Leseprobe
Inhalt
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Grundlagen des Economic Value Added
2.1 Wesen des Economic Value Added
2.2 Berechnung des Economic Value Added
3 Die Unterschiede der buchhalterischen Anpassungen im EVA- Konzept zwischen HGB und IFRS
3.1 Operating Conversions
3.1.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Operating Conversions
3.2 Funding Conversions
3.2.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Funding Conversions
3.3 Shareholder Conversions
3.3.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Shareholder Conversions
3.4 Tax Conversions
3.4.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Tax Conversions
4 Zusammenfassung
4.1 Kritische Reflexion der eigenen Ergebnisse
4.2 Fazit
4.3 Ausblick
Anhang Anhang 1: Ermittlung des NOPAT
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Transformation vom Accounting Model zum Economic Model
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Die Bedeutung wertorientierter Ansätze und wertsteigender Unternehmensbewertung erlangt immer mehr Bedeutung. Wertorientierte Kennzahlen können die Grundlage für wesentliche Entscheidungen innerhalb des Unternehmens darstellen. Neben ihrer Funktion als Steuerungs- und Bewertungsinstrument, werden ebenfalls die Zinsansprüche der Eigenkapitalgeber berücksichtigt. Umsatzwachstum, hohe Marktanteile und Technologieführerschaft sind nur wenige von vielen Bestreben heutiger Unternehmen. Diese Zielsetzungen spiegeln allerdings nicht wider, ob das Unternehmen für die Aktionäre wertsteigernd oder wertmindernd ist. Aufgrund der Globalisierung von Wettbewerb und Kapitalmärkten sollte sich die Unternehmensbewertung vermehrt auf ihre Investoren ausrichten. Diese Orientierung nennt man den Shareholder[1] Value (SHV) Ansatz.[2] Dabei steht eher die Marktwertmaximierung der Aktien als die Maximierung der Gewinne im Fokus der Betrachtung.[3] Die Wichtigkeit der Shareholder-Value-Orientierung wird dabei nicht nur für große Kapitalgesellschaften betont. Insbesondere nicht-börsennotierte Unternehmen sollten auch die eigenen Shareholder vermehrt im Blickwinkel behalten. Dies folgt der Tatsache, dass private Unternehmen vermehrt Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung haben. Die Unternehmen, die ihr Führungs- und Kontrollsystem auf nachhaltige Wertsteigerung und effiziente Kapitalnutzung ausrichten, werden zukünftig erfolgreicher bei der Beschaffung von Kapital sein. Zur Berechnung von repräsentativen Unternehmenswerten existieren heute bereits mehrere wertorientiere Ansätze.
1.1 Problemstellung
Das hauptsächliche Problem der Jahresabschlüsse stellt im Wesentlichen die beschränkte Aussagekraft dar. Diese entsteht durch die Nutzung verschiedener Bilanzierungswahlrechte und Bewertungsmethoden. Außerdem wird der Jahresabschluss, abhängig vom jeweiligen Land, nach verschieden Rechnungslegungsvorschriften aufgestellt. Darunter fallen beispielsweise die IFRS (International Financial Reporting Standard) und HGB (Handelsgesetzesbuch) Rechnungslegungsvorschriften. Zwischen diesen Rechnungslegungsvorschriften bestehen allerdings erhebliche Differenzen, die zu verzerrten Ergebnissen führen können. Durch die Wahl verschiedener Rechnungslegungsstandards sind folglich unterschiedliche Anpassungen des Jahresabschlusses an die wertorientierten Kennzahlen erforderlich.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der wertorientierten Kennzahl „Economic Value Added“ (EVA). In diesem Zusammenhang sollen die unterschiedlich erforderlichen Anpassungen an das Konzept bei Jahresabschlüssen nach HGB und IFRS verglichen werden. Nach der zuvor diskutierten Problemstellung und Bedeutung der wertorientierten Unternehmensbewertung wird im Folgenden das Konzept des Economic Value Added kurz erläutert. Dazu soll die Berechnung der Kennzahl näher dargestellt werden.
