Die einführenden Zitate spiegeln die in den Medien zum jetzigen Zeitpunkt wie auch in den letzten Jahren intensiv diskutierten Fragen nach der Zielsetzung einer Aktiengesellschaft und den moralischen Ansprüchen an deren Management wider. Der aus den Vereinigten Staaten stammende Ansatz der exklusiven Anteilseignerorientierung – Shareholder Value-Maximierung – prägt dabei sowohl die wissenschaftliche als auch die sozialpolitische Diskussion maßgeblich und initiierte einen zum Teil tief greifenden Wandel der unternehmerischen Wirklichkeit in deutschen Unternehmen. Als eine operative Ausprägung der grundlegenden Idee der wertorientierten Unternehmensführung wird der Shareholder Value-Ansatz das Thema dieser Arbeit bilden. Die dabei zu klärenden Fragen lauten: Wo liegen die Wurzeln des Shareholder Value und weshalb rückt die Konzeption auch in Deutschland immer mehr in den Vordergrund strategischer Zielsetzungen? Welche Auswirkungen auf das Management sind dabei erkennbar? Kann die Idee ohne Weiteres auf den deutschen Kapitalmarkt übernommen werden, oder gibt es berechtigte Gegenargumente? Der Gang der Untersuchung stellt sich wie folgt dar: Zunächst wird in Kapitel 2 die historische Entstehung des Shareholder Value-Ansatzes sowie dessen formale Grundlage, die Berechnung des Shareholder Value mit Hilfe der Methode des Discounted Cash-Flow (DCF), dargestellt. In Kapitel 3 erfolgt eine kritische Würdigung des Ansatzes, beginnend mit der Frage nach den Auswirkungen der Implementierung auf das Zielsystem von Managern. Weiterhin wird das konträre Konzept der Stakeholder-Orientierung an dieser Stelle vorgestellt und letztlich auf den Einwand der kurzfristigen und einseitigen Interessenverfolgung eingegangen. Ziel der Arbeit ist es, einen Überblick über die Shareholder Value-Maximierung als Zielsetzung eines wertorientierten Managements zu geben und durch die Skizzierung der aktuellen Kritikansätze eine Grundlage für die weitere Diskussion zu bilden.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitende Motivation und Gang der Untersuchung
2 Entstehung und formaler Ansatz des Shareholder Value-Konzeptes
2.1 Entwicklung und Aktualität des Themas
2.2 Unzulänglichkeiten traditioneller Rechnungsgrößen
2.3 Grundidee und Zielvorgabe für das Management
2.4 Berechnung des Shareholder Value mit Hilfe der Discounted Cash-Flow-Methode
3 Kritische Würdigung des Shareholder Value-Konzeptes
3.1 Folgen der Implementierung des Shareholder Value-Konzepts auf das Management börsennotierter Unternehmen
3.2 Shareholder versus Stakeholder Value
3.3 Kurzfristiger Interessenmonismus bei der Zielsetzung
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungen
Abbildung 1: Verwendete Maßstäbe zur Beurteilung des Erfolgs
Abbildung 2: Das Shareholder Value-Netzwerk nach Rappaport
Abbildung 3: Implementierungsstand des Shareholder Value-Konzeptes
Tabellen
Tabelle 1: Grundlegende Ansätze des Shareholder Value-Managements
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitende Motivation und Gang der Untersuchung
„Wir fragen danach, welche Verzinsung ein Investor am Kapitalmarkt erwartet.
Damit haben wir eine Untergrenze für das, was in einem Segment verdient werden muss“
Bernd Menn, Direktor Bilanzen der Bayer AG[1]
"Shareholder Value ist ein Maßstab, aber kein Ziel."
