Die Modernisierung von Wahlkämpfen am Beispiel der SPD Bundestagswahlkampagnen 1998 und 2002


Diplomarbeit, 2003

90 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1) Einleitung

2) Typologie und Definition von Wahlkampf

3) Forschungsstand

4) Modernisierung und/oder Amerikanisierung von Wahlkämpfen
4.1) Was bedeutet Amerikanisierung von Wahlkämpfen?
4.2) rukturunterschiede zwischen Deutschland und den U
4.3) Die kulturellen Unterschiede

5) Elemente der Modernisierung

6) Rückblick auf die Bundestagswahlen 1998 und 2002
6.1) Bundestagswahl 1998 - Wer zu spät geht, den bestraft der Wähler
6.2) Bundestagswahl 2002 - Mit einem blauen und grünen Auge davon gekommen

7) Personalisierung von Wahlkampf
7.1) Definition von Personalisierung
7.2) Wer personalisiert und warum?
7.2.1) Personalisierung der Wahlkampfführung
7.2.2) Personalisierung der Medienberichterstattung
7.2.3) Personalisierung der Wählerschaft
7.3) Personalisierung im D-Wahlkampf 1998
7.4) Personalisierung im D-Wahlkampf 2002
7.5) Fazit des Kapitels

8) Professionalisierung von Wahlkampf
8.1) Definition und Untersuchungsgegenstand
8.2) Der Wahlkampf 1998
8.2.1) Interne rukturen und Instrumente
8.2.2) Externe rukturen und Instrumente
8.2.3) Fazit der Kampagne 1998
8.3) Der Wahlkampf 2002
8.3.1) Interne rukturen und Instrumente
8.3.2) Externe rukturen und Instrumente
8.3.3) Fazit der Kampagne 2002
8.4) Fazit des Kapitels

9) Mediatisierung von Wahlkampf
9.1) Definition und Untersuchungsgegenstand
9.2) Der Wahlkampf 1998
9.3) Der Wahlkampf 2002
9.4) Fazit des Kapitels

10) Entideologisierung von Wahlkampf
10.1) Definition und Untersuchungsgegenstand
10.2) Der Wahlkampf 1998
10.3) Der Wahlkampf 2002
10.4) Fazit des Kapitels

11) Fazit und Ausblick

12) Literatur

13) Übersicht der Interviewpartner

Die Modernisierung von Wahlkämpfen am Beispiel der SPD-Bundestagswahl- kampagnen 1998 und 2002

1) Einleitung

Die SPD hatte am 27. September 1998 einen fulminanten Wahlsieg errungen. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik war es gelungen, eine amtierende Regierung und damit Helmut Kohl, den ‚ewigen‘ Kanzler abzuwählen. 16 Jahre und fünf Bundestagswahlen hatte es gedauert, vier sozialdemokratische Kanzlerkandi- daten vor Gerhard Schröder wurden von Kohl und der Union (teilweise) dramatisch geschlagen.

Schoppe (2001: 47) bilanziert die historischen Veränderungen durch die Wahl.

„Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik ist es der Opposition gelun- gen,über eine Wahl einen Regierungswechsel herbeizuführen, erst zum zweiten Mal ist die SPD bei einer Bundestagswahl stärkste politische Kraft geworden. Bei dieser Wahl wurden die Konservativen so klar wie nie zuvor distanziert, die politische Land- karte hat sich dramatisch verändert: Die SPD hat der CDU/CSU 109 Wahlkreise ab- genommen, die SPD hat nun die klare Mehrheit im Bundestag und alle führenden po- litischen Funktionen inne.“

Vier Jahre später gelang es der Koalition trotz denkbar schlechter äußerer Voraussetzungen die Regierung zu verteidigen, wenn auch äußerst knapp. Die Bedeutung der externen Ereignisse Hochwasser und Irak, die die politische Agenda völlig veränderten, kann dabei kaum überschätzt werden.

Beiden Wahlen, insbesondere 1998, gingen seitens der SPD Wahlkämpfe vor- aus, die die Bundesrepublik vorher so nicht erlebt hatte. Die langfristige Anlage der Wahlkämpfe, eine für die SPD nicht selbstverständliche Kampagnendisziplin, kom- plexe interne Organisation, lange nicht erlebte Konzentration auf den Spitzenkandi- daten, der im Stile eines Markenartikels inszenierte Auftritt und das Spiel mit den Me- dien bedeuteten für die Partei einen Sprung in Sachen Kampagnenentwicklung.

Besonders in der Analyse der Wahl von 1998 wurde in Wissenschaft und Pu- blizistik so viel wie nie zuvor über Wahlkämpfe geschrieben. Die Rede war von mo- dernen, modernisierten, amerikanisierten oder sogar globalisierten Kampagnen (Machnig 1999, Cerece 2003, Oberreuter 2002, Plasser;Plasser 2003). Wahrschein- lich erstmals in der deutschen Wahlgeschichte war die Kampagne an sich so oft Thema der Analyse. (Rettich;Schatz 1999, Noelle-Neumann;Donsbach;Kepplinger 1999) Mit zeitlichem Abstand und nüchterner Analyse drängt sich jedoch die Frage auf, inwieweit es sich wirklich um eine Fortentwicklung von Kampagnentechniken handelt bzw. ob von Wissenschaft und Politik nur ‚alter Wein in neuen Schläuchen‘ angeboten wurde.

Ziel dieser Untersuchung ist es, herauszuarbeiten, worin die Modernisierungsaspekte von Wahlkämpfen bestehen und wie sie sich an den ausgewählten Beispielen zeigen. Die Analyse orientiert sich dabei an der breit geführten wissenschaftlichen Debatte zum Thema Modernisierung vs. Amerikanisierung von Wahlkämpfen bzw. politischer Kommunikation.

Die Untersuchung folgt der Typologie von Niedermayer (2000), der die Debat- te der letzten Jahre (u. a. Pfetsch;Schmitt Beck 1994, Radunski 1996, Pfetsch 1999, Oberreuter 1999, 2002, Plasser 2000) mit den strukturellen Elementen Professionali- sierung, Mediatisierung und Personalisierung um den Aspekt der Entideologisierung erweitert hat.

Im folgenden Abschnitt erfolgen Begriffsklärung von Wahlkampf und seiner Elemente sowie ein Abriss zum Forschungsstandes. Die Diskussion zur Unterscheidung von Modernisierung und Amerikanisierung vervollständigt den theoretischen Teil der Arbeit.

Der empirische zweite Teil wird durch einen Rückblick auf die Wahlen von 1998 und 2002 eingeleitet. Im Anschluss erfolgt die Analyse der einzelnen Aspekte. In Anlehnung an Bethscheider (1987) wurde dafür ein funktionalistischer Ansatz ge- wählt, der zeitgeschichtlich-deskriptive und faktorenspezifische Analyse verknüpft.

Ob und wie sich Wahlkämpfe auf das Wahlergebnis niederschlagen, ist wis- senschaftlich nicht meßbar.1 Albrecht Müller (1997: 188), ehemaliger Wahlkampfma- nager, legt die einzige Prognose in der Literatur vor:„Ein guter Wahlkampf kann 3 Prozent bringen, ein schlechter kann 3 Prozent kosten. Diese Spanne von 6 Prozent lohnt in jedem Fall die Mühe und das Geld, die es kostet einen guten Wahlkampf zu machen. Diese Spanne ist in der Regel der Unterschied zwischen Sieg und Niederla- ge.“Als Faustregel gilt, dass gute Wahlkämpfe politisieren können. Durch die Kam- pagne können bestehende Einstellungen aktiviert und verstärkt, nicht jedoch umge- kehrt werden.

