der Systemtheorie gegeben, der nur dazu dienen kann, einen allgemeinen Überblick zu bekommen, um der weiteren Arbeit inhaltlich folgen zu können. Es soll anschließend versucht werden geschlechtsspezifische Unterschiede systemtheoretisch nach den Vorstellungen Luhmanns zu untersuchen, wobei Ausgangspunkt dabei der der Systemtheorie kritisch gegenüberstehende Ansatz von Ulrike Teubner ist, der im weiteren Verlauf hinterfragt wird. Anschließend werden Defizite der Theorie gesucht, die Anschlusspunkte bieten, um die Theorie offener für Erklärungsversuche für geschlechtspezifische soziale Unterschiede (Rangdifferenzen) zu machen. Mit der Ergänzung der systemtheoretischen Begrifflichkeiten durch einen zentralen Begriff der Theorie von Pierre Bourdieu soll ein neuer Blickwinkel geschaffen werden, um die oben genannten Rangdifferenzen zu „durchleuchten“.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Kritik an der Systemtheorie Niklas Luhmanns
- Systemtheorie nach Niklas Luhmann – Ein grober Überblick
- Luhmann's These?
- Warum existieren noch immer geschlechtsspezifische soziale Unterschiede?
- Der luhmannsche Personenbegriff ergänzt durch den bourdieuschen Habitusbegriff
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit setzt sich mit dem Phänomen der Rangunterschiede zwischen den Geschlechtern in der modernen Gesellschaft auseinander und hinterfragt dabei die Systemtheorie Niklas Luhmanns. Die Arbeit analysiert, ob Luhmanns Theorie in der Lage ist, diese geschlechtsspezifischen Unterschiede zu erklären, und untersucht mögliche Defizite der Theorie in diesem Kontext.
- Kritik an Luhmanns Theorie im Hinblick auf die Erklärung von Geschlechterungleichheit
- Prüfung von Luhmanns These zur Rolle von Geschlechtsunterschieden in funktional differenzierten Gesellschaften
- Analyse der systemtheoretischen Konzepte im Kontext der geschlechtsspezifischen Rangdifferenzen
- Ergänzung der systemtheoretischen Perspektive durch den Habitusbegriff Pierre Bourdieus
- Entwicklung eines neuen Blickwinkels auf die geschlechtsspezifischen Unterschiede
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit führt anhand von empirischen Beispielen die anhaltenden geschlechtsspezifischen Rangunterschiede in der modernen Gesellschaft auf, insbesondere in Bezug auf die Führungspositionen. Die Systemtheorie Niklas Luhmanns wird als theoretischer Rahmen zur Erklärung dieses Phänomens eingeführt.
- Kritik an der Systemtheorie Niklas Luhmanns: Die Arbeit beleuchtet kritische Stimmen aus der Genderforschung, die der Systemtheorie Luhmanns den Anspruch absprechen, die soziale Ungleichheit zwischen den Geschlechtern zu erfassen. Ulrike Teubners Kritik an Luhmanns These, dass die Geschlechtsunterscheidung in funktional differenzierten Gesellschaften keine Rolle mehr spielt, wird hervorgehoben.
- Systemtheorie nach Niklas Luhmann – Ein grober Überblick: Dieser Abschnitt bietet eine kurze und prägnante Einführung in Luhmanns Systemtheorie, die auf die Ideen von Talcott Parsons aufbaut. Die Unterscheidung von sozialen Systemen wie Interaktionssysteme, Organisationssysteme und Gesellschaftssystem sowie das Konzept der Reduktion von Komplexität durch "Sinn" werden erläutert.
- Luhmann's These?: Die Arbeit untersucht Luhmanns These zur Relevanz von Geschlechtsunterschieden in funktional differenzierten Gesellschaften im Detail. Die Kritik von Ulrike Teubner wird erneut aufgegriffen und hinterfragt.
- Warum existieren noch immer geschlechtsspezifische soziale Unterschiede?: Die Arbeit analysiert die systemtheoretischen Konzepte im Hinblick auf die Erklärung geschlechtsspezifischer sozialer Unterschiede und identifiziert mögliche Defizite der Theorie.
- Der luhmannsche Personenbegriff ergänzt durch den bourdieuschen Habitusbegriff: Die Arbeit stellt den Habitusbegriff von Pierre Bourdieu vor und zeigt, wie er die systemtheoretische Perspektive ergänzen und neue Erkenntnisse zur Analyse der geschlechtsspezifischen Rangdifferenzen liefern kann.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themenbereiche Systemtheorie, Genderforschung, soziale Ungleichheit, Geschlechterunterschiede, Rangdifferenzen, Habitus, funktional differenzierte Gesellschaft, Führungspositionen, Arbeitsmarktverteilung und Verdienstunterschiede.
- Quote paper
- Corinna Laß (Author), 2005, Rangunterschiede zwischen den Geschlechtern in der modernen Gesellschaft - Ein Versagen der Systemtheorie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38180