Reinhard Mohn, Vorsitzender der Bertelsmann Stiftung und
Mitglied der Gründerfamilie Bertelsmann in fünfter Generation[2]
Die einführenden Zitate spiegeln die in den Medien zum jetzigen Zeitpunkt wie auch in den letzten Jahren intensiv diskutierten Fragen nach der Zielsetzung einer Aktiengesellschaft und den moralischen Ansprüchen an deren Management wider. Der aus den Vereinigten Staaten stammende Ansatz der exklusiven Anteilseigner-orientierung – Shareholder Value-Maximierung – prägt dabei sowohl die wissen-schaftliche als auch die sozialpolitische Diskussion maßgeblich und initiierte einen zum Teil tief greifenden Wandel der unternehmerischen Wirklichkeit in deutschen Unternehmen.[3] Als eine operative Ausprägung der grundlegenden Idee der wertorientierten Unternehmensführung wird der Shareholder Value-Ansatz das Thema dieser Arbeit bilden.
Die dabei zu klärenden Fragen lauten: Wo liegen die Wurzeln des Shareholder Value und weshalb rückt die Konzeption auch in Deutschland immer mehr in den Vordergrund strategischer Zielsetzungen? Welche Auswirkungen auf das Management sind dabei erkennbar? Kann die Idee ohne Weiteres auf den deutschen Kapitalmarkt übernommen werden, oder gibt es berechtigte Gegenargumente?
Der Gang der Untersuchung stellt sich wie folgt dar: Zunächst wird in Kapitel 2 die historische Entstehung des Shareholder Value-Ansatzes sowie dessen formale Grundlage, die Berechnung des Shareholder Value mit Hilfe der Methode des Discounted Cash-Flow (DCF), dargestellt. In Kapitel 3 erfolgt eine kritische Würdigung des Ansatzes, beginnend mit der Frage nach den Auswirkungen der Implementierung auf das Zielsystem von Managern. Weiterhin wird das konträre Konzept der Stakeholder-Orientierung an dieser Stelle vorgestellt und letztlich auf den Einwand der kurzfristigen und einseitigen Interessenverfolgung eingegangen.
Ziel der Arbeit ist es, einen Überblick über die Shareholder Value-Maximierung als Zielsetzung eines wertorientierten Managements zu geben und durch die Skizzierung der aktuellen Kritikansätze eine Grundlage für die weitere Diskussion zu bilden.
2 Entstehung und formaler Ansatz des Shareholder Value-Konzeptes
2.1 Entwicklung und Aktualität des Themas
Der Shareholder Value-Ansatz als solcher wird seit nunmehr über achtzehn Jahren – seit der Veröffentlichung eines Artikels im Harvard Business Review und des darauf folgenden Buches von Alfred Rappaport im Jahr 1986 – intensiv diskutiert.[4]
Die Ursprünge reichen jedoch deutlich weiter in die Geschichte der Vereinigten Staaten zurück: Während in Europa Unternehmer zu Beginn der Industrialisierung zur Finanzierung ihrer Geschäfte auf ein traditionsreiches Bankensystem zurückgreifen konnten, existierten in Amerika während der Kolonialisierung in weiten Teilen des Landes keine Geschäftsbanken, so dass Unternehmungen aus-schließlich mit Hilfe von privaten oder unternehmerischen Investoren errichten wurden. Auch heute finanzieren sich amerikanische Unternehmen im Wesentlichen über direkte Investoren sowie Risikokapital an den Börsen.[5] Dies äußert sich darin, dass diese Firmen weitaus spezifischer auf das spezielle Kommunikationsbedürfnis der Kapitalgeber (in Hinsicht auf die eher kurzfristige Generierung von Wert-beiträgen) eingehen, als es in Europa der Fall ist, wo in der Kommunikation traditionell mehr Wert auf die langfristige Sicherheit der Bankkredite gelegt wird.[6]