Da Einstellungen zu den Parteien sich normalerweise nicht in den sechs Wo- chen verändern, ist es für die umfassende Analyse notwendig, die parlamentarischen vor allem innerparteilichen Ereignisse des Untersuchungszeitraumes angemessen zu berücksichtigen. (u. a. Rücktritt Lafontaines, Schröder-Blair-Papier, Netzwerk-Partei)

Die Quellenlage zum Thema ist überaus vielschichtig. Neben den amtlichen Quellen (Bundeswahlleiter, Rechenschaftsberichte) wird auf die wissenschaftliche Li- teratur, die Presselage (im angemessenen Umfang), das Internet (das 1998 erstmals und 2002 eine wesentliche Bedeutung im Wahlkampf gespielt) und die Parteimateria- lien zurückgegriffen. Um die Arbeit abzurunden, wurden im Vorfeld standardisierte In- terviews geführt2. Die Auswahl der Befragten stellt den Versuch dar, Wahlkampfstra- tegen, hauptamtliche Parteimitarbeiter und Journalisten gleichermaßen zu berück- sichtigen, um den unterschiedlichen Perspektiven gerecht zu werden.

2) Typologie und Definition von Wahlkampf

„Wahlkampf ist die Gesamtheit aller denkbaren Möglichkeiten in der politischen Kommunikation. Wahlkampf stellt für die Wahlkämpfer eine Möglichkeit dar, Kommunikation zu lernen.“3

Der folgende Abschnitt soll den Forschungsgegenstand abgrenzen. Definitio- nen zum Thema Wahlkampf sind zahlreich und stehen vor der gleichen Herausforde- rung, jeweils einmalige Ereignisse die aus gemeinsamen Bestandteilen bestehen, zu beschreiben.

Im Kern sind alle Definitionen ähnlich: Wahlkämpfe sind programmatische, po- litische, (massenmediale) Auseinandersetzungen von Personen und Parteien im Um- feld von Wahlen mit den Zielen der Politisierung und Stimmenmaximierung. Wahl- kämpfe bestehen jeweils aus einer Art flexiblem ‚Modulsystem‘, dessen Bestandteile je nach verfügbaren Ressourcen, Bedeutung der Wahl und Persönlichkeit des Spit- zenkandidaten zusammengestellt werden. Insofern ist die umfassende Definition von Radunski auch heute noch gültig.„Wahlkampf ist eine Auseinandersetzung der Par- teien um Zustimmung zu Programmen und Personen. Die politische Kommunikation der modernen Wahlkampfführung umfaßt sowohl die Ziele als auch die Mittel des Wahlkampfs. Der entscheidende konzeptionelle Zug politischer Kommunikation be- steht darin, daßdie politischen Ziele nicht von den kommunikativen Methoden zu trennen sind. So ist die politische Kommunikation eine Bemühung um den Wähler auf vielen Ebenen: In den Massenmedien, im persönlichen Bereich und im organisierten und nichtorganisierten vorpolitischen Raum. Die politische Kommunikation ist eine Mischung aus Informationen und Emotionen, die sich im politischen Bereich kaum trennen lassen. Die politischeKommunikation der modernen Wahlkampfführung ist auch nicht auf irgendwelche Medienbegrenzt, sie ist vielmehr multimedial. Sie kom- biniert politische und kommunikative Elemente zu Strategien: Zu Personalisierungs-, Mobilisierungs-, Zielgruppen,- oder Thematisierungsstrategien. Je nach Ziel der Kampagne können Themen, Personen, bestimmte Gruppen, die Mitglieder der Partei, aber auch bestimmte Medien die Strategie politischer Kommunikation aus- machen.“(Radunski 1980: 11f.)

Im Hinblick auf die fortschreitende Individualisierung der Gesellschaft, die Ero- sion der Bindungskraft großer Organisationen sowie die gewachsene Bedeutung massenmedial verbreiteter politischer Botschaften, die gewachsene Medienland- schaft und die zunehmende Beschleunigung der Nachrichtenzyklen sollte die Defini- tion um Grafe (1994: 7)erweitert werden.„Wahlkampf ist politische Kommunikation, Richtungsentscheidung, Medienereignis und Kulturkampf. Seine Grundlagen sind Leistungsbilanz, Realitätsdeutung und Personalisierung. Der aktuelle Wettbewerb um Wähler und Profil ist eingerahmt von gesellschaftlichem Wandel und Parteienkrise, wird in einer Epoche drastischer Ungleichzeitigkeiten veranstaltet, mußden Abstand zwischen elektronischen Medien und traditioneller Politik, zwischen neuer Informa- tionstechnologie und den Zerfall der gewohnten Ordnungüberbrücken“.

3) Forschungsstand

„Jede Wahl ist ein Unikat.“Der Franz Müntefering zugeschriebene Satz (Helle 2003: 33) kennzeichnet die Herausforderung der wissenschaftlichen Auseinander- setzung mit dem Thema Wahlkampf. Der Analyse als vergleichender Suche nach Gemeinsamkeiten und folgender Theoriebildung sind Grenzen gesetzt, da Wahl- kämpfe immer einmalige Kommunikationsereignisse vor spezifischem Hintergrund bleiben, die nicht beliebig reproduzierbar sind. Die Konsequenzen daraus beschreibt Alemann (2000: 49) zutreffend, wenn er bemerkt, dass die politikwissenschaftlichen Bibliotheken voll sind von Parteien- und Wahlforschung.„Aberüber die Schnittfläche beider, also den Wahlkampf gibt es nur wenig von Praktikern und kaum generelle Überblicke von Wissenschaftlern, sondern nur eine Reihe von Spezialstudien.“

Deutschsprachige Gesamtdarstellungen zum Wahlkampf sind im Unterschied zur angelsächsischen Literatur (exempl. Newman 1994, Kavanagh 1995, Farrell 1996, Maarek 1996, Swanson;Mancini 1996) selten, älter und stammen mit Ausnah- me von Strohmeier (2002) und Hetterichs Langzeituntersuchung (2000) von Prakti- kern des Wahlkampfes (Radunski 1980, Wolf 1980, Wolf 1985, Grafe 1994, Steinsei- fer-Pabst/Wolf 1994).

Eine zweite Kategorie bilden die Analysen einzelner Wahlen bzw. der Kam- pagnen. Die detaillierteste Gesamtanalyse des Wahlkampfs 1998 hat Bergmann (2002) vorgelegt. Sammelbände von Holtz-Bacha (1999) und Kaase;Klingemann (2000) decken die wesentlichen Themen der Kampagne ab. Müller (1999) bietet ei- nen Überblick über die Wahlkampfaktivitäten aller Parteien. Den Wahlkampf der SPD untersuchen Webel (1999), Timm (1999), Braunthal (2000), Jun (2001) sowie die SPD-Mitarbeiter Ristau (1998, 2000), Schoppe (2001) und Machnig (1999). Für den Wahlkampf 2002 stehen ähnlich umfangreiche Analysen derzeit noch aus. Erste Analysen für den gesamten Wahlkampf wie für die SPD-Kampagne bieten Cecere (2003), Fengler;Jun (2003), Holtz-Bacha (2003) und das Sonderheft des For-schungsjournals NSB zur Bundestagswahl (2003).4

