Zur Bewertung des Alfred Loth in Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang"


Seminararbeit, 2001

16 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Einleitung Naturalismus, Rezeption, Literatur, Fragestellung

B. Hauptteil
1. Loths Vergangenheit
2. Loths Weltanschauung
a. Vorbilder für den Charakter
b. Loths Ziele und Ansichten
c. Loths Verhältnis zum Geld
d. Loths Ansichten über Milieu und Vererbung
3. Loths soziales Verhalten
a. gegenüber anderen Charakteren
b. Loths Verhältnis zur Liebe
c. Liebe zwischen Loth und Helene
4. Loths Verhältnis zum Tod / Selbstmord
5. Helenes Gesundheit
6. Loths Schuld am Tod Helenes

C. Schluß

D. Literaturverzeichnis

A. Einleitung

Vor Sonnenaufgang löste einen Theaterskandal und wichtiger eine folgenreiche Bühnenrevolution aus. Es steht als soziales Drama für das gesellschaftskritische Potential des naturalistischen Dramas. Die strenge preußische Theaterzensur hatte zur Gründung von Theater Vereinen, wie dem „Verein Freie Bühne“ in Berlin geführt und hier wurde Gerhart Hauptmanns Vor Sonnenaufgang am 20. Oktober 1889 uraufgeführt. Hauptmann wurde so berühmt, oder berüchtigt, denn Hauptmanns soziales Drama löste heftige Kontroversen aus. Während der Uraufführung gab es Krawalle, mehrere Unterbrechungen und hitzige Diskussionen. Das Drama wurde von der konservativen Kritik zerrissen und von den Naturalisten gefeiert. Besonders die Hauptfigur, Alfred Loth, ist bis heute in der literaturwissenschaftlichen Forschung umstritten. Loth wird als herzloser, engstirniger Prinzipienreiter verteufelt und als konsequenter Idealist gefeiert.

In dieser Arbeit werde ich diese dramatische Figur Hauptmanns analysieren und bewerten. Die zentrale Frage ist natürlich, ob Loth die Schuld am tragischen Tod Helenes zu zuschreiben ist. Doch um seine Motivation zu verstehen und zu einem Gesamtbild zu kommen, werde ich auch Loths Weltanschauung, sein soziales Verhalten, sein Verhältnis zum Selbstmord und die Frage nach der Möglichkeit, der von Loth vermuteten, erblichen Belastung Helenes untersuchen.

Im Schlußteil dieser Arbeit soll es dann darum gehen, zu einer, dem Rahmen dieser Arbeit entsprechenden, möglichst vollständigen Beurteilung Loths zu kommen.

B. Hauptteil

1. Loths Vergangenheit

Alfred Loth hat seinen ersten Auftritt gleich zu Beginn des Dramas, am Anfang des ersten Akts. Er betritt das Haus der neureichen Bauernfamilie Krause, um seinen alten Freund Hoffmann, den Schwiegersohn der Krauses, zu besuchen.

In den Regieanweisungen beschreibt Hauptmann ihn als „in seinen Bewegungen bestimmt, doch ein wenig ungelenk“ mit einem „gleichmäßig ernsten [Gesichts] Ausdruck“[1]. Loth ist in Warnemünde geboren und ungefähr Dreißig Jahre alt, denn vor Zehn Jahren haben er und Hoffmann sich das letzte Mal gesehen und da war Loth einundzwanzig Jahre alt.

Der Volkswirt Loth und der Ingenieur Hoffmann sind alte „Gymnasialfreunde [...]“ (S. 19) und hatten auch während ihrer Studienzeit regelmäßig Kontakt. Loth war damals politisch und sozial engagiert, er war „Redakteur der Arbeiterkanzel“ und Hoffmanns Worten zu Folge „Reichstagskandidat des süßen Pöbels“ (S. 15). Zusätzlich zu diesem sozialdemokratischem und journalistischem Engagement war Loth maßgeblich an der Gründung des Vereins „Vancouver-Island“, der das Ziel hatte in Amerika einen sozialistischen Musterstaat zu gründen, beteiligt. Aufgrund dieses Engagements wurde Loth im Alter von einundzwanzig Jahren zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilt. Hier verarbeitet Hauptmann zum Teil eigene Erfahrungen, denn es geht hier „um den sogenannten Sozialistenprozeß von 1887, an dem Hauptmann als Zeuge teilnahm“[2].