Infolgedessen werden im dritten Kapital die Unterschiede der buchhalterischen Anpassungen an das EVA Konzept zwischen HGB und IFRS Rechnungslegung dargelegt. Diese Darstellung erfolgt anhand unterschiedlicher Kategorien von Anpassungen, den sogenannten „Conversions“ (Konversionen). Zunächst werden die Operating Conversions und die unterschiedlichen buchhalterischen Änderungen dargestellt. Anschließend werden die Funding Conversions, Shareholder Conversions und letztlich die Tax Conversions mit den dazu gehörigen Anpassungen näher dargelegt.
In Kapitel 4 folgt eine kritische Reflektion der Ergebnisse, abgeschlossen mit einem Fazit sowie einem Ausblick in die zukünftige Entwicklung.
2 Grundlagen des Economic Value Added
2.1 Wesen des Economic Value Added
Das „Economic Vaulue Added“ (EVA) Konzept ist ein eingetragenes Markenzeichen der New Yorker Beratungsgesellschaft Stern Stewart & Co. und wurde im Jahr 1991 erstmals publiziert.[4] Die wertorientierte, periodenbezogene Kennzahl soll dazu dienen, die Wertsteigerung des Unternehmens („Value Added“) aus wirtschaftlicher Sicht („Economic“) zu bewerten.[5] Demnach ist sie der wertorientierten Unternehmensführung zuzuordnen.
Zusätzlich kann die Kennziffer als Performance-Maßstab für das Management und zur internen Unternehmenssteuerung verwendet werden.[6] Dies wird dadurch gewährleistet, indem überprüft wird, ob das Unternehmen in der jeweiligen Periode Wert geschaffen oder Wert vernichtet hat. Daraus lassen sich Strategien ableiten, um in den folgenden Perioden Wert zu schaffen. Ferner können Modelle zum Vergleich und zur Entscheidung von Investitionstätigkeiten hergeleitet werden.[7]
Eine weitere Anwendung des EVA lässt sich in der Verwendung von Anreiz- und Entlohnungssystemen finden, die sich nach dem Konzept richten und zur Motivation der Manager eingesetzt werden. Dabei werden die Ziele und Fristen zur Erreichung eines verbesserten EVA-Wertes festgelegt und kontrolliert.[8]
Der EVA gehört zu den „Contribution-Modellen“, die zur Bestimmung des Über- beziehungsweise Residualgewinns angewendet werden.[9] Stewart beschreibt den Begriff EVA als „operating profits less the cost of all of the capital employed to produce those earnings“.[10] Dies bedeutet, dass von dem Übergewinn des operativen Geschäfts das dafür aufgebrachte investierte Kapital abgezogen werden muss. Eine Steigerung (Schaffung) des Unternehmenswertes liegt somit erst dann vor, wenn der betriebliche Gewinn die Kosten (Eigen- und Fremdkapitalkosten) übersteigt. Basis zur Berechnung des EVA bilden die buchhalterischen Werte der Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung.
Um den tatsächlichen ökonomischen Unternehmenswert zu erhalten, muss eine Transformation des „Accounting Model“ in das „Economic Model“ erfolgen.[11] Das Accounting Model zeichnet sich dadurch aus, dass der Jahresabschluss unterschiedliche Werte ergeben kann. Ursache dafür ist, wie bereits erwähnt, die Verwendung verschiedener Rechnungslegungsvorschriften, beispielsweise nach HGB und IFRS. Die HGB Rechnungslegungsvorschrift ergibt einen Jahresabschluss aus Gläubigersichtweise. Diese wird generiert durch verschiedene Bewertungsansätze- und Wahlrechte. Demgegenüber ist das Ziel der IFRS Rechnungslegung die Schaffung einer adäquaten, primären Informationsbasis für alle „gegenwärtigen und künftigen Eigenkapitalgeber, Fremdkapitalgeber und anderen Gläubiger.“[12] Des Weiteren wird kritisiert, dass, vor allem bei Jahresabschlüssen nach dem HGB, die Werte eher vorsichtig bilanziert werden.