Die wissenschaftliche Literatur zu allen Teilbereichen des Wahlkampfes ist seit der Bundestagswahl 1998 überaus reichhaltig. Traditionell bilden Wahlanalysen einen Schwerpunkt der politikwissenschaftlichen Forschung, so auch zur Wahl 1998 (Stöss;Neugebauer 1998, Feist;Hoffmann 1999, Veen 1999, Pickel;Walz;Brunner 2000, Conradt 2000, Roth 2001, Oberreuter 2001) und 2002 (Bundeswahlleiter 2002, Stöss;Neugebauer 2002, Graf;Neu 2002, Infratest dimap 2002, Roth 2002). Auch die Nachwahlstudien 1998 und 2002 der Öffentlichkeit zugänglich.5

Neben den Wahlanalysen stehen Aspekte von Wahlkämpfen im Fokus der Forschung. Vielfach untersucht wird die Frage nach dem Einfluss der Massenmedien (u. a. Sarcinelli 1998, Brettschneider 1998, Müller 1999, Noelle-Neumann;Kepplin- ger;Donsbach 1999, Himmler 2001, Meyer, 2001, Dörner 2001, Kepplinger;Maurer 2002 und Holtz-Bacha 2002). International vergleichende Untersuchungen (Römmele 2002a, 2002b, Brunner 2000ff, Plasser;Plasser 2003) gehen der Frage nach, ob sich Kampagnen weiter angleichen. Untersuchungen zu Personalisierungsstrategien (Brettschneider 2002), dem Einfluss der Demoskopie (Grafe 1994: 93ff., Gallus;Lühe 1998, Brettschneider 2000) oder zur gewachsenen Bedeutung des Internets für die Kampagne (Kühlen 1998, Gellner;Korff 1998, Buchstein; Neymanns 2002, Boelter;Cecere 2003, Gellner;Strohmeier 2002) prägen das Bild.

Eine dritte große Gruppe der Literatur ist in der Nähe der Parteien anzusie-deln. Dazu zählen Wahlkampfmaterialien, programmatische Aussagen oder interne Analysen. Auch praktische Anleitungen zur Wahlkampfführung nicht nur von den Par-teien (Kampa 02 2002a, Schwertel 2001, Altendorfer;Wiedemann;Mayer 2000), lie-gen vor. Althaus (2001, 2003) hat in den letzten Jahren den Typus Wahlkampfhand-buch nach angelsächsischem Vorbild (Newman 1999) am deutschen Markt einge-führt. Auch die Publikationen der hauptamtlichen Wahlkampfmitarbeiter (Schoppe 2001), Machnig (1999), Thörmer (2000), Ristau (2002), Cecere (2003) und Spitzen-politiker Schröder (1994), Schröder (1998), Schröder;Lafontaine (1998) der Parteien gehören in die letztere Kategorie.6 Die (auto)biographische Literatur ihrer Repräsen-tanten Gerhard Schröder, (Anda/Kleine 1996, Herres;Waller 1998,1999, Krause-Bur- ger 2000, Urschel 2002, Hogrefe 2002), Oskar Lafontaine (Filmer;Schwan 1990, mit Einschränkungen Filc 1999, Lafontaine 1999), bzw. Helmut Kohl (Dreher 1998) und Edmund Stoiber (Kabermann;Stoiber 2002, Stiller 2002, Köpf 2002 bietet ebenso Ansätze zum Verständnis, wie Arbeiten zur Geschichte der SPD (Heimann 2002, Walter 2002, Potthoff;Miller 2002) in den letzten vier Jahren.

4) Modernisierung und/oder Amerikanisierung von Wahlkämpfen

Über die veränderte Form der Wahlkampfführung in Deutschland und Europa wurde in der Wissenschaft vorrangig in den neunziger Jahren eine breite Debatte ge- führt. Ziel war die Klärung der Frage, welche politischen, gesellschaftlichen, institutio- nellen und medialen Veränderungen die Wandlungen des Wahlkampfmanagements bzw. der -kommunikation verursacht haben, die als Amerikanisierung, Modernisie- rung oder gelegentlich Globalisierung von Wahlkampf bezeichnet werden.

Um es vorwegzunehmen, in Deutschland scheint die Debatte entschieden. Der Begriff der Modernisierung (im Unterschied zu Amerikanisierung) hat sich als treffende Beschreibung der Veränderung von Wahlkampf durchgesetzt. Nur in Ein- zelfällen (Oberreuter 1998, 2002) wird noch - eher prozessorientiert - von Amerikani- sierung gesprochen. Der überwiegenden Teil der neueren Forschung (Pfetsch 2001), (Strohmeier 2001), (Falter; Römmele 2002), (Geisler; Sarcinelli 2002: 49f), (Sarcinel- li; Geisler 2002), (Kreuter 2002), (Althaus 2003: 14ff) unterscheidet auf Grund der im nächsten Abschnitt thematisierten strukturellen Unterschiede in Modernisierung und Amerikanisierung.7 Auch Peter Radunski, einst Mitbegründer der Amerikanisierungs- these in Deutschland (1983, 1996) ist inzwischen nicht mehr auf den Terminus fest- gelegt.8

4.1) Was bedeutet Amerikanisierung von Wahlkämpfen?

Nach Schulz (1997: 186ff.) weist der Terminus Amerikanisierung darauf hin, dass die Kampagnen Züge annehmen, wie sie für die Wahlkämpfe in den USA ty- pisch sind. Dazu zählen die Merkmale der Personalisierung, Wahlkampf als Kandida- ten-Wettstreit (horse-race), Angriffswahlkampf (negative und dirty campaigning), Pro- fessionalisierung der Kampagnenführung, Marketing-Ansatz (folgt in der Anlage kom- merziellen Werbekampagnen) sowie Ereignis- und Themenmanagement (möglichst große Medienresonanz durch inszenierte Themen und Veranstaltungen). Plasser (2000: 49) weist zurecht darauf hin, dass in europäischen Kampagnen einzelne Ele- mente der veränderten Kampagnenführung beobachtet werden können.„[Aber]rei- chen Beobachtungen, dass auch in Westeuropa Wahlkämpfe primär im Fernsehen ausgetragen werden, die Spitzenkandidaten im Mittelpunkt des Wahlkampfgesche- hens stehen und konsequenterweise die Wahlkampfberichterstattung stark perso- nenbezogen ist, aus, um von einer Amerikanisierung zu sprechen?“ Die Debatte wird für Plasser von zwei Standpunkten aus geführt, für die Verfechter der diffusionstheo- retischen Sicht liegt Amerikanisierung von Wahlkampfkommunikation nur vor, wenn ein gerichtet (einseitiger) Konvergenz- und Diffusionsprozess an die zentrale kommu- nikative Prozesslogik der USA abläuft. Die Vertreter der modernisierungstheoreti- schen Sichtweise verstehen Amerikanisierung als Konsequenz eines anhaltenden Strukturwandels in den Subsystemen Politik, Gesellschaft und Mediensystem. Trans- formationen streben dabei nicht dem Vorbild USA nach, sondern folgen einem (nicht nur) in den USA bereits durchlaufenen Prozess.

Donges (2000: 37) erweitert das Modell um den Globalisierungs- oder Stan- dardisierungsansatz, der davon ausgeht,„dass es einen symmetrischen und freien Austausch von Werten, Normen und Praktiken zwischen verschiedenen Kulturen gibt. Demnach orientieren sich Akteure innerhalb eines Landes an den Wahlkampf- praktiken anderer Länder, auch an denen der USA, undübernehmen vereinzelt an- dere Praktiken. Dabei findet jedoch keine hierarchischeÜber- bzw. Unterordnung statt, wie sie schon der Begriff der Amerikanisierung konnotiert.“9 Aus der gleichen Position argumentiert Krause (1998: 16ff):„Alle unter dem Rubrum der Amerikanisierung verorteten Prozesse[sind]in letzter Konsequenz eine Reaktion aufähnliche strukturelle Herausforderungen, mit denen sich alle liberalen Repräsentativdemokratien in der einen oder anderen Form konfrontiert sehen.“Insbesondere im Hinblick auf die strukturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den USA macht es Sinn, die Amerikanisierungsthese differenziert zu betrachten.