Ausgangspunkt für die Entstehung des „modernen“ Shareholder Value-Ansatzes waren jedoch die Misserfolge vieler Firmen nach feindlichen Übernahmen fremder Unternehmen in den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. In Konsequenz suchten an Übernahmen interessierte Firmen nach Möglichkeiten zur Eignungsprüfung potenzieller Akquisitionskandidaten und diese wiederum nach Möglichkeiten zur Reduktion ihrer gefährdenden Unterbewertung auf dem Aktienmarkt. Man fand eine (für beide Seiten praktikable) Lösung in der Idee des „Value Based-Planning“ und deren praktischer Umsetzung, der DCF-Methode.[7]
Das der Shareholder Value-Ansatz aktuell in Deutschland intensiv diskutiert wird, ist wiederum auf die stark wachsende Zahl an Aktiengesellschaften, eine hier zu Lande traditionell nicht vorherrschende Unternehmensform, seit der deutschen Wieder-vereinigung zurückzuführen. Auch die Anzahl der Unternehmensübernahmen stieg Mitte der Neunziger im Zuge vielfältiger Teilmarktkonsolidierungen stark an, so dass die Notwendigkeit aufkam, Unternehmen im Rahmen von Diversifikations-, Wachstums- oder Desinvestitionsstrategien zu bewerten. Hinzu kam die relativ zu
den vielfältigen Investitionsmöglichkeiten gestiegene Knappheit des Faktors Kapital und die daraus resultierende Marktmacht der Anbieter, welche den Druck auf die Manager erhöhte, potenziellen Investoren überzeugend darzulegen, dass der Wert ihrer Investition schon auf kurze Sicht steigen wird.[8]
2.2 Unzulänglichkeiten traditioneller Rechnungsgrößen
Zwar sind, wie Abbildung 1 aufzeigt, bei vielen deutschen Konzernen nach wie vor genau diejenigen bilanziell orientierten Steuerungsgrößen beliebt, gegen die Rappaport „mit seinem Buch Sturm gelaufen ist“[9], aber dennoch zog die Shareholder Value-Orientierung Grundlegende Konsequenzen für die Maßstäbe des Unternehmenserfolgs nach sich. So rücken seit Anfang der Neunziger neben den traditionellen Methoden der externen Bestimmung des Unternehmenswertes auch interne Kennzahlen zunehmen in den Blickpunkt der Manager.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Verwendete Maßstäbe zur Beurteilung des Erfolgs[10]
Rappaport geht in seinem Buch sehr detailliert auf die Schwächen der traditionellen Bilanzgrößen ein, und widerlegt den seiner Meinung nach „zwanghaften“ Glauben an deren Aussagegehalt. Für die vorliegende Arbeit ist jedoch eine zentrale Erkenntnis wichtiger: Alle traditionellen Methoden besitzen aus Sicht des Shareholder Value-Konzeptes eine gemeinsame methodische Schwäche – sie gehen nicht von den Forderungen der Kapitalgeber als objektivem Vergleichsmaßstab aus.[11] Darauf basierend und mit dem Hintergrundwissen aus dem vorherigen Abschnitt wird im anschließenden Kapitel 2.3 die ökonomische Grundposition und
in Kapitel 2.4 der formale Shareholder Value-Ansatz in der Ausprägung nach Rappaport diskutiert.