Über die Jahre im Gefängnis sagt Loth, er müßte lügen, wenn er sagen wolle, es wäre ein Vergnügen gewesen zu „brummen“ (S. 12). Er merkt jedoch auch an, daß er in diesen zwei Jahren sein erstes volkswirtschaftliches Buch geschrieben hat. Anschließend begab Loth sich tatsächlich auf eine Reise nach Amerika, auf die Suche nach den „Ikariern“, die in Amerika ein „hübsches Stück Land“ (S: 45-46) besitzen und alle Arbeit und allen Verdienst gleichmäßig teilen. Hoffmann bezeichnet Loths Amerikareise als „Kaltwasserkur“ (S: 13), doch Loth ist mit dem Ergebnis der Reise recht zufrieden.

Kann sein, ich bin etwas abgekühlt worden; damit ist mir aber nichts

Besonderes geschehen. Jeder Mensch macht seinen Abkühlungsprozeß

durch. Ich bin jedoch weit davon entfernt, den Wert der...nun, sagen wir

hitzigen Zeit zu verkennen. (S. 13)

Loth ist ein Mensch, der zu seinen Idealen steht. Weder die Abkühlung durch die Erkenntnis über die Schwierigkeiten der Gründung eines „Musterstaates“, die Loth zugibt unterschätzt zu haben, noch die zwei Jahre im Gefängnis haben ihn dazu gebracht seine Ideale aufzugeben. Diese Ideale verfolgt Loth immer noch, ohne dabei zynisch oder pessimistisch geworden zu sein.

2. Loths Weltanschauung

a. Vorbilder für den Charakter

Von den möglichen Vorbildern, die Hauptmann für das Konzept seiner Figur verwendet haben kann, möchte ich an dieser Stelle zwei nennen, die mir für das Verständnis Loths relevant erscheinen. Erstens den biblischen Lot aus dem alten Testament und zweitens das ebenfalls biblische Gleichnis des Saemanns.

Der biblische Lot flüchtete nach dem Untergang von Sodom und Gomorra mit seinen beiden Töchtern in die Berge. Dort machte er sich im Weinrausch des Inzests mit seinen Töchtern schuldig und „So wurden die beiden Töchter Lots schwanger von ihrem Vater“[3]. Mann kann davon ausgehen, daß diese Namensgleichheit Hauptmanns Loth in seiner Abneigung gegen den Alkoholkonsum zusätzlich bestärkt. Doch außer dem Namen haben die beiden Charaktere nicht gemeinsam. Während der biblische Lot sich im Alkoholrausch an seiner Familie versündigt, ist Hauptmanns Loth sich der Gefahr durch Alkohol und Degeneration vollauf bewußt und tut alles, um diese zu Vermeiden.

Den Titel „Vor Sonnenaufgang“ hat das Drama auf Anregung von Arno Holz erhalten, zuerst wollte Hauptmann sein Werk mit dem Titel „Der Saemann“ veröffentlichen. Dies Bezieht sich auf „das biblische Gleichnis vom Saemann (Mt. 13, 3-23), in dem der Same für das Wort Gottes steht, der Acker für die Welt, die Menschheit“[4]. Laut Bellmann hat Hauptmann dieses Gleichnis in seinen „Jesus-Studien“, vor der Veröffentlichung des Dramas, erörtert. Hauptmann sah ihn Loth also einen Saemann, einen Reformer, der mit seinem Ideen und seinem Handeln die Menschheit verändern will.

[...]


[1] Gerhart Hauptmann. Vor Sonnenaufgang. Soziales Drama. ( Berlin, 1889). 31.Aufl. München: Uhlstein, 2000. S. 7. Im folgenden zitiere ich aus Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“ nach dieser Ausgabe durch einfache Angabe der Seitenzahl im laufenden Text.

[2] Roy C. Cowen. Hauptmann-Kommentar zum dramatischen Werk. München: Winkler, 1980. S. 37

[3] Die Bibel. 1. Mose, 36

[4] Werner Bellmann. Gerhart Hauptmann: Vor Sonnenaufgang. Naturalismus-soziales Drama-Tendenzdichtung. In: Dramen des Naturalismus. Interpretationen. Stuttgart: Reclam

Ende der Leseprobe aus 16 Seiten

Details

Titel
Zur Bewertung des Alfred Loth in Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang"
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Deutsches Seminar)
Veranstaltung
Proseminar "Drama um 1900"
Note
1,5
Autor
Jahr
2001
Seiten
16
Katalognummer
V38370
ISBN (eBook)
9783638374507
Dateigröße
567 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Ich habe die Arbeit für ein Proseminar über "Drama um 1900" geschrieben. Sie untersucht und bewertet den Protagonisten Alfred Loth, wobei auch der Frage nach seiner Schuld am Tod Helenes nachgegangen wird.
Schlagworte
Bewertung, Alfred, Loth, Hauptmanns, Sonnenaufgang, Proseminar, Drama
Arbeit zitieren
M.A. Jan Riepe (Autor:in), 2001, Zur Bewertung des Alfred Loth in Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38370

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