4.2) Strukturunterschiede zwischen Deutschland und den USA

„Das US-amerikanische Modell einer Mediendemokratie galt lange Zeit als Rollenmodell des Wandels in modernen westlichen Demokratien. Erst in den neun- ziger Jahren begannen vor allem europäische Forscher zu fragen, ob die US-ameri- kanische Mediendemokratie tatsächlich ein generalisierbares Entwicklungsmodell darstellt. Zweifel wurden laut, weil die politischen Institutionen und politischen Kultu- ren einerseits sowie das Mediensystem und die Kultur des Journalismus andererseits in unterschiedlichen Ländern beträchtlich variieren.“(Pfetsch 2001: 28) Die von ver- schiedenen Autoren (Swanson 1992, Pfetsch;Schmitt-Beck 1994, Negrine;Papatha- nassopulos 1996, Farrell 1996, Plasser 2000) thematisierten strukturellen Unterschi- ede im politischen und medialen System machen es sinnvoll, von Wahlkampfmoder- nisierung zu sprechen.

Den markanten Unterschied zwischen den USA und der BRD bildet das präsi- dentielle Regierungssystem im Vergleich zum repräsentativen deutschen Parlamen- tarismus. Der Präsident, in einem zweistufigen System von den Wahlmännern der Bundesstaaten gewählt, ist von den Kammern weniger abhängig als der deutsche Regierungschef, der aus der Mitte des Bundestages heraus gewählt wird. Anders als in den USA werden die Kanzlerkandidaten nicht in Vorwahlen (primaries) bestimmt.10 Die Wahlbeteiligung in Deutschland ist traditionell höher (1998: 82,2 Prozent, 2002: 79,1 Prozent) als in den USA (1996: 49 Prozent, 2000: 51 Prozent), (Friedrich 2000: 85ff, Brettschneider 2002: 30). Gründe dafür sind der zweistufige Wahlvorgang (Re- gistrierung und Wahl) und die Tatsache, dass es keine ordentlichen Parteimitglied- schaften mit Rechten und Pflichten gibt, daher die Bindung an Parteien noch geringer ist, als in Deutschland. Ein wesentlicher Unterschied zwischen den politischen Syste- men besteht in der staatlichen Parteien- und Wahlkampffinanzierung in Deutschland. (Deutscher Bundestag 1999)

Das deutsche politische System kennzeichnet sich durch die verhältnismäßig starke Rolle der Parteien im Mehrparteiensystem. Diese Stärke manifestiert sich im Unterschied zu den USA (Wasser 1998: 305-339) in programmatischer Arbeit (Falter;Römmele 2002), breiter Mitgliederbasis und -finanzierung, Wahlrecht bei der Kandidatenrekrutierung und aktiver Mitarbeit im Wahlkampf. Ein Kanzlerkandidat ohne Parteibiographie in Deutschland undenkbar.11 Römmele (2000: 343f) stellt daher in einer aktuellen Untersuchung fest:„Eine Amerikanisierung europäischer Parteien lässt sich jedoch nicht beobachten - zu unterschiedlich sind die strukturellen Voraussetzungen der politischen Kommunikation für die zentralen Akteure. Die momentan auszumachende Entwicklung lässt sich eher als eine gewisse Angleichung der Parteistrukturen an das amerikanische Muster festmachen.“

Das mediale System der USA kennt im Unterschied zum bundesdeutschen keine parallele Existenz von öffentlich-rechtlichen und privaten Medien. In Deutschland können nur in den Privatmedien zusätzliche Schaltungen zur Wahlwerbung gekauft werden, die limitierten Sendeplätze im öffentlich-rechtlichen Rundfunk werden nach einem Schlüssel zur kostenfreien Wahlwerbung vergeben.

Die Konsequenzen eines rein kommerziellen Mediensystems zeigt Pfetsch (2001: 30) auf.„Der Zusammenhang zwischen dem Ausmaßder Kommerzialisierung Hintergrundgespräches für diese Arbeit am 5. Februar 2003 von Besuchen amerikanischer Wahlkämpfer im Bundestagswahlkampf 1969. Als aktuelle Darstellung zum Thema vgl. Althaus (2003: 14ff.)

der Medien und den Stilen der Informationspolitik ist darin zu sehen, dass bei zuneh- mendem wirtschaftlichen Wettbewerb zwischen den Medien die Kosten der Informationsbeschaffung so niedrig wie möglich gehalten werden müssen. Dies aber macht die Medien empfänglich für die bereits nach Nachrichtenwerten und Medienlogiken zugeschnittenen Botschaften der politischen PR.“

Die wesentlichen Strukturunterschiede sind in Tabelle 1 zusammengefasst.

Tabelle 1: Strukturunterschiede zwischen Deutschland und den USA

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Pfetsch (2000: 14)

4.3) Die kulturellen Unterschiede

Mit dem Begriff der Amerikanisierung ist in Deutschland gelegentlich auch eine zweite kulturelle Bedeutungsebene verknüpft. (Gassert 2000) Dahinter stand seit An- fang des 20. Jahrhunderts die Annahme„einerÜberschwemmung Deutschlands durch Waren und Leitbilder aus den USA, die zwar technologisch und hinsichtlich des allgemeinen zivilisatorischen Standards in der Weltüberlegen, als seelenlose, pure Erwerbsgesellschaft aber der europäischen und speziell der deutschen Kultur unterlegen seien.“(Schildt 2000: 3) Im Zusammenhang mit der kulturelle Ebene wird der Begriff selten neutral, meist mit negativem Beigeschmack im Sinne eines einseiti- gen Transfers, einer Eroberung, gelegentlich sogar eines kulturellen Imperialismus genutzt12.„Es ist eine allgemeineÜberzeugung, dass Modernisierung und Amerikani- sierung identisch seien, am Beispiel der Geschichte der alten Bundesrepublik kann man beobachten, dass mit einer Verzögerung von etwa zehn, wahrscheinlich sogar weniger Jahren, findet in Europa und in Deutschland das statt, was uns die Amerika- ner vorexerziert haben. Das gilt vor allem für die Konsumkultur, aber auch für andere Bereiche der Kultur. Diese Amerikanisierung findet statt, als Bezeichnung enthält sie einen kritischen Gehalt, sie ist nicht neutral, weil Amerikanisierung von eine Menge Menschen als etwas zwiespältiges empfunden wird.“13 Was für den Bereich der All- tagskultur wie Film, Kino oder Musik (exempl. Westphal;Arendt 1995: 295) sicherlich gilt, trifft für den spezifischen Bereich der politischen Kultur nicht oder nur einge- schränkt zu Vor allem im Bereich der politischen Kultur werden Transfers im Sinne einer einseitigen Übernahme amerikanischer Verhaltensweisen impliziert, die es zu- mindest im Bereich der Wahlkämpfe nicht gibt. Bezogen auf den Untersuchungsge- genstand existieren in Deutschland keine ‚primaries‘. ‚Dirty campaigning‘, findet bei aller Zuspitzung und Polarisierung im deutschen Wahlkampf normalerweise nicht statt. Es fehlt an einer kommerziellen Beratungsbranche, die die komplette Kampag- ne organisiert (‚to package the candidate‘) und unabhängig arbeitet. Auf Grund der strukturellen Unterschiede im Medien- und politischem System und der nur kurz angerissenen Ebene des kulturellen Transfers, der mit dem Begriff der Amerikanisierung einhergeht, erscheint der Modernisierungsbegriff für den Kon-text der Arbeit zutreffend14, da zwar amerikanische Techniken und Know-how im deutschen Wahlkampf Anwendung finden, andererseits eigene politische, mediale und kulturelle Strukturen in Deutschland existieren.15

5) Elemente der Modernisierung

Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die Begriffsauswahl und Begrün- dung erfolgte, werden im folgenden Kapitel die Elemente der Wahlkampfmodernisierung kurz dargestellt. Eine vertiefende theoretische Betrachtung und Operationalisierung erfolgt im empirischen Abschnitt der Arbeit.