Das Economic Model versucht einen realitätsgetreuen Informationsstand aus Aktionärssichtweise zu schaffen.[13]
2.2 Berechnung des Economic Value Added
Der EVA kann einerseits durch die „Capital Charge“-Formel und andererseits durch die „Value Spread“-Formel berechnet werden.[14] Bei der „Capital Charge“-Formel wird der EVA ermittelt, indem das Produkt aus investierten Kapital (NOA: „Net Operating Assets“) und Gesamtkapitalkostensatz (WACC: „Weighted Average Cost of Capital“) von dem betrieblichen Gewinn nach Steuern (NOPAT: „Net Operating Profit After Tax“) subtrahiert wird.[15] Das Produkt aus NOA und WACC stellt die Kapitalkosten dar. Die Formel lautet folglich:
EVA= NOPAT- (NOA * WACC)
An dieser Formel kann sehr gut erkannt werden, dass hier der Übergewinn berechnet wird. Bei der „Value Spread“-Formel wird das Produkt aus betrieblicher Überrendite und investierten Kapital gebildet. Die betriebliche Überrendite berechnet sich aus der Differenz von Vermögensrendite (rc) und dem Gesamtkapitalkostensatz (WACC).[16] Die Formel lautet folglich:
EVA= (rc - WACC) *NOA
Ersetzt man die Vermögensrendite (rc) durch den Quotienten NOPAT durch NOA, so ergibt sich wieder die „Capital Charge“-Formel. Dementsprechend liefern beide Formeln dasselbe Ergebnis.
Basis zum Erhalt des NOPAT bildet der adjustierte Net Operating Before Tax (NOPBT).[17] Dieser setzt sich zusammen aus dem Vorsteuergewinn (EBIT: „Earnings Before Interest and Taxes“) vermindert um die notwendigen Anpassungen aufgrund von nicht operativer Erträge und Aufwendungen. Von diesem Gewinn sind sämtliche betriebsbedingte Steuern abzuziehen, um das operative Ergebnis vor Zinsen und nach Steuern zu erhalten.[18] Dabei muss ebenfalls die Steuerlast der vorgenommenen Adjustierungen beachtet werden.
Um das investierte Kapital zu ermitteln, werden die nicht-betriebsnotwendigen Vermögenswerte von dem Anlagevermögen abgezogen sowie die betriebsnotwendigen, nicht aktivierten Bestandteile hinzugerechnet.[19] Ferner wird das Umlaufvermögen um die kurzfristigen, nicht-verzinslichen Verbindlichkeiten verringert.[20] Daraus ergibt sich das Net Working Capital (NWC).[21] Der NOA ergibt sich schließlich aus dem betriebsnotwendigen Anlagevermögen addiert mit dem Net Working Capital.[22]
Der Kapitalkostensatz ergibt sich aus „den gewichteten Eigen- und Fremdkapitalkosten sowie dem Vorteil der steuerlichen Abzugsfähigkeit der Fremdkapitalzinsen“.[23] Das Capital Asset Pricing Model (CAPM) wird häufig verwendet, um die Eigenkapitalkosten zu berechnen.[24]
3 Die Unterschiede der buchhalterischen Anpassungen im EVA- Konzept zwischen HGB und IFRS
Wie bereits zuvor in Kapital eins erwähnt sind einige Anpassungen notwendig, um das Accounting Model in das Economic Model zu überführen. Dies soll die Vergleichbarkeit zwischen Unternehmen und Geschäftsbereichen unterstützen. Dazu gibt es eine Vielzahl möglicher Anpassungen, die vorgenommen werden können. Diese Anpassungen werden auch „Adjustments“ (Adjustierungen) oder auch „Conversions“ (siehe Kapitel eins) genannt.
Die folgende Abbildung verdeutlicht nochmals den Weg vom Accounting Model zum Economic Model mit den notwendigen Konversionen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Transformation vom Accounting Model zum Economic Model[25]
Im weiteren Verlauf werden diese Konversionen näher erläutert. Anhand einiger Beispiele sollen die unterschiedlichen Anpassungen bei einer Rechnungslegung nach HGB und IFRS verdeutlicht werden. Aufgrund der hohen Anzahl möglicher buchhalterischer Bereinigungen wird nur eine Auswahl der Adjustierungen exemplarisch aufgegriffen.