2.3 Grundidee und Zielvorgabe für das Management
Die ökonomische Grundposition des Shareholder Value-Ansatzes besagt, dass es das oberste Ziel des Managements sein müsse, Investitionsstrategien danach aus-zuwählen, dass sie möglichst hohe Wertbeiträge für die Aktionäre generierten. Der dabei im Mittelpunkt stehende Shareholder Value wird allgemein als der Marktwert des Eigenkapitals verstanden. Eine Maximierung des Shareholder Value entspricht somit der Maximierung des Kurswertes des Aktienvermögens der Gesellschafter, welcher sich wiederum als Gegenwartswert der Summe der zukünftig zu erwartenden Einnahmen ergibt. Da sich der gesamte ökonomische Wert einer Unternehmung jedoch aus den Werten des Fremdkapitals und des Eigenkapitals zusammensetzt, berechnet[12] sich der Shareholder Value als:[13]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Diese Grundposition wurde in vielfältigen Konzeptionen ausgearbeitet, die bekanntesten werden nachfolgend in Tabelle 1 kurz aufgelistet. Allen gemeinsam ist die Überlegung, dass der Eigenkapitalgeber (Aktionär) eine Investition auf Basis der Barwerte zukünftiger Zahlungen beurteilt. Für die weiteren Überlegungen erfolgt jedoch eine Konzentration auf die DCF-Methode nach Rappaport, da viele Konzepte auf diesem Grundgerüst aufbauen und auch in der Zielsetzung ähnlich sind.[14]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabelle 1: Grundlegende Ansätze des Shareholder Value-Managements[15]
2.4 Berechnung des Shareholder Value mit Hilfe der Discounted Cash-Flow-Methode
In diesem Kapitel wird der formale Ansatz zur Bestimmung des Shareholder Value nach Rappaport – die Discounted Cash-Flow-Methode – als ein mögliches Instrument der wertorientierten Unternehmensführung vorgestellt.
Ziel des DCF ist es grundsätzlich, eine Gesamtbewertung des Unternehmens anhand der Cash-Flows zu erstellen, denn da der Unternehmenswert die Basis zur Bestimmung des Shareholder Value bildet, ist dessen Bestimmung der zentrale Ansatzpunkt des Konzeptes. Für den Wert einer Unternehmung ist nach dem Shareholder Value-Konzept der Cash-Flow der aktuellen (oder vergangenen) Periode jedoch kein ausreichender Wertindikator. Entscheidend ist vielmehr, welche zukünftigen Cash-Flows zu erwarten sind. Aus diesem Grund werden diese für einen bestimmten Planungszeitraum (i.d.R. etwa fünf[16] Jahre) geschätzt und abgezinst.
Grundsätzlich kann man zwischen zwei DCF-Ansätze unterscheiden. Je nachdem, ob der an alle Kapitalgeber ausschüttbare Free Cash Flow (FCF) oder der nur an Stammaktionäre ausschüttbare Cash Flow to Equity im Mittelpunkt steht, unterscheidet man zwischen dem Entity - und Equity-Ansatz. Während der Entity-Ansatz – das Verfahren an welchem sich Rappaport orientiert und das im folgenden auch dargestellt wird – zunächst den Wert des gesamten Unternehmens bestimmt und anschließend der Wert des Fremdkapitals abzieht, wird er beim Equity-Ansatz direkt ermittelt.
[...]
[1] Entnommen aus Deutsch (1996), S. 87.
[2] Entnommen aus 4Managers (2004).
[3] Vgl. Puma (2002), S. 23.
[4] Vgl. Hansmann (2000), S. 5.
[5] Vgl. Schander/Lucas (1998), S. 76f.
[6] Vgl. Puma (2002), S. 26.
[7] Vgl. Ballwieser (1994), S. 1380.
[8] Vgl. Bühner (1993), S. 749.
[9] Ballwieser (2000), S. 160ff; sowie zum empirischen Befund: vgl. Hansmann (2000).
[10] Entnommen aus: Hansmann (2000), S. 16.
[11] Vgl. Rappaport (1999), S. 15ff.
[12] Eine genaue Berechnung ist wie bei jeder ex-ante-orientierten, von externen Variablen abhängigen
Größe nicht möglich, insofern wird im Folgenden auch von „Schätzung“ gesprochen.
[13] Vgl. Pfau (2001), S. 129.
[14] Vgl. Rappaport (1999), S. XIVIIIf.
[15] Eigene Darstellung, basierend auf Ballwieser (2000), S.160f ; Bühner (1993), S. 750f.
[16] In der Literatur schwanken die Zeitangaben zum Planungshorizont zwischen vier und sieben Jahren.
- Arbeit zitieren
- Dipl.-Kfm. Philipp Dominitzki (Autor:in), 2004, Shareholder Value-Maximierung als Zielsetzung des Managements, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38393
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