Die Debatte zur Wahlkampfmodernisierung ist neben den Elementen Profes- sionalisierung, Mediatisierung und Personalisierung (exempl. Falter 1998) um die Ebene der Entideologisierung (Schulz 1997,1998, Niedermayer 2000) erweitert worden. Die Darstellung folgt dabei den Typologien von Radunski (1980), Schulz (1998) sowie dem umfangreichen Katalog von Müller (1999), unabhängig davon, ob die Autoren den Terminus Amerikanisierung oder Modernisierung präferieren.

Bereits 1980 formulierte Radunski vier vordergründige Kriterien zur Erfassung amerikanisierter Wahlkämpfe:„1. Der Kandidat ist wichtiger als die Partei. 2. Die Wahlkampfführung wird von professionellen Spezialisten gesteuert. 3. Der Wahl- kampagne liegen umfangreiche Studien und Umfragen zu Grunde. 4. Der Wahlkampf wird elektronisch geführt: Mit Fernsehen, Hörfunk und Computer."(Radunski 1980: 151) Mitte der neunziger Jahre ergänzte er diesen Katalog um die Organisation der direkten Wähleransprache durch Briefe, Telefon und ehrenamtliche Helfer sowie die Führung eines Angriffswahlkampfs (Radunski 1996: 43ff).

Für Schulz ist die Modernisierung von Kampagnen vor allem durch die Ele- mente Professionalisierung und Entideologisierung gekennzeichnet.„Zur Professio- nalisierung gehört,daßdie Aufgaben engagierter Parteisoldaten von Experten für die Diagnose und Steuerung deröffentlichen Meinung wie Meinungsforscher, Medienbe- rater, Werbe- und Public-Relations-Agenturenübernommen werden. Sie wenden Me- thoden und Erkenntnisse der Kommunikationswissenschaft und des Marketings an und stützen sich dabei auf die Erfahrungen im Kommunikationsmanagement für Wirt- schaftsunternehmen und Markenartikel.“(Schulz 1998: 378.)„Zur Entideologisierung gehört, daßdie Parteien statt eines scharfen weltanschaulichen und programmati- schen Profils positive‚Produkteigenschaften‘und universale Kompetenz herausstel- len. Wichtiger[als die Orientierung an gesellschaftlichen Konfliktlinien]ist es, die Be- dürfnisse einer breiten Mehrheit von politisch und ideologisch nicht besonders enga- gierten Wählern zu berücksichtigen. Zur Entideologisierung gehört auch die Persona- lisierung der Kampagne. Prominente Spitzenkandidaten verkörpern das Programm der Partei oder ersetzen es gar.[...]Die werblichen Maßnahmen und das medien- wirksame Ereignismanagement sind auf den Transport des Kandidatenimages abgestellt.“(Schulz 1998: 378)

Den umfangreichsten Merkmalskatalog legt Müller vor, als Kennzeichen der Amerikanisierung16 Inszenierung (d. h. Inhalte lösen sich zunehmend in der Form der Darstellung und im theatralen Auftritt auf), Personalisierung (Personenzentrierung und Auftritte in Unterhaltungssendungen verdrängen Inhalte), Emotionalisierung (be- stimmt die politische Darstellung und prägt Wahlkämpfe), Professionalisierung sowie Entideologisierung von Politik wertet. Geschicktes Ereignis-, Themen-, Message- und Konfliktmanagement, negative campaigning, Medienarbeit und spin doctoring werden entscheidend für das Ergebnis. Die zentrale Bedeutung des Fernsehwahlkampfes und die Metakommunikation der eigenen Kampagne komplettieren den Katalog. (Müller 1999: 40)

Zusammenfassend lassen sich die Elemente der Modernisierung nach Stroh- meier (2001) unter fünf Kategorien subsumieren: Professionalisierung & Kommerzial- isierung, Medienwahlkampf & Mediatisierungsstrategien, Angriffswahlkampf & Emo- tionalisierung, Umfrageorientierung & Entideologisierung, Personalisierung & Kandi- datenzentrierung.

6) Rückblick auf die Bundestagswahlen 1998 und 2002

Der folgende Abschnitt bildet die Einleitung in den empirisch-analytischen Teil der Arbeit. Ein kurzer Rückblick auf die Bundestagswahlen 1998 und 2002 stellt Er- gebnisse, Themen, bestimmende Ereignisse und handelnde Personen dar, bevor im zweiten Teil Analyse und Vergleich der einzelnen Wahlkampfelemente erfolgen.

6.1) Bundestagswahl 1998 - Wer zu spät geht, den bestraft der Wähler

„Historisch ohne17 Parallele ist der Wahlausgang der Bundestagswahl 1998:

Erstmalig fand auf Bonner Bühne ein Machtwechsel durch Wahlen statt. Die Koalition aus CDU/CSU und FDP erhielt nach sechzehn Amtsjahren eine für viele unerwartet klare Absage und im Gegenzug wurden SPD und Grüne mit einerüberraschend gro-ßen Regierungsmehrheit ausgestattet.“(Feist;Hoffmann 1999: 215) Das Ergebnis der Wahl stellte in mehrfacher Hinsicht ein Novum in der Geschichte der Bundesrepublik dar. Nicht nur der komplette Regierungswechsel durch das Wahlergebnis ist einma- lig: die Grünen wurden Regierungspartei (Schmitt-Beck 1998) und die PDS war erst- mals in Fraktionsstärke im Bundestag vertreten. (Stöss; Neugebauer 1998: 37ff.) Die Union erreichte nur das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung (Jox; Schmid 2002) und die FDP mußte zum ersten Mal seit 1969 den Gang in die Oppo- sition antreten. (Susanne Pickel 2000) Vereinzelt wurde daher aus dem Wahlergebnis der politisch-kulturelle Wendepunkt des Parteiensystems weg vom bürgerlichen in das links-liberale Lager konstatiert. (Veen 1999, 2000)

Das Ergebnis ließ an Deutlichkeit nicht zu wünschen übrig. Die SPD gewann 4,5 Prozent und wurde mit 40,9 Prozent der Zweitstimmen stärkste Partei, erstmals seit der ‚Willy-Wahl‘ von 1972. Sie gewann sowohl im Osten als auch in den west- deutschen Bundesländern z. T. deutlich dazu. Die Partei konnte in allen Alters- und Berufsgruppen zulegen. Es gelang den sozialdemokratischen KandidatInnen, 46 Wahlkreise von der Union zu gewinnen. Außerdem erreichte sie 13 Überhangmanda- te, mit einer Ausnahme alle in den neuen Ländern. Bedeutsam wird der Wahlerfolg durch die Tatsache, dass es der Partei gelang, massiv in die Wählerschaft der Union einzubrechen. Die Gewinne der SPD bildeten dabei fast spiegelbildlich Verluste der Konservativen. Wie die infratest-dimap Wählerwanderungsanalyse (Hilmer 2001) zeigt, zog die SPD bis auf die PDS (-80.000) flächendeckend von allen anderen Par- teien Stimmen ab. Die rund 1,35 Mio. Stimmen von der CDU/CSU stellten dabei den größten Anteil; zusätzlich gelang die Mobilisierung von rund. 1,13 Mio. vormaliger Nichtwähler, so dass die SPD fast 3 Mio. zusätzliche Stimmen gewinnen konnte. Die Regierungskoalition verfügte mit 345 Sitzen komfortable 11 Mandate Vorsprung auf die Kanzlermehrheit (334 Abgeordnete) und 21 Mandate die Opposition, die insge- samt 324 Stimmen auf sich vereinigen konnte.18