3.1 Operating Conversions
Bei den operativen Konversionen werden nicht-betriebsnotwendige Komponenten des investierten Kapitals sowie damit einhergehende zugehörige Erträge und Aufwendungen aus der Bilanz und der GuV (Gewinn- und Verlustrechnung) ausgeschieden.[26] Analog werden die nicht aktivierten, doch betriebsnotwendigen Vermögensbestandteile dem Geschäftsvermögen hinzugefügt. Dies betrifft demnach die Gewinngröße NOPAT und die Vermögensgröße NOA.
3.1.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Operating Conversions
Einen Unterschied zwischen den zwei Rechnungslegungsvorschriften bildet einerseits die Aufstellung der Rückstellungen. IAS 37.10 definiert Rückstellungen als „eine Schuld, deren Höhe oder Fälligkeit ungewiss ist“. Durch das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz (BilMoG) haben sich die Vorschriften des HGB hinsichtlich der Passivierung von Rückstellungen an den Regelungen der IFRS in gewissem Maße angepasst. Seitdem ist es nach dem HGB nicht mehr erlaubt, Aufwandsrückstellungen, sowie Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, die ab dem vierten bis zum zwölften Monat des folgenden Geschäftsjahres erfolgen, zu passivieren.[27] Dagegen ist die Bildung der Rückstellungen für unterlassene Instandhaltungen, die im ersten Quartal des Folgejahres nachgeholt werden, sowie für Abraumbeseitigungen, die im Folgejahr erfolgen, nach §249 (1) Nr. 1 HGB weiterhin passivierungspflichtig. Diese Rückstellungen müssen aus dem investierten Kapital entfernt werden, da sie nicht Teil des operativen Geschäfts sind. Es handelt sich hierbei vielmehr um eine Innenverpflichtung mit Rücklagecharakter. Diese Anpassung kann zu Problemen führen, denn im HGB wird nur zwischen Pensionsrückstellungen, Steuerrückstellungen und sonstigen Rückstellungen differenziert.[28] Ferner müssen kleine Kapitalgesellschaften keine weiteren Angaben zu den verschiedenen Rückstellungen leisten.[29] Wenn demnach keine freiwilligen Angaben im Anhang vorgenommen werden, kann eine Ausgliederung der Aufwandsrückstellungen nicht möglich sein.
Nach IAS 37 darf eine solche Passivierung der Rückstellungen nicht erfolgen. IAS 37.20 erlaubt nur eine Passivierung von Rückstellungen, wenn es sich um eine Schuld gegenüber Dritten handelt. Eine Ausnahme bilden die Restrukturierungsrückstellungen, die nach IAS 37.72 unter der Aufstellung eines detaillierten Restrukturierungsplans bilanziert werden können. Eine weitere Bedingung ist, dass Rückstellungen für Restrukturierungsmaßnahmen durch Verkauf eines Geschäftszweigs erst nach Abwicklung des Kaufvertrags passivierungsfähig sind.[30] Stewart zählt diese Rückstellungen nicht zu dem investierten Kapital.[31] Diese Anpassungen können bei den IFRS einfach erfolgen, da IAS 37.84 und IAS 37.85 einige Angaben im Anhang fordern. Darunter fallen unter Anderem eine Beschreibung der Art der Rückstellung und Angaben der Anfangs- und Endbestände. Bei der HGB Rechnungslegung sind auch bei den Restrukturieungsrückstellungen die buchhalterischen Änderungen nur unter freiwilligen Angaben bei kleinen Kapitalgesellschaften durchführbar.