Auch wenn der flächendeckende Sieg der SPD vieles überdeckt, so bleibt doch ein deutlicher Unterschied im Wahlverhalten zwischen Ost und West zu ver- zeichnen. Die These der zwei Elektorate (u. a. Schmidt 1998, Arzheimer;Falter 1998, Pollack;Pickel 2000) hatte auch bei der Wahl 1998 Bestand. Dafür sprechen das weitaus ungebundere Wahlverhalten der Ostdeutschen (Feist;Hoffmann 1999: 234ff) sowie die Position der PDS als ostdeutscher Volks- und westdeutscher Splitterpartei. (Neu 2000, Moreau 2002). Den Grünen gelang es im Unterschied zur FDP zwar auch im Osten die Fünfprozenthürde zu überspringen, aber beide Parteien waren Ende der neunziger Jahre in den neuen Bundesländern parlamentarisch und organisato- risch quasi nicht existent.

Anders als die Bundestagswahl 2002 war die Wahl 1998 nicht in größerem

Maße von kurzfristigen Themen bestimmt. Claudia Noltes Versprecher, die Mehr- wertsteuer erhöhen zu wollen oder die Forderung der Grünen, den Benzinpreis auf 5,- DM je Liter anzuheben, mögen kurzfristig für (mediale) Aufregung gesorgt, sich im Falle der Grünen sogar mittelfristig auf das Wahlergebnis ausgewirkt haben, können in ihrer Bedeutung aber keineswegs der Flut oder dem stark emotionalisierenden Thema Krieg und Frieden (Irak) entsprechen. Die Wahl 1998 wurde insofern von der Problemagenda der Legislaturperiode bestimmt und die war eindeutig. Arbeitslosig- keit wurde in allen Umfragen als das bestimmende Problem der Deutschen ausge- wiesen19. (vgl. Tabelle 2). Bedeutsam war die langfristig geänderte Kompetenzzu- schreibung der Wählerschaft. Hatte die Union ihre traditionellen Stärken in den Be- reichen Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik, Standortsicherung und innerer Sicher- heit, wurde der SPD vorrangig im Bereich der Sozialpolitik Kompetenz zugemessen. Die Umfragen zeigten angesichts der als schwierig wahrgenommenen ökonomischen Lage deutliche Kompetenztransfers der Bevölkerung an die SPD.

Tabelle 2: Sachthemen und individuelle Entscheidungsgründe

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Pollack;Pickel 2000: 87

Die Reaktion der CDU-Wahlkampfleitung auf die schlechten Umfragedaten be- stand im Versuch den bekannten Lagerwahlkampf zu führen und den Euro zu thema- tisieren, um die europapolitische Kompetenz des erfahrenen Staatsmannes Helmut Kohl herauszustellen. Beide Versuche scheiterten. Wie Pappi;Thurmer (2000) zei- gen, spielte der Euro im Wahlkampf nur eine untergeordnete Rolle. Bergmann (2002: 119) zeichnet nach, dass die Euro-Kampagne der vergebliche Versuch des rettenden Strohhalmes einer programmatisch ausgebrannten Regierungspartei war. Der Lager- wahlkampf griff beim bewußt in die Mitte orientierten Kandidaten Schröder nicht.20 Inwieweit diese mit der Person des Spitzenkandidaten Gerhard Schröder ver- knüpft wurden, wird noch zu zeigen sein. Die neuere Forschung zum Verhältnis von Spitzenkandidaten und Parteien kommt zu relativ eindeutigen Ergebnissen: die Mehr- heit der Wähler votiert trotz aktiver Personalisierung im Wahlkampf (immer noch) für Parteien, statt für Personen. (Gabriel; Brettschneider 1998; Pappi 1999; Weßels 2000). Trotzdem spielte Herausforderer Schröder eine positive Rolle als unver- brauchter und mediengewandter Kandidat der Mitte. Im Unterschied zum Parteivor- sitzenden und ehemaligen Kanzlerkandidaten Lafontaine gelang es der Partei, über seine Person die Zielgruppe der ‚Neuen Mitte‘ erfolgreich anzusprechen, (Schön 1998). die Arbeitsteilung zwischen Schröder (Modernisierer) und Lafontaine (Traditio- nalist) ist dabei vielfach beschrieben worden. (exempl. Alemann 1999, Ristau 2000) Zudem war die Bevölkerung des ‚ewigen‘ Kanzlers Kohl überdrüssig, dessen Regie- rung offensichtliche Probleme hatte, wichtige innenpolitische und ökonomische Prob- leme zu lösen und der sich als Person in den letzten Jahren als zunehmend bera- tungsresistent erwiesen hatte. (Pflüger 2000, Langguth 2001)21 Kohl hatte die CDU in den Jahrzehnten seines Vorsitzes wenn auch nicht zum Kanzlerwahlverein doch zu- mindest zur Kanzlerpartei geformt. (Dürr;Soldt 1998: 7, Lösche 1998) Der Wunsch nach politischem Wechsel und neuen Gesichtern war groß und die SPD bediente ihn mittels einer gelungenen Wahlkampagne. Für Veen (1999: 213) bestand diese aus drei Bestandteilen:„Die SPD profitierte von dem ausgepräg- ten Wechselbedürfnis. Ihre Strategie, mit ihrer Bundesratsmehrheit dem Politikstill- stand Vorschub zu leisten, ging ebenso auf, wie das Kalkül, den Wechsel von Schrö- der verkörpern zu lassen, der ausdrücklich nicht alles neu, nur manches besser ma- chen wollte und damit das Risiko des Wechsels erfolgreich herunterspielte.“

Wie der Wahlabend des 27. September 1998 bewies, hatten sich die Einschät- zungen der SPD-Kampagnenleitung als richtig erwiesen. Der erste Regierungswech- sel als Folge eines Wahlergebnisses in der Geschichte der Bundesrepublik wurde vollzogen.

6.2) Bundestagswahl 2002 - Mit einem blauen und grünen Auge davon gekommen

Die Bundestagswahl 2002 ging dagegen denkbar knapp aus. Die SPD 22 verteidigte ihre Position als stärkste Partei lediglich mit 6.027 Zweitstimmen Vorsprung vor der Union, dabei lag die Koalition gerade einmal 1,2 Prozent vor Schwarz-Gelb. Nur die Besonderheiten des deutschen Wahlsystems (Überhangmandate) und das Scheitern der PDS am Wiedereinzug in den Bundestag sorgten letztlich für die knappe Mehrheit von Rot-Grün. Die Regierungskoalition (306) im verkleinerten Bundestag (603 statt 669 Abgeordnete) liegt dabei nur vier Stimmen über der Kanzlermehrheit (302) und hat 9 Stimmen Vorsprung vor der Opposition aus Union (248), FDP (47)23 und fraktionslosen PDS-Parlamentarierinnen (2).

Auch die Ergebnisse der Bundestagswahl 2002 machen es sinnvoll, von zwei (Bürklin;Klein 1998) oder sogar drei Elektoraten zu sprechen (Pappi 2001, Harten- stein;Müller-Hilmer 2002). Die regional hoch differenzierten Wahlergebnisse lassen eine Unterteilung in West, Ost und Bayern zu. Edmund Stoibers Nominierung zum Kanzlerkandidaten hat sich deutlich auf das Wahlergebnis der Konservativen ausge- wirkt, denn der Zuwachs der Union geht vor allen auf die 10,9 Prozent Steigerung für die CSU zurück und macht in absoluten Stimmen 86 Prozent aller Gewinne der Uni- on aus (Roth;Jung 2002: 10). Außerhalb Bayerns erreichte die Union allerdings nur ihr drittschlechtestes Ergebnis in der Geschichte der Bundesrepublik. Tabelle 3 doku- mentiert die regionalen Veränderungen.

Tabelle 3: regionale Veränderungen der Parteien bei der BTW 2002 im Vergleich zu 1998

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hartenstein; Müller-Hilmer, (2002): 19

Der SPD gelang es nicht, ihr Ergebnis der letzten Bundestagswahl zu festigen, sie büßte bundesweit 2,3 Prozent der Stimmen und damit die Hälfte ihres Zugewinns von 1998 wieder ein. Während die Partei im Westen und Süden verlor, konnte sie im Osten deutlich zulegen. Die Wählerwanderungsanalyse von infratest-dimap zeigt, dass die SPD im Saldo fast 1,5 Mio. Zweitstimmen verlor, davon rund 1,1 Mio. an die Union. Lediglich von der PDS konnte die Partei nennenswert Stimmen (290.000) abziehen. (infratest-dimap 2002: 39ff., Stöss;Neugebauer 2002: 50.) Grund dafür waren die Management-Fähigkeiten des Kanzlers während des Hochwassers und die Ablehnung einer Kriegsbeteiligung im Irak.

Die Bundestagswahl 2002 stellt ein klassisches Beispiel für ein ‚window of op- portunity‘, ein begrenztes Zeitfenster, dar. Alle Meinungsforschungsinstitute (Aus- nahme IfD Allensbach) weisen zwischen Anfang September und Mitte Oktober eine Mehrheit für Rot-Grün aus, die weder vorher noch in den Monaten nach der Wahl existierte.24

Der Stimmungswandel in der Wählerschaft hängt in erster Linie mit den Themen der Wahl zusammen. Während der gesamten Legislaturperiode blieben wie auch 1998 Arbeitslosigkeit und wirtschaftliche Lage die bestimmenden Probleme des Landes. (Roth 2003: 43ff.) Mit der Einrichtung der Hartz-Komission (Juni 2002) versuchte die Regierung in der Arbeitsmarktpolitik Handlungskompetenz zu demonstrieren, die ihr in den Monaten zuvor abgesprochen wurde.25

In der zweiten August-Woche änderte sich die politische Agenda durch den Beginn des Hochwassers in Sachsen und Bayern völlig. (exempl. Quader 2003: 438) Erfolgreiches Krisenmanagement der Regierung und parallel unglückliches Agieren des Herausforderers (unklare Positionen innerhalb der Union zur Finanzierung der Flutschäden) ließen die Umfragedaten der Koalition steigen.26

Eine zweite Frage im Wahlkampf betraf die deutsche Position zur möglichen Beteiligung an einem Krieg im Irak. Schröders deutliche Absage, erstmals in ‚Bild‘ am 9. August 2002 medial artikuliert, hatte für die SPD drei positive Aspekte. Der Partei gelang ein ‚agenda-cutting‘ Prozeß, weil die politische Debatte von den ökonomi- schen Problemen wegführte. Zweitens gelang der SPD die Mobilisierung der eigenen Anhänger sowie der Einbruch in die Wählerschaft der pazifistischen Linken. Sie bot zudem insbesondere älteren Frauen, die sich der Person des Bundeskanzlers emo- tional verbunden fühlten, einen politisch rationalen Grund auch 2002 bei der SPD zu bleiben (Roth; Jung 2002: 13). Und drittens setzte die Regierung mit dem Thema die Opposition unter Druck, Position zu beziehen. Stoibers Schlingerkurs gegenüber dem ‚virtuellen‘ Thema Irak (Deupmann;Schult 2003) kam in der Bevölkerung nicht gut an.27

In der Bewertung der Spitzenkandidaten herrscht weitgehend Einigkeit. Auch wenn es dem Herausforderer gelang, die Union zu einigen und in den Kompetenzbewertungen relativ gut abzuschneiden, war er in Beliebtheit und persönlichen Eigenschaften dem Kanzler nicht ebenbürtig. Wie Graphik 1 zeigt, lag Amtsinhaber Schröder in der Frage der Kanzlerpräferenz deutlich vorn.

Graphik 1: zitiert nach Alemann 2003, Quelle: FG Wahlen 2002: 34.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Stoibers mediale Auftritte steigerten sich zwar nach dem Auftritt bei ‚Christiansen‘, er wurde vor allem im ersten TV-Duell von der Bevölkerung als unerwarteter Sieger ge- sehen, aber weder im Umfeld der Flut noch im entscheidenden zweiten TV-Duell konnte er mit der Medienkompetenz des Amtsinhabers mithalten.28 Wie Hilmer (2003: 218) zu Recht konstatiert, wurde die Wahl von kurzfristigen Ereignissen stark beeinflusst. Der Machtwechsel fand nicht statt, weil die Union und ihr Spitzenkandidat nicht als bessere Alternative gesehen wurden und die Bevölke- rung mit der Arbeit der Spitzenrepräsentanten in der Regierung zufrieden war. An- ders als vier Jahre zuvor herrschte keine ausgeprägte Wechselstimmung, die gouvernementale Grundtendenz der Deutschen (Roth;Jung 2003) und das Kri- senmanagement der Regierung sorgten für einen nicht mehr erwarteten Wahlsieg.

7) Personalisierung im Wahlkampf

„Politische Führer als Verkörperung politischer Ideale und Ziele und als Vertreter politischer Bewegungen und Parteien hat es zu allen Zeiten gegeben. Die Personalisierung ist so alt, wie die Politik selbst.“(Radunski 1980: 15.)

Im folgenden Kapitel wird auf die Personalisierung eingegangen, die in der Debatte um die Modernisierung von Wahlkämpfen einheitlich als ein wesentliches Element gilt. (u.a. Radunski 1996, Schulz 1997, Niedermayer 2000) Dabei sind im wesentlichen vier Fragen zu klären: Was ist Personalisierung und wie zeigt sie sich? Wer personalisiert und warum? Welche wissenschaftliche Diskussion wird geführt? Und wie haben sich die Elemente der Personalisierung in den SPD-Kampagnen 1998 und 2002 gezeigt? Vorab sei bemerkt, dass die empirische Datenlage für wie- terführende Analysen der Bundestagswahl 2002 noch recht schmal ist. Mit der Ver- öffentlichung einschlägiger Untersuchungen ist nicht vor Herbst 2003 zu rechnen.29

7.1) Definition von Personalisierung

Die Debatte um Personalisierung von Politik und Wahlkampfkommunikation wird bereits seit Jahrzehnten auch jenseits der Aufgeregtheit von Wahlzeiten geführt. Sarcinelli (1987: 178) weist wie Radunski auf die grundsätzliche politische Rezeption über Personen hin:„Personalisierung ist eine Grunddimension der Wahrnehmung von Politik schlechthin.“Nach Kaltefleiter (1981: 296) bedeutet „die Personalisierung der Politik, daßdie komplexe, von vielfältigen Motivationen und Einstellungen ge- prägte Wahlentscheidung reduziert wird auf die alternative Entscheidung zwischen Spitzenkandidaten. Die Person der Spitzenkandidaten wird zum Deutungsmuster komplexer politischer Tatbestände.