Weiterhin schreibt Stewart eine Aktivierung des Geschäfts- oder Firmenwerts (sogenannter „Goodwill“) und ein Unterlassen der betroffenen Abschreibungen vor.[32] Der Geschäfts- oder Firmenwert ist definiert als Unterschiedsbetrag zwischen der Gegenleistung, die erbracht wurde zur Übernahme eines Unternehmens und der zu dem Zeitpunkt vorliegenden Vermögensgegenständen abzüglich der Schulden.[33] Der Goodwill muss dem investierten Kapital hinzugefügt werden, da der eine langfristige Investition in die Zukunft darstellt, die das operative Geschäft unterstützt. Analog sind dem NOPAT die Abschreibungen wieder hinzuzurechnen. Durch das BilMoG ergibt sich für das HGB eine Aktivierungspflicht, anstatt des vorherigen Aktivierungswahlrechts, bei dem derivativen (erworbenen) Geschäftswert.[34] Dies entspricht auch der Vorschriften nach IFRS 3.4. Ein Unterschied lässt sich allerdings in der Behandlung der Abschreibungen des Geschäfts- oder Firmenwertes finden. Während nach §246 (1) Satz 4 HGB der Goodwill als abnutzbares Anlagegut gilt, das folglich abgeschrieben werden muss, ist nach IFRS 3 eine planmäßige Abschreibung des derivativen Geschäftswerts nicht vorgesehen. IAS 36.10 schreibt demgegenüber vor, den Goodwill jährlich auf Wertminderungen zu überprüfen („Goodwill Impairmant Test“). Demzufolge ist der Buchwert der zahlungsmittelgenerierenden Einheit (ZGE) mit dem erzielbaren Betrag der Einheit zu vergleichen.[35] Liegt ein höherer Buchwert vor, entspricht dies einer Wertminderung („Impairment loss“) nach IAS 36.90, die erfolgswirksam zu erfassen ist. Folglich liegen bei beiden Rechnungslegungsvorschriften verschiedene Abschreibungen des Goodwill vor, die individuell an dem EVA anzupassen sind.
3.2 Funding Conversions
Ziel der Funding Conversions ist es, alle verwendeten Finanzierungsinstrumente des Unternehmens zu erfassen.[36] Diese betrieblich genutzten Vermögensgegenstände, die nicht in der Bilanz ausgewiesen werden, sollen dem investierten Kapital zum aktuellen Marktwert zugerechnet werden. Dies betrifft insbesondere sämtliche Miet- und Leasinggegenstände, die ausschließlich in der Bilanz des Leasinggebers dargestellt werden. Die Unternehmen, die die Vermögensgegenstände kaufen, weisen eine höhere Kapitalbasis auf der Aktivseite und dementsprechend höhere Kapitalkosten auf der Passivseite auf. Um Verzerrungen zu beseitigen, muss der Leasingnehmer auf seiner Aktiv- und Passivseite den mit dem risikolosen Zins diskontierte Barwert der Leasingrate ausweisen und entsprechende Abschreibungen durchführen.[37] Folglich wird der Kauf eines geleasten Vermögensgegenstandes unterstellt. Die Unterschiede der Anpassungen der Leasingraten an den EVA zwischen IFRS und HGB sollen im Folgenden diskutiert werden.
3.2.1 Unterschiede zwischen HGB und IFRS bei den Funding Conversions
Bei Leasingverträgen wird zwischen Finanzierungsleasing und Operating-Leasing unterschieden. Finanzierungsleasing liegt nach den Vorschriften von IAS 17.4 dann vor, wenn auf den Leasingnehmer „im Wesentlichen alle mit dem Eigentum verbundenen Risiken und Chancen eines Vermögenswertes übertragen“ wurden.[38] Das Finanzierungsleasing ist nicht Teil der Funding Conversions, da die die Leasinggegenstände für die Leasingnehmer bereits aktivierungspflichtig sind. In dem HGB sind keine ausdrücklichen Regelungen über die Abgrenzung der Leasinggegenstände kodifiziert. Die Zurechnung des Leasinggegenstands erfolgt nach den allgemeinen Grundsätzen aufgrund wirtschaftlichen Eigentums.[39] Operating-Leasing stellt alle anderen Leasingverhältnisse dar und wird somit nicht in der Bilanz des Leasingnehmers erfasst. Folglich liegt hier eine erforderliche Anpassung an den EVA vor.