[...]


1 Vgl., Bretthauer;Horst (2001).

2 Eine Liste der Interviewpartner ist im Anhang beigefügt.

3 Interview mit Peter Radunski am 9. April 2003 in Berlin.

4 Laut Bernhard Weßels (Auskunft vom 19.8.2003) ist mit dem Erscheinen von „Wahlen und Wähler, Analysen aus Anlass der Bundestagswahl 2002“ nicht vor Herbst 2004 zu rechnen.

5 Vgl., www.wz-berlin.de vom 3. August 2003..

6 Wobei deren Erkenntniswert häufig genug zweifelhaft bleibt und als publizistisches Wahlkampfmanöver anzusehen ist. Ein hervorragendes Beispiel dafür bildet Wallows wohlmeinender Sammelband über den heutigen politischen „Watschenmann“ und ehemaligen Parteivorsitzenden Scharping, vgl. Wallow (1995).

7 Auch die Spezialstudie von Fröb (2001) zum SPD-Wahlkampf von 1998 unterstützt die Modernisierungsthese.

8 So geäußert in einem Interview für diese Arbeit am 9. April 2003: „Der Begriff der Amerikanisierung existiert schon sehr lange, bereits in den zwanziger Jahren galt alles moderne als amerikanisiert. Ich denke, es ist egal ob man die Weiterentwicklung von Wahlkämpfen Amerikanisierung oder Modernisierung nennt.“

9 Der internationale Wissenstransfer, beispielsweise durch Expertenreisen findet nicht erst seit Clintons Wahlsieg von 1992 statt. Albrecht Müller, 1972 Wahlkampfmanager von Willy Brandt, berichtete während eines

10 Auch wenn die Niedersachsen-Wahl 1998 gelegentlich als quasi-Vorwahl gewertet wird, vgl. Oberndöfer, Dieter; Mielke, Gerd; Eith, Ulrich, Die trutzigen Niedersachsen und ihre Kandidatenkür. Erste Vorwahlen in Deutschland: Die Landtagswahl 1998 zu Hannover, in: Frankfurter Rundschau, 5. März 1998, S. 19 und Korte, Führung in der Politik: Kanzlerkandidaten im Wahljahr 2002.

11 Auch wenn seit Jahren Öffnungsversuche der Parteien für externe Kandidaturen existieren und gelegentlich parteilose Minister (Müller, Naumann, Nida-Rümelin) die Offenheit der Regierungsparteien demonstrieren sollen.

12 Erinnert sei an die Zerstörung amerikanischer Fast-Food-Filialen durch französische Bauern.

13 So geäußert von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in einem Interview für diese Arbeit am 5. März 2003.

14 Auch wenn einige Gegner des Modernisierungsbegriffes gute Argumente vorbringen. So favorisiert HoltzBacha (2000: 53) den Begriff der bedingten Amerikanisierung, da amerikanische Wahlkämpfe, zumindest auf dem Niveau der Präsidentschaftswahlen im weitaus größeren finanziellen und medialen Rahmen ablaufen, als in der Bundesrepublik. Vowe;Wolling (2001) erachten den Begriff der Amerikanisierung als geschichtlich normativ geprägt, lehnen die angebotenen Alternativen jedoch als nicht wahlkampfspezifisch ab.

15 Zu diesem Ergebnis kommt aus Plasser (2003: 425ff.) in einer internationalen Untersuchung. Neben einer Rei- he transnationaler Trends in der Wahlkampfpraxis spielen die nationalen Voraussetzungen weiterhin die ent- scheidende Rolle.

16 Hierzu ist zu bemerken, dass Müller dem Begriff der Amerikanisierung sehr kritisch gegenübersteht. 12

17 Vgl., Jung;Roth, (1998).

18 Dass verhältnismäßig große Mehrheiten nicht zwangsläufig stabiles Regieren bedeuten, ist in der Politikwissenschaft keine neue Erkenntnis. Auch die 14. Legislaturperiode hat an den Entscheidungen zum Kosovo- bzw. Mazedonieneinsatz der Bundeswehr gezeigt, welche Konsequenzen uneinheitliche Fraktionen haben können. Vgl. exempl. Egle;Henkes 2003: 81ff., aus journalistischer Perspektive Urschel 2002: 349ff.

19 Nicht zufällig trug das Wahlprogramm der SPD den Titel „Arbeit, Innovation und Gerechtigkeit.“ 15

20 Dessen Wahlkampf stand unter dem Motto nicht alles anders, aber vieles besser machen zu wollen.

21 Die Debatte um den potentiellen Nachfolger Wolfgang Schäuble ist ein gutes Beispiel für Kohls Autokratie der letzten Jahre. Vgl., Dreher 1998: 622ff, Schäuble 2000: 13-40.

22 Vgl., Stöss; Neugebauer (2002), Alemann (2003).

23 Michael Kauch, der Nachrücker für den verstorbenen Jürgen Möllemann gehört wieder der FDP-Fraktion an.

24 Vgl. www.wahlrecht.de

25 Die Aussage Gerhard Schröders, die Arbeitslosigkeit auf 3,5 Mio. senken zu wollen, wurde zum zentralen Angriffspunkt des Unionswahlkampfes, der unter dem Motto „Versprochen-gebrochen“ geführt wurde.

26 Dies um so mehr, weil das Hochwasser in die Kernkompetenz der Grünen, die Umweltpolitik, fiel. Die Union musste sich hingegen kritisch nach Zuständigkeiten innerhalb des ‚Kompetenz-Teams‘ für den Umweltschutz fragen lassen. Hilmer (2003) als auch Roth (2002, 2003) weisen allerdings darauf hin, dass sich die Umfragedaten für die Koalition bereits vor der Flut leicht erholt hatten.

27 Zur Bedeutung der Außenpolitik im Wahlkampf 2002 siehe auch Overhaus;Schieder (2002).

28 Eisel (2002) bemerkt zu Recht, dass die Strategie des Ein-Themen-Wahlkampfes zur Arbeitslosigkeit zunehmend als ermüdend wahrgenommen wurde und Edmund Stoiber bei anderen Themen des Wahlkampfes Kompetenz und Konzepte vermissen lies.

29 So die Auskunft von Prof. Christina Holtz-Bacha, Prof. Jürgen Wilke, Prof. Wolfgang Donsbach, PD Dr. Bernhard Weßels und Roland Schatz (MedienTenor) auf Anfrage.

Ende der Leseprobe aus 90 Seiten

Details

Titel
Die Modernisierung von Wahlkämpfen am Beispiel der SPD Bundestagswahlkampagnen 1998 und 2002
Hochschule
Freie Universität Berlin  (Otto-Suhr-Institut)
Note
1,3
Autor
Jahr
2003
Seiten
90
Katalognummer
V38612
ISBN (eBook)
9783638376181
Dateigröße
1091 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Wahlkampfanalyse der SPD-Kampagnen zur Bundestagswahl 1998 und 2002 Überprüfung der Modernisierungs- /Amerikanisierungsthese an konkreter Fallstudie
Schlagworte
Modernisierung, Wahlkämpfen, Beispiel, Bundestagswahlkampagnen
Arbeit zitieren
Bert Große (Autor:in), 2003, Die Modernisierung von Wahlkämpfen am Beispiel der SPD Bundestagswahlkampagnen 1998 und 2002, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/38612

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