In einem auf die HGB Rechnungslegungsstandards ausgerichteten Jahresabschluss müssen nach §285 Nr.3 HGB „Art und Zweck sowie Risiken, Vorteile und finanzielle Auswirkungen von nicht in der Bilanz enthaltenen Geschäften“ im Anhang angegeben werden. Für kleine Kapitalgesellschaften entfällt diese Angabepflicht allerdings nach § 288 (1) HGB. Daraus folgt, dass die Berechnung des Barwertes des Leasinggegenstandes erschwert wird. Möglich wird dies nur, wenn weitere freiwillige Angaben durch das Unternehmen vorgenommen werden. Da im HGB keine Abgrenzungskriterien kodifiziert sind, wird dem Bilanzierenden eine Unterscheidung erschwert. Diese bleibt für ihn, in gewissem Maße, frei interpretierbar.
Im Gegensatz dazu wird durch IAS 17 „Leasingverhältnisse“ geregelt, dass weitere Pflichtangaben anzugeben sind. Darunter fällt der Ausweis der „Summe der künftigen Mietleasingzahlungen zum Abschlussstichtag und deren Barwert für jede der folgenden Periode: das nächste Jahr, die Jahre 2 bis 5 in Summe und über 5 hinaus“.[40] Hinzu kommt, dass die qualitativen Kriterien zur Klassifizierung nach IAS17.10 und IAS 17.11 meist dazu führen, dass mehr Vermögensgegenstände als Finanzierungsleasing anstatt als Operating-Leasing einzustufen sind. Dies hat zur Folge, dass keine weiteren Annährungen an dem EVA mehr nötig sind, da Finanzierungsleasinggegenstände, wie bereits erwähnt, in der Bilanz des Leasingnehmers zu erfassen sind.
Dementsprechend wird die Berechnung des Barwertes der Leasingraten durch die Pflichtangaben nach IFRS erheblich erleichtert. Dem gegenüber kann es bei einer Rechnungslegung nach HGB dazu führen, dass eine Anpassung unmöglich ist oder geschätzt werden muss, sofern keine weiteren Angaben im Anhang gemacht wurden.
[...]
[1] Anteilseigner
[2] Vgl. Stührenberg, L. / Streich, D. / Henke, J. 2003, S. 1
[3] Vgl. Gladen, W. 2014, S. 115
[4] Vgl. Groll, K. 2003, S. 55
[5] Vgl. Ahlemeyer, N. / Burger, A. 2016, S. 139
[6] Vgl. Stührenberg, L. et al. 2003, S. 53
[7] Ebd.
[8] Vgl. Stern, J. / Shiely, J. / Ross, I. 2002, S. 45
[9] Vgl. Kaminski, T. 2006, S. 35
[10] Vgl. Stewart, G. B. 1991, S. 2
[11] Vgl. Stewart, G.B. 1991, S. 147 f.
[12] Pellens, B. / Fülbier, R. / Sellhorn, T. / Gassen, J. 2017, S. 99
[13] Vgl. Hostettler, S. 2002, S. 21
[14] Vgl. Schacht, U. / Fackler, M. 2005, S. 296
[15] Vgl. Stewart, G.B. 1991, S. 136
[16] Ebd.
[17] https://www.obermatt.com/de/f%C3%BChrung/methode/wertmanagement/economic-value-added.html
[18] Ebd.
[19] Vgl. Groll, K. 2003, S. 57
[20] Vgl. Langguth, H. 2008, S. 142
[21] Ebd.
[22] Ebd.
[23] Schacht U. / Fackler, M. 2005, S. 299
[24] Ebd.
[25] Vgl. Hostettler, S. 2002, S. 98
[26] Vgl. Denk, C. / Feldbauer-Durstmüller, B. 2012, S. 235
[27] Vgl. Hahn, K. 2009, S. 45
[28] Vgl. §266 (3) B. HGB
[29] Vgl. §288 (1) Nr. 1 HGB
[30] Vgl. IAS 37.78
[31] Vgl. Britzelmaier, B. 2013, S. 140
[32] Vgl. Stewart, G. B. 1991, S. 114
[33] Vgl. §246 (1) Satz 3 HGB
[34] Vgl. Gräfer, H. / Schneider, G. 2008, S. 92
[35] Vgl. Pellens, B. et al. 2017, S. 883
[36] Vgl. Fackler, M. / Schacht, U.2005, S. 304
[37] Vgl. Eidel, U. 1999, S. 253
[38] IAS 17.4
[39] Vgl. Wagenhofer, A. 2005, S. 291
[40] IAS 17.31